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Rinder passen ins Konzept

  • Kurz gefasst
    • Biobetriebe sind in der Regel breit aufgestellt. Raffenbergs leben von Ackerbau, Schweinen, Rindern und Hühnern.
    • Rindermast ergänzt sich gut mit der ökologischen Fruchtfolge im Ackerbau: Grundfutter ist genügend da und Dünger nötig.
    • Ganzjähriger Auslauf und Grünfutter in der Vegetationsperiode sind Bioland-Vorschriften für die Rindermast.
    • Raffenbergs vermarkten mehr als 30 verschiedene landwirtschaftliche Produkte in ihrem Stockumer Hofmarkt.

Familie Raffenberg setzt auf eine breite Betriebsausrichtung: Zu ihrem Biolandbetrieb gehören neben dem Ackerbau, Rinder, Schweine und Legehennen. Im eigenen Hofladen gibt es mehr als 30 verschiedene Produkte.

Sie wirken zufrieden: Knapp 50 Bullen, darunter Limousins, Fleckvieh und zwei Wagyu-Kreuzungen gucken Christine Raffenberg erwartungsvoll entgegen. Die junge Frau mit den blonden Haaren und einer gestrickten Mütze auf dem Kopf streichelt die breite Nase eines braunen Bullen. Hinten im Strohabteil in der zweiten Bucht liegt ein schwerer Fleckviehbulle. Seine Kiefer bewegen sich malmend. Die Buchten im Stall sind groß, vorne der offene Fressbereich, hinten die Liegefläche. In der ersten Bucht Limousins mit kurzem, gedrungenen Kopf und breiter Brust, mit gutem Fleischansatz eben. Rinder sind aber nur ein Betriebszweig des Biohofs Raffenberg aus Fröndenberg.

Viele Standbeine und möglichst breit aufgestellt, scheint die Devise im Ökolandbau zu sein. Ein Biobetrieb mit Rindermast als Haupteinkommenszweig ist kaum zu finden. 2016 gab es in Deutschland ungefähr 250 bis 300 Biorindermäster. Rinder ergänzen perfekt die Fruchtfolge im Ökolandbau: Sie verwerten Kleegras oder Rotklee und produzieren wertvollen Dünger. Aber die Gewinnmarge pro Kilogramm Biorindfleisch ist begrenzt. Da ist der im Vorteil, der das Fleisch selbst vermarkten kann.

Rinder passen perfekt

Bereits 2001 stellten die Eltern von Christine Raffenberg ihren Hof auf biologische Landwirtschaft um. "Bio passt perfekt zu unserem Betriebskonzept und zu meiner eigenen Überzeugung", erklärt Christine Raffenberg. Sie hat den Hof gemeinsam mit ihrem Mann Timo Raffenberg vor sieben Jahren übernommen. "Öko ist der richtige Weg für die Landwirtschaft." Der nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftete Hof liegt in Fröndenberg im Kreis Unna. Insgesamt bewirtschaften Raffenbergs 120 ha, davon sind 15 ha Dauergrünland.

"Im Ackerbau ist eine gesunde, nachhaltige Fruchtfolge wichtig" erklärt Raffenberg. Kartoffeln, Rotklee, Mais, Luzerne, Raps, Triticale, Weizen, Hafer, Erbsen, Ackerbohnen und Soja wechseln sich auf dem Acker ab. "Rinder passen besonders gut zu unserem Gesamtkonzept, da wir reichlich Grundfutter haben und zu wenig Dünger", sagt die Landwirtin. Raffenbergs bauen zweijährigen Rotklee an. Dabei dreschen sie den zweiten Schnitt zur Samenvermehrung, der erste und dritte Schnitt wird als Futter für die Rinder im Winter genutzt. Getreide und Luzerne dient ebenfalls der Fütterung der Tiere. Schweine und Rinder bekommen nur betriebseigenes Futter. Für große Wiederkäuer schreibt Bioland 60 % betriebseigenes Grundfutter vor.

Umstellung auf Fleckvieh

Die Mutterkuhherde der Biolandwirte besteht zurzeit aus 15 Tieren und ist in der Umstellung auf die Rasse Fleckvieh. "Ziel ist, die Herde auf 25 Muttertiere aufzustocken", erklärt Raffenberg. Die älteste Kuh "Babsi" hat bereits neun Kälber, das entspricht auch den Vorstellungen der Betriebsleiter von der Lebenszeit ihrer Kühe. Die Tiere sind in diesem Jahr bereits Ende September in den Laufstall gekommen, da das Gras auf den Weiden nach dem Dürresommer knapp wurde. "Normalerweise holen wir sie erst im Oktober rein und bringen sie Ende März wieder auf die Weide", sagt die Agraringenieurin.

Die Mutterkühe stehen in einem alten Gebäude mitten auf dem Hof. Von allen Seiten sind große Öffnungen in den alten Mauern, damit die Tiere Frischluft und genügend Licht bekommen. In der Mitte des Strohstalls steht ein Rundballen Heu. Die Mutterkühe bekommen ihre Kälber im Dezember. Sie kommen mit auf die Weide und werden im Herbst mit acht bis zehn Monaten abgesetzt. Männliche Kälber, wenn sie zu kräftig sind, auch schon früher. Mit ungefähr zehn Monaten kommen die Bullen aus eigener Zucht plus ungefähr 30 zugekaufte Biolandfresser zur Mast in den Stall.

Liegefläche plus Auslauf

Mastbullen dürfen nach Biorichtlinien im Stall gehalten werden, wenn sie ganzjährig Auslauf haben. Für das Platzangebot gilt dann: Mindestens 1 m2 Stallfläche plus 0,75 m2 Außenfläche pro 100 kg Lebendgewicht.

2015 begannen Raffenbergs ihren Maststall zu bauen.  "Wir haben den ganzen Stall in Eigenleistung gebaut", erklärt die Landwirtin. Ihr Mann fügt hinzu: "Wir bauen alles selbst. Die Bauten sind Eigenlösungen mit ganz viel Eigenleistung." Der Rindermaststall besteht aus sieben Buchten mit Maßen von 5 x 7 m und einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1 : 1. Die Liegefläche auf Tretmist sowie der Fressplatz sind überdacht. Zwischen Fressplatz und Liegefläche ist die, nach Vorschriften gewünschte, nicht überdachte Fläche.

Diese Betonfläche wird zweimal wöchentlich mit dem Hoflader abgeschoben. Die Tore zwischen den Buchten sind schwenkbar, die Bullen können in den Strohbereich gesperrt werden. Über der Liegefläche sind Strohballen gelagert, so lässt sich einfach streuen. Der Stall bietet insgesamt 50 Tieren Platz. Die Bullen aus eigener Aufzucht gehören zu der Rasse Fleckvieh, die zugekauften Fresser sind Limousins.

Im Sommer bekommen die Masttiere täglich frisch geschnittenes Grünfutter: Gras, Luzerne oder Klee. Die Vorschriften von Bioland besagen: Rinder, älter als 12 Monate, müssen in der Vegetationsperiode größtenteils Grünfutter erhalten. Im Winter bekommen die Rinder Ganzpflanzensilage (GPS) und Kleesilage. "Wir haben keinen Futtermischwagen und keine Möglichkeit, das Futter zu mischen, also bekommen die Rinder GPS und Klee im Wechsel", erklärt Raffenberg. Die Mutterkühe erhalten dieselbe Ration, zusätzlich bekommen sie täglich einen Rundballen Kleeheu.

Mit einem Alter von 20 bis 24 Monaten haben die Bullen ihr Schlachtgewicht erreicht. Dann bringt sie das Paar zum Schlachtbetrieb Jedowski nach Unna. "Uns ist wichtig, dass die Tiere wenig Stress haben, deswegen bringen wir sie persönlich weg." Die Bullen haben ein durchschnittliches Schlachtgewicht von 460 kg, die Färsen von 350 kg.


Konzept: Viele Standbeine

In der breiten Betriebsaufstellung sieht Timo Raffenberg den Vorteil. Er nennt das Beispiel: "Vor ein paar Jahren haben wir weniger Bioferkel bekommen. Hätten wir nur die Mastschweine als Betriebsschwerpunkt, hätten wir ein Problem bekommen. Aber bei uns kann ein Betriebszweig auch mal von den anderen getragen werden."

Die Anerkennung in der Gesellschaft ist groß und ihr Ansehen gut, erklärt die Landwirtin strahlend. Ein Problem sind die ständigen Betriebskontrollen. "Das ist im Biobereich noch extremer als im konventionellen. Es gibt noch mehr Kontrollen und einen noch größeren bürokratischen Aufwand. Das nervt und frisst unsere Zeit." Insgesamt sind die Raffenbergs von der biologischen Landwirtschaft überzeugt: "Öko ist Pioniergeist. Wir haben mehr Freiheiten im Markt als konventionelle Landwirte."


Hofladen funktioniert

Christine und Timo Raffenberg machen die Arbeit auf dem Hof gemeinsam mit einem Angestellten, einer Praktikantin und einer Halbtagskraft im Büro. Ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse vermarkten sie auf ihrer zweiten Hofstelle, in Stockum, im "Stockumer Hofmarkt", der immer freitags und samstags geöffnet hat. Zu dem Hofladen gehört die eigene Biometzgerei mit Metzgermeister, seinem Auszubildenden und vier Teilzeitfachkräften. Über die Theke gehen jährlich 150 Schweine und acht Rinder. Insgesamt können Kunden mehr als 30 verschiedene Wurstsorten kaufen.

Sabine Behmenburg, die Mutter von Christine Raffenberg, betreibt eine Backstube in dem Hofladen. Sie verkauft Produkte aus Biolandgetreidesorten nach eigenen Rezepten zubereitet. Ebenfalls dazu gehört die Mosterei mit Apfelannahmestelle des Seniors Wolfgang Behmenburg sowie Kartoffeln, Möhren, Eier, Honig, Öl und Pilze. "Gerade unsere große Produktpalette zieht die Kunden an", ist sich Raffenberg sicher.

Die Direktvermarktung der eigenen Produkte funktioniert immer besser und die Nachfrage nach Bioprodukten steigt. "Unsere Kunden wollen einen direkten Bezug, sie wollen ein Gesicht zu den Produkten haben", sagt die Landwirtin. Auch die "Abokiste" aus Dortmund kauft regelmäßig Wurst und Fleisch für ihre Kunden bei den Raffenbergs.

Trotzdem kann die Familie nicht alles Fleisch direkt vermarkten. Sie schlachtet jährlich 20 bis 25 Rinder, davon werden ungefähr 15 an die Genossenschaft Biofleisch NRW (siehe Kasten) verkauft. Auch die Schweine, die nicht selbst vermarktet werden, gehen zu Biofleisch NRW. "Der Schweinepreis ist schon seit zwei Jahren bei 3,75 €/kg Fleisch. Das ist absolut verlässlich", macht Raffenberg den Unterschied zum konventionellen Schweinemarkt deutlich. Bei den Rindern ist der Preisunterschied nicht ganz so groß. Raffenberg  betont: "Die Rinder sind für das Gesamtkonzept, für den ganzen Kreislauf des Betriebes wichtig. Wir haben das Grundfutter über und benötigen den Dünger."

Quelle: Alina Schmidtmann, Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, 49/2019


Biofleisch NRW

Biofleisch NRW ist eine Genossenschaft mit 100 Mitgliedsbetrieben in Bergkamen. Die Mitglieder sind Verbandsbetriebe von Bioland, Biokreis oder Naturland. Die Genossenschaft gibt es seit 2001. Laut Geschäftsführer Christoph Dahlmann schlachtet Biofleisch NRW jährlich ungefähr 1 200 Stück Großvieh, sprich Kühe, Färsen, Bullen und Ochsen. Hinzu kommen ungefähr 10 000 Schweine, 1 000 Lämmer und 200 Schafe. Dabei handelt es sich um Lohnschlachtungen bei zertifizierten Schlachthöfen in der nahen Umgebung. Der Standort Bergkamen ist ein Zerlegungs- und Verarbeitungsbetrieb.

Biofleisch NRW bindet die Mitglieder mit einer festen und abgesicherten Vermarktung zu jeder Zeit. Außerdem profitieren die Mitglieder von geringen Preisschwankungen. Momentan erhalten die Gesellschafter 4,45 €/kg für einen R-Bullen und 4,60 €/kg für einen U-Bullen. Dahlmann ist sich bewusst, dass es sich dabei um das Minimum für einen Betrieb handelt. "Bei Biofleisch NRW ist der Preis nicht an den konventionellen Erzeugerpreis gekoppelt." Das bedeutet, dass sich Preise für Biorindfleisch nicht nach dem konventionellen Markt richten. Der Markt für Bioprodukte ist derzeit noch begrenzt, erklärt Dahlmann. "Gerade die niedrigen konventionellen Preise machen die Vermarktung von hochpreisigen Produkten schwierig." Ein großer gesellschaftlicher Umschwung ist im Einkaufsverhalten nicht zu erkennen. Es sind immer mehr Landwirte an der Umstellung zu Bio interessiert, aber der Markt ist relativ gesättigt. "Ziel von Biofleisch NRW ist, die bäuerliche Landwirtschaft zu stärken", so Dahlmann. In Zukunft will er die Vermarktung weiter ausbauen.


Weitere Informationen


Betrieb Raffenberg:

  • 120 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon sind 15 ha Grünland
  • 15 Mutterkühe
  • 50 Mastbullen
  • 300 Mastschweine
  • 800 Legehennen
  • Direktvermarktung im Stockumer Hofmarkt mit eigener Metzgerei, Backstube und Mosterei

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