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Pflanzenforschung.de: Knöllchen adé

03.07.2018

Immer weniger Pflanzenarten nutzen die Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien

Warum gehen nicht mehr Pflanzenarten vorteilhafte Symbiosen mit stickstofffixierenden Bakterien ein? Bei der Untersuchung dieser Frage entdeckten die Forscher Überraschendes: Es gibt einen evolutiven "Trend" gegen diese Form der Zusammenarbeit.

Die Stickstofffixierung, die nur manche Pflanzenarten in Form einer Symbiose mit Bakterienarten (Rhizobium- und Frankia-Arten) betreiben, ist Gegenstand umfangreicher Forschung. Sie könnte, eingebaut in Nutzpflanzen, das Problem der (Über-)Düngung reduzieren. Trotzdem, so stellten Forschungen fest, nutzen nur wenige Arten diese praktische Form der Stickstoffversorgung. In einer aktuellen Studie hat jetzt ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des Helmholtz Zentrums in München (HMGU) untersucht, auf welchem genetischen Ursprung diese Fähigkeit beruht und warum sie nur vereinzelt auftritt.

Knöllchen gesucht

Stickstoff ist essentiell für das Wachstum der Pflanzen. Unsere Atmosphäre besteht zwar aus 78 Prozent Stickstoff, aber diesen elementaren Stickstoff (N2) können Pflanzen nicht verwerten. Er muss zunächst in eine reduzierte Form (Ammonium, NH4) umgewandelt werden, damit Pflanzen daraus z. B. Aminosäuren herstellen können. Um trotzdem diesen Vorrat in der Atmosphäre anzapfen zu können, sind einige Pflanzenarten eine Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien eingegangen, zum Beispiel die Hülsenfrüchtler (Fabaceae) mit den Knöllchenbakterien (Rhizobien). Die Rhizobien fixieren Stickstoff aus der Luft und stellen ihn der Pflanze zur Verfügung. Im Gegenzug erhalten die Bakterien Kohlenhydrate aus der Photosynthese.

Obwohl diese Symbiose den Pflanzen einen Standortvorteil verschafft, kommt sie nur in vier Pflanzenordnungen vor: Den Schmetterlingsblütenartigen (Fabales), den Buchenartigen (Fagales), den Kürbisartigen (Cucurbitales) und den Rosenartigen (Rosales). Vermutet wird, dass alle vier Ordnungen auf einen Vorfahren zurückgehen, der ihnen die Fähigkeit vererbt hat. Trotzdem gibt es innerhalb dieser vier Ordnungen nur relativ wenige Arten, die solche Symbiosen eingehen. Daher muss man die Frage stellen: Warum sind diese Symbiosen kein durchschlagendes Erfolgsmodell?

Gene unbrauchbar gemacht

Um die genetischen Hintergründe zu verstehen, verglich das Forschungsteam die Genome von 37 Arten. Da es davon ausging, dass alle zur Symbiose befähigten Arten einen gemeinsamen Vorfahren haben müssten, suchte es nach einem gemeinsamen (orthologen) Gen, das die Stickstofffixierung steuert.

Die Wissenschaftler entdeckten, dass das Gen NIN (Nodule Inception) - eins der verantwortlichen Gene für die Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien - in einigen der untersuchten Arten fehlte oder nur noch als unbrauchbares Pseudogen existierte. Es wurde offenbar im Laufe der Evolution durch eine Loss-of-function-Mutation ausgeschaltet. Zu diesen Arten gehören unter anderem Apfel, Erdbeere und Brombeere. Aber auch bei drei Arten aus der Familie der Hülsenfrüchtler konnten die Forscher diesen Genverlust nachweisen. Dabei besonders erwähnenswert: Diese Mutation trat bei den untersuchten Pflanzenarten insgesamt acht Mal unabhängig voneinander auf. Das kann kein Zufall sein.

Auf Schwindler hereingefallen?

Diese Ergebnisse waren zunächst überraschend, da die Symbiose den Pflanzen ja eigentlich nur Vorteile verschaffen sollte. Die Forscher vermuten daher, dass die Pflanzen öfters durch sogenannte Cheater-Bakterien (Cheater = Schwindler) "betrogen" wurden: Diese Bakterien "benehmen" sich wie Knöllchenbakterien und schnappen sich nach erfolgreicher Einnistung in die Wurzeln die Assimilate der Pflanzen, liefern dann aber keinen reduzierten Stickstoff an ihren Wirt. Für die Pflanzen ist das offenbar recht unerfreulich, so dass sie, "erbost" über diesen Parasitismus, konsequenterweise die "Einladung" zur Symbiose zurückgezogen haben. Weitere Gründe könnten auch ein Überangebot an reduzierten Stickstoff in manchen Habitaten sein sowie ein Mangel an Wasser oder Nährstoffen wie Phosphor, der die Stickstofffixierung unrentabel macht.

Weitere Forschung nötig

Diese Ergebnisse sind jedenfalls wichtig für Züchtungsprojekte, bei denen Pflanzen die Fähigkeit zur Symbiose mit Knöllchenbakterien verliehen werden soll. Denn augenscheinlich geht der evolutionäre Trend im Moment eher gegen solche Symbiosen mit stickstofffixierenden Bakterien.


Quelle:
Griesmann, M. et al. (2018): Phylogenomics reveals multiple losses of nitrogen-fixing root nodule symbiosis. In: Science, (24. Mai 2018), doi: 10.1126/science.aat1743.


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