Die Überschrift hätte natürlich auch lauten können: Weihnachtsbäume aus Engelskirchen. Das wäre zwar ein schönes weihnachtliches Wortspiel, aber eben nur die halbe Wahrheit gewesen. Denn genaugenommen kommen die Nordmann- und Colorado-Tannen sowie die Blaufichten aus Loope-Vordersteimel. Und, was noch maßgeblicher ist: Sie sind auf dem Gartenbaubetrieb von Stefan und Phillip Lüdenbach gewachsen, der seit 2013 biozertifiziert ist.
Begonnen hat alles vier Generationen vorher, als der Großvater noch einen Gemischtbetrieb mit Ackerbau und Milchvieh hatte und Fichten - den „Bergischen Brotbaum“, der das wertvolle Bauholz für die Region lieferte - anpflanzte. Vater Lüdenbach machte der Milchviehhaltung ein Ende und setzte auf die Blaufichte, auch damals schon unter anderem als Weihnachtsbaum. „Ich wiederum bin kein Landwirt mehr, sondern, ganz klassisch, Baumschulmeister und habe als solcher aus dem kleinen landwirtschaftlichen einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb gemacht“, berichtet Stefan Lüdenbach. Der bald 65-Jährige ist auf dem Sprung in den Ruhestand und überlässt im kommenden Jahr Sohn Phillip ganz die Geschäftsführung des GaLaBau-Unternehmens, das aktuell zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Komplett zurückziehen wird sich Stefan Lüdenbach aber keineswegs: „Ich darf mich dann ausschließlich um unsere Weihnachtsbaumkulturen kümmern“, frohlockt er.
Und die machen Spaß und Arbeit genug. 20 recht flickenteppichhaft verstreute Hektar sind mit Weihnachtsbaumkulturen bestellt, den Großteil belegt die beliebte Nordmanntanne. „Blaufichten und auch die Colorado-Tanne pflanzen wir an, um wenigstens eine kleine Auswahl bieten zu können. Die Kunden möchten aber eigentlich nur die Nordmanntannenbäume“, weiß der Baumschulmeister aus seiner nunmehr über 30-jährigen Erfahrung im Weihnachtsbaumgeschäft, das am Anfang noch eines mit dem konventionellen Handel war. „Seit mehr als 30 Jahren verzichten wir gänzlich auf Pflanzenschutz und mineralische Düngung. Damals war es jedoch noch nicht so interessant für unseren Betrieb, auf Bio umzusteigen“, resümiert er. Vermarktet wurde über den Großhandel, an Wiederverkäufer, über Marktstände und ab Hof. Das Umdenken und der Entschluss, Biobetrieb zu werden, sei erst gewachsen, als die Weihnachtsbaum-Betriebe im Sauerland immer häufiger wegen der ungebremsten Verwendung von Pestiziden Negativschlagzeilen machten und sich vor allem im Sauerland auch die Bürger zur Wehr gegen den übertriebenen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln setzten. „Da war für uns klar: Wir müssen nach außen ein Zeichen setzen und sichtbar machen, dass es auch ohne Pestizide geht“, betont Stefan Lüdenbach.
Da die Flächen lediglich mit Haarmehlpellets gedüngt und die Baumkulturen ungespritzt waren, sei die Umstellung vergleichsweise einfach gewesen. Und die Umstellungszeit kürzer. „So konnten wir uns bald biozertifizieren lassen, zunächst vom Biokreis-Verband. 2013 sind wir dann zu Bioland gewechselt, was für uns einen klaren Vermarktungsvorteil bedeutete: Bioland kennt jeder Kunde“, erklärt Stefan Lüdenbach den Entschluss.
Mit der Umstellung auf Bio-Gartenbau hat sich auch der Kundenstamm geändert. „Innerhalb kürzester Zeit haben sich die Kunden komplett ausgetauscht, und zwar sowohl die Großabnehmer, als auch die Privatkunden“, meint Stefan Lüdenbach. Erstere habe er vor die Wahl gestellt: Nur noch Bio zu neuen Preisen - oder gar nicht mehr beliefert werden. „Tatsächlich haben sich beinahe 100 Prozent unserer ehemaligen Kunden gegen die weitere Zusammenarbeit entschieden. Glücklicherweise hat sich der neue Kundenstamm sehr schnell aufgebaut“, freut sich Lüdenbach noch heute über diesen problemlosen Austausch, der wohl auch deshalb so gut gelingen konnte, weil die neuen Wiederverkäufer, vor allem Bioläden und Bio-Direktvermarkter, die Bäume aus dem Bergischen prominent beworben haben.
Zwei Drittel der Bio-Weihnachtsbäume erreichen heute über den Handel und zwei Markstände im links- und rechtsrheinischen Köln die Endkunden, ein Drittel geht an Privatkunden. „Der Privatverkauf ab Hof läuft super! Das liegt auch daran, dass die Menschen an den Adventswochenenden gerne hier aufs Land fahren und rund um den Weihnachtsbaumkauf auch noch Glühwein und Wurst, weihnachtliche Blasmusik und Ponyreiten genießen können. Da wird der Kauf zum Advents-Event“, meint Stefan Lüdenbach, der selber Spaß an diesem vorweihnachtlichen Treiben auf seinem Hof hat.
Bis es soweit ist, gibt es jedoch jede Menge zu tun für die Mitarbeiter aus dem GaLaBau-Unternehmen, die Mitte November damit beginnen, die Bäume zu sägen, aus den Plantagen zu holen, zu netzen, auszuzeichnen und transportfähig zu palettieren. Mit einer Spedition werden die Bäume dann zu den Kunden gefahren.
„Ein guter Werbeträger für unsere Bio-Weihnachtsbäume ist übrigens Robin Wood. Auf deren Website sind deutschlandweit alle Anbieter von ökologischen Weihnachtsbäumen gelistet und die Kunden können auswählen, wo sie ihren Weihnachtsbaum kaufen.“ Bundesweit sind das 109 Betriebe, 18 Anbieter gibt es in NRW. Übrigens lässt sich dort auch nachlesen, dass sich der Anteil verkaufter Öko-Weihnachtsbäume am Gesamtverkauf von in Deutschland produzierten und verkauften Weihnachtsbäume - das sind laut Statistik ganze 24 Mio. Stück - von 0,38 % 2017 auf 0,56 % 2019 gesteigert hat. „Das ist relativ gesehen nicht sehr viel. Trotzdem haben auch wir in den vergangenen drei Jahren gemerkt, dass die Zahl der Privatkunden, die zu uns auf den Hof kommen, deutlich angestiegen ist. Der Trend geht also in die richtige Richtung“, ist Stefan Lüdenbach zufrieden darüber, dass er wahrscheinlich auch im Ruhestand in den nächsten Jahren noch sehr viel zu tun haben wird.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW