Blatt, Stängel und Stoppel, die nach der Ernte auf dem Acker bleiben oder als Zwischenfrucht gezielt den Humusgehalt heben sollen, müssen zerkleinert und anschließend in den Boden eingearbeitet werden. Außerdem gilt es, Ausfallgetreide und -raps sowie Unkrautsamen nur leicht mit Erde zu bedecken, damit die Keimung zügig einsetzen kann. Dafür waren bisher mehrere Arbeitsschritte notwendig. Jetzt hat ein Konsortium im Rahmen des Forschungsprojektes „Kombimulcher“ ein modulares System entwickelt. Das neue Konzept soll es ermöglichen, Erntereste möglichst vollständig aufzunehmen, in einstellbaren Intensitäten zu verarbeiten und besonders flach in den Boden einzumischen.
Erntereste müssen in einem meist engen Zeitfenster zwischen der Ernte der Vorfrucht und der Saat der Folgekultur intensiv bearbeitet und leicht in den Boden eingemischt werden, damit die Zersetzung rasch vorankommt. Andernfalls bedrohen Pilze, die das auf dem Acker verbleibende Material zersetzen, schon die nächste Kultur und machen eine Fungizidmaßnahme nötig. Wird aber eine Zwischenfrucht vor dem Winter gemulcht, kann es durchaus vorteilhaft sein, die Reste etwas gröber liegen zu lassen, um so die Zersetzung zu verlangsamen und damit die Oberfläche länger vor Erosion zu schützen. Eine mögliche Infektionsgefahr entfällt ja in der Zeit.
Zusätzlich sollen nach der Ernte auch Ausfallsamen rasch auflaufen, um die jungen, daraus keimenden Pflanzen mit der folgenden Bearbeitung mechanisch zu bekämpfen. Alle Maßnahmen zusammen verfolgen das Ziel einer besseren Feldhygiene, um den Bedarf chemischer Pflanzenschutzmittel zu senken. Viele Ansprüche also, die ein modulares Konzept erfüllen soll.
Die Ansprüche an die geplante Kombination sind vielfältig. Zum Projektbeginn wurden die verschiedenen Einsatzbereiche formuliert und daraus die pflanzenbaulichen und verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen skizziert. Im Zentrum der Produktentwicklung stand der Mulcher mit der dazu jeweils passenden Bodenbearbeitung. Schnell wurde klar, dass ein Gerät für alle Einsatzbereiche ohne wesentliche Kompromisse schwer zu finden sein wird: Körner- und Silomais unterscheiden sich schon wesentlich durch die Strohmatte nach der Ernte und der Zünsler muss als besondere Gefahr bedacht werden. Nach Getreide- und Rapsernte bleiben völlig andere Stoppel- und Strohmassen als im Mais zurück, aber Ausfallgetreide und -raps müssen flach bedeckt werden. Und für die Bearbeitung der Zwischenfrucht genügt möglicherweise der Mulcher allein. Also schien ein modularer Aufbau sinnvoll, der dem Kunden für seine Einsatzverhältnisse Anpassungsspielraum lässt - bei der Investition passender Komponenten und auch in der jeweiligen Zusammenstellung.
Dazu hier zwei konkrete Beispiele: Einige Zusatzmodule werden entwickelt und getestet, um zum Beispiel gezielt den Besonderheiten im Mais gerecht zu werden: Nach der Ernte bleibt die Stoppelmasse als Rückzugsort für den Zünsler stehen. Zusätzlich ist aber ein erheblicher Teil der Stoppel während der Ernte überfahren worden und liegt platt am Boden. Wie können sie vor dem Mulcher aufgerichtet und für die Werkzeuge erreichbar werden? Was macht man alternativ mit den Wurzelstöcken, um eine Rotte zu beschleunigen und Unterschlupf des Zünslers zu zerstören? Einfach nur die Fläche zu grubbern scheint zu wenig, denn die Wurzelstöcke bleiben intakt. Es muss also mehr getan werden.
Diese zwei beispielhaften Aufgaben waren als Teilmodule zu konzipieren und wurden an der Technischen Hochschule Köln entwickelt und bearbeitet. Vor dem Mulcher sollten die Maisstoppeln aufgestellt werden. Dazu kamen verschiedene Ideen zum Einsatz, die mit wenig Kraftbedarf und kostengünstiger Konstruktion eine geeignete Wirkung erzielen können. Das Konzept des Rollstriegels ist aus der mechanischen Unkrautbekämpfung bekannt. Für den Einsatz im Mais wurden dazu unterschiedliche Werkzeuge getestet, denn das einfache Zinkenelement war mit den kräftigen Maisstoppeln überfordert. Es musste also mehr Materialstärke her, um mit der kämmenden Wirkung Stoppeln aufzurichten. Die grundsätzliche Funktion konnte in der Bodenrinne der Versuchswerkstatt und im Feldeinsatz nachgewiesen werden. Für den Einsatz im Körnermais bringt allerdings die Strohmenge das System an Grenzen. Außerdem ist der Bedarf an Bauraum vor dem Mulcher noch zu groß.
Also wurde zusätzlich noch ein anderer Weg verfolgt, um Stoppel und Wurzelstock hinter dem Mulcher zu erfassen und intensiv zu beschädigen. Dazu kam eine Idee zum Einsatz, die mit senkrechten Scheiben die verbleibende Pflanzenreihe erfasst und zerschneidet. Die Scheibenmodule sind dabei auf die Pflanzenreihe konzentriert. Das stellt dann aber hohe Ansprüche an eine exakte Fahrweise. Besondere Herausforderungen entstehen auf bindigen Böden. Hier muss eine wirksame Reinigung der Scheibenzwischenräume berücksichtigt werden. Auffällig ist hier auch der hohe Zugkraftbedarf. Die Wirksamkeit der Bearbeitung konnte dagegen überzeugen.
Aus zahlreichen Geräte- und Modulvarianten haben sich im Laufe der Tests einige besonders geeignete herauskristallisiert, die jetzt für die Praxis umgesetzt werden. Für die Arbeiten nach Getreide und Raps sind die Herausforderungen völlig andere als im Mais. Denn hier ist jetzt die besonders flache Bodenbearbeitung gefordert, um Samenpotenzial aus Unkraut und Ausfallgetreide oder -raps schnell zum Keimen zu bringen. Dabei kommt dem Ziel das feine Mulchmaterial besonders zu Gute: Stoppelreste werden durch die Mulcherwerkzeuge zerschlagen und gleichmäßig über den Ausfallsamen verteilt. Damit entsteht in Verbindung mit der flachen Einmischung in den Boden ein perfektes Mikroklima - die Feuchtigkeit bleibt in dieser Schicht länger erhalten. Ideal für einen raschen Feldaufgang!
Die Begrünung nach der ersten Maßnahme ist hier ein Maßstab, um den Effekt zu messen. Das hat ein Praxistest der Zeitschrift profi (03/2021) in einem Vergleich mit anderen Geräten zur Stoppelbearbeitung im vergangenen Jahr nebeneinandergestellt. Um mit dem ersten Bearbeitungsgang möglichst viel Samenpotenzial zum Keimen anzuregen, bedarf es einer sehr flachen Einmischung. Sonst werden die Samen vergraben und fallen in eine Keimruhe. Kommen sie dann bei einer späteren Bodenbearbeitung wieder an die Oberfläche, meist erst mit der Saatbettbereitung, laufen sie zeitgleich mit der neuen Kultur auf. Dann wird eine chemische Bekämpfung nach der Saat notwendig. Das soll vermieden werden.
Zum Vergleichstest auf Weizenstoppel kamen neun Geräte verschiedener Hersteller nacheinander zum Einsatz. Dabei lautete die Anforderung des Testteams, dass eine möglichst flache Bearbeitung erreicht werden sollte. Verglichen wurden neben spezialisierten, flach schneidenden Werkzeugen, ausgestattet mit mehrreihigen Striegeln, auch die Standardlösungen, wie dreireihige Flügelschargrubber und Kurzscheibenegge.
Darüber hinaus war erstmals auch der beschriebene, modular ausgestattete Mulcher „Müthing Agriline“ angetreten, der als erstes greifbares Produkt aus dem Forschungsprojekt angesehen werden kann. Bei diesem Gerät handelt es sich um einen Mulcher mit erhöhter Schlegelzahl auf der Welle (42 statt 24) und einer zusätzlichen, integrierten Schneidkante. Beides unterstützt eine deutlich intensivere Aufbereitung der abgeschlagenen Ernterückstände. Vor dem Mulcher ist optional ein Striegel angeordnet. Dessen 12 mm starke Zinken sind in einem Abstand von 17 cm angeordnet und haben die Aufgabe, Feinerde zu lösen und ungleichmäßig verteiltes Stroh auseinanderzuziehen. Hinter dem Mulcher ist eine schwere Güttlerwalze angeordnet, die systembedingt jeden zweiten Ring flexibel auf der Welle angeordnet hat, um so eine bessere Bodenanpassung zu erreichen. Für das Andrücken der Ausfallsamen ist das besonders günstig. Die komplette Kombination ist auch aufgelöst zu fahren, das heißt, der Mulcher samt vorlaufenden Striegel kann zum Beispiel in der Fronhydraulik gefahren werden und die Walze solo im Heck.
Die Ergebnisse zum Feldaufgang, dargestellt in der Grafik, zeigen den positiven Unterschied der besonders flach arbeitenden Mulchkombi im Vergleich zu bekannten Systemen, wie Kurzscheibenegge und Grubber. Beide bewegen mit ihren Werkzeugen viel Erde und begraben die Ausfallsamen zu tief. Da scheint die gelungene, flache Arbeit im Vorteil. Gerade bei der ersten Maßnahme ist diese Werkzeugwahl besonders vorteilhaft und die gewünschte Wirkung stellt sich im Feldaufgang ein. Daran ist auch die feine Mulchschicht beteiligt, die Keimfeuchtigkeit festhält und den Aufgang wirksam unterstützt.
Beim Einsatz zapfwellengetriebener Geräte kommt natürlich sofort die Frage nach dem Kraftstoffverbrauch auf. Auch an dieser Frage hat die Projektgruppe gearbeitet. Die Rotorwelle ist daher mit der der doppelten Anzahl an Schlegeln ausgestattet (2-Cut Rotor), um eine vergleichbare Schnittfrequenz bei reduzierter Motordrehzahl zu erreichen. Immerhin kann die Motordrehzahl so um bis zu 20 % gemindert werden. Damit läuft der Schlepper in einem verbrauchsgünstigen Drehzahlbereich. Außerdem arbeitet die Mulchkombi oberhalb der Bodenoberfläche. Kurzscheibenegge und Grubber müssen in den Boden. Das sorgt natürlich für erhebliche Unterschiede im Zugkraftbedarf. Zusammengefasst ist damit ein in etwa vergleichbarer Kraftstoffverbrauch je Meter Arbeitsbreite erwarten.
Bleibt noch die Frage der Verfahrensleistung: Der Mulcher fuhr im Test mit rund 12 km/h und erreichte mit seinen 2,8 m Arbeitsbreite 2,7 ha pro Stunde. Ein ordentlicher Wert! In Verbindung mit dem ackerbaulichen Ergebnis bietet sich mit der Mulchkombi „Agriline“ also eine für die aktuellen Anforderungen der Praxis passende Lösung. Ein Erfolg der gemeinsamen Arbeit vieler beteiligter Gruppen im gemeinsamen Projekt.
Prof. Dr. Wolfgang Kath-Petersen, Technische Hochschule Köln
Das modulare Konzept wurde in einem gemeinsamen Forschungsprojekt der beiden Hersteller, den Landtechnik-Unternehmen Müthing und Güttler, mit der Universität Dresden (Institut für Agrarsystemtechnik), der Fachhochschule Südwestfalen in Soest (Fachbereich Pflanzenbau), der Technischen Hochschule Köln (Institut für Bau- und Landmaschinentechnik) und der Ackerbauberatung Hanse Agro entwickelt und bewertet. Das Projekt wurde bis Februar 2021 über drei Jahre vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) „Otto von Guericke“ e.V. gefördert.