Im Herbst 2023 konnte einer der Winterweizenversuche an einem Standort aufgrund der langen anhaltenden Nässe nicht angelegt werden. Das spiegelt auch das Bild in der Praxis wider, wo viele Winterungen nicht in die Erde kamen. Im Frühjahr 2024 war es lange kalt und nass, nicht ganz so extrem wie 2023, dennoch waren auch hier bei einigen Sorten wieder vermehrt gelbe Blätter aufgrund von Mängeln bei der Mineralisation zu beobachten.
Auch etwas Mehltau war zu verzeichnen, was eher weniger vorkommt in Beständen des Ökolandbaus. Gelbrost ist nicht mehr so das Thema, weil viele anfälligere Sorten rausgenommen wurden. Dennoch sollten die wichtigsten Gegenmaßnahmen beachtet werden: die Beseitigung des Ausfallgetreides, eine intensive Stoppelbearbeitung und die richtige Sortenwahl inklusive des Anbaus von mindestens zwei als gelbrostgesund eingestufte Sorten zur Risikostreuung im Betrieb. Braunrost, Blattseptoria und DTR werden teilweise dagegen mehr in den Öko-Landessortenversuchen bei Winterweizen beobachtet. Auf Ährenfusariosen sollte ebenso mehr geachtet werden.
In NRW erzielte der Weizen am Standort Warstein-Belecke in 2024 im Mittel aller Sorten mit 58,0 dt/ha einen guten Weizenertrag siehe Tabelle 1, der damit mit 8,0 dt/ha höher als im vergangenen Jahr ausfiel. Der neue Standort in Bad Sassendorf kam ebenso auf mittlere 47,6 dt/ha im Mittel aller Sorten und lag damit mit 2,5 dt/ha geringfügig unter dem Ertrag des Vorjahres. Der Standort in Wendlinghausen konnte nicht ausgesät werden.
Auf den guten Ertragsstandorten in Hessen und Niedersachsen wurden mit 37,4 dt/ha in Alsfeld bis 63,0 dt/ha in Frankenhausen im Mittel aller Sorten schlechtere bis mittlere Weizenerträge als 2023 geerntet. Im Mittel aller Standorte (51,2 dt/ha) war das Jahr 2024 damit deutlich schlechter als die Jahre davor (dreijähriges Mittel 59,9 dt/ha).
Bei den Sorten überzeugten in diesem Jahr hinsichtlich des Ertrages: die E-Weizensorte Exsal (109 %), die A-Weizensorten Rübezahl (108 %) und SU Tarroca (105 %), die B-Weizensorten Informer (101 %), Knut (115 %), FU Fiete (109 %) und Watzmann (106 %) sowie alle C-Weizensorten: KWS Keitum (113 %), Revolver (119 %) und RGT Dello (117 %).
Aristaro E: Aristaro steht seit vielen Jahren im Sortiment und stammt über die bundesweiten Wertprüfungen aus der Ökozüchtung. Diese Sorte ist laut Züchterangabe Steinbrand- und Zwergsteinbrand-resistent, hat eine geringe Flugbrand-Anfälligkeit und ist winterhart. Aristaro erreichte im Mittel 89 % Relativertrag. Die Proteingehalte lagen bei guten 10,7 % und auch die Feuchtglutengehalte sind mit 21,5 % vergleichsweise hoch. Aristaro ist begrannt und daher auch zur Wildabwehr (Wildschweine) interessant. Die Bodenbedeckung im zeigen Frühjahr ist gut, die Massebildung zum Schossen sehr hoch, sodass eine hohe Unkrautunterdrückung erwartet werden kann. Das zeigte sich im Bestand mit langer bis sehr langer Höher bei mittlerer bis sehr dichter Bestandesdichte und planophiler Blatthaltung. Daher war die Unkrautunterdrückung sehr gut, da auch eine gute Bodenbedeckung im Frühjahr vorliegt. Früher Gelbrost (5. Mai 2024) war mit Note 3,0 auf einem Standort zu verzeichnen. In 2024 stand sie auf beiden Standorten in NRW zunächst wieder ganz ausgezeichnet, allerdings fiel sie mit mehr Lager zur Ernte auf den beiden Standorten negativ auf (Boniturnoten 3 bis 6). Aufgrund des Lagers ist auf schwereren Standorten Vorsicht geboten bei dieser Sorte.
Moschus E: Eine weiterhin langjährig geprüfte Sorte im Sortiment ist Moschus. Sie kommt auf mittler 98 % Relativertrag, mittlere Proteingehalte (10,3 %) und mittlere Kleberwerte (19,8 %). Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr ist gut, die Massebildung in der Jugendentwicklung mittelgut. Moschus erscheint im Bestand zunächst etwas dünner und ist auch kleiner im Wuchs, daher kommt sie auf Problemstandorten mit starkem Unkrautbesatz, zum Beispiel Fuchsschwanz, nicht so zurecht. Die Blattstellung ist auch aufrecht. Auf anderen Standorten kann sie mit mittlerer bis dichter Bestandesdichte gut aussehen. Auffällig war, dass das Blatt lange grün und gesund war. Auch 2024 zeigte sie ein ähnliches Bild: eher licht im Bestand, bei geringer bis mittlerer Länge mit teilweise mehr Unkraut und ungleich. Bundesweit ist sie als kürzere Sorte gar nicht so schlecht und kann bei genug Stickstoff und wenig Unkrautdruck angebaut werden.
Wendelin E: Eine Sorte aus der Öko-WP bis 2018 ist Wendelin. Sie kommt im Mittel der Jahre und Standorte auf 94 % Relativertrag. 2024 war sie mit 88 % deutlich schlechter. Die Proteingehalte sind mit 10,9 % gut. Der Feuchtglutengehalt liegt mit 22,4 % auf sehr gutem Niveau. Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr sowie die Massebildung im Schossen sind mittelgut. Im Bestand sieht Wendelin in der Regel sehr schön aus: mitteldicht bis dicht, gleichmäßig, teilweise lückiger mit geringem bis mittleren Unkrautbesatz, länger im Bestand, lange grün, also blattgesund und mit planophile Blattstellung. Auch Wendelin hatte 2024 etwas Gelbrost bereits Anfang Mai (Note 2,8), etwas frühen Mehltau (Note 2,5) sowie späten Braunrost (Note 3,75). Bundesweit macht sie einen guten Eindruck und ist als Verrechnungssorte aufgestiegen. Diese Sorte ist in der Abbauempfehlung.
Grannosos E: Seit vier Jahren im Sortiment aus der Öko-WP bis 2020, ist Grannosos eine begrannte Sorte aus ökologischer Züchtungsarbeit. Diese Sorte steht im Mittel dreier Jahre mit 91 % Relativertrag bei etwas schwankenden Erträgen. Die Proteingehalte liegen bei guten 11,1 %, der Feuchtklebergehalt bei sehr guten 22,6 %. Bundesweit wird diese Sorte als sehr gut eingeschätzt und ist als Vergleichssorte für die Öko-Wertprüfung das Bundessortenamt ausgewählt worden. Die Bodenbedeckung zu EC21 sowie die Massebildung im Schossen sind sehr hoch und lassen kaum Unkraut durch. Im Bestand sah Grannosos demnach auch auf beiden Standorten 2024 schön lang, dicht und gleichmäßig aus mit geringem Unkrautaufkommen bei planophiler Blatthaltung und recht blattgesund. Der Bodenbedeckungsgrad ist sehr gut. Diese Sorte sollte in die engere Wahl bei der Anbauplanung genommen werden.
Castado E: Ein weiterer neuerer Winterweizen aus 2021 ist Castado, ebenso aus ökologischer Züchtung, allerdings unbegrannt. Im Mittel von drei Jahren kommt diese Sorte auf 91 % Relativertrag, in 2024 waren es 93 %. Der Proteingehalt liegt bei guten 11,2 %. Die Feuchtglutengehaltswerte erbringen überragende 23,6 %. Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr wie auch die Massebildung im Schossen sind sehr hoch, daher kann Unkraut gut unterdrückt werden. Daher erscheint Castado im Bestand schön mittellang bis lang im Pflanzenwachstum, dicht mit etwas Unkrautaufkommen, dabei gleichmäßig und recht blattgesund. Im Vergleich zu Grannosos ist Castado etwas ungleicher, kleiner, aufrechter mit teilweise dünner mit mehr Unkraut. In Wendlinghausen war sie 2022 etwas dünner und mit Braunrost behaftet. Diese Sorte ist auch bundesweit sehr gut und wird als Vergleichssorte mitgeführt. Sie kann angebaut werden.
Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW, wie die Bioland-Z-Saatgutliste, erhältlich beim Bioland Landesverband NRW, erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de.
Zu beachten ist auch die Einstufung des Winterweizens in die Kategorie I. Vorhandene Sorten in den Qualitätsstufen Population, A, B, C und E müssen als Öko-Qualitätssaatgut verwendet werden.
Mandarin A: Zum zweiten Mal im Sortiment, ist Mandarin eine begrannte Sorte. Die Bodenbedeckung im Frühjahr ist sehr gut. Sie ist offenbar eine schnellere Sorte, hatte anfänglich mit der fehlenden Mineralisation zu kämpfen und die Ähren sehr schnell geschoben. Sie kommt im Mittel von zwei Jahren zunächst nur auf 89 % Relativertrag. Die ersten Proteinwerte liegen bei sehr guten 11,4 %, wie auch der Feuchtklebergehalt mit 23,0 %. Die Bodenbedeckung im Frühjahr war etwas geringer, die Massebildung im Schossen auf einem Standort sehr hoch, auf dem anderen geringer als andere Sorten. Daher erscheint sie auf dem sehr guten Standort ab Frühjahr schön dicht, gleichmäßig, hoch, später mit vielen kleinen Ähren. Auf dem anderen Standort war sie anfänglich eher etwas ungleicher mit mehr Fuchsschwanz, später gleichmäßiger und mitteldicht. Die Pflanzenlänge ist mittel, Lager bei Note 4 im Auge zu behalten und etwas Unkraut kann durchkommen. In Niedersachen und Schleswig-Holstein ist schon Gelbrost bis Note 4 beobachtet worden, bei uns war sie bisher sehr blattgesund. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Montalbano E: Dieser begrannte Weizen steht seit 2023 neu im Sortiment in Dörentrup und 2024 auch an den anderen Standorten in NRW. Diese Sorte erzielte im Mittel von zwei Jahren 97 % Relativertrag mit stärkeren Schwankungen. Die Proteingehalte liegen bei guten 11,1 %. Herausrand ist der Feuchtglutengehalt mit 24,1 %. Die Bodenbedeckung im Frühjahr war vergleichsweise geringer, die Massebildung im Schossen mittel bis höher. Im Bestand sah er daher bei geringer bis mittlerer Pflanzenlänge sowie Bestandesdichte mit mittleren bis höherem Unkrautaufkommen etwas dünner und ungleicher aus, vor allem im Frühjahr. Auch waren im zeitigen Frühjahr 2023 mehr vergilbte Blätter aufgrund mangelnder Nährstoffverfügbarkeit als bei anderen Sorten zu verzeichnen. Die Sorte ist offenbar sehr gesund und später im Jahr fällt das lange, große Fahnenblatt positiv auf. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Exsal E: Eine ganz neue begrannte Sorte ist Exsal. Sie startet 2024 mit sehr guten 109 % Relativertrag im Mittel der Standorte. Sie ist bundesweit als gut eingestuft, sodass sie als Verrechnungssorte in den LSVs aufgestiegen ist. Erste Proteinwerte sind jedoch niedriger bei 9,4 %. Auch der Feuchklebergehalt liegt zunächst im Mittel bei 19,7 %. Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr war geringer, die Massebildung zum Schossen gering bis mittel. Daher war auch das Bestandesbild anfänglich recht dünn, ungleicher mit mehr Unkraut. Später stand die Sorte gleichmäßiger allerdings mit eher schmaleren Blättern. Auf dem sehr gut versorgten Standort stand sie deutlich besser und dichter als auf dem tonigeren Lehm. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Illusion A: Seit drei Jahren im Sortiment ist Illusion. Sie kommt im Mittel auf 99 % Relativertrag. Der Proteingehalt liegt bei mittleren 10,4 % und die Feuchtglutengehalte bei besseren 21,2 %. Die Fallzahl liegt nur bei 173 s geschuldet auch dem insgesamt extrem schlechten Jahr 2023. Die Bodenbedeckung war sehr gering, die Massebildung im Schossen mittelgut. Im Bestand sieht diese Sorte in der Regel daher eher dünner und ungleich aus mit mehr Unkrautaufkommen. Später dann steht sie mitteldicht aber eher unruhig. Bei den Blattkrankheiten war etwas Gelbrost in Wendlinghausen 2022 zu verzeichnen. 2024 fiel Illusion mit frühem Mehltau (Note 2,75), späterer Blattseptoria (Note 3,0) sowie späterem Braunrost (Note 3,75) auf. Etwas Auswuchs war 2023 mit 10 bis 12 % zu verzeichnen. Diese Sorte ist eher mit einigen Parametern im Mittelfeld und nicht in der ersten Auswahl.
Informer B: Auch diese Sorte ist seit vielen Jahren dabei und weist sehr gute 110 % Relativertrag auf. 2024 fiel sie auf einem Standort in Hessen deutlicher ab. Die Proteingehalte liegen bei geringeren 8,9 %, ebenso der Feuchtglutengehalt mit 13,5 %. Die Bodenbedeckung zu EC21 war je nach Standort mal geringer, mal gut, die Massebildung mittel bis gut. Im Bestand sieht sie daher auf besseren Standort bei mittlerer Bestandesdichte oft gut aus, manchmal auch dünner als 2021 und 2024 vor allem anfänglich mit mehr Unkraut, da sie recht kurz ist. Auf weniger gut versorten Standorten ist sie eher dünner, auch später im Jahr mit geringerer bis mittlerer Bestandesdichte und ungleichem Bestand. Sie scheint recht blattgesund zu sein. Auf gut versorten Standorten kann diese Sorte angebaut werden.
Knut B: Die Sorte Knut aus 2021 liegt im Mittel von drei Jahren bei hervorragenden 118 % Relativertrag mit stabilen Erträgen über die Jahre und Standorte. Der Proteinwert liegt bei geringeren 9,1 %. Ebenfalls liegt der Feuchtklebergehalt bei nur 17,5 %. Der Bodenbedeckungsgrad war mittel, die Massebildung im Schossen gering bis besser je nach Standort. Als kürzere bis mittellange Sorte steht Knut im Bestand oft dünner, teilweise lückig, ungleich mit mehr Unkrautaufkommen. Auf gut versorten Standorten steht sie besser im Mittelfeld. Aufgrund der guten Erträge wäre sie daher für gut versorgte Standorte mit geringem Unkrautdruck eine Sorte zum Ausprobieren.
KWS Keitum C: Die Sorte KWS Keitum aus 2020 steht im vierten Jahr im Sortiment. Sie kommt auf hervorragenden 119 % Relativertrag mit stabilen Erträgen. Die Proteinwerte liegen erwartungsgemäß bei geringen 8,4 %, die Feuchtglutengehalte nur bei 13,4 %. Aufzupassen ist offenbar bei der Fahlzahl (171 s), diese ist jedoch auch dem schlechten Jahr 2023 geschuldet. Der Bodenbedeckungsgrad war je nach Standort gering bis mittelgut, die Massebildung in der Jugend mittel bis hoch. Daher sieht diese recht kurze Sorte meistens im Bestand eher schlechter bis mittelgut und eher ungleich aus mit höherem Unkrautaufkommen. Sie reagiert auch etwas auf die Frühjahrsmineralisationslücke und hatte auch etwas Auswuchs (bis 17 %). 2024 waren früher Gelbrost (Note 3,0), frühe Blattseptoria (Note 2,75), früher Braunrost (Note 2,75) sowie später Braunrost (Note 4,0) zu verzeichnen. Sie scheint hinsichtlich der Krankheiten über die Jahre abzubauen. Daher ist sie auch aufgrund der sehr geringen Qualitäten in die Diskussion geraten und eher nicht mehr anbauwürdig, wenngleich die Erträge hervorragend sind.
Revolver C: Eine weitere neuere Sorte aus 2021 ist Revolver. Sie kommt im Mittel von drei Jahren auf hervorragenden 122 % Relativertrag mit stabilen Erträgen. Die Proteinwerte liegen nur bei 8,8 %, die Feuchtglutenwerte nur bei 11,2 %. Die Bodenbedeckung im Frühjahr ist geringer, die Massebildung im Schossen mittelgut. Im Bestand erscheint Revolver mittellang, dicht, mal gleichmäßig, mal nicht gleichmäßig mit geringen bis mittleren Unkrautaufkommen. Diese Sorte ist recht blattgesund. Aufgrund der hohen Erträge eine interessante Sorte für bessere Lagen, leider wird sie wohl nicht ökologisch vermehrt.
Rübezahl A: Diese Sorte kommt aus der Öko-Wertprüfung und ist als Sorte nun neu im Sortiment und auch als Vergleichssorte bundesweit aufgestiegen (steht nun auf allen gewerteten Prüfstandorten). Der Ertrag liegt bei guten 105 % relativ und schwankt stärker, da in Frankenhausen 2023 Lager zu verzeichnen war. 2024 kam sie auf 108 %. Die ersten Proteinwerte sind mittelgut bei 10,2 % und die Feuchtkleberwerten sind gut mit 21,8 %. Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr sowie die Massebildung im Schossen waren sehr gut und lassen auf eine gute Unkrautunterdrückung schließen. Im Bestand sieht Rübezahl daher sehr schön aus: mittlere bis hohe Pflanzenlänge, dichter Bestand und kaum Unkraut. In Dörentrup war diese Sorte 2023 etwas dünner, aber dennoch schön gleichmäßig. Auffällig ist das große, schöne Fahnenblatt. Etwas Gelbrost ist in Niedersachsen schon gesichtet worden (in NRW maximal Note 3). Eine für den Ökolandbau interessante Sorte zum Ausprobieren.
Tilsano A: Auch die neue begrannte Sorte Tilsano steht zum zweiten Mal im Sortiment. Diese Sorte soll eine Steinbrandresistenz mitbringen. Im Frühjahr 2023 hatte sie in NRW größeren Stress mit der fehlenden Mineralisation, daher liegt der Ertrag hier bei nur 92 %, in anderen Bundesländern besser bis 104 %. Insgesamt kommt sie bisher auf mittlere 98 % Relativertrag. Erste Proteinwerte liegen bei mittleren 10,6 % und mittleren Feuchtklebergehalten von 19,5 %. Die Bodenbedeckung im Frühjahr war sehr gut, die Massebildung hervorragend. Ein gutes Unkrautunterdrückungsvermögen ist gegeben. Später im Jahr war sie im Bestand recht dicht bei mittlerer bis hoher Pflanzenlänge, mittlerer Bestandesdichte und gering bis mittlerem Unkrautaufkommen. Bei den Blattkrankheiten fiel Tilsano mit frühem Mehltau bis Note 2,75 auf. Auch frühe Blattseptoria (bis Note 3,75) und erhöhte Braunrostwerte (2,5) zum zweiten Termin am 21. Mai waren zu verzeichnen. Diese Sorte wird wohl seitens des Züchters nicht mehr weiterverfolgt.
SU Tarroca A: Diese neue EU-Sorte mit Halmbruchstabilität wird zunächst aus Platzgründen in Belecke, 2024 auch auf weiteren Standorten in NRW geprüft. Im Mittel kommt sie auf gute 105 % Relativertrag. Mit 10,3 % liegen die ersten Proteinwerte im Mittel. Der erste Feuchtkleberwert erreichte nur 18,4 %. Die Bodenbedeckung ist sehr hoch, die Massebildung im Schossen im Mittelfeld. Dennoch hat sie aufgrund ihrer sehr kurzen Pflanzenlänge eine geringe Bestandesdichte und hohes bis sehr hohes Unkrautaufkommen. Sie weist ein sehr großes und gesundes Fahnenblatt auf und war grundsätzlich auf einem Standort bis spät ins Jahr sehr gesund. Auf dem anderen Standort war in 2024 etwas früher Gelbrost (Note 3,0) sowie frühe Blattseptoria (Note 3,0) zu verzeichnen. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
SU Fiete B ist auch zum zweiten Mal in der Sortimentsprüfung in NRW. Diese Sorte startet mit guten 110 % Relativertrag. Erste Proteinwerte liegen bei mittleren 10,1 %, der Feuchtkleber bei 20,7 %. Hier scheinen sich guter Ertrag mit ausreichend Qualität zu vereinen. Der Bodenbedeckungsgrad im Frühjahr und die Massebildung im Schossen waren mittel. Die Pflanzenlänge und auch die Bestandesdichte sind daher eher gering bis mittel. Daher muss mit mittleren bis höheren Unkrautaufkommen gerechnet werden. Die Sorte wirkt auch teilweise ungleich und dünn im Bestand, in 2024 aber auch besser, gleichmäßig und dichter. Auf Standorten mit wenig Unkrautdruck ist SU Fiete durchaus interessant zum Ausprobieren.
Obiwan B: Neu in der Prüfung in Bad Sassendorf ist Obiwan, eine weitere begrannte Sorte. 2024 stand diese Sorte auch in Belecke. Der Ertragswert lag im Mittel dieser Standorte in den zwei Jahren bei 103 % mit stärkeren Schwankungen. Der Proteinwert liegt zunächst bei geringeren 9,2 %, der Feuchtklebergehalt mit 18,5 % unter dem Mittel. Die Bodenbedeckung im Frühjahr war geringer, die Massebildung im Schossen hingegen höher. Die Pflanzenlänge ist eher geringer, dennoch ist die Bestandesdichte erstaunlich mittelgut - zumindest auf besseren Standorten, bei geringem bis mittlerem Unkrautdruck, insgesamt etwas ungleich, teilweise lückig im Erscheinungsbild. Diese Sorte scheint auch recht schnell zu sein und zeigte etwas Nährstoffstress im Frühjahr auf. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Brocken B ist neu im Sortiment und kommt aus der Öko-Wertprüfung. Im ersten Jahr kommt sie nur auf 88 % Relativertrag. Der Proteingehalt liegt zunächst bei mittleren 9,8 %. Allerdings ist der Feuchtklebergehalt sehr hoch bei 23,1 % in NRW in 2024. Die Bodenbedeckung im zeitigen Frühjahr war gut, die Massebildung im Schossen war ebenfalls gut. Dennoch war Brocken teilweise lückig und ungleich bei geringer bis mittlerer Pflanzenlänge. Bei den Blattkrankheiten mussten frühe Blattseptoria (Note 3,0) sowie mittlerer (Note 2,75) bis später Braunrostbefall (Note 3,75) festgestellt werden. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Watzmann B ist ebenfalls ganz neu im Sortiment und auch aus der Öko-Wertprüfung. Im ersten Jahr erreicht diese Sorte gute 106 % Relativertrag. Die ersten Proteinwerte liegen nur bei 8,8 %, auch der Feuchtglutengehalt ist geringer mit 19,0 %. Die Bodenbedeckung zu EC21 lag im Mittel, die Massebildung im Schossen war besser. Im Bestand sah Watzmann besser und dichter aus als Brocken und weist eine mittlere Pflanzenlänge, eine mittlere Bestandesdichte und einen mittleren Unkrautbesatz auf. Auch Watzmann hatte mehr Befall mit Braunrost (mittlerer Termin Note 2,5; späterer Termin Note 3,75). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Elanza B aus 2021 steht zum ersten Mal in der Prüfung und erreichte 96 % Relativertrag in 2024. Die ersten Proteinwerte liegen nur bei 8,7 %. Der Feuchglutengehalt ist mit 19,5 % im Mittelfeld. Der Bodenbedeckungsgrad war sehr gering, die Massebildung im Schossen mittel bis hoch je nach Standort. Elanza ist eine sehr kurze Sorte, daher erschien der Bestand auch sehr dünn, lückig, ungleich mit viel Unkraut auf beiden Standorten. Elanza scheint blattgesund zu sein. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
RGT Dello C ist neu und stammt aus der Öko-Wertprüfung. Im ersten Jahr erreichte diese Sorte sehr gute 117 % Relativertrag. Die ersten Proteingehalte liegen nur bei 8,3 %; der Feuchtglutengehalt nur bei 15,2 %. Der Bodenbedeckungsgrad zu EC21 war mittelgut, die Massebildung im Schossen mittel bis hoch. Diese Sorte ist anfänglich sehr kurz und hat daher viel Unkraut obwohl sie recht gleichmäßig steht. Später erscheint sie mittellang bei mittlerer Bestandesdichte und großem Fahnanblatt. Bei den Blattkrankheiten fiel RGT Dello mit frühem Mehltau (bis Note 2,8), frühe Blattseptoria (Note 2,75) und frühem Gelbrost (Note 2,75) auf. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Dr. Claudia Hof-Kautz,
Landwirtschaftskammer NRW
Langjährig geprüft und ausgewogen in Ertrag (98 %) und Qualität (10,3 % Protein, 19,8 % Kleber) ist Moschus (E). Moschus als sehr kurzer blattgesunder Weizen passt auf gut versorgte Standorte oder nach Kleegrasumbruch und wenig Unkrautdruck. Zum Ausprobieren sind ebenso ausgewogen mit besseren Erträgen Rübezahl (105 %) sowie guten Qualitäten (10,2 % Protein, 21,8 Kleber) und SU Fiete (110 % Ertrag, 10,1 % Protein, 20,7 % Kleber). Rübezahl bringt noch aufgrund seiner Länge und Bestandesdichte ein gutes Unkrautunterdrückungspotenzial mit. Anbauwürdig als ertragsbetonte Sorten aus dem B- und C-Weizen-Segment sind Informer (110 %) sowie die neueren Sorten Knut (118 %) und Revolver (122 %). Diese zumeist sehr kurzen Futterweizensorten glänzen mit sehr hohen Erträgen sind aber oft dünn und ungleich im Bestand, sie eignen sich vor allem für gut versorgte Standorte nach Umstellung und Kleegrasumbruch mit wenig Unkrautdruck.
Wer mehr Qualität haben will, kann mit den Sorten aus der Öko-Wertprüfung und Öko-Züchtungen qualitätsbetonte Sorten anbauen. Wendelin fällt ertraglich in 2024 etwas ab, bringt aber immer noch gute Qualitäten und einen guten Bestand. Aus der Öko-Züchtung kommen Granossos (begrannt) und Castado mit sehr guten Qualitäten und dichten unkrautfreien Beständen.
Aristaro wird aufgrund von Lager auf schweren Standorten nicht mehr empfohlen. Auf leichten Standorten hat er durchaus seine Berechtigung. KWS Keitum scheint bei den Blattkrankheiten schlechter zu werden und bringt auch zu geringe Qualitäten mit, die aber in der Fütterung nötig sind. Dennoch sind die Erträge herausragend hoch. Andere Sorten aus früheren Empfehlungen, die aufgrund von Platzmangel und Beschreibbarkeit nicht mehr in der Prüfung stehen, können auch weiterhin angebaut werden, so zum Beispiel Adamus oder Chevignon.