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Kuhgebundene Kälberaufzucht – Teil 2: Mutter oder Amme

13.03.2020

Die kuhgebundene Kälberaufzucht ist grundsätzlich als Kontakt zwischen Kuh und Kalb definiert, bei welchem die Kuh, egal ob die eigene Mutter oder eine Amme, das Kalb säugt.

Nach der Definition der Demeter MilchBauern Süd w.V., die zusammen mit PROVIEH e.V. das Siegel "Zeit zu zweit – für Kuh + Kalb" entwickelt haben, darf der Mindestzeitraum der kuhgebundenen Kälberaufzucht vier Wochen nicht unterschreiten. Als Empfehlung wird hier angegeben, dass sich die kuhgebundene Kälberaufzucht im Optimalfall über die ersten drei Lebensmonate eines Kalbes erstrecken sollte: https://kuhpluskalb.de/wp-content/uploads/2019/08/Mindesstandards-MAK_v3.pdf

Es sind verschiedene Varianten der kuhgebundenen Kälberaufzucht und deren betriebsindividuelle Abstufungen denkbar. Im Folgenden werden die grundlegenden Varianten angesprochen.

► Mutter-Kalb-Kontakt

Permanenter Kontakt

Bei dieser sehr intensiven Form der kuhgebundenen Aufzucht wird das Kalb von der eigenen Mutter gesäugt und kann so häufig, wie die Mutter es zulässt und das Kalb dies möchte, bei der Mutter saugen. Diese Haltung setzt aber voraus, dass sich die Kälber mindestens in einen Kälberschlupf, besser noch in einen separaten Kälberstall zurückziehen können. Hier können sie ungestört ihr eigenes Grob- und Kraftfutter sowie Tränkewasser aufnehmen, sich ausruhen und bei genügend Fläche auch mit Gleichaltrigen spielen.

Spaltenboden

Ist es angedacht, dass Kuh und Kalb im Kuhstall den Kontakt zueinander suchen, muss beachtet werden, dass Kälber nicht auf Spaltenböden für Kühe gehalten werden dürfen, da hier die Spaltenbreite meist zu weit ist. So ist in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorgeschrieben, dass Ställe für Kälber mit einem Boden ausgestattet sein müssen, "bei dem, sofern es sich um einen Spaltenboden handelt,

  • die Spaltenweite höchstens 2,5 Zentimeter, bei elastisch ummantelten Balken oder bei Balken mit elastischen Auflagen höchstens drei Zentimeter beträgt, wobei diese Maße infolge von Fertigungsungenauigkeiten bei einzelnen Spalten um höchstens 0,3 Zentimeter überschritten werden dürfen, und
  • die Auftrittsbreite der Balken mindestens acht Zentimeter beträgt, …“.

Allerdings muss der Raum für das Zusammentreffen von Kuh und Kalb nicht zwangsweise ein Stall sein. Auch beim "permanenten" Kontakt ist es denkbar, dass Kuh und Kalb sich, wann sie es wollen, in einem (befestigten) Auslauf treffen.

Schieberentmistung

Eine Schieberentmistung, die von den Praktikern häufig als Hinderungsgrund angesehen wird, da die Angst besteht, die Kälber könnten in den Güllekanal geschoben werden, stellt laut Erfahrungen aus dem Versuchsstall des Institutes für Ökologischen Landbau in Trenthorst kein Problem für Kälber dar. Die Kälber gewöhnen sich schnell an den Schieber und lernen, dass sie über diesen drüber springen können. Zudem wird ein Kalb, welches adäquate Ruhemöglichkeiten vorfindet, nicht auf die Idee kommen, sich auf der Schieberlauffläche niederzulegen – und Geburten sollten grundsätzlich nicht im Kuhstall, sondern in der Abkalbebox stattfinden.

Trittsicherheit

Eine größere Gefahr für die Kälber bietet da schon das spielerische Rennen mit hohem Tempo auf den Laufflächen, was gerade auf Gummiboden zu einem Ausrutschen mit Abrutschen bis in den Güllekanal führen könnte. Hier kann man aber mit entsprechenden Abdeckungen über dem Abwurfschacht meistens gut vorbeugen. Man muss trotzdem wissen, dass Gummimatten für Kälber häufig rutschig sind, da die Kälberklaue hier nicht einsinkt, wie die Klaue einer erwachsenen Kuh. Nach Tierschutznutztierhaltungsverordnung ist die Haltung von Kälbern auf rutschigen Untergründen ebenfalls untersagt. Man sollte die Trittsicherheit der Gummimatten im Kuhstall für Kälber also erst austesten, bevor man sich auf ein System der Zusammenkunft von Kuh und Kalb festlegt.


Temporärer Kontakt

Üblicherweise wird den Kälbern bei dieser Form der kuhgebundenen Aufzucht zwei Mal täglich, entweder vor oder nach dem Melken, zeitlich begrenzt das Saugen am Euter der Mutter ermöglicht. Dabei kommt es bei beiden Varianten zu Störungen der Milchabgabe während des Melkens. Wobei dies auch beim permanenten Kontakt zwischen Kuh und Kalb ein Problem darstellt.

Eine Störung der Milchabgabe meint, dass nicht alle Milch heruntergelassen, sondern ein Teil der Alveolarmilch "für das Kalb" zurückgehalten wird. Dies erkennt man an einem deutlich verringerten Milchfettgehalt, zum Teil um mehr als einem Prozent, denn der Fettgehalt der Milch steigt normalerweise während des Melkens an. Da aber nicht alle Milch freigegeben wird, ist auch der Fettgehalt niedriger.

Es gibt Praktiker, die die Kälber während des Melkens in den Melkstand lassen und die Kälber an einer der Zitzen saugen lassen, während sich die anderen drei Zitzen in den Melkbechern befinden. Dies soll dazu führen, dass die Kuh ihre Milch komplett hergibt. Dies mag gut funktionieren, könnte aber von entsprechenden Stellen als unhygienisch angesehen werden, da die Kälber beim Saugen stark speicheln. Wobei man sich fragt, was da unhygienisch sein soll, wenn die anderen Zitzen in den Melkbechern stecken? Die Kühe koten schließlich auch im Melkstand ab…

► Ammen-Kalb-Kontakt

Diese Form der kuhgebundenen Aufzucht wird gerne gewählt, da es bei den Tieren, die kein Kalb führen und ausschließlich gemolken werden, eben nicht zu Störungen der Milchabgabe kommt und diese daher mehr Milch geben. Somit ist auch der Milchfettgehalt nicht reduziert. Trotzdem genießen die Kälber eine arttypische, natürliche Aufzucht. Leider reicht vielen Verbrauchern die Aufzucht an einer Amme nicht aus, da nicht alle Kühe über einen längeren Zeitraum ihrem Mutterverhalten nachgehen dürfen.

Es können gezielt Kühe zur Amme werden, die besonders gute Muttereigenschaften mitbringen und vielleicht nicht ganz so gut mit dem jeweiligen Melksystem zurechtkommen (z.B. ungünstige Strichplatzierung am AMS). Bei der ammengebundenen Aufzucht sind die Ammen je nach Aufzuchtverfahren während der gesamten Laktation Amme oder nur in den Zeiträumen, in denen sie eine passende Milchmenge aufweisen. Je Amme sollte eine Anzahl von zwei bis maximal drei Kälbern nicht überschritten werden, da sonst nicht sichergestellt werden kann, dass die Kuh genügend Milch hat. Häufig sind die Kälber während der Biestmilchphase noch mit ihren eigenen Müttern zusammen. Erst im Anschluss zeigt sich, welche Kuh Amme wird und welche nur noch gemolken wird.

Quelle: Susanne Kreikenbohm, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Öko-MIR, Nr. 9 vom 27. Februar 2020

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