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Mit Agroforst mehr Vielfalt auf den Acker

16.02.2023

2016 beschloss Familie Schulte, ihren Betrieb in Dorsten-Rhade auf ökologischen Anbau umzustellen und dem Biolandverband beizutreten.

Neben dem Schwerpunkt Ackerbau werden auf knapp 4 ha Äpfel angebaut. Das erste Hühnermobil mit einer Kapazität von bis zu 225 Hühnern wurde versuchsweise in die Kernobstanlage integriert und zeigte gute Wirkung, sowohl auf das Tierwohl als auch auf den Apfelanbau. Hühner fühlen sich als ursprüngliche Waldbewohner unter den Bäumen wohl und finden dort Deckung vor Feinden aus der Luft, wie dem Habicht. Durch den Schutz der Bäume verteilen die Hühner sich weit in die Anlage hinein, so dass eine punktuelle Stickstoffeintragung, wie sie bei einer Haltung ohne den Schutz der Baumreihen oft gegeben ist, der Vergangenheit angehört. Das Grundwasser wird geschützt und nebenbei werden die Bäume gedüngt. Die Graseinsaat bietet den Tieren Futter und die Hühner halten den Bewuchs niedrig.

Oft suchen die Hühner gerade bei großer Sommerhitze das Sandbad im Schatten der Bäume, wodurch gerade der Baumstreifen frei von Beikräutern gehalten wird. Dieses Verhalten trägt stark zum Wohlbefinden der Tiere bei und unterdrückt ganz nebenbei auch um Nährstoffe und Wasser konkurrierende Pflanzen.

Überzeugt von Huhn und Bäumen

Heiner Schulte ist von dem System überzeugt. So hat er die Anzahl der Hühnermobile bis heute auf insgesamt vier aufgestockt. „Selbstfahrend müssten die Hühnermobile sein“, so der Betriebsinhaber. „Am besten über eine kleine Steuereinheit.“ Denn das Umstellen der Hühnermobile ist immer noch eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit. Für den Herbst, wenn die Bäume keine Blätter mehr tragen und die Gefahr aus der Luft für die Hühner steigt, denkt Heiner Schulte schon länger über zwei Herdenschutzhunde nach.


Die Idee vom Agroforst

Seit Herbst 2021 stehen auf knapp 6 ha Ackerfläche Walnüsse mit einem Pflanzabstand von 15 mal 12 m. Der Gedanke und die Begeisterung, ein Agroforstsystem zu errichten, kam Heiner Schulte während der Teilnahme an einen Bodenpraktiker-Kurs, den er 2018 und 2019 besuchte. „Ziel unseres Betriebes ist es, den Boden wenigstens über 90 % des Jahres bedeckt zu halten, um den Boden vor den hohen Temperaturen während der Vegetationsphase zu schützen.“ Der Betriebsinhaber arbeitet mittlerweile auch mit Direktsaat, um dieses Ziel zu erreichen, aber auch die Bäume und Sträucher aus dem Agroforstsystem sollen in Zukunft hierzu beitragen.

Die Synergien und die positiven Effekte der Gehölze sowohl auf die angrenzenden Ackerkulturen als auch auf das Tierwohl sind der Antrieb für den Betriebsinhaber, zwischen den Walnussbäumen weitere Beerensträucher, wie Kiwibeeren und Maibeeren, sowie Gemüse anzubauen. Aber auch die Kombination Walnussbäume und Hühnerhaltung bringen einen Win-Win-Effekt: „Der wichtigste Schädling bei der Walnussproduktion ist die Walnussfruchtfliege Rhagoletis completa. Sie bildet pro Jahr eine Generation und überwintert als Puppe im Boden. Die Fliege erscheint im Sommer und befällt die Früchte. Es gibt gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Hühnern gegen diesen Schädling“, weiß Betriebsleiter Schulte. Um den Hühnern auch auf dieser Fläche Schutz zu geben, soll ein weiterer Gehölzstreifen zwischen den Walnussbäumen und der Ackerkultur angepflanzt werden. Die Bäume werden im mittellangen Umtrieb kultiviert, so dass das Holz nach sechs bis acht Jahren geerntet wird. Die Strukturen des Agroforstsystems geben den Tieren die Sicherheit, sich weitläufig auf der Fläche zu bewegen - und die Beerenobsternte wird das Sortiment des eigenen Hofladens erweitern.

Die erste Ernte der Walnüsse wird jedoch noch einige Zeit auf sich warten lassen, je nach Sorte kann ab dem achten bis zum zwölften Standjahr mit dem Vollertrag gerechnet werden. Währenddessen bringen die neuen Beeren- und Gemüsekulturen einen schnellen Rückfluss. Um in Zukunft für den Boden auch eigenen Mist zur Verfügung zu haben und die Bodenfruchtbarkeit zu fördern sowie die Kreislaufwirtschaft zu schließen, denkt Heiner Schulte über eine Mutterkuhhaltung nach.



Agroforst zum Klimaschutz?

Der Anbau von Bäumen und Sträuchern in Kombination mit landwirtschaftlichen Flächen kann eine Antwort auf den Klimawandel sein. Auf Flächen mit Agroforstsystemen können mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt werden: Neben der Holzproduktion und -nutzung entweder als Wertholz für die Möbelindustrie oder als Energieholz leisten diese Systeme auch einen Beitrag zur Fruchtproduktion mit Obst- und Nussbäumen, was zu einer Erhöhung der Wertschöpfung beiträgt. Neben Vorteilen wie dem Schutz vor Wind- und Bodenerosion oder der Erhöhung der Wasserhaltekraft der Böden schaffen Agroforstsysteme Habitate für Tiere und Insekten, senken den Schädlingsdruck durch den Anbau vielfältiger Arten und ganz nebenbei verschönern sie noch die Landschaft.

Was ist förderfähig?

Welche Baumarten und Sträucher mit landwirtschaftlichen Flächen kombiniert werden können, hängt stark von den Standortbedingungen und der Zielsetzung ab. Mit der neuen GAP 2023 wird mehr Rechtssicherheit für mulitfunktionale Agroforstsyteme geschaffen. Im § 4 Abs. 2 und 3 der GAPDZV werden Agroforstsysteme genau definiert und förderfähig. Bislang wurden Agroforstsysteme unter der Codierung Dauerkultur Obst oder Dauerkultur Kurzumtriebsplantage (KUP) angelegt, jedoch sind ab 2023 die politischen Rahmenbedingungen geändert. Die Bedenken, dass Bäume auf dem Acker zu geschützten Landschaftselementen werden könnten, sind mit der neuen Rechtsprechung aus dem Weg geräumt.

Agroforstsysteme verfolgen langfristige Ziele. Für deren Umsetzung sollte vorab eine umfassende Beratung in Anspruch genommen werden.  Auch die Landwirtschaftskammer NRW steht bei der Planung beratend zur Seite.  

Andrea Sausmikat,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Was steckt hinter dem Agroforst-System?

Unter Agroforst versteht man den systematischen Anbau von Gehölzen - Bäume und auch Sträucher - kombiniert mit Ackerkulturen und/oder der Tierhaltung auf einer Fläche, so dass daraus ökologische, ökonomische und soziale Vorteilswirkungen entstehen. Agroforstsysteme können die Biodiversität erhöhen, können Biotope verbinden, binden Kohlenstoff längerfristig, haben Einfluß auf das Mikroklima und schützen die Kulturen und auch die Tiere vor hoher Hitze und Sonneneinstrahlung, aber auch vor Regenereignissen.

Beratung bei der Landwirtschaftskammer NRW

Andrea Sausmikat
Fachbereich 53 — Ökologischer Land- und Gartenbau
Bildungszentrum Gartenbau und Landwirtschaft Münster-Wolbeck
Münsterstraße 62-68, 48167 Münster-Wolbeck
Tel.: 02506 - 309-637
Fax: 02506 - 309-633
Mobil: 0151 4610 1553
E-Mail: Andrea.Sausmikat@lwk.nrw.de

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