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Smoothie-Sause und Gurkenglück aus der wachs-mal-Kiste

09.09.2020

Bio-Pflanzen in schön arrangierten Sets für den Balkongarten, Gemüsejungpflanzen für Privatgärtner, Bioland-Fleisch von eigenen Tieren, Naturpädagogik - und das "gartenglück": Zu sehen, zu schmecken, zu riechen und anzupacken gibt es reichlich auf dem Klefhof, einem Bioland-Betrieb bei Overath-Brombach im Rheinisch-Bergischen Kreis. Wie sich der Klefhof von einer Bauruine zum Traumbauernhof gemausert hat, hat Betriebsleiterin Katrin Ivanov bei einem Besuch erzählt.

Schon während ihres Studiums der ökologischen Landwirtschaft in Witzenhausen hat sich Katrin Ivanov für Selbsterntegärten interessiert. "Die Hessische Staatsdomäne Frankenhausen, Versuchsgut der Uni, hatte damals die Idee der GemüseSelbstErnte aus Österreich importiert und ich habe als Studentin verschiedene Projekte dort begleitet", berichtet sie von ihren ersten Kontakten mit dieser Form des "Fremdgärtnerns", die um einiges intensiver wurden, als sich der Plan, zu Dritt einen Hof mit Tierhaltung zu gründen, zerschlug. Zusammen mit ihrem Kommilitonen und zukünftigen Mann Evgeny zog sie zurück in ihre Geburtsstadt Köln, noch immer fasziniert von den Selbsterntegärten. "Und wo lässt sich sowas Neues besser an die Leute bringen als in Köln?", war Katrin überzeugt. "Köln war wie geschaffen, wir konnten eigentlich nichts falsch machen."

Kartoffeln statt Kamelle

Gedacht - getan: Katrin und Evgeny kauften sich einen Bulli, ein 1 000 Liter-Wasserfass, eine Handsämaschine und eine Radhacke. Da die beiden aber in einer Mietswohnung im Kölner Süden wohnten und noch nicht einmal einen Balkon hatten, fehlte das Wesentliche: Der Boden. "Wir brauchten einen Landwirt, der sich auf die Idee zweier Ökostudenten einlässt und uns einen Acker verpachtet", erinnert sich die Biolandwirtin. Und sie fanden einen. "Das waren zwar Minutenböden und total schwer zu bearbeiten. Aber: Er hat uns den Start ermöglicht!"

Nun fehlten noch die Kunden. "Da kam der Karneval gerade recht. Wir sind als Gärtner verkleidet beim Zug mitgelaufen und haben kleine Kartöffelchen, die wir zuvor mit einem aussagekräftigen Vierzeiler präpariert hatten, an die Leute verteilt beziehungsweise geworfen. Das hat für Aufmerksamkeit gesorgt!", freut sich Katrin Ivanov.  Denn in einem Kurzartikel des Kölner Stadtanzeigers wurde die "Fußgruppe Gartengrün" erwähnt, woraufhin sich die Presse auf das junge Pärchen stürzte. "Dabei hieß unsere Gruppe gar nicht Gartengrün, sondern Gartenglück!", muss die Kölnerin noch heute über diesen Dreher lachen. Jedenfalls hätten die Beiträge in den regionalen Zeitungen eingeschlagen wie eine Bombe. "Über Nacht waren alle 40 Parzellen weg. Dabei mussten die ja erst noch angelegt werden."

Das wiederum war nun problemlos möglich. Denn das Konzept der Selbsterntegärten basiert auf der Vorfinanzierung durch die Teilnehmer: Sie bezahlen ihre Parzelle bereits vor der Aussaat im zeitigen Frühjahr. "Mit dem Geld konnten wir verbindlich planen und mussten die Parzellen nicht ins Blaue hinein anlegen", erklärt Katrin Ivanov, die damals zusammen mit Mann Evgeny die ersten 80 Gärtchen angelegt hat.

Der Name "gartenglück" entstand in kreativer Zusammenarbeit mit zwei Studenten der Köln International School of Design. "Wir haben den beiden Kreativköpfen jede Menge zu verdanken. Sie haben damals ihr Vordiplom über unser Projekt gemacht und ein komplettes Erscheinungsbild samt Logo und Webseite für uns entwickelt, was natürlich super war."

Bauruine mit Potenzial

Der Anfang war 2005 gemacht und wurde zum Selbstläufer. 2006 kam der zweite Acker in Köln dazu. Heute haben Ivanovs drei Standorte, zwei in Köln und einen in Troisdorf, mit rund 400 Parzellen, die von etwa 1 000 Gärtnern bewirtschaftet werden. 2007 - mittlerweile mit dem ersten ihrer drei Kinder - kauften sie sich den eigenen Hof im Bergischen. "Das war ein Resthof, auf dem aber seit 15 Jahren schon keine Landwirtschaft mehr betrieben worden war. Eine Bauruine mit Potenzial", wie Katrin Ivanov beschreibt und in die die Familie bis heute viel Energie und Arbeit steckt.

Zum Hof gehören rund 12 ha Grünland, die im Vertragsnaturschutz mit Ziegen, Schafen und Glanrindern beweidet werden. Um das Haus herum bietet die Hofstelle genug Platz für die Anzucht von Gemüsejungpflanzen im Freiland oder in Folientunneln. "Mit der Jungpflanzenaufzucht haben wir ganz klein begonnen und Sorten fürs Freiland gezogen, wie Gurken, Zucchini, Kürbis und Tomaten, erstmal nur für unsere Selbsternteäcker. Dann habe ich schnell gemerkt, dass die Leute Interesse an hochwertigen Jungpflanzen auch für zuhause haben und wir haben einen Folientunnel gebaut, in dem wir die Gemüsepflanzen auch schon früh im Jahr und in größeren Mengen ziehen können", erklärt Katrin Ivanov.

Taufpatin für eine Gurke

Ins Schwärmen gerät die 41-jährige Biolandwirtin, wenn sie über "Culinaris - Saatgut für Lebensmittel", eine junge Initiative für ökologisches Saatgut mit Sitz in Göttingen, berichtet. "Die Leute von Culinaris machen eine tolle Arbeit! Sie züchten Sorten, die besonders unter Low-Input-Bedingungen gut gedeihen, und haben ausschließlich samenfeste Sorten im Programm. Wenn ich dort Saatgut mit dem Hinweis 'robuste Freiland-Sorte' kaufe, dann kann ich mich darauf verlassen. Wir ernten hier im Bergischen Land Tomaten bis weit in den Oktober hinein - draußen!", betont die passionierte Jungpflanzengärtnerin. Für Culinaris testet Ivanov auch Saatgut im Versuchsanbau. So habe sie die Gurke GU7632 ausgesät und kultiviert - und für gut befunden. "Ich habe der Gurke Hof-intern den Namen Gundel gegeben. Und so wird sie nun in der Liste des Bundessortenamtes geführt", erwähnt sie nicht ohne Stolz.

Vieles anders, einiges besser?

Neben eigenen Pflanzenmärkten auf dem Hof und in der näheren Umgebung, auf denen Ivanovs ihre Bio-Jungpflanzen verkaufen, hätten sie in diesem Jahr an der Bio-Gartenmesse in Köln teilgenommen. "Und dann kam das Coronavirus und mit ihm die Absage sämtlicher Veranstaltungen. Dabei hatten wir große Mengen verschiedenster Gemüsepflanzen vorgezogen", bedauert Katrin Ivanov die Absage sehr. Aber: "Ich kann mich zum Glück sehr schnell auf unvorhergesehene Situationen einstellen und glaube sogar, dass mich das Virus und die vielen Einschränkungen geerdet haben. Jedenfalls habe ich direkt überlegt, was wir nun anders machen können", beschreibt sie ihre Lage, die sie nicht nur als misslich verstanden wissen möchte. "Unser bester Einfall war die 'wachs-mal-Kiste', die es ohne Corona sicherlich nicht geben würde und auf die ich zusammen mit meiner Schwägerin Melanie Below, unserer Design-Fee, gekommen bin. Sie hat auch das schöne Logo entwickelt. Wenn man das Wortspiel einmal durchschaut hat, vergisst man es so leicht nicht mehr!"

Auf der hofeigenen Internetseite www.klefhof.de wird das Prinzip erklärt. "Die Interessenten bekommen eine Kiste ihrer Wahl, also zum Beispiel die Naschkiste mit der Wildtomate Bianca, Paprika Hamik, Mexikanischer Minigurke und Physalis Dulceria, oder die Black Box, die Kiste mit Geling-Garantie für Leute mit dem Schwarzen Daumen im Gegensatz zum berühmten grünen Daumen. Darauf ist unsere Tochter Lisa gekommen, die es nicht so hat mit Pflanzen. Und ich liefer die Beratung dazu, begleite die Leute also, die bislang noch nicht viel mit dem Gärtnern zu tun hatten”, erklärt Katrin Ivanov. Sie bekomme gerne Feedback, auch wenn etwas nicht funktioniert. “Die Kisten sind eine gute Alternative, die Pflanzen, auf denen wir jetzt sitzenzubleiben drohen, doch noch loszuwerden. Sie sind ein kleiner Rettungsanker für uns und für die Leute, die sich einschränken müssen und noch immer viel zuhause sind.” Einmal pro Woche liefert Katrin Ivanov die vorbestellten Kisten an einen festen Abhol-Ort in Köln. Die regionalen Edeka-Märkte vermarkten die Kisten ebenfalls. “Unser Fazit: Die Nachfrage ist hoch, die Menschen haben Lust aufs Gärtnern!“

So hat sich aus dem Selbsternte-Garten-Angebot aus der Mietwohnung heraus ein vielseitiger Betrieb entwickelt, der neben der gärtnerischen Leidenschaft seiner beiden Betriebsleiter auch von der Kreativität und Neugierde Katrin Ivanovs lebt, die in allem Unvorhergesehenen auch immer eine Chance sieht.

Quelle: Meike Siebel, LZ Rheinland Nr. 35/2020, 27. August 2020

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