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Selektiv trockenstellen

19.01.2015

Die Eutergesundheit von Milchkühen hängt häufig vom fachgerechten Trockenstellen ab. Im Haus Riswick setzt man auf selektives Trockenstellen und Homöopathie.

Eine Mastitis belastet nicht nur die Kuh, sie kostet auch Zeit und Geld: durch Tierarzt, Medikamente, geringere Milcheinnahmen und eine kürzere Nutzungsdauer. Daher erhalten die meisten konventionellen Milchkühe routinemäßig während der Trockenstehphase langwirksame Antibiotika, sogenannte Trockensteller. Im Öko-Landbau geht das nicht.

Gemäß der EG-Öko-Verordnung sind naturheilkundliche Maßnahmen zu bevorzugen: Homöopathie, Isopathie und  Akupunktur regen das Immunsystem der Tiere an, selbst aktiv zu werden und den Erreger zu bekämpfen. Wenn diese Therapie nicht erfolgreich ist, darf antibiotisch behandelt werden - mit zugelassenen Wirkstoffen und doppelten Wartezeiten. Im Hinblick auf Resistenzen und Öffentlichkeitswirkung muss jeder Antibiotikaeinsatz verantwortungsbewusst und gezielt erfolgen.

Selektives Trockenstellen

Entscheidend für ein gesundes Euter ist das fachgerechte, tierindividuelle und somit selektive Trockenstellen. Dabei teilt man die Herde auf Basis der Zellzahlverläufe während der Laktation in zwei Gruppen ein: in eutergesunde Kühe, die keinen antibiotischen Trockensteller benötigen und euterkranke, bakteriell infizierte Tiere zur antibiotischen Therapie.

Dabei gelten Kühe, deren letzte Milchproben unter 100.000 Zellen/ml lagen, als eutergesund. Ihnen genügt als alleiniger Schutz vor Neuinfektionen ein interner Zitzenversiegler, der die innere Strichkanalöffnung während der gesamten Trockenstehzeit bis zum ersten Melken nach der Kalbung verschließt. Bei Kühen mit Zellzahlen zwischen 100.000 und 200.000 Zellen wird zum Zeitpunkt des Trockenstellens ein Schalmtest durchgeführt. Treten dabei keine Auffälligkeiten und deutliche Vierteldifferenzen auf, gilt das Tier als eutergesund und erhält ebenfalls nur einen Zitzenversiegler.

Bei Tieren, deren Milch über 200.000 Zellen aufweist, werden Viertelgemelksproben zytobakteriologisch untersucht. Diese werden je nach Ergebnis gezielt mit einem antibiotischen Trockensteller und einem internen Zitzenversiegler behandelt. Da der Nachweis von Staphylococcus aureus als Ursache von subklinischen Mastitiden durch zytobakteriologische Untersuchungen unsicher ist, sollte man immer auch auf Auffälligkeiten während der Laktation und vor dem Trockenstelltermin sowie auf die Zellzahlverläufe und Schalmtestergebnisse achten.

Vorbeugung ist das A und O

Viele Euterentzündungen könnten durch Verbesserungen in der Umwelt, Haltung, Fütterung, Hygiene, Melktechnik und im Herdenmanagement sowie mit homöopathischen Konstitutionsmitteln vermieden werden. In der Trockenstehphase unterstützen ein räumlicher Wechsel, die Distanz zur Melkmaschine sowie homöopathische Einzelmittel den Milchrückgang. Eine begrenzte Energieaufnahme in den Wochen vor dem Trockenstellen sorgt für abwehrstarke und eutergesunde Tiere. Hochleistende Kühe sollten zwei Wochen vor dem geplanten Trockenstelltermin kein Kraftfutter mehr bekommen.

Auch die Hygiene ist entscheidend: Euter und Zitzen müssen sorgfältig gereinigt und alle Viertel gut ausmolken werden. Man sollte Handschuhe verwenden, die Zitzen danach gut abtrocknen lassen und trockene Zitzenkuppen sorgfältig mit Spiritus desinfizieren. Interne Zitzenversiegler und gegebenenfalls Trockensteller müssen hygienisch einwandfrei eingebracht werden. Die Boxen sollten sauber und trocken sein. In den ersten zwei Wochen nach dem Trockenstellen sollte man täglich beobachten, ob sich die Milchdrüsen zurückbilden und keine Entzündungen entwickeln.

Öko-Betrieb Haus Riswick

Lage: Kreis Kleve, Nordrhein-Westfalen
Tierzahl: 48 Milchkühe plus Nachzucht
Milchleistung: 8.329 kg Milch mit 4,26 % Fett und 3,18 % Eiweiß
Durchschnittliche Zellzahl: 157.000 Zellen/ml

Interview von Anna Widmaier für das bioland-Fachmagazin:

Wie steht es um die Eutergesundheit im Haus Riswick?
In den letzten sechs Jahren lag unsere Herde weitgehend zwischen 100.000 und 200.000 Zellen. Höhere Werte in einzelnen Monaten lagen meist an euterkranken Einzeltieren. Davon haben wir 60 Prozent naturheilkundlich und homöopathisch behandelt, der Rest bekam zusätzlich Antibiotika.

Wie beugen Sie Euterentzündungen vor?
Zweimal am Tag Boxenpflege mit reichlich feinem Strohhäcksel, es muss immer sauber und trocken sein. Über die Laufgänge geht im Winter stündlich der Schieber. Wir verwenden kein pilzbelastetes Futter und geben Mineralfutter mit Spurenelementen und Vitaminen nach Bedarf. Außerdem setzen wir keine Bullen mit einem RZS-Wert < 105 ein.

Was ist beim Melken zu beachten?
Die Melkarbeit muss ohne Stress ablaufen. Wir melken zwei Mal täglich und benutzen ein Dippmittel mit desinfizierender Wirkung und Pflegekomponente. Die Technik muss einwandfrei funktionieren und regelmäßig kontrolliert werden, es dürfen keine Hyperkeratosen an den Zitzenspitzen entstehen. Das Vorgemelk wird intensiv geprüft – eine beginnende Mastitis kann man hier sehr früh erkennen. Je früher man homöopathisch behandelt, desto größer der Heilerfolg.

Wonach entscheiden Sie, wie Sie eine Mastitis behandeln?
Eine Mastitis mit hohem Fieber und gestörtem Allgemeinbefinden ist meist eine Coli-Mastitis. Diese behandelt der Tierarzt antibiotisch gemäß der Öko-Wirkstoffliste. Eine Mastitis mit Flocken, aber ohne Fieber behandeln wir zunächst homöopathisch. Wenn es nicht besser wird, lassen wir eine Milchprobe bakteriologisch untersuchen und behandeln zusätzlich nach Antibiogramm. Aus langjährigen Erfahrungen haben wir naturheilkundliche und homöopathische Routinetherapien entwickelt, die - zeitig verabreicht und teilweise in Kombination - gute Erfolge erzielen. Sie unterstützen das Immunsystem und fördern die Selbstheilungskräfte.

Selektieren Sie beim Trockenstellen?
Ja. Eutergesunde Tiere werden acht Wochen vor der Kalbung trockengestellt oder früher, sobald ihre Milchleistung unter 13 Kilo sinkt. Wir stellen Freitag morgens trocken und reinigen die Kühe vor dem letzten Melken besonders gründlich. Die Zitzen sprühen wir mit Spiritus ein, führen Zitzenversiegler in den Strichkanal ein und benutzen danach ein Dippmittel. Danach trennen wir die Kühe von der Laktationsherde und bringen sie in den Jungviehstall. Dort beobachten wir sie, bis sich das Euter nach etwa sieben bis zehn Tagen zurückgebildet hat. Im Sommer gehen sie mit den Jungrindern auf die Weide und kommen zwei bis drei Wochen vor dem Kalbetermin wieder in die Herde.

Euterkranke Tiere werden wegen der doppelten Wartezeit drei Monate vor dem errechneten Kalbetermin mit einem Langzeitantibiotikum trockengestellt. Falls noch kein BU-Ergebnis vorliegt, nehmen wir rechtzeitig vorher eine Probe, damit der Tierarzt nach Antibiogramm behandeln und einen passenden Trockensteller auswählen kann. Zusätzlich bekommen sie einen internen Zitzenversiegler. Das Kolostrum dieser Tiere benutzen wir nicht und besamen auch die Kühe nicht mehr, die nach der Kalbung erneut auffällig werden.

Weitere Informationen

Quelle und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner:

Anne Verhoeven und Anja Hauswald
Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW
Tel.: 02821-996-128
E-Mail: anne.verhoeven@lwk.nrw.de

Dr. Mark Holzsteg
Landwirtschaftskammer NRW
TGA

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