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Artenvielfalt erwünscht, Giftpflanzen im Griff behalten

12.09.2022

In den letzten Jahren haben sich an mehreren Standorten Problempflanzen ausgebreitet. Entscheidend dabei: Um welche Pflanzenart handelt es sich, in welchem Entwicklungszustand (vor/in Blüte/Samenreife) ist sie, wie hoch ist der Ertragsanteil und wie soll sie genutzt werden (Weide/Silage/Heu)?

Werden die Grünlandbestände in Trockenperioden lückiger, besteht die Möglichkeit, dass bisher nicht vorhandene Pflanzen einwandern. An sich sind artenreiche Bestände erwünscht. Die Kuh frisst, wenn sie wählen kann, eine Vielzahl von Pflanzen und das auch, wenn sonst genug Futter mit hohem Futterwert verfügbar ist. Leider können in die Lücken aber auch Problempflanzen einwandern.

Entwicklung artenreicher Bestände

Artenreiche Bestände zu entwickeln ist nicht immer so einfach. Viele Kräuter sind standortabhängig, vertragen meist keine Konkurrenz durch wüchsige andere Arten und keine zu intensive Nutzung. Vor allem müssen die meisten aussamen können. Wer derartige Bestände entwickeln will, sollte dies am besten auf einer Teilfläche testen, die möglichst wenig wüchsig ist. Hier keine Düngung ausbringen und extensiver nutzen, zum Beispiel später schneiden. Wüchsige Bestände sind hierfür wenig geeignet. Diese sind meist nicht artenreich und lässt man sie länger stehen, erntet man nachher nur strohig-filziges Material.


Problempflanzen möglichst frühzeitig in Griff bekommen

Wächst es im Frühjahr sehr stark und wird die Weide nicht rechtzeitig angepasst, dann selektieren die Tiere: Sie fressen nur das Schmackhafte, lassen das übrige stehen. Ein Problem, das sowohl im Flachland wie auch in den Hochlagen der Almen besteht. Die Folge: Unerwünschte Pflanzen breiten sich aus. Ein Beispiel ist die Wildrose auf einer Alm in Niederösterreich. Dem kann nur durch gezielte Weideführung, vor allem Portionierung und Koppelbildung, entgegengewirkt werden.

Bei der Herbstzeitlosen handelt es sich dagegen um eine starke Giftpflanze, giftig auch im Heu und in der Silage. Ab 1 % Ertragsanteil ist sie gesundheitsschädigend, ab 3 % soll sie tödlich sein. Um Herbstzeitlose zurückzudrängen, werden die Flächen im Herbst beweidet. Dadurch werden viele Blütenstände geknickt und es bilden sich im Folgejahr weniger Fruchtkapseln. Im Frühjahr, wenn die Fruchtkapseln kommen und der Restbestand noch relativ kurz ist, wird auch abgemäht. Später nach dem ersten Weidegang wird erneut gemäht, dabei wird der zweite Schwung an Kapseln erfasst. Gleichzeitig geht es der Pflanze an die Reserven. Ohne Aussamen sollte die Herbstzeitlose nach etwa vier Jahren verschwinden - so zumindest die Theorie.

Gerade in Trockenjahren gibt es immer wieder Angebote von Extensivflächen, die nicht in den Trog gehören. So auch Aufwüchse mit viel Klatschmohn. Der ist in der Blüte ab 3 % ebenfalls tödlich.

Wasserkreuzkraut ist wahrscheinlich nicht ganz so giftig wie Jakobskreuzkraut, soll aber ab 3 % Ertragsanteil auch tödlich sein. Auf einer Fläche in den Niederlanden trat die Pflanze 2018 das erste Mal auf. Durch tiefes Mulchen wurde versucht, sie zurückzudrängen. Mit der Folge: Die Pflanze hat unterhalb der Schnittfläche von 3 cm Blüten gebildet. 2020 stand stellenweise auf 20 % der Fläche Wasserkreuzkraut. Händig wurde es entfernt, eine Arbeit von Monaten. Besser: Frühzeitig die ersten Pflanzen ausstechen.


Giftpflanze bei Schnittnutzung einschätzen
  • Behält die Pflanze ihre Giftigkeit, wenn sie siliert oder geheut wird? Viele Hahnenfußgewächse verlieren ihre Giftigkeit. Übrigens: Der kriechende Hahnenfuß ist keine Giftpflanze. Er ist eher milchfördernd, allerdings nur, wenn der Mäher sie erfasst und die Blätter bei der Ernte nicht auf dem Feld bleiben.
  • Tatsächlichen Anteil im Aufwuchs abschätzen. Bei vielen Pflanzenarten ist der Ertragsanteil geringer als es der erste Eindruck vermittelt. Foto machen, Handprobe ziehen und sortieren, wiegen, Mail an mich mit Foto. Liegt der Ertragsanteil dann über einem kritischen Wert, sollte der Aufwuchs nicht in den Trog kommen. Bei knappem Futter kann man verschneiden. Aber das ist eine Notmaßnahme.
  • Vielleicht sind aber auch nur Teilflächen betroffen (Wegrand, Waldrand, Fläche mit anderem Boden oder anderer Vorgeschichte). Dann diesen Aufwuchs nicht mit einsilieren. Im Extremfall verweigern die Tiere die Futteraufnahme. In einem Fall musste der gesamte 1. Aufwuchs in einem Betrieb mit 140 Milchkühen verworfen werden, weil Sumpfschachtelhalm mit hineingeraten war.
  • Bei Zukauf genau hinschauen. Kommen einem beispielsweise die unreifen Mohnkapseln, geerntet von einer Stilllegungsfläche, entgegen, auch hier genau hinschauen: In einem Praxisbeispiel enthielt der Ballen 15 % Mohn. Ab 3 % in diesem Stadium kann nach Stählin tödlich sein. Diesmal zumindest von Beratungsseite ein einfacher Fall: Nicht verfüttern.
  • Bei Verfütterung: Treten schwerwiegende Probleme nach Futterwechsel auf, kann es beispielsweise zu Blähungen bei reiner Stallfütterung kommen, bedingt durch Giftpflanzen in Silage oder Heu, sollte man sich beim Berater melden.

Giftpflanzen bei Weidenutzung
  • Im Extrem sehen Weideflächen aus, als würden die Problempflanzen überwiegen. Aber auch hier genau hinschauen: Scharfer Hahnenfuß sieht beispielsweise nach viel aus, muss aber kein dauerhaftes Problem für die Tiere sein. Weidetiere meiden diese Giftpflanze und das ist auch der Grund, warum sie stehenbleibt und auch aussamt. Nachmähen senkt das Samenpotenzial im Boden.
  • Problematisch für Weidetiere wird es, wenn der Aufwuchs sehr knapp wird und sie nahe an den Giftpflanzen fressen. In manchen Bissen sitzt dann automatisch auch ein Teil der Giftpflanze. Besonders kritisch sind hier Giftpflanzen, die auch in kleinen Anteilen schon gesundheitsschädlich oder sogar tödlich sein können. So gab es durch Sumpfschachtelhalm in Trockenperioden mit knappem Aufwuchs in Norddeutschland mehrere Todesfälle auf der Weide, aber auch bei Herbstzeitlose gab es in diesem Frühjahr einige tote Tiere.

Dr. Edmund Leisen, Landwirtschaftskammer NRW

Katharina Weihrauch, LLH Hessen

Weitere Informationen

Unerwünschte Pflanzen zurückdrängen – drei Beispiele

Rasenschmiele bei Thomas Scholz auf der Rhön, bei Kurzrasenweide auch verbissen. Vor zwölf Jahren gab es hier stellenweise 50 % Rasenschmiele. Durch etwas Kalkung und vor allem intensiven Verbiss ist die Rasenschmiele zwischenzeitlich bis auf einzelne Bülten fast vollständig zurückgedrängt worden. Bei schwacher Mineralstoffversorgung ist allerdings auch eine entsprechende Ergänzung notwendig, so in einem Betrieb in Österreich, wo im Boden praktisch kein Phosphor mehr zu finden war. Erst nach Gabe von Hühnermist konnte die Rasenschmiele zurückgedrängt werden.

Auf einer anderen Fläche bei Cor den Hartog in den Niederlanden nach Nachmahd wurde vor 17 Jahren ein Rohrschwingelversuch angelegt. Bei freier Wahl lassen die Kühe den Rohrschwingel größtenteils stehen. Wo ganzflächig angelegt - so, dass die Weidetiere nicht wählen können -, finden sich vor allem mit weichblättrigen Sorten. Früh genutzt, wird der Rohrschwingel auch bei Beweidung gefressen, so die Erfahrung von Stefan Jegge in der Schweiz, der ihn gezielt auf trockenen Flächen aussät.

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