Aktueller Inhalt:

Ein schattiges Plätzchen für Kälber

09.06.2021

Die Einzelhaltung in Iglus in den ersten 14 Lebenstagen kommt durchaus dem natürlichen Verhalten der Kälber entgegen, die sich zum Beispiel in Mutterkuhherden nach der Geburt getrennt von der Herde in hohem Bewuchs aufhalten. Die gute Luftqualität und der dadurch geringe Keimdruck bei diesem Haltungssystem sind wichtige Voraussetzungen für eine gute Immunabwehr der Kälber. Aus tierphysiologischer Sicht werden für die ersten zehn Lebenstage Temperaturen von 10 bis 20 °C in der Literatur als optimaler Bereich beschrieben. Verfügen sie über einen gut eingestreuten, trockenen und windgeschützten Liegebereich, kommen die relativ kältetoleranten Tiere selbst im Winter mit frostigen Temperaturen zurecht. Im Sommer hingegen können hohe Temperaturen, verbunden mit einer intensiven Sonneneinstrahlung, für die Kälber durchaus problematisch werden. Bei Temperaturen über 25 °C wird die Wärmeabgabe der Tiere vermindert, sie beginnen zu schwitzen und zu hecheln. Gestresste Tiere fressen weniger und sind anfälliger für Krankheiten.

Iglus an verschiedenen Standorten

In Untersuchungen der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern zu verschiedenen Aufstallungsformen der Iglus wurde der Schwerpunkt auf das Temperaturverhalten dieses Haltungssystems gelegt. Gegenüber gestellt wurden dabei Iglus, die zum einen im Freien am Melkhaus teilweise beschattet durch Bäume oder zwischen anderen Gebäuden aufgestellt waren und zum anderen Iglus, die sich in einem Leichtbaustall mit Wänden aus Trapezlochblech und einem ungedämmten Dach aus Faserzementplatten befanden. Bei den im Freien stehenden Iglus handelte es sich zumeist um Iglus aus UV-stabilisiertem HD-Polyethylen, während die im Stall befindlichen Iglus aus glasfaserverstärktem Kunststoff hergestellt wurden. Der Einfluss der unterschiedlichen Materialien wurde bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Die Temperaturen in den Iglus und im Außenbereich wurden mittels Datenlogger erfasst. Des Weiteren wurden die Werte der Globalstrahlung von den jeweils in der Nähe befindlichen Wetterstationen für die Auswertung genutzt. Die Untersuchungen erstreckten sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren, so dass alle Jahreszeiten miteinbezogen werden konnten.

Einfluss der Außentemperatur

Um den Einfluss der Außenbedingungen auf das Temperaturgeschehen im Iglu anschaulich darzustellen, wurden die Differenzen zwischen Iglu- und Außentemperatur und deren Mittelwerte für unterschiedliche Außentemperaturbereiche gebildet, siehe Grafik 1. Positive Werte bedeuten eine höhere Temperatur im Iglu als außen und negative Werte dementsprechend eine niedrigere Temperatur im Iglu. Für die Iglus, die im Freien standen, konnten durchgängig positive Differenzen nachgewiesen werden. Die Iglutemperaturen lagen demzufolge im Durchschnitt zwischen 0,96 und 3,43 K über den jeweiligen Außentemperaturen. Bei sehr niedrigen und sehr hohen Außentemperaturen waren die Unterschiede zwischen innen und außen am höchsten. Insbesondere an kalten Tagen im Winter halten sich dann die Tiere bei schlechtem Wetter vermehrt im Inneren des Iglus auf. Ist reichlich und trockene Einstreu verfügbar, können sich die Kälber ins Stroh kuscheln und sich auf Grund der guten Wärmedämmeigenschaft des trockenen Strohs ein wärmendes Nest bauen. Mit einem so entstandenen angenehmen Mikroklima im Iglu überstehen die meisten Kälber auch frostige Temperaturen unbeschadet.

Problematischer stellen sich bei den im Freien stehenden Iglus mitunter die höheren Temperaturen im Sommer dar. Bereits ab Außentemperaturen von 10 °C steigen die Differenzen zwischen den beiden Temperaturen wieder an und im Außentemperaturbereich über 20 °C wurden im Durchschnitt schon mehr als 2 K höhere Temperaturen im Iglu ermittelt als außen. Es handelt sich hier um Mittelwerte und Einflussfaktoren wie Tierverhalten, Sonne und Schatten wurden nicht berücksichtigt.

Deutlich anders verhält sich das Temperaturgeschehen bei den Iglus unter Dach. Bis zu einer Außentemperatur von 20 °C ist es im Iglu wärmer als außen. Mit steigender Außentemperatur verringern sich die Differenzen und ab einer Außentemperatur von 20 °C werden die Differenzwerte negativ, was bedeutet, dass es in den Iglus kühler ist als außen - ein Effekt, der durchaus wünschenswert ist.

Einfluss der Sonneneinstrahlung

Wie hoch der Einfluss der Sonneneinstrahlung auf die Iglutemperatur ist, zeigen die folgenden Auswertungen. Die eingangs bereits genutzten Temperaturdifferenzen werden dafür in gleicher Weise der Globalstrahlung gegenübergestellt. Dazu muss erwähnt werden, dass aufgrund des unterschiedlichen Einfallwinkels der Sonne im Sommer und im Winter sowie mittags und morgens und abends die Globalstrahlung sehr differieren kann und wegen der engen Korrelation zur Sonnenscheindauer an dieser Stelle als Hilfsmittel für die Sonneneinstrahlung Verwendung findet. Im Sommer wird ab einer Globalstrahlung von 300 bis 600 W/m2 und im Winter bereits ab 150 bis 300 W/m2 von Sonnenschein bei leichter bis mittlerer Bewölkung gesprochen.

In Grafik 2 werden die Unterschiede zwischen den beiden Haltungssystemen deutlich. Bei der Haltung von Kälbern, wo die Iglus im Freien ungeschützt der Sonne ausgesetzt sind, steigt die Differenz zwischen Iglu- und Außentemperatur mit steigender Globalstrahlung sprich Sonneneinstrahlung an. Mit durchschnittlich 5,05 K werden bei einer Globalstrahlung zwischen 700 und 799 W/m2, was einem Sommertag mit viel Sonnenschein entspricht, die höchsten Werte erreicht, wobei Spitzenwerte von 15 K, das heißt Iglutemperaturen von weit über 30 °C bis hin zu 40 °C keine Seltenheit sind. An warmen Sommertagen können sich die Iglus ab mittags nach langer intensiver Sonneneinstrahlung derart aufheizen.

Etwas anders sieht es hingegen in den Iglus des Leichtbaustalles aus. Mit steigender Globalstrahlung verändert sich die Temperaturdifferenz zwischen Iglu und außen insofern, dass es bei geringer Globalstrahlung (bis 200 W/m2) in den Iglus wärmer ist als außen. Bei höherer Globalstrahlung (ab 300 W/m2) ändern sich die Verhältnisse derart, dass es in den Iglus dann kühler ist als außen. Durch die Sonneneinstrahlung erwärmt sich zwar auch das Stallinnere langsam, aber eine direkte Sonneneinstrahlung auf die Iglus und somit ein Aufheizen dieser findet nicht statt. Der Dämmeffekt des Stalles wird wirksam und in den Iglus ist es kühler als außen. Die Temperaturen im Innern des Stalles und in den Iglus verändern sich nur verzögert und in geringerem Umfang. Allerdings werden auch bei dieser Haltungsform vereinzelt Maximaltemperaturen von deutlich über 30 °C erreicht. Die Kälber sind aber nicht direkt der Sonne ausgesetzt und können sich im luftigen Auslaufbereich der Iglus bewegen.

In der Grafik 3 wird eindrucksvoll der Einfluss der Globalstrahlung auf die Temperaturen in den Iglus gezeigt. Während die im Freien stehenden Iglus an den Tagen mit einer hohen Globalstrahlung von mehr als 800 W/m2 Temperaturspitzenwerte von fast 40 °C erreichen, liegen die Iglutemperaturen bei der Variante Iglus unter Dach bei vergleichbaren Wetterbedingungen unter den Außentemperaturen und erreichen keine 30 °C.

So stehen Iglus gut

Wie bereits erwähnt, sind Iglus eine gute Alternative, um Kälber nach der Geburt an frischer und keimarmer Luft aufzuziehen. Um gute Aufzuchtergebnisse zu erzielen und die Vorteile dieses Haltungssystems zu nutzen, sind allerdings einige Dinge zu beachten. Stress kann Tiere in ihrer Entwicklung beeinträchtigen oder sogar krank machen. Die Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass die Außentemperaturen und insbesondere die Globalstrahlung einen immensen Einfluss auf das Temperaturgeschehen im Iglu haben. Durch die Aufstallung der Iglus in einem Leichtbaustall sind die Iglus nicht direkt der Sonne ausgesetzt und ein Aufheizen der Iglus kann deutlich reduziert werden. Ähnliche Effekte können auch durch eine einfache Überdachung erreicht werden. Ebenso können auch die Schatten von Bäumen, aber auch benachbarter Gebäude hilfreich sein. Um zu den wärmsten Stunden des Tages die größte Schattenwirkung der Gebäude zu erhalten, empfiehlt es sich daher, im Sommer die Nord- oder Ostseite von Stallungen, Lagerräumen oder Melkhäusern zu nutzen. Die Aufstallung von Iglus unter Dach hat außerdem den Vorteil, dass in Schlechtwetterphasen das Einstreumaterial nicht durchnässt.

Bei der Platzierung der Iglus sollte im Sommer darauf geachtet werden, dass deren Öffnung nach Nord bis Nordost zeigt, da in dieser Ausrichtung die direkte Sonneneinstrahlung in das Iglu am geringsten ist. Im Winter hingegen sollten die Öffnungen nach Südost oder Ost gerichtet sein, um die wärmende Sonne zu nutzen. Ein Aufstellen der Iglus mit der Öffnung zur Wetterseite hat zur Folge, dass der Regen und der Wind vermehrt in das Iglu hineingeraten und zum Auskühlen und Durchnässen der Einstreu und auch der Tiere führen können.

Um in besonders warmen Wetterperioden die Luftzirkulation im Iglu zu steigern, wird von einigen Betreibern der hintere Teil der Iglus auf Ziegelsteine oder andere geeignete Materialen gestellt. Neben einer Temperaturabsenkung im Iglu kann durch die bessere Durchlüftung auch eine Reduzierung des Keimgehaltes erreicht werden. Allerdings sollten die Tiere vor Zugluft geschützt werden.

Der Standort der Iglus sollte insgesamt luftig, aber nicht zugig sein. Die Luft sollte zirkulieren können und Sackgassen, in denen sich schlechte Luft und Wärme stauen kann, sollten vermieden werden.

Trockene saubere Einstreu und ausreichend frisches Wasser sind insbesondere bei warmem Wetter ein Muss.

Christiane Hansen,

Institut für Tierproduktion der LFA Mecklenburg-Vorpommern

Weitere Informationen

Abonnieren Sie den Ökolandbau NRW-Newsletter





Die obenstehende Einwilligungserklärung kann jederzeit formlos gegenüber dem Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stadttor 1, 40219 Düsseldorf, (E-Mail: Poststelle@mlv.nrw.de) widerrufen werden: Die von Ihnen auf dieser Seite angegebenen personenbezogenen Daten (zum Beispiel Name, E-Mail-Adresse, Anschrift usw.) werden vertraulich und nur zur Versendung der von Ihnen abonnierten Newsletter des Ministeriums per E-Mail verwendet. Ihre Daten werden ausschließlich auf dem Server des Landesbetriebs Information und Technik NRW gespeichert. Das Abonnement kann von Ihnen auf dieser Seite jederzeit mit sofortiger Wirkung beendet werden. Ihre Daten werden dann unverzüglich gelöscht.