Ein Herbstnachmittag im November, wie er im Buche steht: Goldenes Licht, bunte Bäume und frische, klare Luft. Perfekte Bedingungen also für einen Waldspaziergang, der gleichzeitig Fachexkursion zu vermeintlich exotischen Baumarten war, die vielversprechend für den Waldbau der Zukunft sein könnten.
„Das Burgholz war schon immer Wald. Ehemals gehörte er den Herzögen von Berg, die auf dem nahegelegenen Schloss Burg residierten und den Wald als Jagdrevier nutzten“, so die einführenden Worte von Kay Boenig. Der Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land in Gummersbach kennt die 500 ha große, arrondierte Waldfläche ganz genau und führte die kleine Gruppe Waldbauern und anderer Interessierter an diesem 24. November durch den nördlichen Teil des Burgholzes.
130 Baumarten stünden dort insgesamt, früher seien es einmal mehr als 200 gewesen, von denen viele nicht mehr da seien, abgesehen von einigen Einzelbäumen. Diese Fülle sei vor allem Heinrich Hogrebe und dessen dendrologischer Pionierarbeit als Forstmann zu verdanken. „Hogrebe war bis 1973 Förster hier in Wuppertal und hat 1958 auf Empfehlung der Forsteinrichtung mit Versuchen zum Anbau fremdländischer Baumarten im Staatsforst Burgholz begonnen - teils gegen erhebliche Widerstände seiner Vorgesetzten“, erklärt Kay Boening weiter. „Das ist aus heutiger Sicht großes Glück! Denn spätestens seit 1970 hat sich das Burgholz als Fremdländer-Anbaurevier etabliert und war damit eins von zweien in NRW. Das andere liegt auf dem Ville-Rücken zwischen Bonn und Köln und beherbergt vorwiegend Laubbäume“, so Boenig weiter. Im Arboretum Burgholz stünden dagegen vor allem Nadelhölzer, durchsetzt mit den ursprünglichen Wäldern aus Buchen, Hainbuchen, Eichen und Kiefern.
Kay Boenig konnte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Waldbild zeigen, das der historischen Mittelwaldnutzung ähnelt, die heute nicht mehr betrieben wird, genauso wie 160 Jahre alte Eichen, durchsetzt mit Beständen aus Gastbaumarten, wie Lärchen, Roteichen oder Schwarzkiefern. „Wir haben hier ein gut funktionierendes Waldökosystem mit der Buche im Optimum. Bei einer gruppenweisen Mischung von fremdländischen Baumarten von bis zu 20 % mit einheimischen Baumarten in möglichst strukturreichen Wäldern ist davon auszugehen, dass keine negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt auftreten werden. Die Mischung macht’s!“, meinte der Forstamtsleiter. Eine Anreicherung der heimischen Wälder mit fremdländischen Baumarten mit Trockentoleranz, Wuchsüberlegenheit und guter Holzqualität sei tatsächlich eine Bereicherung: „In den hiesigen Wäldern gibt es aufgrund der Eiszeiten gerade einmal 30 natürliche Baumarten. Auf denselben Breitengraden in Nordamerika sind es zehnmal so viele!“
Forstrat Kay Boenig stellte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Laufe der dreieinhalbstündigen Waldexkursion rund ein Dutzend exotische Baumarten vor. So zeigte er unter anderem den Riesenmammutbaum, Sequoiadendron giganteum, der an mehreren Standorten im Burgholz vorkommt und das Klima des Bergischen Landes gut vertrage. „Unsere Mammutbäume hier sind gut 45 Jahre alt. Sie haben ein tolles Jugendwachstum und halten auch bei extrem sommertrockenem Klima durch. Außerdem können sie Kälte gut ab“, fasste Boenig knapp zusammen. Allerdings schränke die Gefahr des Triebsterbens ihre Nutzung ein. Genau wie der Küstenmammutbaum, Sequoia sempervirens, und die Riesenlebensbäume, Thuja plicata, liefere Sequiadendron giganteum ein sehr dauerhaftes, wertvolles Holz, das unter dem Oberbegriff „Redwood“ vermarktet würde.
Auch die Roteiche, Quercus rubra, gehörte zu den Exkursionsobjekten. Sie wird seit 250 Jahren in Deutschland und schon lange auch im Bergischen Land angebaut. „Die Roteiche ist eine Ergänzung zu den heimischen Eichen“, so Boenig zu dieser aus dem östlichen Nordamerika stammenden Baumart. „Wegen der Klimaerwärmung müsste man viel mehr heimische Eichen in unseren Wäldern anbauen, was aber wegen des Wildverbisses schwierig ist. Die Roteiche schmeckt dem Wild nicht ganz so gut“, wusste der Förster zu berichten. Außerdem wachse sie schneller und sei leichter zu kultivieren mit Aufwuchsraten von bis zu 90 %.
Bilder rechts: Dieser Mischbestand aus Riesenlebensbaum (Thuja plicata), Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum), Westlicher Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) und Großer Küstentanne (Abies grandis), der so auch im Kaskadengebirge in Nordamerikastehen könnte, wird seit 50 Jahren genau beobachtet und kartiert. So lässt sich lückenlos festhalten, wie sich der Bestand unter welchen spezifischen Umständen entwickelt hat
Schwarzkiefern, Pinus nigra, hielt Kay Boening ebenfalls für eine interessante Ergänzung der Baumartenpalette in heimischen Mischwäldern. „Sie haben ihr natürliches Vorkommen auf Gebirgsstandorten in Österreich, auf Korsika, Sardinien und in Kalabrien. Daher kommen sie auch auf den hiesigen Böden gut zurecht.“ Ähnlich stufte er die Esskastanie, Castanea sativa, ein. „Sie wächst schneller als unsere Buchen, ist trockentolerant und liefert ein super Holz, das dem der Eiche ähnelt“, erklärte Boenig.
Es sei durchaus sinnvoll, die fremdländischen Baumarten in geringen Mengen in den heimischen Mischwäldern anzupflanzen. „Von Reinkulturen sollte man aber auch hier absehen“, meinte Forstmann Kay Boenig. Denn auch bei den Gastbaumarten könnten sich irgendwann Schädlinge, Krankheiten und Pilze, wie zum Beispiel die Wipfeldürre beim Mammutbaum, einschleichen, die über den globalen Warenverkehr eingeschleppt würden.
Eine Beschreibung des Arboretums Burgholz mit Portraits aller dort angebauten Baumarten finden Sie auf der Website des Landesbetriebes Wald und Holz NRW: www.wald.nrw.de, unter den Stichworten Wald erleben/ Infozentren/ WPZ Burgholz/ Arboretum.
Eine ganz aktuelle Broschüre zu „Eingeführten Baumarten“ steht hier zur Verfügung: Eingeführte Baumarten in Nordrhein-Westfalen · Neue Baumarten an neuen Orten – Chancen und Möglichkeiten im Fokus des Klimawandels (nrw.de); dazu gibt es auch eine Kurzfassung: Praxisleitfaden Eingeführte Baumarten in NRW · Neue Baumarten an neuen Orten – Chancen und Möglichkeiten im Fokus des Klimawandels. Beide Dokumente sind auch unter WPZ Burgholz | Wald & Holz (nrw.de) verfügbar.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW
„Der Klimawandel wird schon jetzt spürbar und weiter fortschreiten, ohne dass wir alle Ausprägungen schon genau kennen. Das bringt unsere heimischen Wälder in Gefahr, die an ein gemäßigtes, feuchtes Klima ohne große Extreme angepasst sind. Darum brauchen wir in Zukunft klimaresilientere Wälder, die alle Waldfunktionen, von der Holznutzung bis zum Artenschutz, erfüllen. Diese können zum Beispiel aus heimischen Baumarten, wie Eichen und Linden, bestehen, die auch in vergangenen Warmzeiten seit der letzten Eiszeit die Wälder dominiert haben. Aber auch Ergänzungen unserer relativ artenarmen heimischen Palette mit sorgfältig ausgesuchten und überprüften Baumarten aus Südeuropa und Nordamerika, die zum Beispiel an Sommertrockenheit angepasst sind, sind sinnvoll. In möglichst vielfältigen und strukturreichen Mischwäldern können auch sie dafür sorgen, dass der Wald als Ganzes erhalten bleibt, wenn einzelne Baumarten, wie die Fichte und die Buche, im Klimawandel Probleme bekommen. Die Baumartenvielfalt ist ebenso eine Lebensversicherung des Waldes, wie das Miteinander von jungen und alten, niedrigen und hohen Bäumen.“ (Kay Boenig)