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Hohe Tageszunahmen bei Kälbern und Jungrindern auf Kurzrasenweide

25.07.2016

Für Milchkühe ist die Kurzrasenweide mit mittleren Wuchshöhen von 5 bis 7 cm während der gesamten Weideperiode ein bewährtes Weidesystem, um hohe tierische Leistungen auf der Futterfläche zu erzielen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Weidesystem auch mit Jungrindern und Kälbern erfolgreich praktiziert werden kann. Welche Zuwachsleistungen bei den Tieren und welche Flächenleistungen (Weide- und Schnittleistungen) sind realisierbar?

Darüber hinaus schreibt die EU-ÖKO-VO einen möglichst frühzeitigen Weidegang der Kälber und Jungrinder direkt nach der Aufzuchtperiode ab 4. Lebensmonat vor. Bedenken bestehen von Tierärzten und Praktikern im Hinblick auf eine mögliche Endoparasitenbelastung mit einhergehenden Leistungsdepressionen bei noch jungen, immunschwachen Kälbern und Jungrindern auf der Weide.

Wie wurde vorgegangen?

Im Ökobetrieb des Versuchs- und Bildungszentrums Haus Riswick wurden von 2012 bis 2014 Beweidungsversuche mit jeweils 10 bis 12 Jungrindern der Rasse Deutsche Holstein im Alter von 6 bis 12 Monaten durchgeführt. Erstmals im Jahr 2015 wurde der Weideversuch mit Kälbern nach der dreimonatigen Aufzuchtphase ab 4. Lebensmonat nach dem 1. Schnitt begonnen. In allen vier Jahren stand eine stallnahe Dauergrünlandfläche von 4,3 ha für die Beweidung zur Verfügung. Die gesamte Fläche ist mit einem stationären Zaun begrenzt, zur Unterteilung der Fläche nach Weide- und Schnittbereich wurde ein mobiler Elektrozaun verwendet.

Tabelle 1 zeigt die Ausgangssituation der Tiergruppen in den einzelnen Jahren. Das Alter der Versuchstiere lag bei Weideauftrieb im Mittel zwischen 120 und 321 Tagen mit einem durchschnittlichen Gewicht zwischen 151 und 323 kg. In allen Jahren lagen die täglichen Zunahmen bis zum Austrieb deutlich über 800 g.

Tab. 1: Ausgangssituation der Jungrinder
JahrAnzahlAlter (Tage)Gewicht (kg)Tageszunahmen (g*)
201212258272890
201310279278844
201412321323880
201514120151883

*bis zum Weideauftrieb bei einem angenommenen Geburtsgewicht von 42 kg

Die Zuteilung der Weidefläche erfolgte nach Vorgaben des Riswicker Weideplaners, einer Planungshilfe zum Weidemanagement einer Kurzrasenweide in Nordrhein-Westfalen (www.riswick.de). Im weiteren Verlauf der Weideperiode wurden bei der Flächenzuteilung zusätzlich Wuchshöhe und Witterung berücksichtigt.

Die Kälber und Jungrinder wurden in allen Versuchsjahren homöopathisch gegen Endoparasiten behandelt. Für die Behandlung wurde das Einzelmittel Abrotanum ausgewählt. Dieses Mittel wurde den Tieren in den ersten beiden Jahren zu Weidebeginn und nach Weideabtrieb in Form einer fünftägigen Kur über die Tränke verabreicht; im dritten und vierten Versuchsjahr deutlich engmaschiger in monatlichen Abständen.
Die Wuchshöhe auf der Weidefläche wurde während der Weideperioden mindestens einmal wöchentlich mit dem Herbometer gemessen. Es wurden in allen Versuchsjahren durchschnittliche Wuchshöhen zwischen 5 und 7 cm angestrebt und auch eingehalten. Die Ertragsermittlung erfolgte mit Hilfe von Weidekörben.

Zur Erfassung der Tiergewichte während der Weideperiode war auf der Weide eine stationäre, elektronische Waage aufgebaut. Zur Zuordnung der Einzeltiergewichte war jedes Tier mit einem individuellen Transponder ausgestattet. Im Wiegekäfig wurde eine Mineralstoff-Leckmasse angeboten, um die Tiere auf die Waage zu locken. Die Leckmasse wurde von den Tieren unterschiedlich gut angenommen, weshalb die Anzahl der Wiegungen von Tier zu Tier variierte. Alle Wiegedaten wurden je Kalenderwoche gemittelt.

Aus dem Gewicht und Zuwachs der Tiere wurde die Energieaufnahme auf Basis der Empfehlungen zur Energieversorgung für Aufzuchtrinder der GfE (2001) berechnet, wobei wegen der erhöhten Bewegungsaktivität ein Zuschlag zum Erhaltungsbedarf in Höhe von 15 % erfolgte. Aus der Energieaufnahme wurde nachfolgend die Weideleistung abgeleitet. Die Berechnung der Flächenleistung erfolgte in MJ ME je ha und Jahr und berücksichtigt die Energie aus der Weideleistung und der Schnittnutzung.

Es wurden während der Versuchszeiträume Kotproben zur Untersuchung des Endoparasitenbefalls genommen und analysiert. Alle Proben wurden auf Magen-Darm-Wurm-Eier, Kokzidien-Oozyten und parasitäre Gebilde untersucht.

Welche Ergebnisse wurden erzielt?

Die Trockenmasseerträge unter den Weidekörben lagen in den vier Versuchsjahren zwischen 95,3 und 127,6 dt Trockenmasse je Hektar (Abb. 1). Der TM-Ertrag im Versuchsjahr 2013 fiel mit 95,3 dt Trockenmasse je Hektar infolge des auffällig späten Vegetationsbeginns vergleichsweise gering aus; das Jahr 2015 war durch eine langanhaltende Frühsommertrockenheit mit entsprechenden Ertragseinbußen gekennzeichnet.

In der Abbildung 2 ist beispielhaft die Entwicklung der einzelnen Tiergewichte während der Weideperiode 2014 dargestellt. Die Streuung innerhalb der Gruppe wird sichtbar, ebenso deutlich zeigen sich schwankende Zunahmen je nach Kalenderwoche.

Generell schwankende tierische Leistungen, in Tageszunahmen gemessen, im Sommer und Herbst aller Jahre sind vor allem den Witterungsbedingungen (Hitze- und Niederschlagsphasen) geschuldet. Auf Kalenderwochen mit auffallend niedrigen Zuwächsen folgen häufig Wochen mit kompensatorischem Wachstum.

Im Durchschnitt der Versuchsjahre sind beachtliche Zuwachsleistungen von deutlich über 800 g bei ausschließlicher Weidefütterung von Jungrindern und Kälbern erzielt worden. Tabelle 2 zeigt, dass im zentralen Weidezeitraum von der 17. bis 41. KW im Mittel nahezu 900 g TZ realisiert werden konnten. Auffällig zeigte sich der Herbst 2013 mit nasskalter Witterung und deutlich sinkenden Zuwachsleistungen bei den Tieren, so dass auf die gesamte Weideperiode 2013 bezogen nur 720 g TZ im Schnitt erreicht werden konnten.

Tab. 2: Mittlere Tageszunahmen, g/Tier/Tag
Versuchsjahr2012201320142015MW

Kalenderwoche 17 bis 41

965831848*)881
Gesamte Weideperiode921720799823816

*) Tiere wurden erst nach dem 1. Schnitt ab 21. KW auf die Weide getrieben.

Die Flächenleistung aus anteiliger Schnitt- und Weidenutzung variierte zwischen 68 153 MJ ME und 102 979 MJ ME je Hektar (Abb. 4). 2012 und 2014 überwog der durch Weidenutzung gewonnene Energieanteil mit 53 % den Anteil der Schnittnutzung. 2013 wurde mit 49,5 % etwas weniger als die Hälfte der Energie durch Weidenutzung gewonnen und im Jahr 2015 lag der Weideanteil bei etwa 40 %, da der erste Aufwuchs komplett zur Winterfuttergewinnung genutzt wurde und die Kälber erst ab Mitte Mai aufgetrieben wurden.

Ein Vergleich der Brutto- und Nettoflächenleistung zeigt, dass zwischen 65 und 76 % des Bruttoweidefutterangebotes über Weide- und Schnittnutzung ausgeschöpft wurden (Abb. 5). Die Verluste können folglich mit Werten zwischen 24 und 36 % beziffert werden.

Die Analyse der Mischkotproben ergaben 2012 und 2013 Hinweise auf eine erhöhte Magen-Darm-Wurm–Belastung, die den Tieren offensichtlich noch nicht schadeten. In den Versuchsjahren 2014 und 2015 wurden unter intensiver monatlicher Kur-Behandlung über die Weidetränke keine Weidetiere diesbezüglich auffällig. Interessant ist hier vor allem das Jahr 2015 mit sehr jungen Weidekälbern ab 4. Lebensmonat, die bei monatlicher Abrotanum-Kur-Behandlung verbunden mit zügigem Wachstum auf der Weide keine chemisch-synthetische Wurmkur erforderten.

Folgende Schlussfolgerungen lassen sich ableiten:
  1. Im Mittel der Jahre sind sehr hohe mittlere Tageszunahmen von über 800 g je Tier auf der Kurzrasenweide möglich bei einer Spannweite von 720 g im Jahr 2013 und 921 g im Jahr 2012. Der Zuwachs der Tiere ist stark witterungsabhängig. Hitzeperioden im Sommer und nasskühle Herbstwitterung bremsen den Zuwachs.
  2. Die Spannweite im Bruttoertrag (unter Weidekörben) von 95,3 dt/ha im Jahr 2013 bis 127,6 dt/ha im Jahr 2014 begründet auch eine analoge Abstufung in der Nettoflächenleistung von 68 153 MJ ME/ha im Jahr 2013 bis 102 979 MJ ME/ha im Jahr 2014.
  3. Die geringere Ausschöpfung der Bruttoflächenleistung von 68 % im Jahr 2012 und 65 % im Jahr 2013 resultiert aus vermindertem Zuwachs der Tiere im Sommer 2012 und im Herbst 2013.
  4. Jungrinderaufzucht ist auf der Kurzrasenweide auch mit jungen Tieren (< 1 Jahr) sehr gut möglich und kann in Abhängigkeit betriebsindividueller Voraussetzungen auch sehr wirtschaftlich sein.

Quelle:

  • S. Eisenhardt1, M. Pries², C. Berendonk³, A. Verhoeven³, S. Hoppe³
  • Fachhochschule Eberswalde
  • Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Bad Sassendorf
  • Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick, Kleve

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