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Extreme Harnstoffgehalte in der Milch nicht überbewerten

28.10.2019

Praxiserfahrungen bestätigen frühere Auswertungen: Extreme Harnstoffgehalte in der Milch haben nur begrenzten Einfluss auf die Jahresmilchleistung, bei häufig niedrigen Harnstoffgehalten werden sogar höhere Nutzungsdauer und Lebensleistung erzielt. Ab 2020 können weitere Betriebe an der Untersuchungsreihe teilnehmen, nicht nur Milchviehhalter sondern auch Mutterkuh-, Schaf- und Ziegenhalter. Wer teilnehmen möchte, kann sich bei Dr. Edmund Leisen melden.

Immer wieder kann man lesen, dass bei niedrigen Harnstoffgehalten in der Milch viel Ertrag verschenkt wird, und dass hohe Harnstoffgehalte in der Milch Ursache für Probleme auf Weidebetrieben sind. Langjährige Praxiserhebungen im Rahmen des Projektes "Öko-Leitbetriebe in NRW" kommen teilweise zu grundlegend anderen Einsichten.

Rückblick auf mehrjährige Auswertung

Im Winter 2015/16 wurde eine 11-jährige Auswertung von 72 Öko-Milchviehbetrieben zum Vergleich von Harnstoffgehalten in der Milch, Fütterung, Leistung und Gesundheitsparametern vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass hohe Harnstoffgehalte in der Milch in Weidebetrieben nicht zu den erwarteten Problemen führten. Zwischenzeitlich stehen Tierernährer, die sich intensiv mit Weidehaltung beschäftigt haben, auch hinter dieser Aussage. Damals widersprach dies aber der Lehrmeinung.

Bei häufig niedrigen Harnstoffgehalten (107 Tage < 150 mg/l Milch) wurde eine höhere Nutzungsdauer von 4,7 Jahren erzielt, bei ausgeglichenerer Fütterung nur 3,8 Jahre. Die Erklärung für die unterschiedlichen Harnstoffgehalte: Niedrige Harnstoffgehalte gab es vor allem bei Fütterung von viel Silomais und Getreide, hohe Harnstoffgehalte bei viel Weide und gleichzeitig begrenzter Zufütterung energiereicher Komponenten im Stall.

Näheres stehen unter: https://www.oekolandbau.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/Forschung/Ergebnisse/nach_Jahren/2015/40_TH_Harnstoffgehalte_15.pdf

Was machte die Praxis aus den Ergebnissen

Nach Veröffentlichung der obigen Studie haben mehrere Betriebe weniger als bisher auf den Harnstoffgehalt geachtet. Dazu 12 Betriebe mit HF-Kühen: Im Vergleich zu den Vorjahren hat in diesen Betrieben die Zahl der Tage mit Harnstoffgehalten unter 150 mg/l Milch deutlich auf im Mittel 115 Tage zugenommen.

Was sich sonst noch änderte, zeigt die Tabelle: Nutzungsdauer und Lebensleistung sind auf hohem Niveau geblieben. Die Jahresmilchleistung ist nach Anstieg in den ersten Jahren in der Zeit häufig niedriger Harnstoffgehalte nicht weiter angestiegen. Das gilt allerdings genauso für die Betriebe mit meist mittleren Harnstoffgehalten. Einen deutlichen Anstieg um 278 kg ECM/Kuh gab es in den letzten Jahren nur in den Betrieben mit schon immer häufig niedrigen Harnstoffgehalten, und dass, obwohl die Tage mit niedrigen Harnstoffgehalten auf 159 Tage deutlich zugenommen hatten. Aus dem Verzicht auf Ausgleich einer schwächeren Proteinversorgung ist deshalb kein Leistungsverzicht ableitbar. Einsparungen dürfte es bei Kraftfutter und Arbeit gegeben haben.

Tab.1: Harnstoffgehalte, Nutzungsdauer und Lebensleistung sowie Jahresleistung und Kraftfuttergaben in Betrieben mit HF-Kühen 2004 – 2019 (ohne Blauzungenjahre)
Kat.1: 12 Betriebe mit zuerst mittleren, ab 2016 niedrigen Harnstoffgehalten
Kat 2: 8 Betriebe mit häufig niedrigen Harnstoffgehalten
Kat 3: 6 Betriebe mit durchgehend meist mittleren Harnstoffgehalten

2004 - 2006

2011 - 2015

2016 - 2019

Kat. 1

Kat. 2

Kat. 3

Kat. 1

Kat. 2

Kat. 3

Kat. 1

Kat. 2

Kat. 3

Anzahl Tagen mit Harnstoffgehalt < 150 mg/l Milch

18

93

6

49

106

22

115

159

36

Nutzungsdauer Abgangskühe (Jahre)

3,8

4,2

3,3

4,4

4,5

4,0

4,3

4,9

4,2

Lebensleistung Abgangskühe (kg ECM/Kuh)

28.071

29.310

23.950

34.203

31.806

30.750

33.692

35.458

31.618

Jahresmilchleistung (kg ECM/Kuh)

7.372

7.033

7.346

7.771

7.064

7.666

7.767

7.342

7.649

Kraftfuttermenge inkl. energiereiches Saftfutter (dt/Kuh)*

17,0

15,7

19,2

16,8

13,6

18,6

17,5

14,1

19,4

* Kraftfutter: umgerechnet in Energiestufe 3

Probleme im Sommer: Hitze entscheidender als hohe Harnstoffgehalte?

Hohe Zellgehalte:
Zeitreihenstudien im Projekt haben schon vor 18 Jahren gezeigt, dass die Zellgehalte im Sommer auf den meisten Betrieben als erstes ansteigen und damit nicht in Zusammenhang stehen mit höheren Harnstoffgehalten, eher mit schwacher Wasserversorgung an heißen Tagen.  

Fruchtbarkeit:
Ein Blick auf den Betrieb, der im Sommer von allen Projektbetrieben am häufigsten hohe Harnstoffgehalte hatte: Er betreibt mit 140 Kühen auf schwerem Boden Vollweide in Form von Kurzrasenweide. Im Mittel der letzten 15 Jahre wurde der Grenzwert von 300 mg/l Milch an 142 Tagen im Jahr überschritten, teils über einen Monat lang lag er über 500 mg/l Milch.

Einen Blick auf die Zwischenkalbezeit: Im 1. Quartal Kalbende und dann in der Weideperiode besamte Tiere haben nur eine um 10 - 11 Tage höhere Zwischenkalbezeit als diejenigen, die im Winter belegt wurden. Bedenkt man, dass auch hier die Hitze eine Rolle spielt, dann ist der Harnstoffgehalt selbst kaum Ursache für Fruchtbarkeitsprobleme.

Tab.2: Kalbequartal und Zwischenkalbezeit im Vergleich

Januar - März

April - Juni

Juli - September

Oktober – Dez.

Zwischenkalbezeit in Tagen

419

400

407

408

Quelle und Ansprechpertner: Dr. Edmund Leisen, Sebastian Glowacki, Öko-Team Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Münster, den 21. Oktober 2019

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