Zum zweiten Mal hat in diesem Jahr mit dem „Ökomenischen Gemüsebautag“ in Köln-Auweiler das Branchentreffen für nordrhein-westfälische Öko-Gärtnerinnen und Gärtner stattgefunden. Etwa 50 Betriebsleiterinnen, Betriebsleiter und Azubis waren am 26. November gekommen, um sich über Pflanzenschutz- und Düngethemen sowie den Markt für Ökogemüse auszutauschen.
Eingeladen zu dem Treffen und selbiges organisiert hatten auch diesmal wieder die Berater und Versuchsanstellerinnen für ökologischen Gemüsebau der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Dr. Ute Perkons, verantwortlich für das Versuchswesen im Ökogemüsebau in Köln-Auweiler, stellte zusammen mit Franziska Kleinefenn, NüPa GmbH Karlsruhe, die Ergebnisse sowohl aus dem im Bundesprogramm ökologischer Landbau geförderten Projekt „Kretschab" zur Bekämpfung der Tomatenrostmilbe als auch die Versuchsergebnisse zum erfolgreichen Nützlingseinsatz gegen diese Milbe in den Versuchen der Landwirtschaftskammer vor.
„Kretschab“ steht als Agronym für die Kontrolle der Rostmilbe in Tomaten unter biologischen Anbaubedingungen. Das Projekt hat zum Ziel, Strategien zur Vermeidung von ertragsrelevanten Schäden an Pflanzen und Früchten biologisch angebauter Tomaten durch die Tomatenrostmilbe Aculops lycopersici zu entwickeln, die mit einem Minimum an Pflanzenschutzmitteln auskommen. „Damit die Ergebnisse praxisrelevant und in der Praxis anwendbar sind, werden Exaktversuche sowohl im Versuchsanbau als auch auf Praxisbetrieben durchgeführt“, so Franziska Kleinefenn. „Wir möchten herausfinden, wie sich der Nützlingseinsatz, also zum Beispiel der Einsatzzeitpunkt der Raubmilben sowie deren Fütterung mit Pollen, optimieren und das Nützlingssortiment gegen die Tomatenrostmilbe auf eine breitere Basis stellen lassen.“ Neben Amblyseius swirskii soll eine Raubmilbenart der Gattung Homeopronematus sowie der Gattung Pronematus getestet werden.
Franziska Kleinefenn betonte, wie wichtig es sei, Hygieneaspekte beim biologischen Anbau von Tomaten zu beachten. „Die Rostmilben überwintern an Auberginen. Wenn also die Tomaten unter Glas unmittelbar neben den Auberginen stehen, sind der Übertragung im Frühjahr Tür und Tor geöffnet“, warnte sie. Ein vorbeugender Einsatz der Raubmilben sei empfehlenswert: „Homeopronematus sollte gut sechs Wochen und damit vor dem Befall der Tomaten mit Rostmilben ausgebracht werden. Dazu ist natürlich eine frühzeitige Befallserkennung unerlässlich.“ Da springe das Julius-Kühn-Institut zur Hilfe, das einen automatischen Probennehmer zur Früherkennung des Befalls zur Verfügung stellt. „Es sollen Maßnahmen gefunden werden, um die Massenvermehrung im Frühjahr zu verringern oder am besten ganz zu verhindern“, gab Kleinefenn einen Ausblick. Darüber hinaus soll in dem Projekt, dessen Laufzeit am 31. Oktober 2025 endet, eine optimierte Klimasteuerung entwickelt werden, unter der der Massenbefall mit Rostmilben unterdrückt wird. „Und es werden physikalische Barrieren entwickelt, die sich für den Unterglasanbau eignen, um eine Besiedlung der Tomatenpflanzen durch die Rostmilbe effektiv verhindern oder zumindest reduzieren zu können“, schloss Franziska Kleinefenn ihren Vortrag.
Seit 2022 werden im Gartenbauzentrum Köln-Auweiler Versuche zur Etablierung von Raubmilben, vor allem von Pronematus ubiquitus und Homeopronematus anconai, zur Rostmilbenbekämpfung gemacht. Dr. Ute Perkons stellte einige Ergebnisse vor. „Die Populationsentwicklung der Raubmilben betreffend haben wir festgestellt, dass sich hauptsächlich Pronematus ubiquitus nach der Ausbringung zügig entwickelt, erst später zieht die Population von Homeopronematus anconai nach. In diesem Jahr war H. anconai ab August sogar nur in einzelnen Parzellen nachweisbar.“ Ganz wichtig sei, und damit untermauerte Perkons den Hinweis von Franziska Kleinefenn, dass eine vorbeugende Etablierung von Gegenspielern vielversprechend und ihr frühzeitiger Einsatz unbedingt nötig sei, damit die Strategie wirksam ist. „Übrigens unterstützt auch der natürliche Nützling Homeopronematus anconai die Bekämpfung der Tomatenrostmilbe“, ergänzte Perkons.
Die Effektivität von spät eingewanderten Raubmilben sei stark abhängig vom Befallsdruck: „2023 haben wir geringen Befall mit der Rostmilbe beobachtet, die Raubmilben konnten da die Rostmilben in der unbehandelten Kontrolle zurückdrängen. 2024 hingegen herrschte hoher Befallsdruck; da war die Wirkung von Homeopronematus begrenzt.“ Arbeitstechnisch sei der Einsatz der Antagonisten in Jungpflanzen und deren Fütterung mit Pollen alle vier Wochen bisher die effizienteste Umsetzung der Strategie.
Auch Dr. Ute Perkons hat sich Fragestellungen für 2025 notiert: Wie kann das Auftreten von Homeopronematus anconaigezielt gefördert werden? Vergleichender Einsatz von Pronematus ubiquitus und Homeopronematus anconai - welche Raubmilbenart bekämpft besser? Außerdem geht es um die Vernetzung mit dem bundesweiten Forschungsprojekt Kretschab. Die Antworten gibt es dann auf einem der nächste Ökomenischen Gemüsebautage.
Aus dem rheinland-pfälzischen Dickendorf waren Jonathan Schwarz und Daniel Müller nach Auweiler gekommen. Sie stellten ihre Forschungsarbeiten, die sie gemeinsam mit dem DLR Rheinland-Pfalz machen, zu Stickstofffreisetzung und Wasserhaushalt unter Mulchsystemen vor, die sie auf dem Gemüsebaubetrieb der live2give gGmbH durchführen. „Wir bauen auf unserem Biohof Gemüse in Mulchsystemen an und entwickeln diese ständig weiter“, so die beiden Agrarwissenschaftler aus dem Westerwald einleitend. Der Schwerpunkt liege dabei auf den Effekten von Mulch auf den Anbau, untersucht werde unter anderem die Düngewirkung der Mulchauflage bestimmter Kulturen. „Wir haben aber auch immer die weiteren Effekte, wie der Verdunstungsschutz, die Bodenisolation und damit den Schutz des Bodens vor Erosion bei Extremwetter, die phytosanitäre Wirkung, die Unkrautunterdrückung und die Förderung des Bodenlebens im Blick“, so Jonathan Schwarz.
Untersucht habe er, wie viele Nährstoffe aus dem Mulch für die Pflanzen nutzbar seien. Dazu seien sechs Mulchvarianten mit Pflanzen mit unterschiedlich engem oder weitem C:N-Verhältnis angelegt worden. „Wir hatten Kleegrasilage, Kleegras, Grünlandschnitt, Wickroggen sowie zwei Kontrollvarianten - eine mit Kompostvlies und eine Standardkontrolle - in den untersuchten Mulchsystemen“, erläuterte Schwarz. Das knapp zusammengefasste Fazit: Die Freisetzung vor allem von Stickstoff, aber auch Phosphor und Kalium aus Mulch ist stark abhängig vom C:N-Verhältnis, der Materiallänge - je kürzer gehäckselt, desto besser können die Mikroorganismen das Material zersetzen -, der Bodenbearbeitung - ohne Bearbeitung gibt es höhere Nmin-Gehalte, mit Bodenbearbeitung mehr N-Nachlieferung und die Kulturpflanzen benötigen keinen zusätzlichen Stickstoff aus dem Mulch -, vom Wasser und der Temperatur. Auch der Leguminosenanteil im Mulch sei wegen der unterschiedlichen C:N-Verhältnisse der einzelnen Leguminosen zu berücksichtigen. „Interessant ist die Kulturdauer: Ein Wirsing, der lange auf dem Feld steht, nimmt zum Beispiel viel Stickstoff aus dem Mulch auf, Salate und Kohlrabi hingegen bei knapp sechs Wochen Standzeit nur geringe Mengen“, erklärte er.
Die Freisetzung der Nährstoffe und deren Anrechenbarkeit zur Düngeplanung hänge in erster Linie vom C.N-Verhältnis ab. „N kann mit 20 bis 75 % angerechnet werden, P mit 40 bis 70 % und K mit 70 bis 90 %“, fasste Schwarz zusammen.
Daniel Müller stellte die Versuche zum Wasserhaushalt vor. Vorläufiges Fazit: Mulch beeinflusst den Bodenwasserhaushalt positiv und kann zum Wassersparen genutzt werden. „Mulch dient als Wasserdampfsperre und schirmt den Boden sowie die Kulturen vor der Sonneneinstrahlung und damit größerer Verdunstungsenergie ab. Wenn man die Mulchschicht in einem Gemüseschlag anhebt und drunterschaut, stellt sich der Boden darunter sichtbar feuchter dar als der Boden ohne die Mulchauflage.“
Mehr zu den Versuchen bei "live2give" finden Sie auf der Internetseite des Teams.
Im Gartenbauzentrum Auweiler laufen seit drei Jahren Versuche zum Mulcheinsatz im Gemüsebau. Auch hier werden Nährstoffdynamik und Wasserhaushalt untersucht. Das Fazit aus den Versuchen und die für die Zukunft noch offenen Fragen gibt es im Kasten.
Offene Fragen:
Im zweiten Teil der Veranstaltung lag der Fokus auf der Marktentwicklung für Ökogemüse im Naturkostfachhandel. Dabei wurde zunächst aus Sicht eines Bündlers auf die Entwicklung der Absatzmengen und Preise geblickt und Martijn Mergenthaler vom Bio-Handel Rosenhof in Wunstorf gab seine Gedanken dazu Preis, wie es seiner Meinung nach weitergeht im Naturkostfachhandel. Aus Sicht der Praxis wurde die Frage erörtert, wie die Zusammenarbeit mit dem Großhandel klappt. Dazu teilten Hilde Volles von „Hildes Grünzeug“ in Geilenkirchen sowie Sebastian Mader und Finja Thees von der Gärtnerei Ulenburg in Löhne ihre betrieblichen Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit von Kulturen mit den Berufskolleginnen und -kollegen im Publikum.
Die Bioland-Gärtnerei Rosenhof gibt es seit 1987. Von Beginn an hat Harald Mergenthaler nicht nur das eigene Gemüse, sondern auch das von benachbarten Biogemüsebetrieben gebündelt und vermarktet. 2023 hat Sohn Martijn den Betrieb übernommen. Der Rosenhof Bio-Handel bündelt die Ware von regionalen Erzeugern, wobei regional einen Umkreis von 200 km bedeutet. Mehr als 90 % des Gemüses gehen an den Naturkostfachhandel.
„Meine Beobachtung ist, dass kleinere Erzeuger aufhören und die größeren ab 40 ha aufwärts oft keine Hofnachfolger finden. Das befeuert den Strukturwandel. Außerdem gibt es einen verstärkten Wettbewerb zwischen dem Naturkostfachhandel und den Discountern sowie dem LEH - letztere können das Biogemüse zu deutlich geringeren Preisen anbieten als der Fachhandel. Wir merken, dass die Discounter stärker bei der Vermarktung von Bioprodukten werden! Die Biosupermärkte wiederum, wie Alnatura, nehmen neuerdings ihre Logistik selber in die Hand und fahren die Erzeugerbetriebe selber an, ohne einen Bündler dazwischen. Das bedeutet für uns, dass wir seit 2022 - da war der Corona-Peak vorbei und Deutschland ist in die Inflation abgerutscht - weniger auf Abokisten und Einzelvermarktung setzen, sondern uns noch mehr auf den Großhandel konzentrieren. Die Logistik können die Großhändler nämlich besser.“
Martijn Mergenthaler hat hinsichtlich der Preisentwicklung festgestellt, dass sich seit Beginn der Krise 2022 und der vermeintlichen aktuellen Preiserholung Stand November 2024 nicht viel getan habe. Der Absatz einzelner Produkte, wie zum Beispiel von Radieschen und Kohlrabi, sei zwar wieder gestiegen, anders als bei Salaten, die einen kontinuierlichen Rückgang erleben würden - die Preise seien aber nicht mit angezogen, sondern vielmehr auf demselben Niveau geblieben, und das bei den deutlich gestiegenen Produktionskosten. Doch auch die Großhändler würden zurzeit streng ihre Kostenstruktur überprüfen und anpassen, da sie unter einem enormen Kostendruck stünden. „Großhändler legen zum Teil ihre Logistik zusammen. Bio geht sehr stark mit der Konjunktur und es bleibt unsicher, ob die Talsohle schon durchschritten ist.“
Hilde Volles baut auf 6,5 ha Gemüse an; mit ihrem Betrieb „Hildes Grünzeug“ ist sie Mitglied bei Bioland. Vermarktet wird das Gemüse im eigenen Hofladen, auf Wochenmärkten und über den Naturkostfachhandel Bio-Rhein-Maas und Denrée. „Wir haben sehr personalintensive Kulturen im Anbau, vieles wird händisch geerntet. Das bedeutet auch hohe Personalkosten. Ich weiß, dass der Fachhandel verlässliche Prognosen über die Menge und Qualitäten benötigt und gleichbleibende Verfügbarkeiten erwartet. Die Preise mit Rhein-Maas werden wie in einer Erzeugergenossenschaft, also auf Augenhöhe, verhandelt, was ich sehr angenehm empfinde. Da wird dann auch mit einbezogen, dass zum Beispiel das Jahr 2024 für einige Gemüsekulturen ein sehr schwieriges Jahr war. Bei der Preisgestaltung des Großhändlers jedoch ist das leider anders; da gehe ich nur so lange mit, wie noch irgendwie ein Deckungsbeitrag zu erzielen ist. Meiner Meinung nach sollten sich die Biogemüsebetriebe viel enger vernetzen, um mit einer einheitlichen, gemeinsamen Strategie in die Preisverhandlungen mit dem Großhandel gehen zu können. Als Einzelbetrieb habe ich da wenig Einfluss.“
Sebastian Mader und Finja Thees sind zwei von insgesamt 20 Menschen, die in der Bioland-Gärtnerei Ulenburg, die 1980 gegründet wurde und seitdem als Kollektiv geführt wird, arbeiten. 40 verschiedene Kulturen verteilen sich auf 50 ha Freilandgemüse und 6 000 m² Unterglasanbau. 60 % der Erzeugnisse werden über Wochenmärkte vermarktet, der Anteil Eigenware zu Zukaufware liegt da bei einem Drittel zu zwei Dritteln, 30 % über den Großhandel, 10 % gehen an Ladner und andere Wiederverkäufer. „Wir haben eine sehr breite Vermarktungsstruktur, die seit Jahrzehnten gewachsen ist. Dabei haben wir uns bewusst dafür entschieden, nicht exklusiv über Weiling zu vermarkten. Es rechnet sich nämlich durchaus, Eigenware auf den Wochenmärkten zu verkaufen! Und seit wir 2019 zwei Märkte in Hannover übernehmen konnten, ist der Umsatz noch einmal in die Höhe geschnellt“, berichtet Sebastian Mader. Die aktuelle Situation stelle sich jedoch schwieriger dar. „Wir geraten zunehmend unter Druck, da die Kunden immer mehr auf die Preise gucken. Dadurch haben wir Neukunden, aber leider auch viele Stammkunden verloren. Wie können wir unsere Kundschaft halten? Welche Märkte lohnen sich noch, was könnte aufgegeben werden? Leider müssen wir uns diesen Fragen stellen - die Kostenrechnung spuckt jedes Mal aufs Neue die Löhne als größten Block bei den Marktfahrten aus.“ Auch Mader und Thees sehen eine Chance darin, sich mit anderen Gemüsebaubetrieben enger zu vernetzen, um Synergien zu nutzen und höhere Preise für das Ökogemüse zu erzielen.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW
Dr. Ute Perkons
Versuchszentrum Gartenbau in Köln-Auweiler
Telefon: 0 221/ 53 40 -270
Fax: 0 221/ 53 40 -299
E-Mail: Ute.Perkons@lwk.nrw.de
Arbeitsschwerpunkte:
Tim Große Lengerich
Telefon: 0 25 06/ 309 -172
Fax: 0 25 06/ 309 -633
Mobil: 0171/ 97 55 709
Mail: Tim.GrosseLengerich@lwk.nrw.de
Arbeitsschwerpunkte:
Dominic Baron
Telefon: 0 251/ 23 76 544
Mobil: 0 171/ 12 73 848
E-Mail: dominic.baron@lwk.nrw.de
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