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Forschungsreport Spezial 2013: Weidegang ohne Risiko

01.07.2014

Neue Wege zur Kontrolle von Darmparasiten bei Wiederkäuer

Im Überblick
  • Magen-Darm-Würmer bei Wiederkäuern mit Weidegang verursachen große wirtschaftliche Schäden.
  • Auch im Ökolandbau wird mit Medikamenten entwurmt.
  • Kostenlose Software unterstützt eine nachhaltige Regulierung von Parasiten durch vorausschauende Weideplanung mit Hilfe von Entscheidungsbäumen für Rind, Schaf und Ziege (www.weide-parasiten.de).

Die Weidehaltung ist für Wiederkäuer das beste Haltungsverfahren, um die natürlichen Verhaltensweisen ausleben zu können und um geeignetes Futter aufzunehmen. Es wird als tiergerecht betrachtet und ist in den Richtlinien für den Ökologischen Landbau verpflichtend vorgeschrieben.

Durch das Angebot an Auslauf und Weidegang erhöhen sich aber auch grundsätzlich die Möglichkeiten für die Nutztiere, sich mit Parasiten zu infizieren. Besonders betroffen sind Wiederkäuer, da sie erhebliche Mengen an Grünfutter von der Weide aufnehmen und damit auch die infektiösen Larven, die genau dort auf ihren Endwirt warten.

Die Hauptschäden entstehen durch schlechtere Zunahmen und Entwicklungsstörungen bei Jungtieren und schlechtere Milchleistungen bei Kühen. Entwickeln sich große Mengen geschlechtsreifer Würmer und deren Entwicklungsstadien im Magen-Darm-Trakt, können sie akut klinisch relevant werden und chronisch zur Entwicklung von "Kümmerern" beitragen. Aber auch Monogastrier haben Endoparasitenprobleme, die mit der Auslaufgewährung unterhalten werden. Als Beispiel seien die Spulwürmer bei Legehennen und Schweinen genannt.

Die Bekämpfung der Endoparasiten beruht auch im Ökolandbau häufig zu einem wesentlichen Anteil auf der Medikamentengabe. Nach EU-Öko-Richtlinie dürfen die üblichen Tierarzneimittel gegen Parasiten ohne Einschränkungen angewandt werden. Allerdings ist die gesetzliche Wartezeit – d. h. die Zeit, in der wieder Lebensmittel von behandelten Tieren gewonnen werden dürfen – zu verdoppeln.

In den letzten Jahren haben sich wurmmittelresistente Populationen der Magen-Darm-Würmer bei den Wiederkäuern bis nach Deutschland verbreitet. In bestimmten Regionen der Welt führen diese Resistenzen bei Schafen und Ziegen bereits heute zu existenziellen Problemen. Dieser Tendenz kann nur durch einen sparsamen Umgang mit den Entwurmungsmitteln entgegengewirkt werden. Um sowohl die Therapiehäufigkeit als auch die insgesamt im Betrieb verabreichte Wirkstoffmenge zu reduzieren, gibt es verschiedene Ansätze, die auch in der konventionellen Tierhaltung angewendet werden.

Eine prophylaktische Verabreichung der Medikamente sollte unterbleiben und möglichst nur die Tiere oder Tiergruppen behandelt werden, bei denen Notwendigkeit besteht. Weiterhin sollten die am besten geeigneten Arzneimittel zum richtigen Zeitpunkt und in der korrekten Dosierung angewandt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Weide für die nachfolgende Saison nicht so stark mit Parasitenlarven kontaminiert wird, dass sie später nur mit Hilfe eines großen Medikamenteneinsatzes zu nutzen ist.

Entscheidend bei allen Konzepten ist aber die Akzeptanz seitens des Landwirtes. Dazu müssen die komplexen Zusammenhänge der Parasitenproblematik so dargestellt werden, dass es für den Landwirt möglich ist, gleich am Anfang der betrieblichen Weideplanung die Parasitenprophylaxe mit einzubeziehen, um die Nachhaltigkeit seiner Entscheidungen einschätzen zu können. Als Hilfsmittel für die betriebliche Planung wurde eine Software mit vier Entscheidungsbäumen zur Wurmkontrolle entwickelt: je einer für die Jungrinder in der Milchviehhaltung bzw. in der Mutterkuhhaltung sowie für Lämmer in der intensiven Schaf- und Ziegenhaltung (Abb. 1).

Ausschnitt aus der EU-Öko-Verordnung

In Artikel 14 der Basis-Verordnung für den Ökologischen Landbau [EG Nr. 834/2007] heißt es in Abs. (1) b iii: "Die Tiere müssen ständigen Zugang zu Freigelände, vorzugsweise zu Weideland, haben, wann immer die Witterungsbedingungen und der Zustand des Bodens dies erlauben,…"
In der Durchführungsverordnung [EG Nr. 889/2008] wird diese Vorschrift für Wiederkäuer noch deutlicher formuliert: Art 14 Abs. (2): "Gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 müssen Pflanzenfresser Zugang zu Weideland haben, wann immer die Umstände dies gestatten."

Unter www.weide-parasiten.de sind sie frei und kostenlos zugänglich. Mit Hilfe der Beantwortung von Ja/Nein- Fragen zur Weidehaltung wird durch den Entscheidungsbaum navigiert. Am Ende steht dann eine auf das eigene Weidemanagement zugeschnittene Empfehlung, die zunächst die Sicherheit der Tiere im Fokus hat. Durch das Ausprobieren der verschiedenen Wege durch das Schema des Entscheidungsbaumes kann der Landwirt erkennen, welche Weidebedingungen erfüllt sein müssen, um trotz eines reduzierten Medikamenteneinsatzes die Gesundheit seiner Tiere und den wirtschaftlichen Erfolg nicht zu gefährden. Zusätzlich werden fachliche Hintergrundinformationen angeboten.

In den kommenden Jahren werden die Seiten regelmäßig aktualisiert. Studien und Erfahrungsberichte zu den Grenzwerten solcher Parameter, die als Selektionsindikatoren für die Behandlung von Gruppen dienen könnten, sind für alle Tierarten notwendig. Weiterhin sollten aussagekräftige und kostengünstige Methoden zur Detektion des Umfangs von aktueller Verwurmung beim Einzeltier gefunden werden. Vermutlich werden dann sehr viele Entwurmungsmittelanwendungen unnötig.

Quelle: ForschungsReport spezial, Ökologischer Landbau 2013 (Heft 2)

Weitere Informationen

Autor/in und Ansprechpartner/in:

Regine Koopmann, Michaela Dämmrich
Thünen-Institut

Harm Ploeger
Utrecht University

E-Mail: regine.koopmann@ti.bund.de

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