Wie können Bio-Betriebe die Nährstoffversorgung im ökologischen Acker- und Gemüsebau verbessern? Das haben verschiedene Teams aus Forschung, Beratung und Praxis in den letzten vier Jahren bundesweit in verschiedenen Projekten untersucht. Die bisherigen Ergebnisse stellten sie Ende November 2022 auf der Abschlussveranstaltung „Nährstoffmanagement im ökologischen Landbau“ in Fulda vor. Organisiert wurde das Netzwerktreffen vom Kompetenz- und Praxisforschungsnetzwerk NutriNet und dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL).
In den BÖL-Studien berücksichtigten die Fachleute alle wesentlichen Stellschrauben, mit denen Bio-Betriebe ihr Nährstoffmanagement steuern können. Dazu gehören unter anderem die Bewässerung, der Einsatz von Programmen zur Nährstoffbilanzierung und Düngeplanung, die Nutzung von Zwischenfrüchten und Leguminosen sowie die Kleegraskompostierung und Ausbringung von Bio- und Grüngutkomposten.
Dr. Daniel Neuhoff von der Universität Bonn stellte in seinem Vortrag den Einfluss einer Zusatzberegnung auf den Ertrag und die Stickstofffixierleistung von Kleegras vor. In der zweijährigen Studie konnten bei Beregnung an fünf von sechs Standorten deutliche Mehrerträge von bis zu 100 Prozent erzielt werden. Zudem stieg auch die Menge an fixiertem Luftstickstoff signifikant an. Dennoch zeigte eine betriebswirtschaftliche Vollkostenrechnung, dass eine Beregnung derzeit weder bei Kleegras noch bei Sommerweizen wirtschaftlich ist.
Auf die positiven Effekte von sogenanntem Transfermulch im Kartoffelanbau verwies Ulf Jäckel vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Die Ausbringung verschiedener Mulcharten trug in den von ihm betreuten Versuchen deutlich zum Erosionsschutz bei. Vor allem bei pflugloser Bestellung verbesserten sich auch der Bodenwasserhaushalt und die Stickstoffversorgung. Auch Unkraut ließ sich mit Mulch wirksam unterdrücken. „Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Mulchdicke und ein optimales C/N-Verhältnis“, sagte Jäckel. Als Mulchmaterial wurden verschiedene Silagen aus Kleegras und Luzerne sowie Zwischenfrüchte und Grünlandschnitt eingesetzt.
Dr. Christian Bruns von der Universität Kassel fasste die Ergebnisse einer Studie zur verlustarmen Kompostierung von Kleegras zusammen. Bei alleiniger Kompostierung von Kleegras, kommt es laut Bruns zu Stickstoffverlusten von über 50 Prozent. Setzt man dagegen Strukturmaterial wie Stroh und Grüngut in den richtigen Anteilen zu, lassen sich die Stickstoffverluste auf unter 20 Prozent senken. Dagegen hatten das Umsetzungsmanagement und die Wasserführung während der Kompostierung in den Versuchen kaum Einfluss auf die Höhe der Stickstoffverluste.
Auf das Potenzial von Bio- und Grüngutkompost als wertvollen Dünger für den ökologischen Landbau ging Ralf Gottschall vom Ingenieurbüro für Sekundärrohstoffe und Abfallwirtschaft ein. Die von ihm betreute Studie ergab, dass über 70 Prozent der zwischen 2018 und 2021 in Deutschland angefallenen Bio- und Grüngutkomposte für den ökologischen Landbau geeignet waren und auch den Richtlinien von Bioland und Naturland entsprachen. Somit hätten im ökologischen Landbau pro Jahr 2,68 Millionen Tonnen Kompost als Dünger eingesetzt werden können. „Tatsächlich wurden aber nur etwa sieben Prozent dieser Menge genutzt. Das heißt, hier gibt es noch ein sehr großes Nährstoffpotenzial für den Ökolandbau“, sagte Gottschall.
Über die Ergebnisse einer Studie zur Bodendurchwurzelung von Zwischenfrüchten berichtete Roman Kemper von der Universität Bonn. Die Versuche zeigten laut Kemper, dass tiefwurzelnde Arten wie Ölrettich, Rübsen und Phacelia vorhandene Bioporen im Boden intensiv nutzen und dadurch sehr schnell tief wurzeln. Dadurch würde Stickstoff auch noch in tieferen Bodenschichten gebunden und vor einer Auswaschung geschützt. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass Mischungen im Vergleich zu Reinsaaten längere Wurzeln bilden. Eine besonders gute Durchwurzelung war bei allen Mischungen mit Ölrettich als Komponente zu beobachten. Auf die Nachfrucht hatte dies jedoch keine Auswirkung. „Insgesamt bilden Winterzwischenfrüchte aber deutlich weniger Wurzelmasse, als in der Praxis häufig erwartet wird“, betonte Kemper.
Über den Stand der Entwicklung von „WebMan“, dem webbasierten Nährstoffmanagementsystem für den ökologischen Landbau, informierte Joseph Donauer, Technische Universität München. Damit können Bio-Betriebe zukünftig den Nährstoff- und Düngebedarf für verschiedene Kulturen sowie die anfallenden Nährstoffmengen in der Tierhaltung berechnen. Zudem können Nährstoffkreisläufe im Betrieb analysiert und individuelle Handlungsempfehlungen zur Düngung und Fruchtfolgegestaltung im Betrieb gegeben werden. WebMan soll ab dem Jahr 2024 als offizielles Beratungstool in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zum Einsatz kommen.
Als wichtigen Baustein für ein besseres Nährstoffmanagement im Ökolandbau sieht Bioland-Berater Alexander Watzka die Notwendigkeit, bestehendes Wissen aus der Forschung an die Bio-Betriebe heranzutragen. Denn zu vielen, häufig gestellten Fragen von Bio-Landwirtinnen und -Landwirten gebe es bereits Forschungsergebnisse und klare Praxisempfehlungen. „Das Wissen ist da, es kommt aber noch zu selten bei den Betrieben an“, sagte Watzka. Bei dem dafür notwendigen Wissenstransfer spiele die Beratung eine zentrale Rolle als Bindeglied zwischen Forschung und Praxis. Deshalb sei es unter anderem wichtig, die Beratungsteams systematisch über aktuelle Forschungsprojekte und neu gewonnene Erkenntnisse zu informieren. „Beratung und Wissenschaft müssen besser verknüpft werden“, betonte Watzka.
Field School-Konzeptermöglicht Austausch und Praxisforschung
Wie sich Forschung und Praxis besser zusammenführen lassen, stellte August Bruckner von der HNE Eberswalde vom Praxisforschungsnetzwerk NutriNet anhand eines neuen Konzepts vor. Im Rahmen des Netzwerks wurden sogenannte Field Schools aufgebaut, in denen Bio-Landwirtinnen und -Landwirte einer Region auf regelmäßigen Treffen ihr Wissen austauschen und gemeinsam weiterentwickeln können. Ein wichtiger Teil der Field-Schools sind Praxis-Versuche, die von den Betrieben selbst angelegt und ausgewertet werden. Dabei erhalten sie intensive Unterstützung von der Regio-Fachberatung, die die Treffen moderiert und das benötigte Know-how für das Anlegen und Auswerten von Versuchen vermittelt.
Weitere Informationen zum Projekt NutriNet gibt es unter www.nutrinet.agrarpraxisforschung.de.
Jürgen Beckhoff/BÖLN