Wie in den vorangegangenen beiden Teilen zur kuhgebundenen Kälberaufzucht bereits beschrieben, geht die vermarktungsfähige Milchmenge bei dieser Aufzuchtform merklich zurück. Dies liegt zum einen am erhöhten Milchkonsum des Kalbes und zum anderen an Störungen der Milchabgabe bei säugenden Kühen während des Maschinenmelkens. Zudem sinkt der Milchfettgehalt der säugenden Kühe deutlich, zum Teil um mehr als ein Prozent, denn der Fettgehalt der Milch steigt normalerweise im Verlauf des Melkens an. Da aber bei einer Störung der Milchabgabe nicht alle Milch runtergelassen wird, ist auch der Fettgehalt niedriger.
Je nach Verfahren der kuhgebundenen Aufzucht ist die vermarktungsfähige Milchmenge mehr oder weniger stark reduziert. So ist der Rückgang der vermarktungsfähigen Milchmenge bei einer rein ammengebundenen Aufzucht am geringsten, da die Kühe, die kein Kalb säugen nicht von einer Störung der Milchabgabe betroffen sind.
► Es sollte das betriebliche Ziel sein, VOR der Einführung der kuhgebundenen Kälberaufzucht den betriebsindividuell zu erwartenden Milchmengenrückgang zu kalkulieren und die damit verbundenen finanziellen Einbußen, aber auch die erhofften Vorteile abzuwägen. Dabei sind die erhofften Vorteile häufig nur schwer monetär zu bewerten.
Ein Problem bei der Kalkulation des zu erwartenden Milchmengenrückgangs ist, abzuschätzen wie viel Milch die Kälber täglich zu sich nehmen. Die einzige Möglichkeit, dies genau zu messen, ist die Kälber jeweils vor sowie nach jedem Säugen zu wiegen. In der Praxis kann hier aber auch auf Werte aus Versuchen und auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Darüber hinaus gibt es Methoden den Umfang der Störung der Milchabgabe zu messen. Darauf soll hier aber nicht weiter eingegangen werden.
Folgendes Beispiel zum Rückgang der vermarktungsfähigen Milchmenge hat Frau Dr. Kerstin Barth vom Institut für Ökologischen Landbau in Trenthorst auf dem Treffen der Biolandfachgruppe "Gras geben" im November 2019 in Drensteinfurt mit den Teilnehmern durchgerechnet. Es gilt unter der Annahme, dass konsequent bei allen Kalbungen eine muttergebundene Kälberaufzucht mit der permanenten, ganztägigen Möglichkeit des Mutter-Kalb-Kontaktes für drei Monate Säugezeit durchgeführt wird. Die angegebenen Zahlen beruhen auf Erfahrungen sowie Versuchen, die im Versuchsstall für muttergebundene Kälberaufzucht des Institutes für Ökologischen Landbau durchgeführt wurden. Dennoch sind sie eher als grobe Kalkulationshilfen und weniger als fest vorgegebene Größen zu verstehen, da sie von Betrieb zu Betrieb und von Verfahren zu Verfahren stark variieren können.
Je niedriger die Ausgangsmilchleistung ist, desto höher müsste der Aufschlag in Cent je kg Milch sein, um die finanzielle Mindereinnahme, die durch die nicht lieferbare Milchmenge von 1.000 kg verursacht wurde, zu decken.
Nicht berücksichtigt sind hierbei…
Allerdings sind diese Posten nur schwer (monetär) zu beziffern, da sie immer im einzelbetrieblichen Kontext bewertet werden müssen.
Bewerten Sie VOR der Einführung der kuhgebundenen Kälberaufzucht den Einfluss Ihres jeweiligen Vorhabens auf Ihre Wirtschaftlichkeit! Nicht nur für die Tiere soll sich die kuhgebundene Aufzucht lohnen, sondern auch für Sie! Bei Fragen oder Anregungen hierzu, sprechen Sie uns gerne an!
Quelle: Susanne Kreikenbohm, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Öko-MIR, Nr. 12 vom 19. März 2020