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Problem- und Giftpflanzen richtig bewerten

29.06.2021

 

In den letzten Jahren haben sich an mehreren Standorten Problempflanzen ausgebreitet. Entscheidend dabei: Um welche Pflanzenart handelt es sich, in welchem Entwicklungszustand (vor/in Blüte/Samenreife) ist sie, wie hoch ist der Ertragsanteil und wie soll sie genutzt werden (Weide/Silage/Heu)?

Eine zweiwöchige Rundreise zu Praxisbetrieben liefert, wie kann es nicht anders sein, eine Vielzahl von Eindrücken. So auch Ende Mai/Anfang Juni in die neuen Bundesländer zu Milchvieh- und Mutterkuhbetrieben, teils mit dem zweiten Schwerpunkt Pferdehaltung. Dabei lernte die Exkursionsgruppe auch das „Brandenburgische Spezialgewächs“ Graukresse kennen, wie es Teilnehmer einer Feldbegehung nannten. Anlass, über die Einschätzung von Giftpflanzen zu schreiben -vor allem, weil sie sich in den Trockenperioden der letzten Jahre auch an anderen Standorten ausgebreitet haben.

Auftreten unerwünschter Pflanzen

Langanhaltende Trockenperioden haben die Ausbreitung von teils bisher unbekannten Pflanzen im Grünland und Ackerfutter gefördert. Vorher fand man diese Pflanzen allenfalls auf Extensivflächen oder am Straßenrand. Sofern nicht giftig, gerne gefressen und nicht in zu großem Umfang auftretend, kann man sagen: Herzlich willkommen. Kühe fressen nicht nur die aus unserer Sicht wertvollen Futterpflanzen. Wenn sie die Wahl haben, dann ist die Palette der gefressenen Pflanzen sehr groß. Und manche Pflanze, die wir als unerwünscht ansehen, bekommt unter diesem Gesichtspunkt einen ganz anderen Wert.

Ganz anders sieht es aus, wenn Giftpflanzen sich ausbreiten. Aber was ist eine Giftpflanze und ab welchen Ertragsanteilen bereitet sie Probleme? Verständlich ist, dass es hierzu keine Fütterungsversuche gibt. Gemachte Einschätzungen beruhen deshalb auf den gesammelten Erfahrungen, wie zum Beispiel im Buch von Adolf Stählin: Gütezahlen von Pflanzenarten in frischem Grundfutter. ISBN 10: 376900227X /ISBN 13: 9783769002270, Verlag: DLG-Verlag, Frankfurt, 1980. (Leider ist dieses Buch momentan vergriffen.) Zur oben beschriebenen „Graukresse“ steht dort:

  • Im frischen Zustand ab 3% Ertragsanteil: vor Blüte leistungsmindernd, nach Blüte gesundheitsschädigend (unter anderem Blutharnen, Verwerfen) über 10% kann sie tödlich sein
  • In Heu/Silage: ab 5% Ertragsanteil leistungsmindernd (vor wie in Blüte), ab 10% gesundheitsschädigend; aber auch Anmerkung: Unsicher ob wirklich weniger schädlich als im frischen Futter.
  • Schon bei geringen Mengen im Futter Lauchgeruch und -geschmack in Milch, Butter und Fleisch.
Giftpflanze bei Schnittnutzung einschätzen
  • Behält die Pflanze ihre Giftigkeit, wenn sie siliert oder geheut wird? Viele Hahnenfußgewächse verlieren ihre Giftigkeit. Übrigens: Der kriechende Hahnenfuß ist keine Giftpflanze. Er ist eher milchfördernd, allerdings nur, wenn der Mäher sie erfasst und die Blätter bei der Ernte nicht auf dem Feld bleiben.
  • Tatsächlichen Anteil im Aufwuchs abschätzen. Bei vielen Pflanzenarten ist der Ertragsanteil geringer als es der erste Eindruck vermittelt. Foto machen, Handprobe ziehen und sortieren, wiegen, Mail an edmund.leisen@lwk.nrw.de  mit Foto. Liegt der Ertragsanteil dann über einem kritischen Wert, sollte der Aufwuchs nicht in den Trog kommen. Bei knappem Futter kann man verschneiden. Aber das ist eine Notmaßnahme.
  • Vielleicht sind aber auch nur Teilflächen betroffen, wie Wegrand, Waldrand, Flächen mit anderem Boden oder anderer Vorgeschichte. Dann diesen Aufwuchs nicht mit einsilieren. Im Extremfall verweigern die Tiere die Futteraufnahme. In einem Fall musste der gesamte erste Aufwuchs in einem Betrieb mit 140 Milchkühen verworfen werden, weil Sumpfschachtelhalm mit hereingeraten war.
  • Bei Zukauf genau hinschauen. Kommen einem beispielsweise die unreifen Mohnkapseln, geerntet von einer Stilllegungsfläche, entgegen, auch hier genau hinschauen: In diesem Praxisbeispiel enthielt der Ballen 15 % Mohn. Ab 3 % in diesem Stadium kann das nach Stählin tödlich sein. Diesmal zumindest von Beratungsseite ein einfacher Fall: Nicht verfüttern.
  • Bei Verfütterung: Treten schwerwiegende Probleme nach Futterwechsel auf? So kann es beispielsweise zu Blähungen bei reiner Stallfütterung kommen, bedingt durch Giftpflanzen in Silage oder Heu.
Giftpflanzen bei Weidenutzung
  • Im Extrem sehen Weideflächen aus, als würden die Problempflanzen überwiegen. Aber auch hier genau hinschauen. Scharfer Hahnenfuß sieht beispielsweise nach viel aus, muss aber kein dauerhaftes Problem für die Tiere sein. Weidetiere meiden diese Giftpflanze und das ist auch der Grund, warum sie stehen bleibt und aussamt. Nachmähen senkt das Samenpotenzial im Boden.
  • Nachmähen reicht bei manchen Pflanzenarten nicht, so auch nicht bei Jakobskreuzkraut. Auch bei einem tief, auf 3 cm eingestellten Mähwerk können sich noch Blüten unterhalb der Schnitttiefe bilden und in kurzer Zeit zu einer starken Ausbreitung beitragen. Hier hilft nur: Frühzeitiges Ausstechen.
  • Problematisch für Weidetiere wird es, wenn der Aufwuchs sehr knapp wird und sie nahe an den Giftpflanzen fressen. In manchen Bissen sitzt dann automatisch auch ein Teil der Giftpflanze. Besonders kritisch sind hier Giftpflanzen, die auch in kleinen Anteilen schon gesundheitsschädlich oder sogar tödlich sein können. So gab es durch Sumpfschachtelhalm in Trockenperioden mit knappem Aufwuchs in Norddeutschland mehrere Todesfälle auf der Weide.

Dr. Edmund Leisen, Sebastian Glowacki,

Landwirtschaftskammer NRW

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