Seit dem vergangenen Jahr wird im Öko-Milchviehstall in Haus Riswick anstelle der Kurzrasenweide das System der Umtriebsweide betrieben. Bei praxisüblich begrenzter Weidefläche erhofft man sich hierbei, unter anderem die Weidefutterakzeptanz aufgrund einer verbesserten Schmackhaftigkeit zu erhöhen. Denn unter mehrjähriger Kurzrasenweide war die Akzeptanz gegenüber dem Weidefutter, insbesondere in der zweiten Vegetationshälfte, bei hohen Weidebesatzstärken herabgesetzt.
Im aktuellen System der Umtriebsweide stehen vier Parzellen à zwei Hektar, also insgesamt acht Hektar für etwa 40 laktierende Kühe zur Verfügung. Das Rotationsverfahren sieht eine Besatzzeit der jeweiligen Weidekoppel von fünf bis sieben Tagen vor. Woraus folgt, dass jede Koppel nach der Beweidung eine Ruhezeit von 15 bis 21 Tagen bekommt, bevor sie erneut beweidet wird. Dabei wird die Fläche nur beweidet und nicht zur Winterfuttergewinnung genutzt. Dies bedeutet, dass die Höhe des Futteraufwuchses ausschließlich über die beiden Stellgrößen 1. Zufütterung im Stall und 2. Weidedauer geschieht! Bei gutem Weidemanagement ist dies möglich. Wird das Futter zu lang beziehungsweise zu alt, steigt der Rohfasergehalt an und die Energiekonzentration sinkt.
Die Wuchshöhe des Futters wird ein bis zwei Mal in der Woche beim Abschreiten der Fläche mit einem Herbometer ermittelt. In der Praxis können Sie eine Frisbeescheibe mit einem Loch in der Mitte verwenden (oder einen Deckel eines Eimers mit kreisrunder Grundfläche). Werfen Sie die Scheibe beim Gehen über die Weide mehrmals zufällig auf die Weidefläche. Die Scheibe bleibt auf den Aufwuchsspitzen liegen und Sie können die Wuchshöhe mithilfe eines Zollstocks durch das Loch in der Mitte der Scheibe messen. Bilden Sie dann den Mittelwert der Messungen eines Weiderundgangs. Es sei an dieser Stelle verraten, dass sich die Fachkundigen streiten, ob Geilstellen ebenfalls einbezogen werden oder nicht – in Riswick jedenfalls werden die Geilstellen (wenn sie zufällig bei der Messung "erwischt" werden) mitgemessen. Dies muss man wissen, wenn man sich über die Ergebnisse der Messungen unterhält. Geilstellen (insbesondere bei Kurzrasenweide) werden weniger kurz gefressen als die restliche Weide.
In Riswick werden bei der Umtriebsweide im Frühjahr acht Zentimeter Wuchshöhe angestrebt sowie im Sommer und Herbst 10 bis 15 Zentimeter. Bei Wuchshöhen unterhalb dieser Referenzbereiche wird die Zufuttermenge im Stall erhöht und die Weidezeit reduziert, bei Wuchshöhen über dem Referenzbereich wird die Zufuttermenge entsprechend reduziert und die Weidezeit verlängert.
Die Tabelle zeigt, dass die Zielwuchshöhe von acht Zentimetern bei Umtriebsweide im Frühjahr in 2019 noch nicht erreicht wurde. Aber auch im letzten Jahr lag die Wuchshöhe am 16. April erst bei 5,4 Zentimeter. Die acht Zentimeter Wuchshöhe wurden in 2018 erst im ersten Mai-Quartal gemessen.
Nach der Vorweide mit drei Stunden täglich wurde Anfang April 2019 der Weidegang auf acht Stunden täglich erhöht und die Stallfuttermenge entsprechend heruntergefahren. Da die Vegetation aber aufgrund eines Niederschlagdefizits und Nachtfrösten hinter den Erwartungen zurückbleibt, wurde die Weidezeit von acht auf sechs Stunden am Tag reduziert. Die Futtermenge im Stall wurde jedoch nicht wieder erhöht. Zurzeit werden 68 Prozent des Energiebedarfs für Erhaltung und Leistung noch über die Stallfütterung (inklusiv Kraftfutter) abgedeckt.
Auch wenn im Vorjahr im gleichen Zeitraum die Kraftfuttereffizienz noch etwas besser war, wird auch in diesem Jahr eine sehr gute Kraftfuttereffizienz von nur 132 g Kraftfutter je kg Milch erreicht, bei einer Durchschnittsleistung von immerhin 31,1 Liter je Tier und Tag, was lediglich 4,1 kg Kraftfutter je Tier und Tag bedeutet.
Wer Einsparungen beim Kraftfutter vornehmen will, der hat jetzt zu Weidebeginn die Möglichkeit, die Kraftfutter-Zuteilung von 650-750 g je zusätzliches kg Milch (Winterfütterung) auf 350 g (1 kg KF für 3 kg Milch) bei gutem Weidemanagement und jungem Aufwuchs zu senken. Untersuchungen belegen, dass hohe Kraftfutter-Gaben zu einer unnötigen Verdrängung von Weidefutter führen. Senken Sie die Kraftfuttergaben nur schrittweise ab und kontrollieren Sie dabei kritisch die Milchleistung.
8 ha Umtriebsweide (4 X 2 ha Weiden) konstant für die laktierenden Kühe, Stallfütterung wird angepasst | |||||
Datum | ab 26. März | 1. April | 8. April | 15. April | |
Vorweide | Beginn | HTW | HTW | ||
Wuchshöhe nach Herbometermessung | cm | 4,8 | 5,8 | 5,1 | 5,3 |
tägliche Milchleistung aus Weidegang je Hektar | kg/ha und Tag | 15 | 59 | 60 | |
Weidebesatz | Kühe/ha Weide | 5,5 | 5,5 | 5,6 | 5,4 |
Weidedauer | ca. Std./Tag | 3 | 8 | 8 | 6 |
Tagweide | Tagweide | Tagweide | Tagweide | ||
Stallfütterung (Frischmasse gerundet) im Herdenmittel | kg FM/Kuh und Tag | 62 | 49 | 31 | 30 |
davon Silomais | % FM | 32% | 32% | 33% | 34% |
davon KF | % FM | 9% | 9% | 13% | 13% |
Kraftfuttereffizienz im Herdenmittel | g KF/kg Milch | 143 | 138 | 131 | 132 |
Kraftfutterzuteilung | KF ab kg Milch | TMR | TMR | TMR | TMR |
je kg KF...kg Milch | 3 | 3 | 3 | 3 | |
Tendenz | zeitiger Weidestart mit der Vorweide, 3 Stunden Weidegang mit Winterfutterrationsangebot im Stall, entsprechend mehr Reste; Weidefutteraufnahme verdrängt Futteraufnahme im Stall. | 8 Stunden Weidegang tagsüber ab 1.April mit entsprechend reduzierter Fütterung im Stall. | 8 Stunden Weidegang tagsüber; Zuwächse verhalten, da Witterung zu trocken und zu kalt! Für Zuwachsleistungen wird dringend "warmer Regen" benötigt! | 6 Stunden Weidegang tagsüber, weiterhin fehlende Zuwächse wegen Niederschlagsmangel; bislang fehlt das für diese Zeit typische explosionsartige Frühjahrswachstum. Es ist viel zu trocken, zusätzlich Nachtfröste! | |
8 ha Umtriebsweide (4 X 2 ha Weidekoppeln) = rotierendes Weideystem: 4 - 6 Tage Weide auf einer 2 ha Weidekoppel, dann 12 - 18 Tage Ruhezeit |
Quelle: Susanne Göring, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, 26. April 2019