In den letzten Wochen wurden bei der Mehrzahl der Biobetriebe hohe Zellzahlen in der Milch beobachtet. Auch die konventionellen Kollegen berichten von Parallelen. Die MLP-Auswertungen zeigen, dass die durchschnittlichen Zellzahlen ebenso wie die Neuinfektionen steigen. Die in den Vormonaten auffälligen Kühe zeigen eine steigende Tendenz. Der Anteil der als klinisch gesund anzusehenden Kühe wird geringer.
Bei Hitzestress reagieren die Kühe mit verminderter Futteraufnahme, reduzierter Leistung und einer geschwächten Immunabwehr. Untersuchungen des FBN zeigten, dass auch die Darmwand der Kühe durchlässiger für Bakterien und weitere Krankheitserreger wird. Für Mischrationen bedeuten hohe Temperaturen bessere Voraussetzungen für eine Zunahme der Hefen- und Keimvermehrung, was zu Wärmeentwicklung, Energieverlust und bis hin zum Verderb des Futters führen kann. Die Aufnahme von warmem Futter kann im Zusammenhang mit einer geschwächten Immunabwehr der Kühe zu einem Anstieg der Zellzahl führen.
Sofern es beim Melken oder beim Boxenmanagement keine Änderungen gibt, die ein steigendes Zellzahlniveau provozieren, weist dies darauf hin, dass die Keime möglicherweise aus dem Futter ins Euter gelangen. Bedingt durch die Wärme ist die Keimvermehrung nach dem Futtermischen bis zur Entsorgung der Futterreste auf dem Futtertisch sehr hoch. Dies hat man auch letztes Jahr auf einigen Betrieben analysiert (dies selbst zu machen ist eine logistische Herausforderung, da die Proben sofort ins Labor kommen müssen am gleichen Tag gekühlt). Zudem wird die Darmwand bei hohen Temperaturen für Keime durchlässiger und das Immunsystem der Kühe geschwächt, was den Zellzahlanstieg im Euter über das Futter im Sommer wahrscheinlicher macht.
Was tun?
- Soweit es arbeitswirtschaftlich vertretbar ist, legen Sie Futter häufiger frisch vor.
- Erlauben Sie mehr Futterreste bei der täglichen Trogreinigung
- Die Futterreste sollten nach der Trogreinigung nicht an andere Tiergruppen (Trockensteher, Rinder) weiter verfüttert werden.
- Glatte, beschichtete Futtertische haben Vorteile hinsichtlich der Reinigung und Keimverschleppung.
- Lose Reste am Silo sollten direkt am selben Tag verfüttert werden. Geschieht dies nicht sofort, dann sind diese Reste zu entsorgen. Mischen Sie keinesfalls älteres loses Futter vom Silo in die Ration ein, denn auch dort vermehren sich durch den Lufteintrag die Keime sehr schnell!
- Je weniger Keime im Silo sind, desto geringer ist die Vermehrung nach dem Futtermischen. An den Anschnittflächen sollte eine Nacherwärmung des Silohaufens vermieden werden: Die Anschnittflächen mit Folie oder Netzen zu schützen ist nicht zu empfehlen, denn so entsteht unter der Folie ein Kleinklima. Oft sieht man an der Folie eine Wasserbildung als Zeichen für mikrobielle Atmung. Umso wichtiger ist es, die Abdeckfolie oben möglichst dicht zu halten um einen Lufteintrag zu vermeiden. Legen Sie die Sandsäcke rechtwinklig zur Anschnittfläche. Obwohl dadurch deutlich mehr Säcke auf dem Silo liegen als bei der parallelen Anordnung, kann man Sie zum Aufdecken der Folie schnell zurückziehen sodass dieser Arbeitsgang kaum länger dauert.
- Konservierungsstoffe in der TMR einsetzen: Es werden mindestens zwei Produkte im Betriebsmittelkatalog genannt
- Von der Firma Rottmann das Organic Grain Liquid: 3 kg/t Futter sollen ausreichen bei einem Preis von rund 1,5 €/kg. Das Mittel kann auch zum Abspritzen der (noch kühlen) Anschnittfläche verwendet werden.
- Von der Firma Vilomix das Fresh Foss: Hier haben wir keine weiteren Informationen, aber auch das scheint brauchbar zu sein.
- Es gibt noch weitere Anbieter von Getreidekonservierungsmitteln, die auch mit einer Eignung des Mittels für eine TMR werben. Kontrollieren Sie die Bio-Zulassung vorher in der FiBL-Betriebsmittelliste.
- Eine positive Wirkung sollte schnell festzumachen sein, indem die Kühe zunächst bei gleicher Menge wie bisher weniger Futterreste zurücklassen.
Konservierungsmittel mit Biozulassung
Bei Säureeinsatz zur Konservierung sollten Biobetriebe immer die Biozulassung des Konservierungsmittels überprüfen. Zugelassene Betriebsmittel sind in der Betriebsmittelsuche des FiBL zu finden.
Judith Stratbücker, Dr. Klaus Hünting und Lea Hoffmann
Landwirtschaftskammer NRW