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Richtig abgeliefert

13.04.2023

Die besten Ideen entstehen oft zufällig. Und wie der Zufall es wollte, lernte Karl-Heinz Krebs im letzten Jahr den Anbieter der App Ordery kennen. Die war für die Belieferung von Restaurants durch lokale Produzenten entwickelt worden.

„Da habe ich gedacht, das wäre doch was für uns, wenn man die App etwas umstrickt“, erzählt der Landwirt. Er bewirtschaftet in Heinsberg den landwirtschaftlichen Betrieb Gut Schenkelieck mit Mutterkühen, Legehennen in Mobilstallhaltung und Ackerbau. Die eigenen Erzeugnisse werden bereits seit den 1990-er Jahren über einen Hofladen vermarktet, den seine Schwester Claudia Mustert betreibt. Im Laden werden außerdem Produkte regionaler Zulieferer angeboten. Warum also nicht nur Lebensmittel ab Hof vermarkten, sondern auch zu den Kunden liefern, dachte sich Karl-Heinz Krebs, als er die App Ordery kennenlernte.

Virtuelle Regale füllen

Also blieb er mit dem App-Entwickler im Austausch und Ordery wurde zu einem regionalen Onlineshop für Lebensmittel umgebaut. Die virtuellen Regale zu füllen, war kein Problem für Karl-Heinz Krebs. Er hatte über den Hofladen schon Kontakt zu einigen Zulieferern, die sich bereit erklärten, an dem Pilotprojekt mitzuwirken. Wie das neue Angebot bei den Kunden ankommen würde, stand zu dem Zeitpunkt noch in den Sternen. „Wir wussten nicht, ob und wie das Ganze funktioniert, haben ganz klein angefangen und im Juli 2022 erste Testkäufe mit Bekannten gemacht“, berichtet der Lieferdienstgründer, der bei dem neuen Projekt von Anfang an von seiner Lebensgefährtin Annette Gleichauf unterstützt wurde.

Große Nachfrage

Mit der Zeit kamen weitere Kunden dazu und mittlerweile gehen 80 Bestellungen pro Woche ein, Tendenz steigend. Ausgeliefert wurde zunächst samstags, aufgrund der großen Nachfrage ist das Lieferfahrzeug von Gut Schenkelieck seit Februar auch freitags unterwegs. Kunden, die im Wert von mehr als 30 € bestellt haben, müssen keine Liefergebühr bezahlen, die ansonsten 5 € beträgt. Der Mindestbestellwert liegt bei 15 €. „Die Meisten bestellen über 30 €, der durchschnittliche Bestellwert liegt zwischen 50 und 60 €. Wenn ein Fleischpaket dabei ist, sind es auch schon mal 120 €“, erläutert Annette Gleichauf. Es kann per PayPal, Kreditkarte, Klarna, Lastschrift oder Giropay gezahlt werden. Damit ausreichend Zeit zum Packen der Bestellungen bleibt, müssen Kunden, die freitags beliefert werden wollen, bis spätestens Mittwoch um 20.00 Uhr bestellt haben. Für die Samstagslieferung ist der Bestellschluss zur selben Uhrzeit am Donnerstagabend. Nach Bestellschluss schickt die App automatisch Packlisten an die Lieferanten mit den bestellten Mengen. 


Lieferant der ersten Stunde

Als Lager- und Packraum für den Lieferdienst dient eine alte Kartoffelhalle auf Gut Schenkelieck. Die Anlieferung der Produkte dorthin erfolgt freitagsvormittags bis 13 Uhr. Dann rollt unter anderem das Auto von Zulieferer Christoph Dreissen auf den Hof. Er bietet abhängig von der Jahreszeit 14 Apfelsorten, vier Birnensorten und Apfelsaft über den Lieferdienst an. „Ich will das Ganze unterstützen, weil es regional sein soll und ich bin der einzige Apfelproduzent hier in der Nähe. Ich sehe in dem Lieferdienst keine Konkurrenz zu den Hofläden und wenn wir es nicht machen, macht es am Ende jemand anderes“, meint der Obstproduzent.

Da er auch den Hofladen auf Gut Schenkelieck beliefert, bestand der Kontakt bereits und er ist seit den ersten Versuchen im letzten Jahr Teil des Lieferdienstes. „Am Anfang haben alle Lieferanten Geld dazu getan, weil es nur wenige Bestellungen gab. Aber dafür, dass wir erst vor einem dreiviertel Jahr gestartet sind, kann sich das Ergebnis schon sehen lassen“, gibt Karl-Heinz Krebs zu bedenken. Mittlerweile liefert Christoph Dreissen die vier- bis fünffache Menge, verglichen mit den Anfangszeiten. „Das ist schön, aber da ich eine weite Anfahrt habe, dürfte es auch noch mehr werden“, wünscht er sich. Sein Obsthof liegt etwa 20 km entfernt, damit hat er mit die weiteste Anfahrt unter den Zulieferern. Sein Wunsch nach größeren Verkaufsmengen könnte bald in Erfüllung gehen, denn Karl-Heinz Krebs ist mit Firmen, Kindergärten und Schulen im Gespräche, die Interesse daran haben, beliefert zu werden.


Gemeinschaftsprojekt unter Landwirten

Neben Christoph Dreissen sind momentan 13 weitere Direktvermarkter an dem Lieferdienst beteiligt. „Es ist schön, dass wir das nicht alleine machen, sondern alle Produzenten etwas davon haben. Wir könnten auch alle Produkte zukaufen und alles allein weitervermarkten, aber wir wollen, dass es ein Gemeinschaftsprojekt für viele Landwirte aus der Region ist, sodass alle etwas davon haben“, betont Karl-Heinz Krebs. Ihm ist wichtig, dass die Zulieferer die Verkaufspreise für ihre Produkte selbst festlegen. „Jeder hat einen eigenen Zugang und kann die Preise in der App jederzeit ändern, Produkte einstellen oder aus dem Sortiment nehmen“, erklärt er. In der App steht der jeweilige Erzeuger bei jedem Produkt dabei: „Ich hoffe, dass die Kunden auch verstehen, dass Sie im Endeffekt direkt bei den einzelnen Erzeugern bestellen.“ Außerdem gibt es drei Label, an denen man in der Übersicht leicht erkennt, ob die Produkte regional, in eigener Erzeugung oder nach Bio-Standards produziert wurden.

Die Anzahl angebotener Produkte ist mittlerweile auf 400 gewachsen, weil mit der Zeit weitere Erzeuger dazugekommen sind. Allerdings arbeitet Krebs nur mit einem Zulieferer pro Produkt zusammen, um Konkurrenz untereinander zu vermeiden. Er übernimmt die ganze Logistik, die hinter dem Lieferdienst steckt und erhält dafür von den Zulieferern einen Anteil ihres Umsatzes: „Der ist für alle gleich.“

In der Produktpalette befinden sich auch einige wenige Zukaufprodukte, die nicht in der Region produziert werden. Dazu gehören Zitronen, Limetten und Bananen. „Sonst könnten die Kunden bei uns keinen Wocheneinkauf machen und müssten für eine Zitrone doch in den Supermarkt fahren. Wir haben auch Nachfrage nach Kiwis oder Ananas, sowas wächst nun mal nicht in Deutschland“, erklärt Annette Gleichauf. Aus hofeigener Produktion stammt das Rind- und Geflügelfleisch, Wachtelfleisch und -Eier, Nudeln aus eigenen Eiern und Eierlikör. Außerdem sind vor Kurzem 40 Schweine auf Gut Schenkelieck eingezogen, um das Fleischangebot zu erweitern. Der Rinderbestand umfasst inklusive Nachzucht etwa 220 Tiere, die nach Bedarf in Niederkrüchten geschlachtet und anschließend in der hofeigenen Metzgerei zerlegt werden. „Wir bieten das Fleisch nach dem Abhängen zwei Wochen lang vakuumiert an und der Rest wird dann eingefroren und mit der Zeit vermarktet“, berichtet Annette Gleichauf.


 

Liefern läuft nur mit Logistik

Das Lieferfahrzeug ist mit einer Kühlung ausgestattet und gefrorene oder gekühlte Lebensmittel werden für die Auslieferung in Kühltaschen mit Kühlakkus verpackt und alle Lebensmittel einer Bestellung anschließend zusammen in einer wasserdichten Kiste verstaut. Die Kisten haben einen Barcode, der vor der Auslieferung gescannt wird, um einen Überblick über den Verbleib der Kisten zu behalten. Pro Kiste fallen für die  Kunden 5 € Pfand an. „Das System mit den Barcodes hat ein junger Bursche, der ganz begeistert war von dem, was wir hier machen, für uns entwickelt. Wir haben das anfangs alles mit Zetteln gemacht“, erzählt Annette Gleichauf.

Das Packen der Kisten anhand ausgedruckter Lieferscheine übernimmt sie in der Regel gemeinsam mit der Nichte von Karl-Heinz Krebs, Marie Mustert. Damit müssen die beiden freitags bis 15 Uhr und samstags bis 7 Uhr fertig sein, damit die Liefertour starten kann. „Wir fangen samstags um 5 Uhr mit den Kisten für die erste Tour an. Insgesamt fahren wir an einem Samstag zwei bis drei Touren“, erklärt Annette Gleichauf. Die weiteren Kisten werden dann gepackt, während die ersten schon unterwegs zu den Kunden sind.

Das Liefergebiet umfasste im vergangenen Jahr zunächst vier Gemeinden und hat sich mittlerweile auf den gesamten Kreis Heinsberg ausgedehnt. So kommen pro Woche schnell 250 bis 280 km Fahrtstrecke für die Auslieferung zusammen. Wenn das Lieferfahrzeug seine Tour begonnen hat, können die Kunden live verfolgen, wo es gerade unterwegs ist. Außerdem können sie in der App einen Ablageort festlegen. Wenn niemand die Tür öffnet, wird ein Foto der Kiste am Ablageort gemacht und per E-Mail an den Kunden geschickt. Für die Planung und Nachverfolgung der Lieferroute nutzt Annette Gleichauf die Systeme ElasticRoute und DeTrack. ElasticRoute errechnet die kürzeste Lieferroute, die sie dann noch manuell etwas optimiert. Für die Ablieferung beim Kunden werden jeweils drei Minuten eingeplant und in Kombination mit der Fahrtstrecke werden daraus automatisch die voraussichtlichen Lieferzeiten errechnet, die die Kunden dann am Vorabend per E-Mail erhalten. Die Navigation läuft über ein Tablet im Lieferfahrzeug.


Ein Familienprojekt

Für die Umsetzung eines Lieferdienstes benötigt man also die richtige Technik, aber auch viele helfende Hände. Die gibt es auf Gut Schenkelieck glücklicherweise. „Das Ganze ist ein Familienbetrieb“, betont Karl-Heinz Krebs. Bei der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs wird er von seinem Neffe Nils Mustert unterstützt. Dessen Schwester Marie Mustert und eine Aushilfe übernehmen die Auslieferungen und Annette Gleichauf arbeitet bis auf einen Tag in der Woche auch voll auf dem Betrieb mit. Eine Konkurrenz zum eigenen Hofladen, den Karl-Heinz Krebs Schwester Claudia Mustert betreibt, ist der Lieferdienst nicht. Im Gegenteil: Seit es den Lieferdienst gibt, ist der Absatz im eigenen Hofladen sogar gestiegen, weil der Betrieb noch bekannter geworden ist. „Die Lieferdienstkunden haben auch Interesse daran, unseren Betrieb zu besichtigen. Das können sie auch gerne tun, denn wir haben nichts zu verbergen und die Leute können sich selbst davon überzeugen, dass es unseren Tieren hier gut geht“, erläutert Krebs.  

Technische Tücken

Neben der Arbeit sorgte aber auch die Technik immer wieder für Herausforderungen. Gerade in der Anfangsphase sind etliche Fehler in der App aufgetaucht, zum Beispiel stimmte die Aufmachung der Packlisten für die Zulieferer nicht oder es gab Probleme mit dem Zahlungssystem. Einiges wurde bereits verbessert, „die App kostet uns aber hier und da immer noch viele Nerven. Wir haben jede Woche eine Videokonferenz mit den Programmierern. Es steckt so viel dahinter und wenn man Änderungen macht, hängt immer ein ganzer Rattenschwanz dran, da an Kleinigkeiten noch gefeilt werden muss. Also bis das alles zu 100 % richtig läuft, dauert es noch“, vermutet Karl-Heinz Krebs. Er macht selbst regelmäßig Testkäufe, um Problemstellen zu identifizieren. Wenn die App irgendwann voll ausgreift sein sollte, würden die Anbieter darauf hoffen, sie deutschlandweit verkaufen zu können. Doch momentan beschränkt sich der Einsatzbereich noch auf den Kreis Heinsberg.

Zufriedene Kunden

„Kunden, die einmal bei uns bestellt haben, bleiben uns oft treu“, berichtet Annette Gleichauf. Zu diesen treuen Kunden gehört auch Regina Dittmann. „Das Sortiment ist groß und die Qualität top. Wir sind rundum zufrieden, auch mit dem ganzen Service“, lautet ihr Fazit. Sie und ihre Tochter Laura Dahlmann wohnen nicht weit von Gut Schenkelieck entfernt und haben früher häufig im Hofladen eingekauft. Seit Kurzem sind die beiden auch Kundinnen des Lieferdienstes und wollen in Zukunft regelmäßig bestellen. „Wir finden es toll, dass jetzt schon an zwei Tagen ausgeliefert wird. Für uns ist der Lieferdienst optimal, weil wir beide voll berufstätig sind. Da fehlt einem manchmal einfach die Zeit einkaufen zu gehen. Wenn es dann noch regional sein soll, müsste man verschiedene Hofläden abklappern um alles zu bekommen“, erläutert Regina Dittmann. Da sei so ein regionaler Lieferdienst genau das Richtige.


Katrin John/ LZ Rheinland

Weitere Informationen

Zulieferer gesucht

Für den Lieferdienst werden noch Zulieferer aus dem Raum Heinsberg für folgende Produkte gesucht: Butter und Sahne, Salate, Kräuter, Öle und Säfte. Interessenten können sich unter 0 170 / 8 72 54 86 melden.

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