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Praktische Tipps zur Mutterkuhhaltung

07.04.2023

Die Mutterkuhhaltung ist ein Produktionsverfahren, das in der Regel während der Vegetationsperiode in kompletter Weidehaltung und in den meisten Betrieben mit Stallhaltung der Herden im Winter betrieben wird. Daher ist es empfehlenswert, die Wasserversorgung im Stall und auf der Weide an den Bedürfnissen der Tiere auszurichten. Ebenso ist eine Berücksichtigung verschiedener Funktionsbereiche wichtig für die Stallhaltung von Mutterkühen und ihren Kälbern.

Wasserversorgung im Blick behalten

Wasser kann als wichtigster Nährstoff für Rinder beschrieben werden, da alle chemischen Vorgänge im Tier über wässrige Lösungen stattfinden. Es hat damit wichtige Aufgaben als Lösungs- oder Transportmittel. Darüber hinaus dient Wasser der Aufrechterhaltung des Zelldrucks und auch der Wärmeregulation. Aus diesem Grund muss Wasser Rindern immer frisch und in einwandfreier Qualität sowie in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Zur Verdauung des aufgenommenen Futters werden einzelne Nahrungsbestandteile in Wasser gelöst und transportiert. Dies gilt für die Verdauung an sich genauso wie für den gesamten Stoffwechsel und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten. Bei hohen Leistungen beziehungsweise hohen Futteraufnahmen steigt der Wasserbedarf an. Besondere Bedeutung hat das Wasser bei der Wärmeregulation. Über die Verdunstung von Wasser können vom Tier überschüssige Wärmemengen abgegeben und so die Körpertemperatur konstant gehalten werden. Bei trockenstehenden Mutterkühen kann von einer Wasseraufnahme um 30 bis 40 Liter täglich je Tier ausgegangen werden. Bei laktierenden Mutterkühen mit Kalb bei Fuß steigt der Wasserbedarf an. Hier können auch schon bei niedrigen Umgebungstemperaturen um 5 °C Mengen von 50 bis 60 Litern täglich je Tier angesetzt werden, die bei steigenden Umgebungstemperaturen auf Werte um 80 Liter ansteigen können. Vor diesem Hintergrund sollte bei der Planung der Wasserversorgung immer vom maximalen Bedarf für alle Tiere im Bestand ausgegangen werden, sowohl hinsichtlich der verfügbaren Wassermenge als auch bei der Positionierung und Gestaltung sowie der absoluten Anzahl an Tränkestellen je Gruppe.

Grundsätzlich gilt, dass den Tieren über 24 Stunden freier Zugang zum Wasser möglich sein sollte. Für einzelne Gruppen im Stall wird empfohlen, mindestens zwi Tränkestellen vorzusehen, um auch bei Ausfall einer Tränke das Wasserangebot aufrechterhalten zu können. Größere Betriebe sollten darauf achten, dass zusätzlich zur vorstehenden Empfehlung auch jeweils eine Tränke für etwa 20 Tiere verfügbar ist. Ein weiteres wichtiges Kriterium einer guten Wasserversorgung ist der Durchfluss einer Tränke. Diesen kann man einfach im Betrieb mit Stoppuhr, Eimer und Messbecher überprüfen. Auch für Mutterkühe sollten Werte von 20 Litern pro Minute erreicht werden. Der Richtwert für Mastrinder liegt bei 10 Litern Durchfluss pro Minute. Die Positionierung der Tränken im Stall sollte so gewählt werden, dass sie für die Tiere gut zugänglich sind und nicht in Sackgassen liegen, um ein Verlassen der Tränkestelle in verschiedene Richtungen zu ermöglichen. Konkurrenzsituationen um die Tränke können hierdurch weitgehend reduziert werden. Für Mutterkuhherden ist insbesondere darauf zu achten, dass auch junge Kälber ohne Probleme Wasser aufnehmen können. Sofern dies nicht im eigentlichen Mutterkuhstall realisiert werden kann, müssen im Kälberschlupf separate Tränken in geeigneter Höhe und Bauart installiert werden. Abschließend einige Tipps für die Installation der Tränken im Stall:

  • Ist die Tränke vom Futtertisch aus zu kontrollieren und zu reinigen, erleichtert das die tägliche Arbeit.
  • Abstand zu Futter oder auch Scheuermöglichkeiten verringert die Verschmutzung der Tränken.
  • Die Liegeflächen bleiben trockener, wenn die Tränkestellen nicht im Liegebereich angebracht sind.

Auch bei der Wasserversorgung auf der Weide gibt es einige Dinge zu beachten. Häufig wird das Tränkewasser über fahrbare Fässer oder Container bereitgestellt. Je nach Herdengröße muss der Wasservorrat entsprechend der vorstehend beschriebenen Mengen kalkuliert werden, damit die Wasserversorgung über einige Tage gesichert ist. Vorteil mobiler Tränken ist die Anpassungsmöglichkeit an den Standort der Tiere. Größere Weideflächen können so im Bedarfsfall auch unterteilt oder der Standort des Wasserwagens kann bei großer Hitze und Sonneneinstrahlung in den Schattenbereich verlegt werden. Bei den eingesetzten Tränketypen ist auf die eingangs beschriebenen Voraussetzungen zu achten. Nicht alle Systeme haben auch bei einem Niederdruck-Betrieb ausreichend hohe Durchflussmengen. Wichtig ist eine gute Zugänglichkeit zum Wasser, damit auch junge Tiere leicht Wasser aufnehmen können.


Funktionsbereiche zur Optimierung der Stallhaltung

Kostengünstig gebaute oder umgebaute Stallungen sind für das Betriebsergebnis in der Mutterkuhhaltung wichtig. Trotzdem sind unabhängig von den vorhandenen Stallungen oder möglicherweise geplanter Stallneubauten die verschiedenen Funktionsbereiche für die Mutterkühe mit ihren Kälbern oder auch für die im Betrieb aufgezogenen Jungrinder möglichst optimal zu gestalten, um ein hohes Maß an Tiergerechtheit zu erzielen. Zunächst gilt es zu berücksichtigen, dass Rinder Herdentiere sind und daher alle gleichzeitig ausreichend Platz zum Liegen benötigen. Die Liegefläche muss sauber, weich und verformbar sein. Auch Mutterkühe verbringen rund die Hälfte des Tages mit Wiederkauen und dies findet in der Regel im Liegen statt. In den meisten mutterkuhhaltenden Betrieben werden die Tiere in mit Stroh eingestreuten Ställen gehalten. Je nach Stallkonzept ergibt sich ein unterschiedlicher Strohbedarf. Die Verfügbarkeit von Stroh zur Einstreu sollte also bei Überlegungen zum Neu- oder Umbau berücksichtigt werden. In der Praxis haben sich, gerade bei kleineren Tiergruppen, möglichst quadratische Liegebereiche bewährt, um die Ruhe in der Gruppe zu fördern. Eine gute Strukturierung der verschiedenen Funktionsbereiche verhindert zu viel Aktivität im Liegebereich. Umgekehrt bedeutet dies, dass Futteraufnahme und Sozialverhalten der Mutterkühe dann möglichst in den dafür vorgesehenen Stallbereichen stattfinden.

Der Lauf- und Fressbereich am Futtertisch sollte so gestaltet sein, dass er schnell und einfach entmistet werden kann. Wenn dieser Bereich regelmäßig abgeschoben wird, stehen die Tiere beim Fressen auf einem konstanten Niveau und zusätzlich bleibt der Boden dadurch trockener, was sich positiv auf die Klauengesundheit auswirkt. Der Funktionsbereich „Laufen“ muss zudem eine gute Standsicherheit bieten, auch direkt nach dem Entmisten. Zu schmale Durchgänge sollten auch in der Mutterkuhhaltung vermieden werden. Sackgassen entstehen bei den üblichen Stallkonzepten in der Mutterkuhhaltung (Ein- oder Zweiraumlaufstall, Tretmiststall) normalerweise nicht. Dass es diese zu vermeiden gilt, ist aber zum Beispiel bei der Abtrennung von Stallbereichen in besonderen Situationen, zum Beispiel für Abkalbungen, zu bedenken. Bei der Gestaltung des Funktionsbereichs „Fressen“ ist es wichtig, die Besonderheiten der Mutterkuhhaltung zu berücksichtigen. Grundsätzlich sollten auch in der Mutterkuhhaltung alle Tiere gleichzeitig fressen können, wobei der einzelne Fressplatz eine ausreichende Breite aufweisen muss. Durch das große Rassespektrum in der Mutterkuhhaltung wird empfohlen, die Fressplatzbreiten auf die gehaltene Rasse und die Größe der Tiere anzupassen. Zur Orientierung seien hier Werte von 70 bis 75 cm genannt.

Werden Fressgitter genutzt, empfiehlt es sich, diese mit einer Halsweitenverstellung auszustatten, um den Fressplatz flexibel anpassen zu können. Um auch den Deckbullen sicher feststellen zu können, ist dies oftmals notwendig. Ebenso haben sich die sogenannten Sicherheitsfressgitter in der Mutterkuhhaltung bewährt. Bei diesen Typen können die Tiere auch unten entweichen und gleichzeitig sind sie so abgesichert, dass junge Kälber nicht gefährdet sind. Zudem ist bei der Haltung horntragender Mutterkühe ein hierfür passendes Fressgitter zu wählen, so dass die Tiere von oben eintreten beziehungsweise das Fressgitter auch durch Anheben des Kopfes wieder verlassen können. Ein um 20 cm zur Standfläche der Mutterkühe erhöhter Futtertisch ermöglicht den Tieren eine tiergerechtere Futteraufnahme, weil Gelenke weniger belastet werden. Da im Bereich der Futteraufnahme ohnehin eine größere Bewegungsaktivität stattfindet, können hier auch Scheuermöglichkeiten für die Fellpflege eingeplant werden.


Kälberschlupf empfiehlt sich

Um Kalbungen in Mutterkuhherden im Stall optimal begleiten zu können, haben sich spezielle Abkalbebereiche in stationärer oder mobiler Form bewährt. Ein separater Abkalbestall bietet der Mutterkuh mehr Ruhe im geburtsnahen Zeitraum. Darüber hinaus ist die Beobachtung der Kuh einfacher und wenn es einmal zu Komplikationen kommt, kann ruhiger und schneller Geburtshilfe geleistet werden. Aus diesem Grund sind Abkalbeställe aber so zu planen, dass Einzeltiere auch hier einfach und sicher fixiert werden können, zum Beispiel im bereits erwähnten Sicherheitsfressgitter. Für eine Mutterkuh sollten in einem Abkalbebereich etwa 9 bis 12 m2 Grundfläche vorgesehen werden. Eine einfache Futter- und Wasserversorgung erleichtert die tägliche Arbeit. Eine räumliche Nähe zum Futtertisch ist daher ideal. Die Stallkonzepte in der NRW Bauschrift Mutterkuhhaltung der Landwirtschaftskammer NRW geben hier weitere Orientierung. Zur Förderung der Kuh-Kalb-Bindung bleiben Mutterkuh und Kalb in vielen Betrieben noch ein paar Tage zusammen im Abkalbestall und gehen dann zusammen zurück in die Herde.

Bei der Stallhaltung von Mutterkühen wird ein Kälberschlupf immer dann empfohlen, wenn Kälber in der Herde mitlaufen. Je nach Betriebskonzept und Abkalbezeitraum kann dies unterschiedlich im Betrieb sein. Ein Kälberschlupf gibt den Kälbern eine Rückzugsmöglichkeit, wo sie ungestört ruhen können. Wichtig ist, dass die Kälber immer Sichtkontakt zu ihren Müttern halten können. Innerhalb eines Gebäudes ist dies unproblematisch möglich. Der Zugang zum Kälberschlupf sollte über flexible Öffnungen erfolgen, um die Kälber kurzfristig absperren zu können. Im Kälberschlupf sollten Futter und Wasser für die Kälber eingeplant werden. Der Kälberschlupf sollte immer sehr gut eingestreut sein. Eine gute Zugänglichkeit erleichtert das regelmäßige Entmisten.

Die Stallhaltung von Mutterkühen und ihrer Kälber erfordert gezielte Planung. Viele Aspekte lassen sich aber sehr gut in den meisten Betrieben integrieren oder werden schon erfolgreich umgesetzt, egal ob Neu- oder Altbau. Auch für die verschiedenen Betriebsgrößen gibt es geeignete Lösungen. Im Einzelfall stehen Ihnen die Beraterinnen und Berater der Landwirtschaftskammer gerne zur Seite. Detailinformationen finden sich in der NRW Bauschrift zur Mutterkuhhaltung. Näheres hierzu und Bestellmöglichkeiten finden Sie im Beratungsnagebot der Landwirtschaftskammer NRW


Dr. Sebastian Hoppe, Landwirtschaftskammer NRW

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