In den diesjährigen Kontrollen von Saatgut auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) haben die zuständigen Landesbehörden in einer von insgesamt 685 beprobten Saatgutpartien Verunreinigungen nachgewiesen. Dabei handelte es sich um eine verunreinigte Maissaatgutpartie, die in Baden-Württemberg entdeckt wurde.
Im Rahmen der Kontrollen nicht aufgedeckt wurde die Verunreinigung einer Zuckermaispartie, die erst im Juni 2020 bekannt wurde, auch, da Zuckermais im Rahmen des jährlichen Monitorings bisher nicht überwacht wird. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits rund 2,3 Millionen Körner des Zuckermaises in sechs Bundesländern auf einer Gesamtfläche von ca. 37 Hektar ausgesät worden. Aufgewachsene Pflanzen wurden nach Behördenangaben vor der Blüte vernichtet. Insgesamt beprobten die Behörden in diesem Jahr weniger Kulturarten und deutlich weniger Saatgutpartien als in den letzten Jahren. 2019 wurden 785 Partien überprüft, 2018 waren es 839 und 2017 insgesamt 886. Greenpeace, Bioland und die IG Saatgut fordern die Bundesländer auf, ihre Saatgutkontrollen zu verstärken und Saatgut auch auf Verunreinigungen mit neuer Gentechnik zu überprüfen.
"Eine konsequente Umsetzung der Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut ist für die Sicherung einer gentechnikfreien Landwirtschaft existentiell", sagt Jan Plagge, Präsident Bioland e.V. "Wir betrachten daher mit Sorge, dass in diesem Jahr deutlich weniger Partien beprobt wurden als noch in den vergangenen. So sank 2020 die Anzahl der Maisproben gegenüber den Jahren 2016 bis 2018 um 20 Prozent, von 518 auf 415. Die Probenzahl beim Raps reduzierte sich 2020 mit 212 Proben im Vergleich zum Höchststand 2012 mit 347 Proben noch stärker. Anstatt weniger zu kontrollieren, sollten die Bundesländer ihr Monitoring deutlich verstärken. Bei Kulturarten, die wie Mais oder Raps einem hohen Verunreinigungsrisiko ausgesetzt sind, genügt die derzeitige stichprobenartige Untersuchung eines Teils der Partien nicht. Um unsere Nahrung gentechnikfrei zu halten, ist es bei diesen Risikokulturen notwendig, alle Saatgutpartien zu überprüfen. Dabei muss auch Zuckermais vor Aussaat kontrolliert werden."
Nulltoleranz gilt auch für neue Gentechnik - Verfahren zum Nachweis von illegalem Raps anwenden
"Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2018 klargestellt, dass Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, nach dem Gentechnikrecht zu regulieren sind“, sagt Stefanie Hundsdorfer von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut). "Damit gilt auch bei der neuen Gentechnik die Nulltoleranz für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen im Saatgut. Die Bundesländer müssen das EU-Recht nun endlich umsetzen. Nur so wird die Wahlfreiheit gesichert, gentechnikfreies Saatgut, Ernten und Lebensmittel zu produzieren und gentechnikfreie Nahrungsmittel konsumieren zu können."
"Das Monitoring der Bundesländer verrät im Moment nicht, ob Raps-Saatgut mit neuer Gentechnik verunreinigt ist, obwohl genom-editierter Raps in Nord-Amerika längst angebaut wird. Raps-Saatgut wird hierzulande aber bisher nicht entsprechend getestet", so Dirk Zimmermann von Greenpeace. "Dabei gibt es mittlerweile ein validiertes, sofort einsetzbares Testverfahren. Die Behörden müssen dieses Verfahren ab sofort in ihren Kontrollen anwenden und dafür sorgen, dass Methoden für den Nachweis anderer mittels neuer Gentechnik veränderter Pflanzen entwickelt und verfügbar gemacht werden."
Die Ergebnisse des Saatgutmonitorings der Bundesländer finden sich hier. Informationen zum Nachweisverfahren für den genom-editierten, sogenannten "Cibus-Raps" hier. |
In den USA wird mit neuen gentechnischen Verfahren entwickelter, so genannter genom-editierter, herbizidtoleranter SU Raps (Canola) der Firma Cibus vor allem in den wichtigsten Rapsregionen North Dakota und Montana angebaut. Im Jahr 2019 hatte SU Canola nach Angaben von Cibus einen Anteil von vier Prozent (oder etwa 80.000 Acres) an der gesamten US-Rapsproduktion. In Kanada ist SU Canola in Manitoba und Saskatchewan verfügbar. Genaue Zahlen über die Verbreitung in Kanada wurden bislang nicht publiziert.
Mit einem Grundsatzurteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 25. Juli 2018 entschieden, dass neue gentechnische Verfahren wie CRISPR-Cas unter dem europäischen Gentechnikrecht zu regulieren sind.
Bei weiterführenden Fragen sind folgende Ansprechpartner für Sie da: Dirk Zimmermann, Greenpeace, Tel. 0160 581 4942, Gerald Wehde, Bioland, Tel. 0176 60030011 und Stefanie Hundsdorfer, IG Saatgut, Tel. 0179 56 36 085
Quelle: Pressemitteilung Bioland e.V., 11. November 2020