Sechs Jahre lang haben Forscherinnen und Forscher der Universität Hohenheim und des Julius-Kühn-Instituts in Groß-Lüsewitz in einem gemeinsamen Forschungsprojekt an der Optimierung der Kühletoleranz von Sojabohnen gearbeitet. Das Projekt wurde über die Eiweißpflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Dr. Volker Hahn von der Universität Hohenheim war einer der Leiter des Projekts. Er forscht seit über zehn Jahren an einer verbesserten Kühletoleranz von Soja.
Ein Schwerpunkt unserer Arbeit war die Kühletoleranz der Sojabohne zur Blüte. Sojabohnen mögen während der Blüte im Juni und/oder Juli keine niedrigen Temperaturen. Niedrig heißt in dieser Jahreszeit um die zehn Grad Celsius. Die Pflanzen werfen dann häufig ihre Blüten ab. In unseren Untersuchungen haben wir gesehen, dass es Unterschiede in der Toleranz gegenüber kühlen Bedingungen zur Blüte gibt. Das heißt, es gibt Sorten oder Sojastämme, die stärker auf Kühlestress reagieren als andere. Allerdings haben wir kein einzelnes Kälte-Gen gefunden. Es sieht so aus, dass mehrere Gene an der Kühletoleranz beteiligt sind.
Wir haben in einem ersten Ansatz 52 Sorten untersucht. Das meiste Zuchtmaterial stammt aus Europa, manche Sorten hatten ihren Ursprung in Kanada. Wir haben zudem noch 120 Nachkommen aus einer Kreuzung mit einer stark kühleanfälligen und einer deutlich toleranteren Sorte untersucht. Dieses Material stammte aus unseren eigenen Kreuzungen.
Wie gesagt wird die Kühletoleranz von mehreren Genen auf bestimmten Abschnitten im Erbgut beeinflusst. Das macht es viel schwerer, das Merkmal züchterisch zu bearbeiten. Wir haben in unseren Untersuchungen aber sogenannte Marker gefunden, über die wir Genabschnitte für Kühletoleranz im Erbgut einer Pflanze nachweisen können. Allerdings ist es nicht sicher, ob diese Abschnitte in allen Linien zu finden sind, selbst wenn sie kühletolerant sind. Dennoch geben diese Marker eine größere Sicherheit, ob eine Pflanze über eine gewisse Kühletoleranz verfügt. Das wird die weitere Züchtung etwas erleichtern. Da auch andere Institute und Zuchtfirmen mit toleranteren Linien und Sorten aus dem Projekt arbeiten, wird die Toleranz gegen Kühlestress mittelfristig steigen.
Es gibt bereits sehr frühe Sojasorten, die auch im Norden ziemlich sicher reif werden. Das sehr frühe Material hat allerdings ein geringeres Ertragspotenzial, wie wir das auch von Mais und anderen Kulturen kennen. Unsere Untersuchungen in der Nähe von Rostock haben gezeigt, dass auch etwas späteres und ertragreicheres Material in den meisten Jahren reif wird, allerdings nicht in sehr kühlen Jahren. Da bleibt ein gewisses Anbaurisiko.
Wir haben in anderen Projekten mehrfach Untersuchungen mit Hobbygärtnerinnen und -gärtnern in ganz Deutschland bis hin zur dänischen Grenze durchgeführt. Auch dort wurden die Sojabohnen reif, allerdings meist erst im Oktober. Mit dem frühen Material kommt man etwa auf 25 Dezitonnen pro Hektar. An diesen Standorten muss man aber schauen, ob die Sojabohne in die Fruchtfolge passt. Denn das Wintergetreide wird in den nördlichen Regionen meist relativ früh gesät.
Wir haben die Proteingehalte untersucht, aber keinen Zusammenhang zur Kühletoleranz gefunden. Das heißt, dass auch im Norden ein hoher Proteingehalt erreicht werden kann. Das bestätigen auch unsere Untersuchungen zu den Rücksendungen aus den Hobbygärten. Auch da wurden teilweise hohe Proteingehalte erzielt.
Die gibt es schon. So hat zum Beispiel die sehr alte Sorte Merlin eine gute Kühletoleranz. Allerdings ist sie nicht die ertragsstärkste Sorte. Da derzeit jährlich zahlreiche Sojasorten neu gezüchtet und zugelassen werden, ist zu hoffen, dass bald auch für den Norden mehr Sorten zur Verfügung stehen. Interessierte Betriebe sollten sich am besten die Ergebnisse der Landessortenversuche in ihrer Nähe anschauen. Gemessen an der Anbaufläche der Sojabohne werden jedes Jahr erstaunlich viele neue Sorten gezüchtet, darunter auch ziemlich frühreife. Auch dieses Jahr stehen wieder einige neue Stämme in der Wertprüfung die als früh eingestuft sind.
Wir geben die Linien an Züchterhäuser ab. Diese prüfen dann üblicherweise noch zwei bis drei Jahre, bevor sie entscheiden, ob sie eine potenzielle Sorte für die Wertprüfung anmelden. Daher gehe ich nicht davon aus, dass aus unseren Linien bereits Sorten entstanden sin. Es kann aber gut sein, dass einige bereits in der Wertprüfung stehen.
Sie haben im Projekt auch eine genetische Nachweismethode für samenbürtige Sojapathogene entwickelt. Bisher galt Soja in Bezug auf den Pflanzenschutz als unproblematisch. Sehen Sie die Gefahr, dass der Schaderregerdruck in der Kultur zunimmt?
Der Druck von Schadorganismen wird sicherlich zunehmen, wenn der Anbau ausgeweitet wird. Daher sollen bekannte Resistenzgene, die meist in deutlich späteren Sorten gefunden wurden, auch in das frühe Material für unsere Breitengrade eingekreuzt werden. Mit dem Labortest haben wir eine Methode entwickelt, die einen schnellen und sicheren Nachweis auf die Pathogene ermöglicht. Bisher ist der Schaderregerdruck in Deutschland allerdings noch so gering, dass es bisher keine kommerzielle Umsetzung der Nachweismethode gibt.
Wir haben gerade ein neues BMEL-Projekt bewilligt bekommen. Ziel ist die Züchtung von Sojasorten, die besser mit Trockenstress umgehen können. Das wird zukünftig sicherlich eine der größten Herausforderungen in der Pflanzenzüchtung sein, nicht nur bei Sojabohnen. Aber auch hier sind die Zusammenhänge leider sehr komplex.
Jürgen Beckhoff/BLE
Den Abschlussbericht finden Interessierte im Internetangebot der BLE.