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Klimaschutz durch Vergärung von Wirtschaftsdüngern

19.04.2023

Neue interessante Rahmenbedingungen für die Vergärung von Wirtschaftsdüngern zeigte eine Online-Veranstaltung der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe, FNR, Ende März.  Stand und Ausbau der Vergärung von Wirtschaftsdüngern, Perspektiven und aktuelle Fördermaßnahmen standen im Mittelpunkt der Vorträge. 

„Schon seit den 1990-ern ist die FNR mit Fachberatung und Öffentlichkeitsarbeit als Fachagentur für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterwegs “, führte Birger Kerckow in die Veranstaltung ein. Mit wenigen Sätzen machte er den etwa 170 Teilnehmern die bevorstehende Aufgabe deutlich. Die Lagerung von Wirtschaftsdüngern verursache einen wesentlichen Anteil der CO2-Emissionen aus der Landwirtschaft, die es nach deutschen Klimaschutzzielen bis 2030 erheblich zu reduzieren gelte.  Als derzeit einzige wirkungsvolle Waffe gegen klimarelevante Methanemissionen aus der Viehhaltung habe sich die Vergärung von Wirtschaftsdüngern bewährt: „Eine technisch und wirtschaftlich etablierte Lösung.“

Allerdings stagniere der Anteil der Wirtschaftsdünger, die in Biogasanlagen vergoren werden, bei etwa 30 %.  Aktuell erreiche nur etwa ein Drittel der anfallenden Wirtschaftsdünger den Biogasprozess. Damit würden nicht nur vermeidbare Emissionen freigesetzt, sondern auch Potenziale für eine nachhaltige Energieerzeugung sowie für verbesserte Düngeeigenschaften von Wirtschaftsdüngern verschenkt.

Ausbaustand der Güllevergärung

Etwa 60 Mio. t Festmist und tierische Exkremente landen jährlich in deutschen Biogasanlagen, darunter etwa 41 Mio. t Rindergülle, die vergoren wird. Weit vor Schweinegülle und Festmist komme Rindergülle am häufigsten als Substrat zum Einsatz.  „Zurzeit werden etwa 33 % der Rindergülle genutzt“, führte Dr. Peter Kornatz, Deutsches Biomasseforschungszentrum, DBFZ, anhand der Zahlen aus. „Hauptsächlich passiert das in großen Anlagen.“ Es zeigten sich dementsprechend große Überschneidungen zwischen Regionen hoher Viehhaltungsdichte und dem Bestand größerer Biogasanlagen und über ganz Deutschland betrachtet ein sehr heterogenes Bild. In den kleineren Veredlungsregionen bilde sich entsprechend ein höheres Aufkommens von Güllekleinanlagen ab. Der Anteil tierischer Reststoffe, der dem Biogasprozess zugeführt werde, stagniere auf einem Plateau von etwa 33 %. „Wir sehen aktuell eine Stagnation mit tendenziellem Rückgang bei Anlagengrößen bis 250 kW“, so Peter Kornatz. Anders als im Bereich der Güllekleinanlagen bis 75 kW, wo die Anlagenzahlen konstant blieben, geben im Segment der Anlagen bis 250 kW Betreiber zum Teil auf. „Wir hatten Ende 2021 genau 1 040 Güllekleinanlagen im Bestand.“

Der Substratmix typischer landwirtschaftlichen Biogasanlagen in Deutschland weist einen Anteil von 30 bis 50 % Gülle und 49 bis 69 % nachwachsender Rohstoffe (NawaRo) auf, so der Referent des DBFZ. Gülle spiele damit bereits heute eine wichtige Rolle im Bestand. „Wenn Anlagenbetreiber aufgeben, bringt das Probleme aufgrund zusätzlicher  klimarelevanter Emissionen aus der Landwirtschaft mit sich.“

Entwicklung bis 2035

Die Prognose des DBFZ auf Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2021 sieht im Bereich Wirtschaftsdünger das Emissionsminderungsziel bis 2030 deutlich unterschritten, nicht zuletzt aufgrund eines Rückgangs von Anlagen im Bestand. Dafür gebe es eine Reihe von Gründen, wie rechtliche Vorgaben der Ausschreibungsverfahren: „Ausschreibungen werden insgesamt schlecht angenommen“. Weitere Hindernisse sieht Dr. Kornatz in häufigen Gesetzesänderungen und hohen administrativen Hürden.

Für das EEG 2023 liege noch kein prognostizierter Ausbaupfad des DBFZ vor. Allerdings konzentriere sich die Förderung im EEG 2023 auf hochflexible Spitzenkraftwerke. „Die Anreize genügen nicht für einen Ausbau“, schätzte er die jetzige Ausgangslage ein. Einen Sonderweg machte er im Kraftstoffsektor aus, wo durch die Erneuerbaren-Direktiven RED II und RED III Biomethan aus Reststoffen angeschoben und damit auch reststoffbasiertes Biogas und damit Wirtschaftsdünger als Substrat eine höhere Nachfrage erfahren können.

Abschließend nahm der Referent des DBFZ die Eckpunkte der Nationalen Biomassestrategie (NABIS) des BMEL und die Lupe. Aufgrund der hierin geforderten Mehrfachnutzung mit Nutzungshierarchie sieht er Anbaubiomasse für die energetische Nutzung auslaufen. Höchster Priorität liege klar auf der Ernährungssicherung und damit dem  Anbau von Nahrungsmitteln. So sei jetzt die Zeit der Kaskaden- und Koppelnutzung von Biomasse gekommen mit einem Ausbau von Rest- und Abfallstoffen in der Energiegewinnung. Das Ziel,  Wirtschaftsdünger im Biogasprozess von einem Drittel auf zwei Drittel des Gesamtaufkommens anzuheben, wie in der NABIS gefordert, sieht der Referent des DBFZ allerdings noch nicht in Reichweite.


Neue Anreize für tierhaltende Betriebe

Über die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Vergärung von Wirtschaftsdüngern im EEG 2023 informierte Dr. Helmut Loibl, Loibl und Partner, der insgesamt den Neubau von Neuanlagen als tendenziell unrentabel einstufte. Als einen Ausnahmefall nannte er sehr große Tierhaltungsbetriebe mit etwa 1 500 Kühen und einem energetischen Potenzial für 450 kW, „das kann interessant sein, aber diese Betriebe sind aber rar.“

Daneben machte er im EEG 2023 aber auch wunderbare Neuerungen aus. „Ein Lichtblick im EEG 2023 ist die Förderung von Güllekleinanlagen.“ Denn erstmalig dürften auf 150 kW ausgelegte, neu errichtete Anlagen diese Leistung auch bringen und entsprechende Energiemengen produzieren, was den Jahresumsatz auf etwa 270 000 € anhebe. Dabei gebe es gewisse Regeln zu beachten. Die Güllekleinanlage mit maximal 150 kW installierter Leistung müsse insgesamt am Standort stehen. Ein eigenständiger Satellit etwa zur Wärmelieferung, senke die Vergütung im gesetzlichen Tarif.

Aufgrund der lukrativen Vergütung im Segment der Güllekleinanlagen empfahl der Experte, in Rechtsfragen einen geplanten Anlagenbau entsprechend anzupassen. „Sie brauchen wahnsinnig viel Gülle“, machte er klar. „80 % Gülle heißt alles, was aus Nutztieren rauskommt, Einstreu und Pferdemist inklusive.“ Aber auch überjähriges Kleegras werde bis zu maximal 10 % angerechnet. Dagegen darf Geflügelmist als Substrat genutzt werden, werde allerdings nicht auf die 80-%-Forderung für Gülle angerechnet.

Güllekleinanlagen müssen nicht in die Ausschreibung und fielen bis zu einer installierten Leistung von 100 kW in die gesetzliche Einspeisevergütung. Wie neu für errichtete Anlage über 100 kW verpflichtend, können sich auch kleinere Anlagen freiwillig einem Direktvermarkter anschließen. Für gängige Milchviehbetriebe, zum Beispiel mit Tierzahlen von 150 oder 300 Tieren, machte der Rechtsexperte beispielhaft interessante Einnahmeseiten aus. Aktuell dämpften allein Preissteigerungen im Anlagenbau die gute finanzielle Perspektive.

„Bestehende Güllekleinanlagen haben Pech gehabt“, so der Referent aus Bayern. Die Anlagen blieben auf den damaligen EEG-Rahmenbedingungen stehen. Er empfahl, juristisch zu prüfen, ob und wie ein Um- oder auch Neubau auszugestalten ist, sodass sich der Betrieb als Neuanlage nach EEG 2023 lohne. „Die Investitionssumme kann schon nach vier bis zwölf Jahren wieder reinkommen.“

Emissionen effektiv mindern

Die Biogaserzeugung aus Gülle vereint den Vorteil der Treibhausgasminderung mit der energetischen Nutzung. Die Restgasemissionen liegen sehr deutlich unter den Methanemissionen unvergorener Gülle ohne Abdeckung, wie Ursula Roth, KTBL, ausführte. Besonders effektiv werden Methanemissionen bei Biogasnutzung mit gasdichter Gärrestlagerung vermieden. „85 bis 90 % Treibhausgasminderung durch Güllevergärung können bei gasdichter Lagerung erreicht werden.“

Vor- und Zwischenlagerung der Wirtschaftsdünger gelte es möglichst zu vermeiden, machte die Referentin des KTBL deutlich. „Wer schnell ist, holt deutlich mehr Energie und damit Methan aus den Wirtschaftsdüngern raus.“  Weitere Ansatzpunkte, Emissionen zu minimieren, fänden sich bei der gasdichten Gärrestlagerung, der Gärrestaufbereitung und bis hin zur Gärrestausbringung.

Im Moment steigt die Wertschätzung für Gärreste“, so Ursula Roth, sie empfiehlt auch deshalb die Verluste an Nährstoffen zu minimieren. Anlagen zur Erzeugung von Biogas wurden erstmalig in die Novelle der TA-Luft aufgenommen. Auch für Behälter, in denen kein Biogas entsteht, gilt ein Minderungsgrad von Emissionen um 90 %. Zulässige emissionsmindernde Abdeckungen konkurrieren mit gasdichten Abdeckungen, die im Kostenvergleich zwar höher liegen, für die jedoch Investitionszuschüsse von bis zu 40 % winkten, so die Referentin des KTBL.


Christiane Aumüller-Gruber

Weitere Informationen

Fördermaßnahmen in der Landwirtschaft

Die Fördermaßnahmen des BMEL deckten die gesamte technische Prozesskette ab, führte Birger Kerckow, FNR, aus, wie zum Beispiel der aktuelle Förderaufruf im Bereich Forschung und Entwicklung für die emissionsmindernde Nutzung von Wirtschaftsdüngern. Auch für  moderne und Demonstrationsanlagen, die neue,  aktuell  relevante Aufgaben, wie die Umstellung von NawaRo auf Wirtschaftsdünger erproben, stehen Fördergelder bereit.

Besonderes Augenmerk galt der Förderrichtlinie „Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen bei der Vergärung von Wirtschaftsdüngern“, die von der FNR aufgelegt und umgesetzt wird, wie Dr. Boris Vashev erläuterte. Grundlage der Förderrichtlinie für den Sektor Landwirtschaft sei das Klimaschutzprogramm 2030 „Diese Richtlinie ist an Biogasbetreiber adressiert, mit dem Ziel, Investitionen in den Einsatz von Wirtschaftsdüngern sowie emissionsmindernde Technik zu etablieren.“

Gefördert werden demnach Maßnahmen, die den Anteil an Wirtschaftsdüngern erhöhen sowie Investitionen in emissionsmindernde Technologien, wie die gasdichte Abdeckung von Gärrestlagern. „Diese Förderrichtlinie dient dem Klimaschutz“, machte der Referent der FNR deutlich. Er führte mögliche Optionen und entsprechende Förderhöhen, die bis zu 40 % der förderfähigen Investitionssumme reichen, sowohl für Bestands- und Neuanlagen aus. Mit konkreten Hinweisen zur Antragstellung setzte Ina Fleischer, FNR, schließlich den Schlußpunkt der Veranstaltung. Wichtige Informationen und Unterlagen bis hin zu den Antragsformularen sind auf der Website der FNR zusammengestellt unter https://wirtschatsduenger.fnr.de.

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