Am 15. Mai trafen sich auf dem Stautenhof der Familie Leiders in Willich-Anrath Landwirtinnen und Landwirte zum Fachtag Kompost. Dazu hatten zum zweiten Mal die Bioverbände Bioland und Naturland gemeinsam mit dem Verband der Humus- und Erdenwirtschaft, VEH, und RETERRA eingeladen.
RETERRA mit Sitz in Erftstadt sammelt organische Abfälle, aus denen Substrate, Bodendecker, Holzbrennstoffe und Komposte erzeugt werden, alle mit dem RAL-Gütesiegel ver- und insofern un-besehen in Landwirtschaft und Gartenbau einsetzbar. Der Kompost als langsam wirkender Dünger war an diesem Vormittag denn auch das Hautthema, dem sich zunächst Dr. Konrad Egenolf und Holger Fechner, bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen unter anderem für die Düngeberatung zuständig, in ihren Vorträgen widmeten. Den beiden Referenten war ein Großteil der Zuhörerschaft aus dem aktuell laufenden Bodenpraktikerkurs bekannt: In diesem Weiterbildungsangebot von Bioland und der Bioland-Stiftung lernen ökologisch und konventionell wirtschaftende Landwirte und Landwirtinnen alles über die Faktoren, die den Boden ausmachen und beeinflussen. Passend zum aktuell laufenden Modul „Humus/organische Düngung“ waren die Kursteilnehmer ebenfalls zum Fachgespräch auf den Stautenhof gekommen.
„Aus der Bodenzustandserhebung geht hervor, dass die Humusvorräte landwirtschaftlich genutzter Böden in Deutschland in Ackerböden durchschnittlich bei 100 t/ha und unter Grünland bei 140 t/ha liegen. Standort und Klima können wir als Landwirte nicht beeinflussen. Einen großen Einfluss auf die Humusvorräte hat aber die Bewirtschaftung der Böden. Hier können wir die Organik sehr wohl davor schützen, dass sie veratmet wird, und den Boden als Kohlenstoffspeicher erhalten“, betonte Konrad Egenolf in seinen Ausführungen. So erreiche man durch die Aggregatstabilisierung, sprich intakte Ton-Humus-Komplexe, einen stabilen Humus-Pool - „zu unterstützen durch regelmäßige, langfristige Wirtschaftsdüngergaben! Und auch die sogenannten Wurzelexsudate können die Ton-Humus-Komplexe fördern. Im Mittel werden 46 % des Wurzelkohlenstoffs in Humus eingebaut und nur 8 % des Sprosskohlenstoffs“, wusste Dr. Egenolf. „Wurzelexsudate tragen also deutlich effektiver zum Humusaufbau bei als Wurzeln, Erntereste und organische Dünger.“
Der Referent gab weiter folgende Handlungsempfehlungen zur Humusstabilisierung:
Bei Holger Fechner ging es um Kompost im Spannungsfeld zwischen Pflanzenbau und Düngerecht. „Kompost ist ein wichtiger organischer Bodendünger mit vielfältigen Funktionen. Seine Anwendung gemäß der guten fachlichen Praxis impliziert, dass Art, Menge und Zeitpunkt der Anwendung am Bedarf der Pflanzen und des Bodens ausgerichtet werden. Kompost und auch Champost unterliegen dabei zahlreichen düngerechtlichen Regularien und genießen zum Teil Sonderregelungen: Die N-Obergrenze liegt hier nicht bei 170 kg Norg/ha und Jahr im Betriebsdurchschnitt oder pro Fläche, sondern beträgt bei Komposten und Champost 510 kg Norg/ha in drei Jahren“, zitierte Fechner aus §3 (2) des Düngegesetzes. Außerdem sei kein Aufbringen außerhalb der Sperrfristzeiten auf gefrorenem Boden erlaubt. Auch beim Anrechnungsfaktor in der Düngebedarfsermittlung inklusive Nachlieferung aus organischer Düngung (10% Ngesamt) bilde Kompost sowie Champost eine Ausnahme: Hier sei eine Aufteilung auf drei Jahre im Verhältnis 4-3-3 gestattet.
Wichtig zu wissen sei, dass bei Kompost als Mehrnährstoffdünger Phosphat schnell zum Mengen-limitierenden Nährstoff werden könne. „Das ist eine besondere Herausforderung im Ökolandbau! Eine Lösung könnte unter anderem die Verwendung P2O5-armer organischer Düngeformen, wie Haar- und Horn-Produkte, sein“, empfahl Fechner.
Einige Lösungsansätze für die Praxis hatte der Referent dann auch noch mitgebracht. „Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Versuchswesen der Landwirtschaftskammer NRW zeigen, dass durch den regelmäßigen Einsatz von Kompost im Vergleich zur mineralischen Düngung Humus-, also Kohlenstoffgehalte, erhalten oder gesteigert werden können, wodurch sich die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Die Kulturen werden resilienter gegen extreme Witterung, wie Trockenheit. Und Kompost kann dazu beitragen, die Lagerungssichte der Böden zu verringern. Letztenendes ergibt sich aus diesen Faktoren eine nachhaltige Steigerung der Erträge“, schloss Holger Fechner sein Fazit zum Komposteinsatz.
Stephan Gehrendes, Bioland Landesverband NRW e.V, und Thomas Schmidt, Naturland Ökoberatungsgesellschaft mbH, stellten die Bedeutung und Anforderungen an die Kompostdüngung im ökologischen Landbau sowie den Kompostbedarf für Bioland und Naturland-Betriebe in NRW dar. Bioland und Naturland haben seit 2015 weitestgehend einheitliche Richtlinien für den Einsatz von Komposten, die gemeinsam mit der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V., BGK, abgestimmt wurden. Ebenfalls unter der Federführung der BGK haben die Verbände das RAL-Gütezeichen für Biokomposte entwickelt.
„Die Kompostqualitäten für den ökologischen Landbau betreffen zum Beispiel das Puffervermögen und die Struktur, die Bodenfruchtbarkeit ist gesondert in den Richtlinien verankert. Außerdem geht es um Fremdstoffe, die mit maximal 0,3 Gewichtsprozent i.d.TM messbar sein dürfen. Und es geht um eine hohe Hygienisierung der Substrate, da wir GVO und die Samen invasiver Arten weitestgehend vermeiden müssen“, nannte Stephan Gehrendes einige Kriterien, die bei Bio-Komposten berücksichtigt werden. Ganz wichtig sei auch der Rottegrad; hier empfehlen die Verbände in der Regel einen Rottegrad zwischen 4 und 5. „Kompost darf auf keinen Fall das „Stinke-Image“ wie der Gülle anlasten, das wäre äußerst kontraproduktiv“, mahnte er.
Rund 10 % aller Naturlandbetriebe und mehr als 10 % der Bioland-Betriebe in NRW setzen nach Angaben der beiden Verbandsberater Kompost auf ihren Flächen ein. In der Regel würde sich der Komposteinsatz auf Biobetrieben auf maximal 20 t TM in drei Jahren belaufen. „Am besten ist ein Wechsel von Grüngut- und Biogut-Komposten“, empfahl auch Thomas Schmidt. Der Naturland-Berater wusste außerdem zu berichten, dass vor allem in Gemüsebaubetrieben die phytosanitäre Wirkung von Komposten ertragssteigernd sei. „Ein Hygienejahr mit Zwischenfrucht und Kompostdüngung hatte auf einem Betrieb 9 t mehr Möhren zur Folge“, nannte er ein Beispiel aus der Praxis. (Siehe dazu auch die Grafik „Komposteinsatz in der Fruchtfolge“.)
Zu finden sind die Biokomposte unter anderem auf der FiBL-Betriebsmittelliste sowie auf der Website der Bundesgütegemeinschaft Kompost unter wwww.kompost.de unter Service/Hersteller und Produkte. Das Programm findet die optimale Herkunft und das passende Werk.
Mike Schmees, RETERRA West GmbH & Co. KG, erläuterte den Kompostbezug- und Einkauf aus Sicht eines Produzenten. „Kompost ist das älteste Dünge- und Bodenverbesserungsmittel der Menschheit“, zitierte Schmees eine Fundstelle in Wikipedia. Die aktuelle Definition laute entsprechend an heutige Verhältnisse angepasst: „Kompost ist das Endprodukt, das bei der Kompostierung von organischen Abfällen entsteht, und wird unterteilt nach Ausgangsstoff - also biologischen Rohstoffen aus Grüngut oder Bioabfall - sowie nach der Dauer und Intensität der Rotte.“
Beziehen lasse sich Kompost über die Bundesgütegemeinschaft, die Öko-Verbände, aber auch die Offizialberatung der Landwirtschaftskammern oder bei Lohnunternehmen. Dabei seien die Entladestelle ebenso wie die Zeiträume das A und O. „Optimal ist es, wenn ein Schubbodenfahrzeug auf die entsprechende Fläche fahren und den Kompost zur Feldlagerung abkippen kann“, meinte Schmees. Die Qualität der Kippstellen sei dabei aber nur einer der Einflussfaktoren auf den wirtschaftlichen Einkauf von Kompost. „Nicht minder wichtig sind die Entfernung der Flächen zum Kompostwerk, die Saisonzeiten und natürlich die Produktqualität!“, betonte der Fachmann.
Wirtschaftlich werde die Kompostdüngung schon angesichts der Wasserspeicherfähigkeit von Kompost: „Humus speichert das Fünffache seines Eigengewichtes an pflanzenverfügbarem Wasser. Bei einem Kompost mit 38 % Wassergehalt, 39 % Glühverlusten, 24,2 % organischer Substanz und einem Dauerhumusanteil von 24,2 x Faktor 0,5 ergeben sich beispielsweise bei einer Kompostgabe von 48 t/ha rund 29 m³ zusätzliches pflanzenverfügbares Wasser ja Hektar, und das bei jedem neuen Regenereignis!“
Nach einem ganzen Vormittag positiver Berichte über den Komposteinsatz in der Landwirtschaft hätte Mike Schmees diese Lanze nicht mehr brechen müssen. Die Boden-Praktikerinnen und Bodenpraktiker waren am Ende von dessen Vorteilen für den konventionellen ebenso wie für den ökologischen Landbau überzeugt.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW