Auf dem LeguNet-Feldtag des Demonstrationsbetriebs Benedikt Sprenker in Beckum nahe Hamm in Westfalen drehte sich am 22. August alles rund um die Sojabohne. Experten und Expertinnen diskutierten mit den Teilnehmern die komplette Soja-Wertschöpfungskette vom Anbau bis zur Verwertung.
Das rege Interesse und auch die Anbauzahlen der Sojabohne deutschlandweit machen Mut, dass sie zu einer etablierten Kultur in Deutschlands Fruchtfolgen werden kann. „Der Trend des Sojabohnenanbaus steigt im Schnitt. Dieses Jahr wurden auf knapp 42 000 ha Sojabohnen angebaut. Demnach hat sich die Anbaufläche innerhalb der letzten acht Jahre verdoppelt“, so Sarina Hertel, Regionalmanagerin des LeguNets aus Nordrhein-Westfalen.
Der von Hertel betreute Demonstrationsbetrieb Sprenker betreibt Ackerbau und Schweinehaltung. „Wir haben 2010 Soja ausprobiert. Jetzt sind wir in der Vermarktung schon einige Schritte weiter: Raiffeisen Warendorf sucht Soja mit Weitervermarktung an Veprona, einen Rohstofflieferanten von sortenreinen Sojabohnen für die Ernährungsindustrie“, erklärte Benedikt Sprenker die Wertschöpfungskette. Als weitere Körnerleguminosen baut der Betrieb auch Ackerbohnen und Trockenbohnen an. „Bei der Trockenbohne stehen wir heute am Anfang - so wie bei der Soja vor 14 Jahren“, meinte der Landwirt.
„Die Sojabohne hat durch die Züchtung zukünftig eine Chance, auch wirtschaftlich gesehen“, betonte Wolfgang Köster, Anbauberater der IG Pflanzenzucht. Er setzte noch eins obendrauf: „NRW und Niedersachsen sind Grenzstandorte, aber auch hier haben wir schon gute bewährte Sorten.“ Köster stellte unter anderem eine neue Technologie zur Saatgutimpfung vor: Ensemo. Mit einem Hochdurchsatzverfahren werden in drei Schritten Mikroorganismen ins Saatgut eingebracht: Schnitt – Injektion des Impfmittels – Verschluss mit Biopolymer. Skeptiker fragten: „Die Sojabohne anschlitzen - geht das?“ Köster betonte: „Die Impfung hat keinen Einfluss auf die Keimfähigkeit. Der Schlitz wird an einer Stelle gemacht, wo er den Keimling nicht verletzt.“ Da keine Nachimpfung nötig ist, profitiert der Landwirt von einer erheblichen Zeit- und Arbeitsersparnis. Aktuell läuft die Testung des Verfahrens in Versuchen auf 19 Testbetrieben in Deutschland. Alle sind gespannt, was die Ernte bringen wird.
„Alles aus einer Hand, das ist uns ganz wichtig“, betonte Christian Daut, Farmsaat AG. Asterix ist die erste aus eigener Züchtung gewonnene Sojabohne. Daut stellt in der Praxis immer wieder fest, dass die Landwirte leider oft die Sorten nach Ertrag und nicht nach Standort auswählen. Er sprach sich für die Züchtung aus: „Wir werden noch mehr Sorten mit Standortanpassung und Ertrag auf den Markt bringen. Unser Zuchtziel ist Frühreife, Frühreife, Frühreife. Asterix ist eine 000-Sorte und eignet sich für die Humanernährung.“
Die Firmen FarmSaat AG und L. Stroetmann-Saat haben den Aufbau der Wertschöpfungskette selbst in die Hand genommen: 2022 wurde Veprona als unabhängiger Rohstofflieferant gegründet. „Wir wollen den Verbrauchern ein sortenreines und heimisches Produkt anbieten und dem oft negativen Bild von Soja entgegenwirken“, sagte Max Neugebauer, neuer Geschäftsführer von Veprona und ergänzte: „Veprona garantiert unseren Vertragslandwirten und -landwirtinnen eine komplette Abnahme der Sorte Asterix.“ Dieses Jahr bauen Landwirte aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg für Veprona an. Als aktuell einziger Erfassender kooperiert die Raiffeisen Warendorf. Ziel ist es, deutschlandweit ähnliche Kooperationen zu entwickeln und den Vertragsanbau auszudehnen.
„Das Jahr 2014 mit dem Ziel der gentechnikfreien Milch haben wir zum Puschen der heimischen Soja genutzt“, erklärte Dirk Steltig, Raiffeisen Warendorf, und ergänzte: „Stabile Vermarktungswege hatten wir zu dem Zeitpunkt aber noch nicht.“ Mittlerweile hat sich der lange Atem gelohnt, denn die Raiffeisen Warendorf gestaltet aktuell 100 % des Vertragsanbaus von Veprona.
Dank der Verarbeitungsanlage in Warendorf-Freckenhost organisiert Raiffeisen Warendorf bei Bedarf die Aufbereitung von der Trocknung bis zum Pressen von Futtersoja. Zum Thema Sojabohnenernte hatte Steltig einen regen Austausch mit dem Publikum: „Wenn die Bohnen in den Hülsen rascheln, kann geerntet werden“, so Steltig mit einer Ergänzung aus dem Publikum: „Schaut euch aber auch die Bohnen an, denn wenn Tau auf dem Feld liegt, raschelt gar nichts.“
Bruchkorn kann man entgegenwirken, indem etwa 200 kg des Erntegutes im Tank des Dreschers gelassen werden. „Die Förderung des Erntegutes muss man möglichst schonend, zum Beispiel mit Förderbändern, durchführen. Bei der Trocknung kann man genauso viel kaputt machen wie bei der Ernte“, mahnte Fabian von Beesten aus dem Publikum und rief zur schonenden Trocknung auf.
Aufgrund des niedrigen Hülsenansatzes der Sojabohnen ist beim Drusch besondere Sorgfalt gefragt. Vorteilhaft ist ein ebener Ackerschlag ohne Steine auf der Bodenoberfläche. Bei der Soja kommt es häufig zu Schnittverlusten aufgrund zu hoch eingestellter Schneidwerke und unebenen Böden. Jörg Romberg vom Schneidwerkhersteller Geringhoff erläuterte am Flex-Schneidwerk vor Ort die Vorteile des Spezialschneidewerks: „Zur optimalen Erfassung aller Hülsen muss der Messerbalken auf dem Boden schleifen. Die einzelnen Segmente des Flex-Schneidwerks passen sich der Bodenkontur an.“ Landwirt Sprenker ergänzte: „Das Schöne am Flex-Schneidwerk ist, dass man es für alle Druschkulturen nutzen kann.“
Das internationale Agrar-Großunternehmen Archer-Daniels-Midland (ADM) hat auf die wachsende Nachfrage gentechnikfreier heimischer Soja reagiert: Die ADM hat am Standort Mainz eine neue Verarbeitungslinie für gentechnikfreie Sojabohnen geschaffen. Ein weiteres Werk steht in Straubing. „Wir haben vor Ort keine Möglichkeit der Reinigung und Trocknung. Daher sind Händler zwischengeschaltet“, erörterte Henrik von Stromberg, ADM. Ein ambitioniertes Ziel ist die Ausdehnung des Sojaanbaus in Süddeutschland von 30 000 auf 100 000 ha. „Mit der Weiterentwicklung des europäischen Sojabohnenmarktes können die Marktanforderungen verschiedener Zertifizierungssysteme nach Gentechnikfreiheit und Nachhaltigkeit umgesetzt werden“, so von Stromberg.
Am Ende der Veranstaltung fasste Sprenker zusammen: „Beim Aufbau von Wertschöpfungsketten braucht man einen langen Atem, aber es lohnt sich!“
Katharina Rusch, Gesamtkoordination LeguNet, LLH