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Ökomais: Die Sortenvielfalt nimmt zu

21.02.2020

Das Angebot an Maissorten, von denen Saatgut aus ökologischer Produktion angeboten wird, wächst. Mittlerweile engagieren sich auch wieder Züchtungsunternehmen, die zwischenzeitlich nicht mit Ökosorten am Markt waren. Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt die Ergebnisse der aktuellen Landessortenversuche zum Ökomais vor.

Auch im ökologischen Maisanbau hat sich der Einsatz moderner Hybridmaissorten etabliert.  Bis 2014 konnte dafür in Ökobetrieben ungebeiztes Saatgut aus konventioneller Produktion ausgesät werden. Mit der Einstufung in die Kategorie I darf nach EU-Verordnung seit 2014 aber nur noch Saatgut einsetzt werden, das in anerkannten Ökobetrieben produziert wurde. Wohl aufgrund des begrenzten Marktes und der gesonderten Saatgutproduktion zogen sich damals einige Züchterhäuser aus dem Markt für Ökomaissaatgut zurück. Mit der Umstellung auf ökologisch produziertes Saatgut und einer kontinuierlichen Ausdehnung des Maisanbaus im Ökoanbau hat sich hier aber ein eigenständiger Markt entwickelt, der wohl auch wegen der höheren und stabilen Saatgutpreise wieder stärker das Interesse der Saatgutindustrie geweckt hat. So ist sowohl eine Zunahme der Saatgutanbieter, als auch der Sortenvielfalt für Mais im Ökoanbau zu beobachten.

Eine gesonderte Züchtung für dieses Segment wird kaum betrieben, vielmehr wird auf Basis- oder Liniensaatgut aus dem konventionellen Bereich zurückgegriffen. Damit werden auch für den Ökoanbau viele neue Sorten angeboten, die aktuell in den Landessortenversuchen im konventionellen Anbau geprüft werden. Der Maisanbau in den Ökobetrieben profitiert damit von den großen Zuchtfortschritten beim Mais. Gleichzeitig wird es aber auch im Ökoanbau schwieriger, an älteren, bewährten Sorten festzuhalten.

Innovative Produkte für den Ökoanbau?

 Das Interesse von Saatgutindustrie und Handel am Ökomarkt geht mittlerweile über die reine Saatgutfrage hinaus. Angeschoben wird diese Entwicklung auch dadurch, dass im konventionellen Bereich zunehmend „Anwendungslücken“ entstehen. Die Hacke wird wieder salonfähig und Biostimulanzien werden als Wachstumsförderer und zum Lückenschluss zum Beispiel im Bereich der Saatgutbeizung eingesetzt. So werden einzelne Maissorten jetzt auch für den Ökoanbau mit der Beize „Maisguard Bio“ angeboten. Das Produkt mit entsprechender FibL-Listung enthält Mikronährstoffe und nicht näher definierte Biostimulanzien, die auf Pflanzenextrakten und Bodenbakterien basieren. Als Unterfußdünger, ebenfalls mit FibL-Listung, kann „Profi Terra explorer 20“ im Ökoanbau eingesetzt werden. Neben Nährstoffen, vornehmlich Kalk, Magnesium und Schwefel, sind auch in diesem Produkt Biostimulanzien enthalten. Über die Biostimulanzien soll unter anderem die Wurzelentwicklung und der Aufschluss oder die Aufnahme von Nährstoffen gefördert werden. Bei der Beize „Maisguard Bio“ wird auch ein gewisser Repellent-Effekt, also Vergrämung oder Verhinderung von Vogelfraß, erwartet. Einzelne Praktiker setzen im Ökoanbau hinsichtlich der Vogelabwehr auf eine Saatgutbehandlung mit Schwefel. Messbare Effekte sind versuchsmäßig allerdings kaum zu belegen.

Sofern entsprechende Produkte in der Praxis getestet werden oder schon im größeren Rahmen eingesetzt werden sollen, ist es empfehlenswert, als Kontrolle eine unbehandelte Variante als Vergleich anzulegen. Für die Beizung bedeutet dies allerdings, dass nach Möglichkeit unbehandeltes Saatgut der gleichen Sorte, besser noch der gleichen Saatgutpartie (Lot-Nr.), als Vergleich ausgesät werden muss. Für die Sorten der Deutschen Saatveredelung (DSV) und die Sorten Magnato und Agenda ist auch elektronenbehandeltes Saatgut erhältlich. Mit der Elektronenbeize (Eventus) können samenbürtige Krankheiterreger abgetötet werden. Entsprechend behandeltes Saatgut darf allerdings nicht in Demeter Betrieben eingesetzt werden. Belastbare Ergebnisse, welche die Wirksamkeit dieses Verfahrens unter Praxisbedingungen belegen, liegen nicht vor.

Saatgutbehandlungsmaßnahmen sind aber immer erst einmal als prophylaktische Maßnahme zu sehen. Grundsätzlich sind positive Effekte von Saatgutbehandlungen, wie auch der Einsatz von Biostimulanzien oder Bodenaktivatoren, am ehesten unter suboptimalen Wachstumsbedingungen zu erwarten.

Sichere Sortenwahl

In der Tabelle sind die Sorten aufgeführt, von denen nach Züchter- und Vertriebsangaben Maissaatgut aus ökologischer Produktion für die Aussaat 2020 angeboten wird. Es ist unbedingt zu beachten, dass das hohe Qualitäts- und Ertragspotenzial der Sorten nur genutzt werden kann, wenn der Mais am jeweiligen Standort auch ordentlich ausreifen kann. Da im Ökoanbau oft später gesät wird und die Jugendentwicklung nicht durch leichtlösliche Mineraldünger angeschoben werden kann, werden von der Landwirtschaftskammer für den Ökoanbau in NRW nur Sorten bis zur Reifezahl S/K 240 empfohlen. Frühreife Sorten erhöhen immer die Anbausicherheit und bringen eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Aussaat- und Erntetermine mit sich. Die späteren Sorten bis Reifezahl 240 sollten allenfalls für Gunstlagen und dann gewählt werden, wenn auch termingerecht bis in die ersten Maitage gesät werden kann. Beginnend mit der Aussaat über das Auflaufen bis zum Reihenschluss ist der Maisanbau im Ökobetrieb zum Teil mit größeren Risiken belastet. Bereits in der Keim- und Auflaufphase kann es zu Pflanzenverlusten kommen, da Korn und Keimling Bodenorganismen schutzlos ausgesetzt sind. Das Risiko von Verlusten nimmt mit der Dauer der Auflaufphase zu. Zügige Feldaufgänge können dann erwartet werden, wenn in einen warmen Boden, im Idealfall zu Beginn einer Schönwetterperiode, gesät wird. Da Mais bis zum Reihenschluss ausgesprochen konkurrenzschwach ist, hat die erfolgreiche Unkrautregulierung höchsten Einfluss auf den Anbauerfolg. Die oftmals erfolgreichen Strategien in der Praxis können durch die Frohwüchsigkeit und eine zügige Jugendentwicklung einer Sorte wohl positiv flankiert werden. Wichtiger als der Sorteneinfluss sind diesbezüglich aber immer die Witterungsbedingungen einzustufen.

Saatgutqualität oft nicht nachprüfbar

Bezüglich der Feldaufgangsverluste kommt darüber hinaus auch der Saatgutqualität eine große Bedeutung zu. Während die Keimfähigkeit noch deklariert wird, liegen über die Triebkraft des Saatguts in der Regel keine Informationen vor. Die Saatgutindustrie und der Handel werden immer bemüht sein, Saatgut mit bester Qualität zu liefern. Die Triebkraft kann aber durch eine Überlagerung durchaus leiden. In der Praxis sollte daher beim Saatgutbezug auf ein aktuelles Anerkennungsdatum (Probennahmedatum auf blauem Etikett) geachtet werden, was darauf schließen lässt, dass das Saatgut auch zeitnah untersucht wurde. Grundsätzlich sollte das Maissaatgut nur in der benötigten Menge bestellt werden, damit nach Möglichkeit keine Überlagerung im Betrieb erfolgen muss. Da es kaum praktikabel ist, für mögliche Reklamationen eine gesamte, original verpackte Einheit als Rückstellprobe zurück zu halten, ist es sinnvoll, für mögliche Nachuntersuchungen 1 kg Saatgut und den entsprechenden Sackanhänger sowie den Lieferschein aufzubewahren.

Empfohlene Sorten wählen

Wie bereits erwähnt, sollte die Sortenwahl für den Maisanbau auch im Ökobereich vor dem Hintergrund der standortgerechten Abreife erfolgen. Maßstab für die Frühreife einer Sorte ist erst einmal die nutzungsspezifische Reifezahl. Sofern die in der Tabelle aufgeführten Sorten die Wertprüfungen beim Bundessortenamt oder die zweijährige EU-Prüfung durchlaufen haben, sind die Reifezahlen anhand dieser Versuche offiziell ermittelt worden. Bei den mit "ca." aufgeführten Reifezahlen handelt es sich hingegen um Einschätzungen der Züchtungs- oder Vertriebsorganisationen. Viele der für den Ökoanbau empfohlenen Maissorten wurden aktuell in den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer NRW geprüft. In der Tabelle sind diese Sorten in der linken Spalte aufgeführt.

Empfohlene Maissorten

► Likeit, ca. S 180, -: kleinrahmigere, qualitätsbetonte Silomaissorte. Zügige Jugendentwicklung und frühe Stärkeeinlagerung. Massenertrag unterdurchschnittlich, daher tendenziell dichtere Aussaat. Die Frühreife bringt Flexibilität bezüglich Aussaat und Erntetermin.


► KWS Stabil, S 200, K 200: frühreife Zweinutzungssorte mit durchschnittlichen Silomaisqualitäten. Ertraglich kam Stabil in den beiden Trockenjahren nicht so gut zu Recht. Die Frühreife bringt aber gerade für den Ökoanbau viel Flexibilität bezüglich Aussaat und Ernte mit sich.


► Amavit, S 210, K 210: frühreife, stärkeertragsbetonte Zweinutzungssorte. Amavit konnte 2019 auch das, nach Einstufung vom Bundessortenamt, zu erwartende hohe Kornertragspotenzial unter Beweis stellen.


► Cathy, S 210, - : frühe Silomaissorte mit hoher Energiekonzentration und durchschnittlichem Stärkegehalt. Frohwüchsig, gute Jugendentwicklung.


 Keops, S 210, - : frühreife, qualitätsbetonte Silomaissorte. Hohe Energiedichte und Stärkegehalte, bei durchschnittlichen Erträgen. Standfest und blattgesund.


► LG 31218, S 210, -: frühreife, qualitäts- und stärkeertragsbetonte Silomaissorte, die im frühen Silomaissortiment auch bezüglich Gasausbeute und Gasertrag überzeugen konnte.


► Mantilla, S 210, K 230: im dreijährigen Mittel hoher Trockenmasse- und Energieertrag. Mantilla konnte in den beiden Trockenjahren mit sehr hohen Stärkegehalten und –erträgen überzeugen. Standfest und blattgesund.


► Rancador, S 210, K 220: qualitätsbetonte Zweinutzungssorte mit im zweijährigen Mittel hohen Stärke- und Energieerträgen.


 Farmezzo,  S 220, ca. K 220: qualitätsbetonte Silomaissorte mit dreijährig konstant überdurchschnittlicher Energiedichte. Trockenmasse- und Stärkeertrag durchschnittlich. Energieertrag im dreijährigen Mittel hoch. Die hohe Energiedichte, bei moderaten Stärkegehalten, lässt bei Farmezzo auf eine sehr gute Verdaulichkeit der Restpflanze schließen.


► Milkstar, S 220, - :  froh- und massenwüchsige Silomaissorte. Abreife allerdings deutlich später als die Reifezahl erwarten lässt. Deutlich unterdurchschnittlicher Stärkegehalt und -ertrag, im mehrjährigen Mittel aber sehr hohe Trockenmasseerträge.


► SY Talisman, S 220, K 230: stärkegehalts- und stärkeertragsbetont, bietet sich Talisman zum Einsatz in Rationen mit hohen Grassilageanteilen an. Allgemein frohwüchsige Sorte, die auch für den Körnermaisanbau empfohlen wird.


► Amaroc, S 230, - : frohwüchsige Silomaissorte mit zügiger Jugendentwicklung und zeitiger Abreife. Wegen des Massenwuchses sind Stärkegehalt und Energiekonzentration tendenziell eher unterdurchschnittlich.


► Benedictio KWS, S 230, K 230: Zweinutzungssorte mit hoher Energiekonzentration und Gasausbeute. Gute Korn-, Energie- und Stärkeerträge. Standfest und blattgesund.


► Farmfire, S 230, ca. K 230: spätere Abreife eher auf 250er Niveau. Im dreijährigen Mittel hoher Trockenmasse-, Energie- und Gasertrag. Hohe Kornerträge in den beiden Trockenjahren.


► Amaveritas, S 240, K 240: frohwüchsige Zweinutzungssorte. Der Massenwuchs ging bei Amerveritas in den letzten beiden Trockenjahren allerdings zu Lasten der Stärke- und Energiekonzentration und der Kornerträge.


► ES Metronom, S 240, K 240: trockenmasse- und energiertragsbetonte Silomaissorte. Stärkegehalt und Stärkeertrag unterdurchschnittlich.


► Neutrino, S 240, - : frohwüchsige, absolut trockenmasseertragsbetonte Silomaissorte.


► Quentin, S 240, K 240: spätreife Zweinutzungssorte mit dreijährig hohen Kornerträgen. Nach massivem Lager in 2017 auch 2018 und 2019 tendenziell mehr Lagerpflanzen. In der Silomaisnutzung kann Quentin nach unterdurchschnittlichen Qualitäten im ersten Versuchsjahr 2017, sowohl 2018 als auch in diesem Jahr mit hohen Stärkegehalten, hoher Energiekonzentration und hoher Gasausbeute auch qualitativ voll überzeugen.


► ES Inventive, - , K 240: nur als Körnermais geprüft. Im dreijährigen Mittel dabei sehr hohe Kornerträge bei durchschnittlicher Abreife, wenig Stängelfäule und Beulenbrand.


► P 8329, ca. S 250, K 240: nur als Körnermais geprüft kam P 8329 ertraglich sehr gut zu Recht. Abreife eher auf 250er Niveau. Sehr geringe Anfälligkeit für Stängelfäule, standfest und kaum Beulenbrand.


► Tonifi CS, - , K 240: nur als Körnermais geprüfte, kompakte Sorte mit in 2018 guten, sonst durchschnittlichen Erträgen. Tonifi fiel unter den trockenen Bedingungen durch eine lange grün bleibende Pflanze auf. Zeigte aber dennoch an betroffenen Standorten deutliches Lager zur Ernte.


Ergebnisse im Internet

Von älteren Sorten, die in den Vorjahren aus den Landessortenversuchen empfohlen wurden, wird noch von mehreren Sorten Saatgut aus ökologischer Produktion angeboten. In der Silomaisnutzung konnten dabei mit den Sorten P 7500, Saludo, Colisee, Carolinio KWS, NK Falkone, Padrino, Toninio, Venetia, Geoxx und Ronaldinio oftmals gute Erfahrungen gesammelt werden. In der Körnermaisnutzung wurden Colisee, Padrino, Toninio, Liberator, Luigi CS und Ronaldinio in den Vorjahren empfohlen. Weitere Informationen zum Maisanbau und die Ergebnisse der Landessortenversuche mit Silo- und Körnermais unter konventionellen Bedingungen können im Internet unter www.landwirtschaftskammer.de unter Landwirtschaft, Ackerbau, Mais eingesehen werden.

Quelle: Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 0251- 2376-734, E-Mail: norbert.erhardt@lwk.nrw.de, LZ Rheinland Ausgabe 4 - 2020, 23. Januar 2020

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