Auf den fruchtbaren Polderböden in Flevoland zieht Marinus Hospers verschiedene Gemüsearten im Freiland heran. Der junge Mann kommt von einem konventionellen Betrieb, hat Pflanzenkunde und Betriebswirtschaft an der Uni Wageningen studiert und wollte danach unbedingt ökologisch kultivieren. Da traf es sich gut, dass sein Nachbar ohnehin einen Nachfolger für seinen Betrieb Biotoon suchte.
Seit Sommer 2015 ist Marinus Hospers der Eigentümer des Unternehmens, das der im vergangenen Oktober verstorbene Anton van Vilsteren als einer der Pioniere des niederländischen Biogemüseanbaus auf gut 50 Hektar ausgebaut hatte. Er selbst hatte keinen Nachfolger in der Familie und so freute er sich, dass der "Nachbarsjunge" Interesse an seiner Passion hatte.
Die Flächen wurden etwa seit der Jahrtausendwende biologisch bewirtschaftet. Angewandt wurde und wird seit Jahren das System fester Fahrspuren, sodass mit Hilfe von GPS immer an den gleichen Stellen der Boden befahren wird und die drei Meter breiten Beete dazwischen nie befahren und damit auch nicht verdichtet werden. Ebenso wird hier das Verfahren angewandt, Möhren unter eine dünne Kompostschicht auszusähen (beide Methoden werden in der Reportage vom Betrieb von Krispijn van den Dries näher beschrieben).
"Biotoon" ist der Markenname für die biologisch angebauten Ackerbau- und Gemüseprodukte des Betriebes, den Anton van Vilsteren erfunden und Marinus Hospers übernommen hat. "Toon" ist das niederländische Wort für Ton, Klang, Atmosphäre. Kultiviert werden Getreide, Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Petersiliewurzeln, Pastinaken, Rote Bete, Kürbis und vielerlei Kohlarten. Der Betrieb ist nach SKAL und GlobalGAP zertifiziert.
"Expandieren kann man entweder in Hektar oder durch eine höhere Wertschöpfung seiner Produkte", sagt Hospers. Die Pachtflächen im Poldergebiet rund um den Standort Marknesse sind teuer und begehrt. Eine flächenmäßige Ausdehnung ist daher schwierig. Der junge Unternehmer hat sich deshalb für den Weg der höheren Wertschöpfung entschieden. Er vermarktet seine Produkte am liebsten selbst über die Produzentenorganisation Nautilus direkt an den Lebensmitteleinzelhandel ohne weitere Handelsstufen dazwischen. Eine ganzjährige Belieferung seiner Kunden, vor allem in Deutschland, Belgien und Skandinavien, ist deshalb sein Ziel. Er veredelt seine Produkte, indem er sie auf seinem Betrieb selbst lagert, wäscht und verpackt: "Wir sind klein und flexibel. So können wir stets die Wünsche unserer Kunden erfüllen." Dafür hat er in Verpackungslinien investiert und nutzt zurzeit auch noch eine Waschstation in einem benachbarten Betrieb. Künftig soll dann aber alles unter einem Dach stattfinden, damit noch mehr Wege gespart werden und die Packdienstleistung perfekt ist.
Kopfkohl wird geerntet und klimakontrolliert eingelagert. Allerdings waren in der Saison 2018 aufgrund der extremen Hitze die Lagerqualitäten beispielsweise von Wirsing nicht besonders gut, sodass er schnell verkauft werden musste. Zum Glück passte dazu eine große Nachfrage, wie der Betriebsleiter berichtet. Aber auch in normalen Jahren ist Biokohl nicht ewig lagerbar, denn mit jedem Lagermonat erhöht sich die Putzarbeit beim Auslagern, sodass es irgendwann nicht mehr rentabel ist.
Der LEH bevorzugt Kohlköpfe von 800 bis 1 200 g. Zu klein geratene Kohlköpfe von rund 500 g eignen sich gut für die Kochboxen. Geschnitten wird das Gemüse nicht, um es für die Kochboxen passend zu machen, denn dann müssten weit strengere Hygienevorschriften erfüllt werden.
Pastinaken können mit dem Möhrenwaschgerät gewaschen werden. Wegen ihrer konischen Form ist ihre Verpackung aber schwierig zu automatisieren. Es gibt dafür keine Maschinen am Markt. Daher ist bei der Pastinakenaufbereitung viel Handarbeit gefragt. Vier Personen an der Verpackungslinie für Schalen mit Folierung schaffen zwei bis drei Tonnen pro Stunde. Damit sich das überhaupt rechnet, müssen die Arbeitskräfte schnell sein. Daher legt Hospers großen Wert auf deren Motivation.
"Unsere Arbeitskosten liegen bei rund 20 Euro pro Stunde brutto", erklärt der Unternehmer. Sehr zufrieden ist er mit dem niederländischen System der Arbeitsagenturen. Dort kann der Anbauer anrufen und Arbeitskräfte mieten. Er braucht sich um deren Unterbringung nicht zu kümmern. Ende November hat er rund 20 Personen auf den Feldern und in der Packhalle beschäftigt. Wenn die Leute eingearbeitet sind, versucht Hospers natürlich, sie möglichst lange zu halten: "Es wird immer wichtiger, gute Leute zu haben!"
Quelle: LZ Rheinland, Ausgabe 8, 21. Februar 2019, Sabine Aldenhoff