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02.03.2021

Wildpflanzen am Ackerrand retten Wildbienen

Studie belegt: Wenn Landwirte für reichlich Wildpflanzen um ihre Felder sorgen, erhöht sich die Fortpflanzungsrate von Wildbienen – und diese Maßnahme schützt die Tiere sogar vor Pflanzenschutzmitteln.

Bienen sind die wichtigsten Bestäuber weltweit. 95 Prozent der Bienenarten sind solitär lebende Wildbienen. Sie sind nicht zu verwechseln mit der als Nutztier gehaltenen, staatenbildenden Westlichen Honigbiene (Apismellifera). Der Bestand von Wildbienen nimmt seit Jahren weltweit stark ab. Gründe hierfür sind der Habitatverlust, der Verlust der Nahrungsgrundlage durch die ebenfalls stark im Rückgang begriffenen Wildpflanzen sowie der Einsatz von Insektiziden. Da Wildbienen für eine erfolgreiche Fortpflanzung ein spezifisches Futterangebot benötigen, ist auch eine gewisse Vielfalt an Wildpflanzenarten nötig.

In einer neuen Studie haben ForscherInnen der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen und des Julius-Kühn-Institutes in Berlin untersucht, welche Wildpflanzen den Bienen helfen und inwieweit sie sogar negative Effekte durch Insektizide abmildern können.

Raps und Wildkräuter

Wildbienen haben in unseren Agrarlandschaften bei der Nahrungssuche mit zwei wesentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen: ein allgemeiner Mangel an geeigneten Nahrungspflanzen und Insektizide. Mit den Insektiziden kommen sie in Kontakt, wenn sie Insektizid-behandelte Feldfrüchte wie Raps als Nahrungsersatzquelle anfliegen. Um herauszufinden, wie sich diese Situation auf die Fortpflanzung von Wildbienen auswirkt und wie man sie verbessern kann, simulierten die ForscherInnen in ihren Versuchen verschiedene Szenarien.

Sie legten 56 mit Insektennetzen abgeschirmte Flächen (Flugkäfige) an. Auf 48 Flächen wuchsen zu 50 Prozent Raps und zu 50 Prozent Arten der Ackerbegleitflora sowie typische Bienenpflanzen (zwei bis 16 verschiedene Arten). Auf der Hälfte dieser Flächen war die Rapssaat zuvor mit einem Neonicotinoid (Clothianidin) behandelt worden. Auf acht weiteren Flächen wuchs zu 100 Prozent Raps. Abschließend wurden auf allen Flächen Nistmöglichkeiten angebracht und jeweils zwölf männliche und weibliche Tiere der Rostroten Mauerbiene (Osmia bicornis), einer solitär lebenden Wildbienenart, auf den einzelnen Versuchsflächen freigelassen.

Für die Auswertung zählten die ForscherInnen im Juni 2018 über gut zwei Wochen alle drei bis vier Tage die Anzahl der Blüten sowie die neu angelegten Brutzellen. In jedem Durchgang wurden offene Rapsblüten geerntet, um die Neonicotinoidmengen zu bestimmen. Die Nester wurden am Ende des Experiments entfernt. Im nächsten Frühjahr wurde Anzahl der Eier, der toten und lebendigen Larven und Puppen sowie der geschlüpften Nachkommen gezählt.

Auf die Auswahl kommt es an

In den Versuchsflächen mit Wildkräutern gab es etwa doppelt so viele Brutzellen wie auf den reinen Rapsflächen, fanden die ForscherInnen heraus. Der Grund hierfür ist die zeitlich eng begrenzte Blütezeit des Rapses bis etwa Mitte Juni, während auf den Wildkräuterflächen auch noch Ende Juni – am Ende des Experimentes – noch Blüten verfügbar waren. Da die Bienen Pollen benötigen, um ihre Larven zu füttern, hat das Blütenangebot einen entscheidenden Einfluss auf den Fortpflanzungserfolg. Als besonders ergiebig für Wildbienen erwiesen sich vor allem das als Bienenweide beliebte Büschelschön (Phacelia tanacetifolia), das aufgrund seiner reichhaltigen Blüte für viele Bienenarten geeignet ist, und der Garten-Rettich (Raphanus sativus), dessen Pollen viele nahrhafte Lipide enthält.

Auf den reinen Rapsflächen, die mit dem Neonicotinoid behandelt worden waren, zählten die ForscherInnen eine um 69 Prozent geringere Anzahl an voll entwickelten Puppen. Bei den Flächen mit 50 Prozent Wildkräutern und 50 Prozent behandelten Raps gab es gegenüber den unbehandelten Vergleichsflächen keine große Abweichung bei den Reproduktionsraten. Die ForscherInnen vermuten, dass die Bienen durch die größere Auswahl an Blüten weniger Pollen vom belasteten Raps gesammelt haben. Dadurch wurden die Larven dem Gift auch weniger stark ausgesetzt.

Mehr Wildpflanzen benötigt

Die Ergebnisse zeigen, dass der Fortpflanzungserfolg von Wildbienen sowohl von der Vielfalt als auch von der Art der vorhandenen Wildpflanzen abhängt. Eine passende Auswahl kann sogar die negative Wirkung von Insektiziden auf die Reproduktionsrate der Wildbienen abschwächen.

Auch wenn Pflanzen mit Massentracht wie Raps zumindest zeitweise einen gewissen Anteil zur Ernährung von Insekten beitragen können, benötigen Wildbienen zusätzlich eine möglichst vielfältige Begleitflora. Erst sie sorgt dafür, dass nach der Rapsblüte noch ein ausreichendes Futterangebot vorhanden ist. Die Forscher appellieren daher an die Landwirte, für eine geeignete Begleitflora zu sorgen. Weitere Forschungsarbeiten müssten jetzt aber noch die wichtigsten Trachtpflanzen für die verschiedenen Bienenarten identifizieren.

Ein reichhaltiges Angebot an Wildpflanzen, bestehend aus Trittsteinbiotopen wie Ackerrandstreifen, könnte langfristig große Bestäubervorkommen in landwirtschaftlich geprägten Gegenden schützen und fördern. Daher sollten solche Projekte von der Politik stärker unterstützt werden, fordern die WissenschaftlerInnen. Davon profitieren letztlich nicht nur die Wildbienen, sondern auch der Mensch.


Quelle:
Klaus, F. et al. (2021): Floral resource diversification promotes solitary bee reproduction and may offset insecticide effects – evidence from a semi-field experiment. In: Ecology Letters, (1. Februar 2021), doi: 10.1111/ele.13683.


Quelle: Journalbeitrag Redaktion Pflanzenforschung.de, 16. Februar 2021

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