Rund sechs Jahre und damit beinah von Beginn des Biohofs Hanhart an haben Maik und Claudia Hanhart einen Großteil ihrer Kundinnen und Kunden in einer Solidarischen Landwirtschaft zusammengebracht. Aus der SoLaWi ist nun „Hanharts Biokiste“ geworden. Und das ist nur einer von vielen Aspekten, die zeigen, dass Familie Hanhart offen und bereit ist, immer wieder neue Vermarktungswege zu gehen.
Dabei ist der Hof Hanhart, auf dem es seit 2017 „Bio vom Bauern“ gibt, ein Musterbeispiel an Diversifizierung, wenn es um die Erzeugung und Vermarktung der hofeigenen Produkte geht. Dass dies unter dem Bioland-Siegel geschieht, ist noch vergleichsweise neu in der Jahrzehnte alten Geschichte des Betriebs im westfälischen Herzebrock-Clarholz. „Der Hof ist seit vielen Generationen in Familienbesitz und meine Eltern haben ihn noch als großen konventionellen Gemischtbetrieb mit mehr als 200 Sauen geführt“, so Maik Hanhart. Als er den Betrieb gemeinsam mit seiner Frau Claudia 2017 übernommen hat, sei damit Schluss gewesen. „Wir haben die Tiere verkauft und die Gebäude teils abgerissen. Seitdem gibt es hier ständig bauliche Veränderungen“, ergänzt er - und das vor allem, weil mit der Betriebsübernahme auch die Umstellung auf ökologischen Landbau und eine grundlegende Änderung der Tierhaltung vollzogen wurden.
Heute stehen in den Strohställen 19 Sauen und ihre Ferkel plus ein Eber, die ganzjährig in den Auslauf und auf die Weide gelangen können. Duroc und Schwabenscheine sind das, außerdem einige Schweizer Sauen. „Wir legen Wert auf den Erhalt und die Zucht alter Rassen. Und rund 20 Sauen reichen für die Direktvermarktung vollkommen aus“, meint Maik Hanhart.
Dass der Betriebsleiter gerne mit alten Rassen experimentiert, spiegelt sich auch in der Rinderherde wider, einem weiteren Standbein des noch jungen Biolandhofs. Aubrac- und Galloway-Kühe stehen in einem großen Herdenverband auf Naturschutzflächen, das Grünland mit seinen Blenken und den Streuobstwiesen soll als Ausgleichsmaßnahme zum Bau der A33 von extensiven Rinderrassen gepflegt werden.
„Alle Rinder, die wir für die Fleischvermarktung brauchen, werden per Weideschuss getötet. Das sind rund 20 Bullen und Färsen im Jahr“, erklärt der 48-Jährige. Ein zertifizierter Subunternehmer ist für die grobe Zerlegung zuständig, wobei Maik Hanhart hierbei tatkräftig selber mit Hand anlegt. Zusammen mit der Mitarbeiterin wird filetiert, Rouladen und Steaks geschnitten und alles für die Auslage vorbereitet. Ein Biometzger übernimmt dann das Wursten, Schinken einlegen, Räuchern. Auf diese Weise kann Familie Hanhart das Fleisch ihrer Schweine und Rinder nicht nur ab Hof in der eigenen Frischfleischtheke oder auf den dreimal pro Woche stattfindenden Wochenmärkten in Rheda und Wiedenbrück vermarkten. „Wir beliefern auch die LWL-Kliniken in Münster, dahin geht alle sechs Wochen ein Rind. Die Bioküche der Waldorfschule in Everswinkel bekommt neben Bratwürstchen auch noch unsere Hähnchen, eine Biokantine in Bielefeld nimmt unser Hackfleisch, Rouladen und Braten.
Das hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt“, freut sich der Landwirt über diesen Vermarktungserfolg. „Das Schönste ist es für mich jedoch immer, wenn ältere Wochenmarktkunden sagen: Diesen Geschmack hatte ich zuletzt in meiner Kindheit auf der Zunge.“
Noch vielfältiger wird das Angebot seit dem Einzug der Bunten Deutschen Edelziegen auf dem Biohof Hanhart. Die hält Tochter Antonia. Vor vier Jahren hat sie spaßeshalber mit ein paar Ziegen begonnen, nun ist sie für eine stetig wachsende Herde verantwortlich. „Wir haben eine kleine Käserei auf unserem Hof. Meine Mutter und ich haben einen Käsereikurs bei der Landwirtschaftskammer gemacht und uns im Austausch mit anderen Kolleginnen und Kollegen ziemlich viel Wissen rund um die Milchziegenhaltung und Ziegenkäseherstellung angeeignet“, berichtet der 17-jährige Ziegenfan. „Wir machen dieses Jahr erstmals eine Winterpause, bisher haben wir durchgemolken. Die ersten Ziegen werden Mitte Dezember Nachwuchs bekommen, sodass es im Käsebereich zurzeit recht ruhig ist“, ergänzt Antonia, die sich im zweiten Ausbildungsjahr zur Landwirtin befindet. Der Ziegenfrischkäse sowie die Taler, die neben den Steaks, Rouladen und Würsten in der Auslage der Marktwagen liegen, sind daher für dieses Jahr fast ausverkauft.
Doch nicht nur Tiere wachsen und gedeihen auf dem Biohof Hanhart. Neben den 55 ha Grünland und Ackergras werden 20 ha mit Gemüse und anderen Ackerkulturen bewirtschaftet. Bis zum Frühjahr dieses Jahres standen 56 Kulturen im Anbau, Freilandgemüse, wie verschiedene Kohlarten, Pastinaken, Zuckermais, Fenchel, Möhren und natürlich Kartoffeln, und Salate, Paprika und Tomaten aus zwei Folientunneln. „Mit diesem großen Angebot an Freilandkulturen haben wir eine solidarische Landwirtschaft gegründet, in der stetig zwischen 50 und 60 Familien mitgewirkt haben“, erzählt Claudia Hanhart. „Die Leute wollten und sollten erfahren, woher ihr bioregionales Gemüse und Obst kommt und vor allem in welcher Saison was verfügbar ist.“ So habe es im Herbst eine gemeinsame Apfelernte gegeben oder im Frühwinter wurde zusammen Sauerkraut gestampft und eingekocht. All das sei aber in dieser Fülle arbeitstechnisch nicht mehr zu bewerkstelligen gewesen. „Wir haben die Anzahl der Kulturen auf dem Acker stark zusammengestrichen“, ergänzt Maik Hanhart.
Und auch das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft habe zum Schluss nicht mehr überzeugt. „Für viele ist es heutzutage schwierig, sich für ein Jahr auf etwas festzulegen. Genauso schwierig war es, Menschen zu finden, die die solidarische Landwirtschaft mit Herz und Hand leben. Unserer Erfahrung nach haben viele Mitglieder dieses Prinzip lediglich als eine andere Form der Biokiste gesehen“, meint Claudia Hanhart. Auch die Saisonalität der Erzeugnisse sei eine Herausforderung für viele gewesen: „Nach Ostern geht die Angebotskurve zunächst einmal steil nach unten, bevor sie im Sommer wieder ansteigt und dann soviel Gemüse da ist, dass der Überfluss die Familien überfordert hat. Auch die Wertigkeit der Erzeugnisse in der Kiste war stark schwankend und sinkt natürlich über den Saisonverlauf, sodass einerseits das Zuviel im Sommer und nach der Erntezeit im Herbst sowie das Zuwenig in den übrigen Monaten unbefriedigend war“, stellt die Landwirtin das Problem dar. Zumal der Anbau von Kohl auf den hiesigen Böden selten gut gelingt und Kohl als Erntegemüse ganz aus dem Sortiment gefallen ist. „Daher haben wir uns in diesem Frühling zu dem Schritt entschieden, die Solawi auf das Biokistensystem umzustellen.“
Nun nutzen derzeit 55 Familien die Möglichkeit, jede Woche neu eine Kiste mit einer bunten Mischung aus Biogemüse und Obst, Käse, Wurst, Fleisch und Eiern nach ihren individuellen Wünschen zusammenzustellen. Abgerechnet werde wöchentlich per Lastschriftverfahren. Die Basis an eigenem Gemüse sei vorhanden - „und was bei uns nicht wächst, die Kunden aber auf jeden Fall wünschen, wie besagte Kohlarten, kaufen wir zu. Dazu stehen wir in engem Austausch mit anderen Biohöfen, wobei wir uns bemühen, so regional wie möglich bei der Ergänzung unseres Produktportfolios zu bleiben“, meint Maik Hanhart. So werde einerseits die Schwemme im Sommer und andererseits leere Kisten zur Winterzeit vermieden.
Ab und zu würden einzelne Mitglieder oder Familien auch noch auf den Hof oder die Ackerflächen kommen, um mitzuhelfen. „Der enge Austausch mit den Biokistenkunden und unser Wunsch, die Menschen zusammen zu bringen, bestehen nach wie vor. Wir sehen uns ja ganz betont nicht als reine Ablieferer von Fleisch, Getreide oder Gemüse beim Handel, sondern suchen den Kontakt zu unseren Kunden. Und übrigens genauso zu unseren lebenden Tieren, die nicht nur ein „Erzeugnis“, sondern uns sehr viel wert sind, was sich unter anderem in der muttertiergebundenen Aufzucht aller unserer Tiere niederschlägt. Das schätzen die Leute. Auch die möchten den engen Bezug zu unserer Biolandwirtschaft“, sind Maik und Claudia Hanhart gewiss.
Zum Glück haben die beiden nicht nur in den Kundinnen und Kunden Menschen gefunden, die sich für ihre Art der Landwirtschaft interessieren. Bei ihren drei Kindern ist der Funke ebenfalls übergesprungen: Nicht nur Antonia tritt in die Fußstapfen ihrer Eltern. Auch Bruder Magnus und Schwester Maja lernen und studieren im landwirtschaftlichen Bereich. „Bio vom Bauern“ aus Herzebrock-Clarholz kann also auch auf längere Sicht noch weitergehen.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW
„Ich unterstütze das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft, in der der entscheidende Faktor meiner Meinung nach darin liegt, zu einem festen Budget eines landwirtschaftlichen Betriebes beizutragen, mit dem er planen und arbeiten kann. Also war ich von Anfang an begeistert dabei als es hieß, einen Biobetrieb in der Nachbarschaft einerseits unterstützen zu können und gleichzeitig Anteil an dessen Arbeits- und Jahresablauf nehmen zu dürfen. Ich fand auch in Ordnung, mich für ein Jahr zu verpflichten - natürlich gibt es die Fülle im Sommer und ein etwas übersichtlicheres Angebot im Winter. Das war und ist mir aber bewusst und es stört mich nicht, im Gegenteil: Ich finde das gut so, denn das Produktangebot spiegelt den Jahresablauf wider. Der Gedanke der solidarischen Landwirtschaft bedeutet für mich außerdem eine Wertschätzung der Arbeit, die die Landwirtinnen und Landwirte für uns, aber auch für Natur und Tiere erbringen.
Super fand ich die Arbeiten auf dem Feld – oft genug bin ich in den Möhren „hängen geblieben“, das Unkrauthacken hat etwas Kontemplatives. Zu Coronazeiten hat Claudia Hanhart Yoga bei den Hühnern angeboten, was eine wohltuende, willkommene Abwechslung war. Das Miterleben auf dem Hof und die wöchentlichen Hofnachrichten vermitteln einen tollen und vor allem authentischen Eindruck vom Hofleben! Das vermittle ich übrigens auch gerne meinen Enkelkindern, die ich regelmäßig mit zu Hanharts nehme.“
„Ich bin der Überzeugung, dass man, je mehr man sich mit der Natur auseinandersetzt - und dazu gehört für mich auch das Leben und Arbeiten auf einem Biobauernhof -, desto sensibler wird man demgegenüber. Das Gesamtbild von Natur und Landwirtschaft entwickelt sich positiv, und das ist dringend nötig, um den Umgang zu verbessern.
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Arbeiten zum Beispiel auf dem Feld, aber auch mit den anderen Menschen in der solidarischen Landwirtschaft mehr Achtsamkeit mit sich bringt. Vor allem auch, weil man mit dem Jahreslauf geht. Die Menschen früher waren es gewohnt, dass es im Sommer mehr Frisches gab und sie für den Winter Vorräte anlegen mussten – wir müssen da heutzutage, wo alles immer verfügbar ist, erst einmal wieder reinwachsen. Und dafür ist die Mitarbeit auf einem Hof wichtig! Ich habe das immer als Bereicherung empfunden, auf dem Acker zu arbeiten, entweder für mich alleine, oder mit den anderen Mitgliedern, mit denen viel geredet und geplaudert wurde. Ich bin danach immer mit einem ganz anderen Flow wieder nach Hause gefahren. Das war genauso nach den gemeinsamen Workshops, zum Beispiel zum Sauerkrautmachen oder Gurken einlegen oder Chutney-Kochen…. Alle hatten ihre Aufgabe, alle haben mitgemacht. Was ein tolles Erlebnis!“