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Wildschutz bleibt wichtig!

14.05.2021

Nach einem frühen ersten Schnitt kann ein ebenfalls früher Erntetermin für den zweiten Schnitt immer noch in die Hauptzeit der Tiergefährdung fallen. Schlagkräftige Technik macht es hierbei den Maschinenbedienern immer schwieriger auf der Fläche vorhandenes Wild rechtzeitig zu erkennen und anzuhalten. Das Ziel „Wildverluste verhindern“ sollte nicht nur im Interesse der Wildtiere beachtet werden, sondern auch aus der Sicht der Futterqualität. Sollten Tiere bei der Ernte mit in den Futterstock gelangen, könnten dort durch Bakterien (Clostridien) aus den Kadavern ausgemähter Wildtiere das hoch giftige Botulinum-Toxin gebildet werden. Geringste Mengen dieses Toxins können hierbei schon tödlich sein. Die Futtervorlage mit dem Mischwagen kann dabei bewirken, dass durch Kadaver vergiftete Partien homogen vermischt und es bei allen Tieren einer Futtergruppe zu Vergiftungserscheinungen, wie Speichelfluss, Lähmungen bis hin zum Tod kommen kann.

Vor diesem Hintergrund kann es nur das Ziel sein, bei der Ernte jegliche Kontamination des Futters mit getöteten Tieren zu vermeiden. Je weniger Tiere zum Zeitpunkt der Mahd auf einer Fläche vorhanden sind, desto geringer ist das Risiko, dass es zu Mähverlusten kommt.

Spürhund oder Rascheltüte?

Die klassische Form der Detektion von Wildtieren ist die Suche mit einem geeigneten Hund. Diese setzt eine gute Absprache zwischen Landwirt und Jagdausübungsberechtigtem voraus, dass dieser ausreichend Zeit hat, die Suche zu planen und durchzuführen. Eine derartige Maßnahme macht nämlich nur Sinn, wenn die Fläche erst unmittelbar vor der Mahd abgesucht wird. Mit größer werdenden Flächen und Betrieben mit einem großen Teil gleichzeitig zu schneidenden Flächen in einem Revier kommt ein gutes Hundegespann schnell an die Grenze des Machbaren. Ergänzende vergrämende Maßnahmen, wie das Aufstellen von Rascheltüten oder Duschradios, haben ebenfalls nur eine kurzfristige Wirkung und dürfen nur maximal einen Tag vor der Mahd aufgestellt werden, damit es nicht zu einem Gewöhnungseffekt beim Wild kommt. Ferner besteht die Problematik, dass bei einem kurzen Erntefenster das Wild durch derartige Maßnahmen möglicherweise eine Fläche verlässt, dann aber nur in eine benachbarte Fläche einzieht, die ebenfalls zu Mahd ansteht. Dort ist es dann demselben Risiko des Ausmähens ausgesetzt wie auf der Fläche, die es verlassen hat.

Drohnen mit Wärmebildkamera

Mit dem technischen Fortschritt sowohl bei Drohnen als auch bei Wärmebildkameras steht Technik zur Verfügung, mit der sich auch bei großen Flächen Wildtiere sicher aufspüren lassen. Hierbei werden in den frühen Morgenstunden, wenn die Temperaturdifferenz zwischen Umgebung und Wildtier am größten ist, potenzielle Ziele durch eine an einer Drohne montierten Wärmebildkamera erkannt. Der Drohnenpilot dirigiert dann einen Suchtrupp zur Stelle mit der Wärmesignatur. Wird dort ein Rehkitz vorgefunden, wird dieses für die Zeitdauer der Mahd in einen außerhalb des Gefahrenbereich stehenden, mit Löchern versehenen Karton gesteckt und so verschlossen, dass der Karton weder vom Kitz selber noch von der Ricke geöffnet werden kann.

Das aufgefundene Wild darf aber auf jeden Fall nur mit Handschuhen angefasst werden, um eine Übertragung des menschlichen Geruchs auf das Tier zu verhindern, da das dazu führen könnte, dass festgesetzte Jungtiere später nicht mehr von den Elterntieren angenommen werden würden. Aus Revieren, die Drohnen bereits seit mehreren Jahren mit Erfolg einsetzen, ist bekannt, dass sich sowohl Kitze als auch Ricken sehr gut an diese Rettungsmaßnahmen gewöhnen. Wenn Kitze nach der Mahd wieder aus dem Karton entlassen werden, ziehen diese häufig in benachbarte, noch nicht gemähte Flächen, wo sie am Folgetag möglicherweise wieder für den Zeitpunkt der Mahd festgesetzt werden. Ein mehrfaches Festsetzen ein- und desselben Kitzes ist dabei keine Seltenheit. Aktuell wird die Anschaffung von Drohnen zur Wildtierdetektion vom Bund gefördert. Bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, BLE, kann die dazugehörige Förderrichtlinie eingesehen werden.

Aber nicht nur Drohnen mit Wärmebildkameras machen sich moderne Technik zunutze, auch der Landtechnikindustrie ist das Thema Wildschutz bei der Ernte zunehmend wichtig. So hat der österreichische Landmaschinenhersteller Pöttinger bereits 2017 auf der Agritechnica eine silberne Innovationsmedaille für die Wildtierdetektion „Sensosafe“, vorgeschaltet direkt vor dem Mähwerk, bekommen. Diese Technik soll nun Serienreife erlangt haben und ab September erhältlich sein. Infos dazu gibt es hier

Von innen nach außen mähen

Wild, das bei Gefahr flüchtet, lässt sich - anders als junges Rehwild, das auf die eigene Tarnung vertraut und sich duckt - durch die Verwendung von akustischen Wildrettern von Mähgeräten wegtreiben. Dabei ist das Mähen innen nach außen, oder bei größeren Schlägen von einer Seite zur anderen, eine der wenigen Möglichkeiten, den Wildtieren eine kleine Fluchtmöglichkeit durch den noch ungemähten Teil der Parzelle zur nächsten Dickung oder Deckung zu ermöglichen. Um während des Mähvorgangs wenden zu können, ist an den Kopfenden der Stücke entsprechender Platz notwendig. Das Schaffen dieses Platzes sollte sich aber auf das Freimähen der Kopfenden beschränken und nicht durch mehrmaliges Außenherummähen geschaffen werden. Wildtiere verlassen den stehenden Bestand nur ungern über eine bereits gemähte Fläche. Da die Rand- und Saumbereiche beim Wild besonders begehrt sind, ist hier bei der Mahd besondere Aufmerksamkeit geboten. Randstreifen, auf denen das Futter immer wieder mäßig wächst oder schlecht trocknet, bieten sich durch Verzicht oder zumindest Reduktion der Nutzung auch für mehrjährige Rückzugs- und Saumflächen an. Sie locken das Wild aus der intensiv genutzten Fläche und entschärfen die Problematik beim Mähen.

Alternierendes Mähen

Durch Zusammenlegung von Flächen und das Entfernen von Weidezäunen beim Wechsel von Weide- hin zu reiner Schnittnutzung gehen auf der Fläche zunehmend ehemals unbearbeitete Rückzugsräume verloren und die Fluchtwege zum nächst gelegenen Rückzugsraum für das Wild vergrößern sich. Um zusätzlichen Rückzugsraum zu schaffen, hat die Landwirtschaftskammer NRW Versuche mit alternierenden Rückzugsstreifen im Grünland durchgeführt. Mittig auf der Fläche gelegene, 6 m breite Streifen wurden im ersten Schnitt nicht mitgemäht. Beim zweiten Schnitt wurde dieser Streifen mitgeerntet. Unmittelbar daneben blieb wiederum ein mindestens 6 m breiter Streifen stehen, der dann im dritten Schnitt, wenn die Brut- und Setzzeit des Wildes beendet war, mitgeerntet wurde. Dabei ist aber im Interesse des Wildes zu berücksichtigen, dass diese Streifen nicht als Erstes frei gemäht werden, sondern das Wild wie beim Mähen von innen nach außen während des Mähvorgangs in die Streifen gedrückt wird. Bei Schaffung von 6 m breiten Rückzugstreifen, die zeitgleich aber nicht mehr als 5 % der Gesamtfläche ausmachen, sinkt die Energiekonzentration im Mittel der ersten drei Schnitte lediglich um 0,1 MJ NEL/kg TM. Aufgrund dieses nur geringen Rückgangs der Energiekonzentration sind wechselnde Rückzugsstreifen aus Sicht der Fütterung ein möglicher Weg, um in der Kulturlandschaft Räume zu schaffen, die Niederwild und Bodenbrütern Möglichkeiten geben könnten, Nachwuchs groß zu ziehen.

Dr. Klaus Hünting,

Landwirtschaftskammer NRW

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