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Artenreiches Grünland: Biodiversität und Prämien sichern

24.10.2024

 

Eine Diagonale kann auch krumm sein. Und vor der Nutzung der Bestimmungs-App kommt das gute Auge. Das waren einige der wichtigen Erkenntnisse, die Landwirtinnen und Landwirte mitnehmen konnten aus den Work-Shops, die im Rahmen des LVÖ-Grünland-Projektes „Artenreiches Grünland auf Biobetrieben - entdecken, erkennen und bewerten“ durchgeführt wurden.

Die wichtigsten Ergebnisse des Projektes sind hier praxisorientiert zusammengefasst. Im Schwerpunkt geht es dabei um die Themen, die Ökoregelung 5 richtig umzusetzen, (Kenn)Arten zu finden und vor allen Dingen extensive Grünlandflächen zu pflegen, sodass die Biodiversität künftig wieder eher zu- denn abnimmt. Im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen konnten durch das Projekt die zentralen Themen herausgefiltert werden, die für die praktische Arbeit der landwirtschaftlichen Betriebe von Bedeutung sind.

„Uns geht es darum, dass immer mehr Landwirtinnen und Landwirte den Wert des artenreichen Grünlandes erkennen“, so Peter Schmidt, der für den Biokreis Erzeugerring das LVÖ-Projekt koordinierte. Denn klar ist: Seit es die Ökoregelung 5 gibt, ist Biodiversität bares Geld wert. Vier Kennarten als Minimum müssen auf genau definierten Bereichen entlang der Flächendiagonale gefunden werden - noch mehr sind auch erlaubt. So lohnt es sich mittlerweile, entsprechende Flächen auch biodiversitätsfördernd zu pflegen. Letztlich profitieren von solchen Regelungen Landwirtschaftsbetriebe und Natur gleichermaßen - endlich einmal eine echte Win-win-Situation.

Mindestens vier Kennarten

Mindestens vier regionale Kennarten müssen die entsprechenden Flächen aufweisen. Basis für die Förderung ist die Kennartenliste des Landes NRW, die immerhin 38 Pflanzen oder Pflanzengruppen von der Gewöhnlichen Schafgarbe bis zur Zaun- und Vogelwicke umfasst. Entscheidend ist, die richtigen Kennarten zu finden. Entlang einer – auch krummen – Diagonale, also einer Verbindung quer durch den Flächenschlag, sollten dann die Kennarten gesucht werden, wohl wissend, dass bei einer Überprüfung durch den technischen Prüfdienst der Landwirtschaftskammer NRW vielleicht die angegebenen Arten nicht mehr auffindbar sind, was grundsätzlich nicht negativ ist, solange auch bei der Prüfung insgesamt vier der regionalen Kennarten gefunden werden. Bei wirklich artenreichen Flächen ist dies meist kein Problem.

Pflanzenvielfalt erhalten

Wichtig für Landwirte und Landwirtinnen ist es, die floristische Vielfalt zu erhalten, die gleichzeitig auch Basis für eine Vielfalt von Insekten ist. Denn man kann mit wenigen Arbeitsgängen zerstören, was sich über Generationen aufgebaut hat. Möglicherweise oder oft wahrscheinlich ist es aber so, dass in der Vergangenheit Kennartenflächen noch artenreicher gewesen sind. Denn kartiert wird ja immer nur der aktuelle Stand der floristischen Vielfalt.

Organik schafft Vielfalt

Wer diese Flächen langfristig und vielfaltserhaltend bewirtschaften will, achtet besonders auf die Düngung. Eine Versorgung mit Kalk wirkt sich üblicherweise nicht schädlich auf die Vielfalt aus. „Beim Einsatz organischer Nährstoffe aber gibt es Unterschiede“, betont Martin Hoppe, Grünland- und Futterbauberater der Landwirtschaftskammer NRW. „Gülledüngung reduziert zum Beispiel eher die pflanzliche Vielfalt als die Düngung mit Mist.“ Konkret bedeutet das: Wer langfristig von der Ökoregelung profitieren will, fährt Mist statt Gülle auf die Fläche, und das möglichst sparsam.

Nutzen ja – aber selten mähen

Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die Häufigkeit der Mahd. Vielschnittwiesen sind oft artenarm, das Deutsche Weidelgras dominiert. Besonders artenreich sind langjährige Einschnitt- und Zweischnitt-Flächen sowie extensiv genutzte Weideflächen, die – sparsam gedüngt – durchaus ein Dorado für regionale Kennarten sein können. Soll es dann beim Mähen noch besser funktionieren, dann rät Hoppe zum Doppelmessermähwerk. Beim Einsatz des Doppelmesserwerkes geht es zwar primär um die Schonung und Reduzierung der Mortalitätsrate von Insekten und Amphibien. Doch auch die Pflanzen können leichter wieder austreiben. „Die Doppelmessertechnik wird daher im Rahmen des Einsatzes von Vertragsnaturschutzflächen gefördert“, so der Grünlandberater der Landwirtschaftskammer.  

Weitere Vorteile des Doppelmessers: Das gemähte Futter ist weniger mit Bodenpartikeln verschmutzt. Sprit spart es auch noch, denn durch den Scherenschnitt muss weniger Kraft aufgewendet werden, die Geräte sind zudem leichter. So kann mit kleineren Schleppern gemäht werden, die weniger Bodendruck erzeugen und deutlich weniger Diesel verbrauchen. Lediglich das regelmäßige Nachschärfen der Messer ist gegenüber den Rotationsmähwerken ein Mehraufwand. Daher ist eine gewisse Grundmotivation und Interesse an dieser Technik erforderlich.

Mahdgut abräumen, nicht mulchen

Ganz ohne Mahd mag für einige als besonders ökologisch erscheinen, doch auf solchen Flächen geht der Artenreichtum schnell zurück. Wirklich artenreich sind nur mehr oder weniger extensiv beweidete oder zumindest einmal im Jahr gemähte Flächen. Dabei gilt es, den Grünlandschnitt auch abzuräumen. Mulchen ist zwar durchaus beliebt, denn dann sieht die Fläche schön sauber aus. Es kann sich aber eine Mulchschicht entwickeln, die den Bestand der wachstumsschwachen Kräuter erstickt.

Das LVÖ-Grünland-Projekt

Im Rahmen des Projektes zum Erkennen und zur Pflege des artenreichen Grünlandes führten die Öko-Verbände des Landes NRW im Auftrag der Landesvereinigung Ökologischer Landbau (LVÖ)insgesamt zwei Online- und 16 Präsenz- Veranstaltungen, verteilt über ganz Nordrhein-Westfalen, durch. Seit Spätherbst 2023 wurde so den Landwirten – konventionell und öko-zertifziert – eine Möglichkeit geboten, nicht nur die die Ökoregelung 5 kennenzulernen. Gleichzeitig wurde die Pflanzenerkennung praktisch auf den Flächen geübt. Wesentliche Unterstützung leisteten hierbei die Berater und Beraterinnen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, wie das Team der Biodiversitätsberatung und die Futterbau- und Grünlandberatung. Teilweise verstärkten Mitarbeiter der jeweiligen Biologischen Stationen das Team. Insgesamt trug dieses Projekt dazu bei, die Wirtschaftlichkeit auf den Höfen zu verbessern und perspektivisch die Biodiversität auf den Flächen zu sichern. Gefördert wurde das Projekt vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. 

Schwierig: Biodiversität einsäen

Erfreulicherweise sind viele Samen von wertvollen Gräsern und Kräutern jahrelang im Boden verfügbar. Wer also die Nutzungsintensität verringert, kann im Laufe der Zeit vielleicht auch wieder Kräuter kultivieren. Allerdings: Manche Böden sind über die Jahre artenarm geworden. Möglichkeiten, artenreiche Grünlandmischungen erfolgreich zu etablieren, können folgende sein:

  • Nachsaat beispielsweise während des jährlichen Schleppens oder Striegelns. Da die (Kenn)Arten jedoch konkurrenzschwach sind, ist dies selbst beim Einsatz entsprechenden Saatgutes selten erfolgreich. Damit es überhaupt Chancen gibt, müssen entsprechende Bewirtschaftungsintensitäten schon in den Jahren vorher umgesetzt sein. Sollten tatsächlich die Arten Dank der Saat mal aufblühen, dann „ist der Effekt oft nach ein, zwei Jahren verpufft“, so Martin Hoppe.
  • Mahdgutübertragung ist ebenfalls eine praktikable Variante. Dazu kann man von eigenen artenreichen Flächen Heu aufsammeln und dies zur Aussaat auf die zu unterstützenden Flächen ausbringen.

Peter Schmidt, LVÖ

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