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Passt zu mir und zum Betrieb

  • Kurz gefasst
    • Konrad Habel führt in Breckerfeld einen Ökomilchviehbetrieb mit 44 Kühen.
    • Von März bis November sind die Kühe auf der Weide, die Jungrinder sogar bis Dezember.
    • Die Milchleistung beträgt 6000 kg pro Kuh und Jahr. 5000 kg Milch stammen aus dem Grundfutter.
    • Mit den Milchpreisen von knapp 50 Cent/kg ist Habel zufrieden. Er ärgert sich aber, dass es keinen Markt für Biokälber gibt.
    • Die Ökomilchmenge in NRW steigt seit Jahren. Bundesweit legt aber auch der Absatz von Bio-Trinkmilch zu – entgegen dem Trend.

Konrad Habel hat vor zehn Jahren auf ökologische Milchproduktion umgestellt. Er setzt auf Vollweide und erreicht niedrige Produktionskosten – bei gleichzeitig hohen Biomilchpreisen ein gutes Geschäft.

Die Gelassenheit von Konrad Habel aus Breckerfeld (Ennepe-Ruhr-Kreis) ist beeindruckend. Er steht auf einer Weide inmitten seiner grasenden Kühe, blickt auf seinen Stall, der auf einem Hügel liegt, und sagt: "Je besser das System läuft, desto weniger Arbeit habe ich. Denn die Kühe machen vieles selbst." Der Ökomilcherzeuger hält aktuell 44 Kühe im Vollweidesystem.

Doch diese Ruhe hatte Habel nicht immer. Im Jahr 2000 hat er einen neuen Kuhstall gebaut, damals noch als konventioneller Milcherzeuger. Der Stall ist ein doppelter Einreiher mit Stichfuttertisch, 3,50 m breitem Fressgang, Hochboxen sowie einem 2x4-Fischgräten-Melkstand. Schon vor dem Bau liebäugelte der Landwirt damit, auf ökologische Wirtschaftsweise umzustellen. Doch Berater hatten ihm vorgerechnet, dass er mit konventioneller Produktion mehr verdienen könne. "Daher habe ich konventionell gebaut, obwohl ich schon immer mehr öko als konventionell war", sagt er.

2009 hat Habel dann aber nicht mehr gerechnet, sondern auf ökologische Milchproduktion umgestellt. Zugute kam ihm, dass er von der Molkerei Campina zur Biomolkerei Söbbeke wechseln konnte. Baulich musste er nur wenig ändern. Lediglich für die Kälber musste er mehr Licht im Stall schaffen und einen Außenauslauf anbieten.

Holpriger Start

Doch beim Start in die ökologische Milchproduktion zahlte er Lehrgeld. "Ich wollte alles so weitermachen wie gehabt, nur eben als öko. Das klappte aber nicht“, sagt Habel. Konventionell melkte er etwa 8 000 kg pro Kuh und Jahr, die Kühe bekamen Silomais. Den Maisanbau stellte der Landwirt mit Umstellung auf öko ein. Und gleichzeitig verschlechterte sich der Zustand des Grünlandes und vor allem der Weiden kolossal. Es gab viel zu viel Weidereste.

Deshalb wechselte Habel auf das Kurzrasenweidesystem. Doch auch das lief zunächst holprig, weil dem Landwirt Wissen und Erfahrungen fehlten. "Erst als Dr. Edmund Leisen von der Landwirtschaftskammer auf unserem Betrieb war, mir das System erklärt hat und ich an einer Exkursion teilgenommen habe, habe ich es verstanden. Seitdem läuft es", sagt Habel.

Von März bis Dezember

Die Weidesaison für die Kühe startet, sobald es die Vegetation zulässt, spätestens im März. Von den 33 ha Grünland sind 27 ha arrondiert, sodass er fast das komplette Grünland als Vorweide nutzen kann. Wenn das Wachstum des Grases richtig losgeht, schränkt er die Weideflächen ein. "Ziel ist, dass das Gras auf der Weide etwa 3 cm lang ist. Dann gibt es keine Weidereste, aber trotzdem genügend Futter – auch wenn die Fläche optisch kahl aussieht", sagt Habel.

Um die Grashöhe zu messen, legt der Landwirt einen Eimerdeckel mit Loch auf die Weide und misst den Abstand zwischen Boden und Deckel mit einem Zollstock. "Ich messe aber nur dort, wo die Kühe auch fressen, nicht an Geil- und Trittstellen", sagt Habel. Durch das Messen hat er im Laufe der Jahre ein gutes Gespür dafür bekommen, wann er die Weidefläche im Laufe der Vegetationsperiode anpassen muss. Die nicht benötigten Flächen mäht er und produziert Heu oder Grassilage. Am Ende der Weidesaison im November/Dezember ist fast das komplette Grünland in Weidenutzung.

Kaum Weidepflege

Die Pflege des Grünlandes hat er in den vergangenen Jahren zurückgefahren. Die Weideflächen mäht er im Sommer maximal einmal aus, sonst fährt kein Schlepper darüber. Die Schnittflächen schleppt  der Landwirt im Frühjahr einmal ab. Einen Striegel nutzt er für eine Nachsaat, die nur alle paar Jahre anfällt. Auf die Schnittflächen fährt der Landwirt Gülle. Die restliche Gülle verteilt er auf den 11 ha Ackerland, auf dem er Kleegras und Getreide-Ganzpflanzensilage als Winterfutter anbaut. Insgesamt fallen auf dem Betrieb 120 kg organischer Stickstoff pro Hektar an.

Im Winter stehen die Kühe im modernisierten Kuhstall aus dem Jahr 2000. Schwerpunktmäßig kalben die Tiere zwischen Januar und März. Das ist die arbeitsintensivste Zeit. "Ich bin beim Fruchtbarkeitsmanagement nicht so konsequent, wie es das Vollweidesystem eigentlich verlangt. Deshalb gibt es nach März auch noch einige Abkalbungen", sagt Habel.

Die Milchleistung ist seit der Umstellung auf etwa 6 000 kg pro Kuh und Jahr gesunken. Aber: 5 000 kg davon kommen aus dem Grundfutter, nur 1 000 kg aus Kraftfutter. Deshalb sind die Produktionskosten vergleichsweise niedrig. Im Arbeitskreis ist Habel nicht, aber der Buchführungsabschluss weist Kosten von etwa 37 Cent/kg aus, wobei die eigenen Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital nicht entlohnt sind. Die Biomolkerei Söbbeke zahlte in den vergangenen Monaten einen Milchpreis von etwa 48 Cent/kg Milch. "Wir sind mit der Wirtschaftlichkeit zufrieden und kommen gut zurecht", sagt Habel.

Dürre gefährdet Weide

Doch er sieht durchaus Herausforderungen. Zum einen durch das Wetter und die Klimaveränderungen. Durch das zweite Trockenjahr in Folge leidet Habel an Futterknappheit. Deshalb hat er Kühe abgestockt und die Großvieheinheiten des Betriebes von 62 auf 55 GV reduziert. Zudem ist die Weideleistung gesunken: In normalen Jahren produziert er rund 7 500 kg pro Hektar Weide, 2018 und 2019 waren es nur etwa 6 000 kg.

Eine weitere Herausforderung sieht er in der Vermarktung des Rindfleisches. Zwar hat er zuletzt beim Verkauf einer Schlachtkuh einen Biozuschlag von 40 Cent/kg Schlachtgewicht erhalten, doch seine Kälber muss er konventionell vermarkten. "Ziel muss sein, dass es hier auch einen Biomarkt gibt", sagt Habel.

Dabei grübelt er, ob möglicherweise auch die Rasse einen Einfluss hat. Aktuell besteht Habels Herde aus Holsteinkühen, zum Teil ist Schwedisches bzw. Norwegisches Rotvieh und Neuseeland-Jersey eingekreuzt. "Die Frage ist, ob ein klassisches Zweinutzungsrind nicht besser in unser Weidesystem passen würde. Es verwertet Grundfutter effektiv und liefert eine bessere Fleischqualität", sagt er.

Habels Tochter studiert gerade Landwirtschaft an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest und hat Interesse an der Direktvermarktung. Vielleicht entwickelt sie den Betrieb in diese Richtung weiter.

Quelle: Patrick Liste, Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, 44/2019


Wie stabil ist der Ökomilchmarkt?

Analog zur Entwicklung in Deutschland steigt auch die Ökomilchmenge in Nordrhein-Westfalen. Bundesweit wächst der Absatz mit: Die Verkäufe von Bio-Trinkmilch steigen – entgegen dem Trend.

"Das zeigt, dass Ökomilch ihre Berechtigung hat und einige Verbraucher bereit sind, dafür mehr zu bezahlen", meint Dr. Rudolf Schmidt. Das bleibt auch so, glaubt der Geschäftsführer der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW. Allerdings erwartet er, dass der Höhenflug der Erzeugerpreise für Ökomilch, die im Schnitt bis zu 15 Cent/kg über den konventionellen Milchpreisen liegen, abflacht. Erste Tendenzen dafür erkennt Dr. Schmidt schon jetzt. Das führt er auch auf die engere Kooperation der Biobranche mit den Discountern zurück. "Molkereien, die ihre Bioprodukte stärker über Discounter absetzen, haben im ersten Halbjahr 2019 etwa 2 bis 3 Cent/kg weniger ausgezahlt als Molkereien, die hauptsächlich über die klassischen Biomärkte verkaufen", berichtet er.

Noch sei aber fraglich, ob das generell so bliebe oder der gesamte Ökomilchmarkt unter Druck gerate. Druck könnte auch das zunehmende Angebot von Milchimitaten erzeugen. "Diese pflanzlichen Produkte wachsen aktuell wie bio vor 20 Jahren. Der jährliche Zuwachs bei Biomilchprodukten ist dagegen von mehr als 30 auf weniger als 10 % gesunken", so Dr. Schmidt. Er rechnet mit einer stärkeren Segmentierung im Kühlregal.

Quelle: Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, 44/2019


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