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Biogerste fürs Spezialbier

15.12.2017

Die Brüder Leopold und Johannes d’Ansembourg haben 2004 die Flächen ihres Betriebes rund um den Familienbesitz Kasteel Rivieren bei Klimmen/Gemeinde Voerendaal (Niederlande) wieder selbst "unter den Pflug genommen". Bis 2004 war die Landwirtschaft verpachtet.

Weitere fünf Jahre später begannen die Brüder mit der Umstellung auf ökologischen Landbau, seit 2013 wird das Landgoed Rivieren komplett biologisch bewirtschaftet. Die Umstellung hat zu Kontakten zur nahegelegenen Brauerei Gulpener geführt, die dringend Anbieter von Biogerste suchte - und dies nach wie vor tut.

65 ha bewirtschaften Leopold (35) und sein Bruder Johannes (38) d’Ansembourg. Beide haben sie Landwirtschaft studiert, Leopold in Weihenstephan, was der Vorliebe für handwerklich gebrautes Bier aller Sorten sicherlich keinen Abbruch getan hat. Er ist es auch, der sich vornehmlich um die landwirtschaftliche Praxis und die Fruchtfolgeplanung kümmert. "55 ha sind Acker, rund 6 ha Grünland. Die restlichen 4 ha sind Flächen, die man nicht wirklich nutzen kann, wie zu nasse Wiesenstücke am Bach", so Leopold d’Ansembourg.

Auf dem Grünland weiden ein paar Galloways, in erster Linie als Landschaftspfleger, weniger als Fleischproduzenten. "Die Galloways beziehungsweise das Grünland haben wir 2009 als erstes auf Bio umgestellt. 2011 folgte der Ackerbau und seit 2013 sind wir als Biobetrieb dem Naturland-Verband angeschlossen", erläutert Leopold d’Ansembourg kurz die Entwicklung seit Übernahme des Betriebes.

20 % mit Biobraugerste

D’Ansembourgs fahren eine sechsgliedrige Fruchtfolge, in der die Gerste rund 20 % ausmacht. 2014 haben die Brüder erstmals Braugerste in die Fruchtfolge aufgenommen. Daneben stehen Silo- und Zuckermais, Erbsen als Industriegemüse und Zwischenfrüchte in der Fruchtfolge. "Wir haben in Süd-Limburg eine eigene Erosionsschutzverordnung. Die schreibt im Frühjahr die Mulchsaat vor, im Herbst dürfen wir dann vor Wintergetreide pflügen. Auch aus diesem Grunde haben mein Bruder und ich 2016 erstmals Winterbraugerste angebaut. Das lässt uns unter anderem im Frühjahr ein größeres Zeitfenster für die Erbsen und den Mais."
Viele Züchter haben laut Leopold in den letzten Jahren auf geringe Eiweißgehalte selektiert. Hierdurch haben inzwischen auch zweizeilige Wintergerstensorten moderate Eiweißgehalte. "In Kombination mit strengeren Düngeverordnungen kann es in Regionen mit stark tonhaltigen Böden dazu kommen, dass die Mindestanforderungen bei Eiweiß nicht erreicht werden. Die Lössböden in Süd-Limburg liefern aber genügend Stickstoff durch ausreichende Mineralisierung nach, so dass dies kein Problem darstellt", erläutert der Pflanzenbauer.

Da sämtliche Braugerstensorten, also sowohl Sommerungen als auch Winterungen, zweizeilig sind, sind bei beiden homogenere Korngrößen und somit eine gleichmäßigere Vermälzung gegeben. Cassiopee war für die Herbstaussaat 2016 die Sorte der Wahl. Die Hauptsorte bei den Sommerungen ist Irina von der KWS. "Der Ertrag war 2017 ok", so Leopolds knappes vorläufiges Fazit.


Fruchtbares Süd-Limburg

Im Süden der niederländischen Provinz Limburg wird intensiv Landwirtschaft betrieben. Die Region hat eine interessante und vom Rest der Niederlande komplett verschiedene Reliefstruktur mit vielen Steigungen und Senken. Süd-Limburg hat aus diesem Grunde eine eigene Erosionsschutz-Verordnung, die unter anderem den Pflugeinsatz vor Sommerungen deutlich einschränkt beziehungsweise sehr hohe Anforderungen stellt und Mulchsaat vorschreibt.

Auf den Hanglagen dominiert das Grünland und es wird Milchvieh- und Fleischrinderhaltung, vor allem belgischer Fleischrinderrassen, betrieben. Wegen tiefgründiger Lößböden gibt es aber auch Ackerbau, es werden hauptsächlich Kartoffeln, Zuckerrüben und Zwiebeln angebaut. Darüber hinaus ist die Region bekannt für ihr Obst: Hier wachsen Äpfel, Birnen und einige Steinobstsorten, wie Kirschen. 


Zu wenig Öko

In Süd-Limburg, der Region zwischen Heerlen und Maastricht, Sittard und Vaals, gibt es bislang nur wenige Betriebe, die auf Bio umgestellt haben. Die intensive Landwirtschaft dominiert auf den fruchtbaren Lössböden. "Wir nehmen die Öko-Beratung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Anspruch. Auch, weil die Vergleichbarkeit von Flächen, Kulturtechnik und klimatischen Bedingungen in Limburg mit denen im Rheinland um ein Vielfaches größer ist als mit den nördlichen Regionen und Polderlandschaften der Niederlande. Im Noordoostpolder sind es sandige oder stark lehmige Böden, hier gute Lössböden. Dort weht kühle, salzige Seeluft, die den Krankheitsdruck geringhalten kann und den Bioanbau zumindest in dieser Hinsicht einfacher macht", so der Ackerbauer zu einem der Gründe dafür, dass sich der Ökolandbau in den Niederlanden im Nordosten konzentriert.

Und weil die Produzenten von Biogetreide in Limburg an einer Hand abzählbar sind, sucht Gulpener weitere Biolandwirte, die Gerste, Dinkel, Weizen und Roggen für sie anbauen. So zählen auch Biolandwirte aus den an Limburg angrenzenden nordrhein-westfälischen Kreisen Viersen und Aachen, wie der Biohof Bolten und das Gut Paulinenwäldchen, zu den Erzeugern. "Die Bio-Schiene bei Gulpener wächst, die Brauerei erwirtschaftet 11 % ihres Umsatzes aus den Bio-Rohstoffen und sieht ihre Bio-Biere als Wachstumsmarkt", erläutert Leopold d'Ansembourg.

Triligran – Limburger Bauern kooperieren

D’Ansembourg und sein Bruder sind Mitglieder der Erzeugergemeinschaft "Triligran", in der konventionelle, gemäß Milieukeur, und ökologisch wirtschaftende Landwirte aus der Region zusammengeschlossen sind und bei Gulpener unter Vertrag stehen. "2 500 t Milieukeur-Gerste und 300 t Biogerste nimmt Gulpener aus unserer Erzeugergemeinschaft auf. Ich kann den Anteil an Braugerste nicht erhöhen, uns sind beim Anbauumfang durch die Fruchtfolge Grenzen gesetzt", bedauert Leopold, nicht noch mehr Bio-Braugerste liefern zu können. Die großen Herausforderungen beim ökologischen Getreidebau sind für d’Ansembourg wie für jeden Biolandwirt die Fruchtfolge sowie gesunde Böden. Und die Unkrautunterdrückung. "Auch, um das Unkraut im Griff zu halten, praktizieren wir einen Wechsel von Sommerungen und Winterungen", erklärt der 35-Jährige.

Die Landwirte in der Erzeugergemeinschaft produzieren sehr gerne für eine Brauerei in ihrer Nachbarschaft. "Wir sind auch ein bisschen stolz darauf, Anteil an einem regionalen hochwertigen Endprodukt zu haben, das dazu noch so gut schmeckt. Die Zusammenarbeit mit Gulpener läuft super und wir alle habe einen Mehrwert durch die Kooperation: Kurze Wege zum Abnehmer, keine Zwischenhändler und dadurch einen gewissen Mehrpreis fürs Getreide. Unser Produktionskonzept, sei es nun konventionell oder biologisch, und das der Brauerei passen bestens zusammen!", freut sich d’Ansembourg, der zurzeit Vorstandsmitglied der Kooperation ist.

Dreimal Bio-Bier

Ur-Weizen, Ur-Pilsener, Ur-Hop - so heißen die drei Biere, die zu 100 % aus biologischen Rohstoffen bestehen. Dabei gelten für Bio-Gerste die gleichen Qualitätsparameter wie für konventionelle Braugerste. "Die Eiweißgehalte sind natürlich am wichtigsten, von deren Höhe hängt es ab, wie gut sich die Gerste vergären lässt", so Leopold d’Ansembourg. Beinahe ebenso wichtig für den Brauvorgang seien die Keimfähigkeit, da das Korn beim Mälzen ja keimen muss, sowie auch der Stärkegehalt, der den Alkohol bestimmt.

"Und zweizeilige Winterbraugerste ist insofern interessanter als vielzeilige Sommerbraugerste, als der Vollgerstenanteil und damit die Kornfüllung höher liegen, da weniger Körner pro Spindelstufe gefüllt werden müssen", weiß der Landwirt, der nach der ersten Ernte 2017 seiner Winter-Braugerste sehr gespannt auf das Urteil des Braumeisters ist.


Die Brauerei Gulpener, ihre Biere und die Triligran-Erzeugergemeinschaft

Gulpener ist eine kleine, in achter Generation geführte Familienbrauerei, die sich Ende der 1990-er Jahre nicht von einem Großkonzern hat schlucken lassen und seitdem unter dem Motto "De vrije Brouwer" als unabhängige Brauerei arbeitet. Mit insgesamt 16 Biersorten, darunter Saisonbiere, Klosterbiere, "Kollaborations-Biere", die aus der kreativen Zusammenarbeit der Gulpener und befreundeter Braumeister anderer Familienbrauereien entstanden sind, und - seit gut 15 Jahren - eben auch drei biologische Biersorten, die zu 100 % aus biologisch erzeugten Gersten- und Hopfensorten bestehen, hat sich die Brauerei gänzlich vom Pils verabschiedet und auf ganz eigene Bierkreationen spezialisiert. Jan-Paul Rutten, der die Familientradition fortsetzt, betont die enge, starke Bindung zu seiner Region. Es werden so wenige Rohstoffe wir möglich zugekauft. Das mache Gulpener zu dem einzigen Bier, das tatsächlich "von niederländischem Boden" stamme: Das Bier wird mit Quellwasser aus eigener Quelle und Hopfen aus dem eigenen Hopfenanbau sowie Gerste, Weizen, Dinkel und Roggen gebraut, die Landwirte aus der Region erzeugen. Diese haben sich 1996 zu der Erzeugergemeinschaft "Triligran" zusammengeschlossen, der 38 regionale Landwirte, 30 konventionelle und acht biologisch wirtschaftende, angehören. Die Vorteile für beide Seiten: Die Landwirte bekommen einen ehrlichen, höheren Preis für ihr Getreide, die Brauerei im Gegenzug Gerste, Weizen, Roggen und Dinkel aus Limburg von höchster Qualität. Die konventionellen Ackerbauern bei "Triligran" gehören samt und sonders der "Stichting Milieukeur" (milieu = Umwelt, keur = Auslese) an, einer national wie auch international agierenden Umweltstiftung, die die Landwirte zur Einhaltung bestimmter Qualitäts- und Umweltstandards verpflichtet, wie zum Beispiel vermindertem Pflanzenschutz, angepasster Düngung, aber auch zu sichtbarem Naturschutz, wie Hecken und Gebüschen auf den Flächen oder Nistkästen für schützenswerte Vogelarten an den Hofgebäuden. Dafür bekommen die Landwirte höhere Preise für ihre Erzeugnisse. Und die Brauerei Gulpener kann sich die Umweltstandards ihrer Milieukeur-Lieferanten als Imageplus auf die Fahnen schreiben. Mehr zu der spannenden Geschichte und Philosophie der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung der Limburger Brauerei gibt es unter www.gulpener.nl


Quelle: Meike Siebel, LZ Rheinland, Ausgabe 48, 30. November 2017

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