Kurz:
Zum Herbst hin haben sich nach dem Regen viele Flächen wieder erholt.
Auch Schnittflächen sind beweidbar, dürfen aber nicht überstrapaziert werden.
Vorsicht ist bei Kleegras und Luzernegras geboten.
Wie nährstoffreich der Herbstaufwuchs ist, das zeigt sich momentan bei Weiderindern. Sie haben fast durchweg eine gute Kondition. Eine Ausnahme sind in hohem Gras stehende Rinder und Rinder, die bei Feuchte im Herbst nicht entwurmt wurden. Bereits vor 16 Jahren haben Hammeltests auf Haus Riswick gezeigt, dass Ende Oktober im Aufwuchs noch mehr als 7 MJ NEL/kg enthalten sein können.
Ein Blick auf die Futteranalysen von Herbstaufwüchsen ergibt: Sie fallen fast durchweg weniger gut aus, weil hohe Schmutzanteile und wenig Energie die Qualität mindern. Dabei könnten sie aufgrund der hohen Proteingehalte gerade in diesem Jahr eine gute Ergänzung zum häufig sehr energiereichen ersten Schnitt bilden. Dies aber nur in Verbindung mit strukturreicherem Futter, wenn der erste Schnitt ebenfalls strukturarm ist. Die Proteingehalte des Herbstaufwuchses liegen auch bei wenig Klee um 20 Prozent. Wer eine Trocknung hat, kann ein gutes Eiweißfutter gewinnen.
Betriebe, bei denen die Tiere normalerweise auf die Weide gehen, haben jetzt gegenüber reinen Stallbetrieben einen wesentlichen Vorteil: Sie weiden den Herbstaufwuchs ab und sparen Erntekosten und Winterfutter. Nicht nur Weideparzellen, sondern auch vorher geschnittene Flächen, werden mit einbezogen. Dies sollte allerdings so geschehen, dass der Aufwuchs im Frühjahr nicht darunter leidet.
Mancherorts endet in diesen Tagen die Weideperiode, zumindest für Milchkühe, weil es zu nass wird (z.B. im Norden auf Niedermooren) und weil bei kühlen Temperaturen der Zuwachs zu gering ist. Aufzuchtrinder weiden dagegen auch unter diesen Bedingungen weiterhin. Es sollte solange wie möglich geweidet werden.
Rinder, die den ganzen Winter auf der Weide waren, präsentieren sich im Frühjahr oft besser als solche, die den Winter im Stall verbracht haben. Voraussetzung hierfür ist: keine nassen Böden, Trittfestigkeit, ausreichend Fläche und nicht zuletzt eine sichere Wasserversorgung. Müssen die Tiere zugefüttert werden, dann sollte das besser im Stall erfolgen, sonst konzentrieren sich die Nährstoffe auf kleiner Fläche und fehlen langfristig auf den eigentlichen Futterflächen.
Bei Beweidung ist zu beachten, dass die Tiere nicht hungrig umgetrieben werden sollten. Denn die Futterzusammensetzung birgt, gerade an sonnigen Tagen, das Risiko gesundheitlicher Probleme. Die Tiere müssen mit ausreichend mit Mineralstoffen versorgt werden, nicht nur Viehsalz, sondern auch Magnesium und Spurenelemente sind wichtig.
Weideflächen haben sich nach dem Regen erstaunlich schnell erholt. Kurzrasenweiden werden momentan bis auf 2 bis 3 cm abgefressen, vor allem bei Beweidung mit Trockenstehern und Rindern (Messung ohne Weidereste). Da der Bestand auf kurzen Verbiss eingestellt ist und die Reservestoffe nah am Boden liegen, ist das kein Problem.
Umtriebs- und Portionsweiden sollten dagegen nicht zu tief in den Winter gehen (5 bis 7 cm). Schnittflächen und Weidegrünland sollten möglichst nicht unter die übliche Schnitttiefe verbissen werden. Das gilt insbesondere auf Flächen mit vorwiegend Obergräsern, wie Wiesenschwingel und Glatthafer.
Soll im Frühjahr umgebrochen werden, dann kann der Herbstaufwuchs beweidet werden. Tiere dürfen allerdings nicht hungrig aufgetrieben werden. Das kann zu Blähungen und letztlich zu Tierverlusten führen. Einmal gut gegangen, heißt noch lange nicht, dass das nächste Mal ebenfalls nichts passiert. Nur ein etwas anderer Pflanzenbestand oder eine veränderte Wetterlage und schon blähen Tiere.
Flächen, die ein weiteres Jahr stehen bleiben sollen, können allenfalls für kurze Zeit und nicht bei Nässe beweidet werden. Rotklee, vor allem aber Luzerne reagiert hier empfindlich, nicht nur auf Verbiss, sondern vor allem auf Tritt.
In Neuansaaten sind die jungen Pflanzen besonders empfindlich. Sofern sie überhaupt trittfest sind, kann hier ebenso nur kurze Zeit und nicht bei Nässe beweidet werden. Zwar hat im letzten Jahr die Beweidung von Luzerneneuansaat auf einem Standort in Österreich und in der Nähe von Gießen auf Kleegras keinen Schaden hinterlassen, aber das könnte aber auch anders ausgehen.
Praxistest - für die Zukunft lernen Weiden Sie nur eine Teilfläche und vergleichen Sie: Wie kommt die Narbe durch den Winter und wie ist der Aufwuchs im Frühjahr? ⇒ Bitte bei mir melden und vielleicht auch Bilder zusenden: Dann lernen wir gemeinsam. |
Mehrere der besuchten Betriebe beweiden in diesem Herbst schon seit längerem Zwischenfrüchte. Das machen sie teils auch in normalen Jahren, weil der oft wasserreiche Aufwuchs aufgrund höherer Verschmutzung und schlechter Antrocknung als Silage nur mäßige Qualität bringt. Bei geringem Schnittgut bleibt auch vieles auf der Fläche liegen.
Quelle: Dr. Edmund Leisen, Sarah Hoffmanns, Ökoteam der Landwirtschaftskammer NRW, Münster, 18. Oktober 2020