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Der Ökomarkt im Sog von Corona

18.01.2021

In Deutschland werden mit Ökolebensmitteln augenblicklich knapp 12 Mrd. € umgesetzt, was einem Anteil von etwa 6,5 % am gesamten deutschen Lebensmittelmarkt ausmacht. Davon werden etwa 60 % des Öko-Umsatzes im konventionell geprägten Lebensmitteleinzelhandel (LEH) erzielt.

Sowohl der Marktanteil, als auch die absoluten Umsätze mit Ökolebensmitteln steigen in den letzten Jahren kontinuierlich an. Aber auch der Naturkostfachhandel, also der Handelsbereich, in dem ausschließlich mit Bioprodukten gehandelt wird, profitiert vom Zuwachs bei der Nachfrage. Hier fällt die überragende Rolle von Nordrhein-Westfalen im bundesweiten Vergleich auf. Nach jeweils knapp zweistelligen Zuwächsen in den vergangenen beiden Jahren haben die Naturkosteinzelhändler aus Nordrhein-Westfalen allein im ersten Halbjahr 2020 mit 24 % ein besonders starkes Umsatzwachstum erzielt, mehr als in allen anderen Regionen in Deutschland. So wurden in den vergangenen dreieinhalb Jahren die Erlöse in NRW insgesamt um die Hälfte gesteigert.

Hofläden vorn

Bei den Ladentypen liegen bemerkenswerterweise die Hofläden vorn. Sie wuchsen mit 32 % nochmals deutlich stärker als die anderen Verkaufsstätten des Naturkostfachhandels. Diese Entwicklung ist eindeutig der Corona-Krise geschuldet und wird durch sie verstärkt und weiter vorangetrieben. Die Konsumentinnen und Konsumenten von Ökolebensmittel setzen in der Krise verstärkt auf den regionalen Bezug, eine vergleichsweise sichere Einkaufsumgebung und die hohe Qualität der angebotenen Erzeugnisse. Zusätzlich wird wieder vermehrt selbst gekocht. Offenbar können die Hofläden genau für diese Situation ein besonders passendes Angebot machen. Die Einstiegsmöglichkeiten für neue Erzeuger sind weiterhin grundsätzlich gut. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Produktionsbereiche in wichtigen Punkten voneinander.

Ökoschweine sind gesucht

Für den Schlachtschweinebereich berichtet die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH, AMI, von einer durch starke Nachfrage geprägten Marktsituation. Schweine aus ökologischer Erzeugung werden zurzeit händeringend gesucht. Das wirkt sich grundsätzlich günstig auf das ohnehin stabile Preisgefüge beim Bio-Schweinefleisch aus. Die Erzeuger können mit Abnahmepreisen von 3,60 bis 3,70 €/kg (netto; durchschnittlich aller Mastkreuzungen; EU-Bio) rechnen. Da die Futterkosten bei den Bio-Schweinen aufgrund leicht nachgebender Mischfutterpreise etwas gesunken sind, dürfte sich die Wirtschaftlichkeit der Bio-Schweinehaltung tendenziell etwas verbessert haben. Obwohl es zur Ferkelversorgung unterschiedliche Aussagen gibt, ist eher von einer knappen Angebotssituation auszugehen. Jedenfalls kommen nach den Erkenntnissen der AMI weiterhin nennenswerte Mengen von Bio-Ferkel aus den Nachbarländern Dänemark und Niederlande zur Mast auf deutsche Betriebe; also auch nach NRW.


Infos und Beratung für Umstellungsinteressierte

Die Landwirtschaftskammer und die Ökoverbände NRW bieten eine umfassende Beratung an. Mit einem kostenlosen Betriebs-Check im Rahmen der Biooffensive kann jeder Betrieb Hinwiese darauf erhalten, ob grundsätzlich eine Umstellung im jeweiligen Fall möglich ist.

Nähere Informationen hat Georg Pohl, E-Mail: georg.pohl@lwk.nrw.de, oder unter Telefon: 0 221 53 40 272.


Dynamischer Milchmarkt

Der Absatz ökologisch erzeugter Milchprodukte entwickelt sich nach Angaben der AMI im laufenden Jahr erneut sehr dynamisch. Bereits in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 haben die privaten Haushalte mehr Bio-Milcherzeugnisse eingekauft als im gesamten Vorjahr. Auch hier wird die Entwicklung durch die Pandemie verstärkt. Zwar steigt auch auf der Erzeugerseite das Angebot an Bio-Milch noch leicht an, allerdings nicht so stark, wie die Nachfrage es eigentlich fordern würde. In den ersten drei Quartalen wurde nach den Zahlen der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft, BLE, deutschlandweit 4,1 % mehr Bio-Milch angeliefert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres; für NRW betrug der Wert gerade noch 1,9 %. Da die in NRW Bio-Milch aufholenden Molkereien seit einiger Zeit an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und daher weiterhin praktisch keine neuen Erzeuger aufnehmen, kommen umstellungswillige Betriebe momentan nicht zum Zuge. Es ist aber davon auszugehen, dass die zunehmende Diskrepanz zwischen der dynamisch steigenden Nachfrage nach ökologisch erzeugten Molkereiprodukten und der augenblicklich gedeckelten Erzeugung zu Handlungszwängen bei den Molkereien und Verarbeitern führen wird.

Ein gewisser Nebeneffekt dieser Entwicklung ist jedoch der nach wie vor sehr stabile und vom konventionellen Marktgeschehen abgekoppelte Bio-Milchpreis, der sich in NRW verlässlich zwischen etwa 46 und 48 Ct/kg (netto) bewegt. Es ist aber bekannt, dass angesichts der tendenziell steigenden Produktionskosten in der Erzeugung auch dieses Preisniveau in vielen Biobetrieben längst nicht mehr zur Kostendeckung ausreicht. Ein Bewusstsein dafür, dass die Preisstabilität alleine noch keine rentable und nachhaltige Bio-Milcherzeugung gewährleistet, muss sich zumindest auf der Abnahmeseite noch bilden.

Mehr Biogetreide

Die Bio-Getreideernte erreichte 2020 einen neuen Rekordwert und überschritt deutlich die Marke von 1 Mio. t. Die gestiegenen Mengen resultieren zum größten Teil aus weiteren Flächenzuwächsen. Aber auch etwas höhere, durchschnittliche Erträge gegenüber 2019, führten zu dem nun erreichten Ergebnis. Nach Angaben der AMI wurden je Hektar durchschnittlich 33,7 dt/ha gedroschen (ohne Körnermais). Das ist in etwa eine 1 dt/ha mehr als in den vergangenen beiden Jahren.

Die üppige Angebotssituation schlägt sich allerdings auch auf die Preisbildung beim Biogetreide nieder. Während beispielsweise beim Qualitätsweizen im Frühjahr 2017 noch Erzeugerpreise von 45 bis 50 €/dt (netto) notiert wurden, werden für vergleichbare Partien augenblicklich bis zu 5 €/dt weniger gezahlt. Deutlicher noch ist die schleichende Talfahrt der Erzeugerpreise im Bereich des Futtergetreides zu beobachten. Für Futtergerste, Futterweizen und Triticale wurden im August 2020 Minimumpreise verzeichnet, die zu keinem Zeitpunkt in den letzten fünf Jahren niedriger lagen und nur noch Werte von weniger als 25 €/dt (netto) erreichten. Körnermais bewegte sich zu dem Zeitpunkt auf einem Niveau um die 30 €/dt (netto). Milchviehhaltern und Schweinemästern kommt die Entwicklung allerdings tendenziell zugute, denn auch die Preise für Mischfuttermittel gaben auf breiter Front nach, im Mittel der letzten 24 Monate ebenfalls um etwa 5 €/dt. Einzig der Dinkel fällt positiv auf. Für entspelzte Ware wurden zuletzt zwischen 85 und 90 €/dt (netto) gezahlt, für Rohware um die 55 €/dt (netto).

Biogemüse boomt

Wie fast überall in Europa so hat sich auch in Deutschland die Anbaufläche für Bio-Gemüse erneut vergrößert. Auf Basis internationaler Statistiken kann derzeit mit einer Gesamtfläche von etwa 15 300 ha in Deutschland ausgegangen werden. NRW hält dabei im Konzert der Bundesländer nach wie vor seinen Spitzenplatz. Ohne die wichtigen Importe aber, vor allem bei Frucht- und Unterglasgemüse, könnte die Nachfrage nicht gedeckt werden. Die wichtigsten Importländer für NRW sind dabei Italien und Spanien, aber auch die Niederlande, Frankreich und Österreich. Eine ähnliche Marktentwicklung ist auch im Obstbereich festzustellen. Sowohl Beeren- als auch Kern- und Steinobst wurden verstärkt zu guten Preisen nachgefragt und bieten Chancen für Erzeuger.

Der ohnehin stetig steigenden Nachfrage nach Bio-Gemüse und -Obst wurde 2020 nochmals zusätzlicher Schub verliehen. Dafür ist nach Erkenntnissen vom Marktanalysten aber nicht alleine der Corona-Effekt verantwortlich. Auch in 2020 wurde noch einmal besonders deutlich: Wenn Konsumentinnen und Konsumenten an Öko-Lebensmittel denken, kommen ihnen zuerst Obst und Gemüse in den Sinn.

Einstiegs-Chancen

In den angesprochenen Marktbereichen gibt es nach wie vor sehr Chancen für Neueinsteiger, allenfalls mit Ausnahme bei der Milcherzeugung. Ob und inwieweit betriebsindividuelle Risiken bei der Umstellung bestehen und wie diesen gegebenenfalls begegnet werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. Dazu gibt es diverse Beratungs- und Informationsangebote, siehe den Kasten.

Quelle: Dr. Karl Kempkens,, Landwirtschaftskammer NRW

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