Trotz eines nach wie vor schwierigen Zulassungsverfahrens werden Bio-Betriebe auch weiterhin auf kupferhaltige Pflanzenschutzmittel zurückgreifen können. Unabhängig davon arbeiten Praxis und Forschung weiterhin intensiv daran, die eingesetzten Kupfermengen zu reduzieren. Dabei kommt einer deutlich ausgebauten Resistenz-Züchtung im ökologischen Wein-, Obst- und Kartoffelanbau eine besondere Bedeutung zu. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Online-Fachtagung "Kupfer als Pflanzenschutzmittel", an der Ende November 2020 etwa 175 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Praxis und Beratung teilnahmen.
Initiator der vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) geförderten Veranstaltung war neben dem Julius-Kühn-Institut der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW). Im Mittelpunkt des Fachgesprächs standen die Ergebnisse der Kupferminimierungsstrategie, auf die sich ökologische und konventionelle Anbauverbände in Absprache mit der Politik geeinigt haben. Ziel der Strategie ist es, mithilfe innovativer Ansätze aus Forschung und Praxis Alternativen zu Kupfer zu entwickeln und die Anwendung weiter zu verringern.
Matthias Weidenauer, Vorsitzender der europäischen Kupfer Task Force, berichtete, dass sich die Fortsetzung der Zulassung von Kupfer als Pflanzenschutzmittel schwierig gestaltet. Bisher sei die Zulassung in den EU-Staaten für alle relevanten Kulturen bis Ende 2025 gesichert. Doch Kupfer wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wegen seiner Persistenz und Toxizität nach wie vor als Substitutionskandidat eingestuft, das heißt, es soll ersetzt werden, sobald es vergleichbar wirksame Wirkstoffe gibt. Im Gegensatz zu anderen Pflanzenschutzmitteln erhält Kupfer deshalb nur eine Zulassung für sieben Jahre, während diese bei anderen Pflanzenschutzmitteln für 15 Jahre gilt.
"Die Task Force ist jedoch von der Sicherheit von Kupfer überzeugt", sagte Weidenauer. Dabei beruft er sich unter anderem auf eine Langzeitstudie mit Regenwürmern, bei der die Ausbringung von Kupfer in den gesetzlich vorgegebenen Mengen über 17 Jahre keine Auswirkungen auf die Tiere hatte.
Zudem kritisierte Weidenauer, dass die EFSA beim Naturstoff Kupfer immer noch die gleichen Bewertungskriterien anlegt, wie bei synthetisch hergestellten Wirkstoffen. "Dabei müssten für Kupfer gerade in Bezug auf die Persistenz und Anreicherung im Boden ganz andere Maßstäbe angelegt werden, wie wir aus den verfügbaren Daten wissen", sagte Weidenauer. Aus diesem Grund habe die Kupfer Task Force eine Klage gegen die Einordnung von Kupfer als Substitutionskandidat eingereicht.
Die Berichte der verschiedenen Fachleute aus den Bereichen Obst-, Kartoffel-, Wein- und Gemüseanbau machten deutlich, dass die Verbands-Bio-Betriebe im Jahr 2018 bundesweit deutlich weniger Kupfer eingesetzt haben als in den Vorjahren. So halbierte sich etwa im Kartoffelanbau die durchschnittlich ausgebrachte Kupfermenge von zwei Kilogramm pro Hektar in 2017 auf ein Kilogramm im Jahr 2018.
Jutta Kienzle von der Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau (FÖKO) wies darauf hin, dass es zwar in den letzten Jahren gelungen sei, den Kupfereinsatz im Obstbau vor der Blüte zu reduzieren. Gleichzeitig habe der Bedarf an Kupfer aber nach der Blüte wegen eines wachsenden Drucks durch Schorf und andere Pilzkrankheiten zugenommen.
Um größere Einsparungen zu erreichen, forderte sie deshalb neben der Klärung der Zulassung bewährter Alternativpräparate vor allem eine massive Stärkung der Züchtungsforschung, damit für alle Obstbaumarten mehr resistente Sorten zur Verfügung stehen. "Hier haben wir mindestens zehn Jahre verloren", sagte Kienzle. Wichtig sei bei der Züchtung vor allem, auf eine deutlich größere genetische Vielfalt zu setzen. Das sichere eine gewisse Stabilität im Anbau.
Christian Landzettel, Bioland Fachberater für Kartoffeln, bestätigte, dass es im Kartoffelbereich bereits zwei Sorten gebe, die Resistenzen gegen Kraut- und Knollenfäule mitbringen. Auch in den Niederlanden seien einige resistente Sorten "in der Pipeline". Allerdings handele es sich dabei ausschließlich um mehlig kochende Typen. "Das ist ein Problem, da vor allem in Norddeutschland überwiegend festkochende Ware gefragt ist."
Zudem beruhten die Resistenzen meist nur auf ein oder zwei Genen. Deshalb sei es bei diesen Sorten wichtig, den Bestand nur bei Auftreten des Pilzes zu behandeln und dabei kleine Mengen von maximal 250 Gramm Kupfer pro Hektar auszubringen. Damit ließen sich Resistenzen auf Seiten des Schadpilzes vorbeugen.
Kevin Smith-Weißmann vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) betonte in seiner Bilanz zu den Erfolgen der Kupferminimierungsstrategie seit 2010 ebenfalls die Bedeutung der Züchtung. "Die Resistenzzüchtung ist das zentrale Element in den meisten Kulturen", sagte Smith-Weißmann. So habe man bei den schorfresistenten Sorten im Obstbau etwa 20 Prozent Einsparpotenzial erreicht, nicht nur bei Kupfer, sondern auch bei anderen Präparaten. Deshalb sei es dringend erforderlich, verstärkt Züchtungsprojekte zu finanzieren und längere Projektlaufzeiten zu ermöglichen, um tatsächlich vielversprechende Varianten zu selektieren. "Auch die Zulassung von alternativen Präparaten wie tonsauren Erden sei interessant. Aber sie werden Kupfer niemals vollständig ersetzen können", betonte der Fachmann.
Im Weinbau gibt es bereits seit vielen Jahren pilzwiderstandsfähige Sorten, sogenannte Piwis. Marc Weber vom Dienstleistungszentrum Rheinland-Pfalz stellte dazu die Ergebnisse einer Umfrage unter Winzerinnen und Winzern und Händlerinnen und Händlern vor. Danach seien Piwis zwar im Anbau und Ausbau gut geeignet, größere Probleme bereite aber die Vermarktung wegen einer geringen Akzeptanz bei der Kundschaft. "Vor allem der Begriff "Piwi" wird als unattraktiv und wenig verkaufsfördernd eingeschätzt", sagte Weber. "Hinzu kommt nach Ansicht der Befragten eine unklare Weinstilistik."
Als Maßnahmen zur Verbreitung von Piwis nannten die Teilnehmenden der Befragung eine aktivere Bewerbung der Sorten, auch unter Winzerinnen und Winzern, eine Steigerung der Mengen und Qualitäten und eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu den Vorzügen. Dass die Qualität der Piwis schon jetzt auf einem guten Niveau liegt, bestätigte eine Verkostung unterschiedlicher Anbau- und Ausbauvarianten unter Bio-Winzerinnen und Winzern. Dabei wurden laut Weber die Piwi-Weine ähnlich gut beurteilt wie gut etablierte Sorten.
Prof. Anant Patel von der Fachhochschule Bielefeld ging auf die große Bedeutung der Formulierung von Wirkstoffen auf der Basis von Pflanzenextrakten ein. In Tests habe man eindeutig die gute Wirksamkeit von Bio-Extrakten gegen Pilzkrankheiten wie Kraut- und Knollenfäule nachgewiesen. Entscheidend sei allerdings, dass bei der Extraktion keine wirksamen Bestandteile verloren gingen, was in der Praxis jedoch häufiger vorkomme.
Zudem komme es darauf an, die Extrakte optimal zu verkapseln. Das dient einerseits dem Schutz der wirksamen Substanzen vor UV-Licht und anderen Faktoren. Andererseits muss die Verkapselung eine optimale Freisetzung der Wirkstoffe ermöglichen. "Denn wie die Freisetzung erfolgt, ob kontinuierlich oder explosionsartig, muss auf jeden Schaderreger und jede Kultur individuell abgestimmt sein", sagte Patel.
Von ersten Erfolgen beim Einsatz einer Formulierung von Kupfer in Mikrogelen auf Polymerbasis berichtete Patrick Schwinges von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Versuche unter Laborbedingungen hätten gezeigt, dass Mikrogele auf verschiedenen Apfelsorten länger hafteten als verfügbare Formulierungen. Damit sei eine längere Wirksamkeit gegeben. Bei ersten Feldversuchen war das Mittel auf Mikrogelbasis laut Schwinges genauso wirksam gegen Apfelschorf wie derzeit gängige Kupferfungizide, obwohl 65 Prozent weniger Kupfer eingesetzt wurde.
Quelle: www.oekolandbau.de