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Wie teuer ist die Aufzucht mit der Amme?

12.06.2024

Wo liegen die Kosten der kuhgebundenen Kälberaufzucht im Milchviehbetrieb? Und wie lassen sie sich berechnen? Dazu wurde der Einsatz von Mutter und Amme miteinander verglichen.

Die kuhgebundene Kälberaufzucht erfreut sich bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenso wie bei Milchviehbetrieben wachsender Beliebtheit. Unter kuhgebundener Aufzucht wird die Aufzucht der Kälber an einer Kuh verstanden, jedoch entscheiden sich die meisten Betriebe nach wie vor für die klassische Kälberaufzucht am Eimer. Bei der kuhgebundenen Kälberaufzucht wird häufig zwischen der Aufzucht an einer Amme oder an der Mutter unterschieden. Immer wieder sind Kombinationen aus den Verfahren Amme, Mutter oder Eimer zu beobachten. Umfangreiche Infos für Praktikerinnen und Praktiker zur Umsetzung der verschiedenen Systeme sind auf der Internetseite www.kuhgebundene-kaelberaufzucht.de aufbereitet.

Welche Kosten durch die kuhgebundene Aufzucht entstehen, ist noch nicht vollumfänglich bekannt. Dieser Frage wird im Rahmen des Projektes „Kälberaufzucht an der Kuh: natürlich, gesund und praktikabel“ nachgegangen. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Rahmen des Bundesprogramms Nutztierhaltung gefördert. Die Ergebnisse des Projekts werden ebenfalls auf der genannten Internetseite zu finden sein.

Unterschiedlich lange Kontaktzeiten

Um die Kosten für die Kälberaufzucht an der Kuh zu ermitteln, wurden bisher 14 Betriebe ausgewertet, weitere Betriebe werden folgen. Die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter ziehen seit zwei bis 17 Jahren ihre Kälber kuhgebunden auf. Für den vorliegenden Artikel wurde die Aufzucht von rund 350 weiblichen Kälbern berücksichtigt. Fünf der Betriebe ziehen die Kälber muttergebunden auf, neun Betriebe setzen ein Ammensystem um. Dabei unterscheidet sich die genaue Umsetzung der Verfahren zwischen den Betrieben teilweise sehr stark, zum Beispiel hinsichtlich der täglichen Kontaktzeiten von Kühen und Kälbern. Die Aufzuchtdauer variiert zwischen 90 und 105 Tagen. Der Abkalbezeitraum beschränkt sich entweder auf vier Monate oder dauert das gesamte Jahr an.

Die Ammensysteme zeichnen sich dadurch aus, dass an den Ammen mehrere Kälber parallel saugen, meist 2,5 bis 3,5 Kälber pro Amme. Die Kälber bleiben zwischen zwei und 14 Tagen bei der Mutter, bevor sie an eine Amme gewöhnt werden. Bei der anschließenden Aufzucht an der Amme gibt es unterschiedlich lange Kontaktzeiten von Ammen und Kälbern: von Kurzzeitkontakt mit einer Stunde pro Tag bis Dauerkontakt mit 24 Stunden pro Tag. In der Regel gibt es eine Ammen-Kälber-Gruppe, in der sich mehrere Ammen und Kälber befinden. Betriebe mit größeren Beständen führen mehrere Ammen-Kälber-Gruppen. Die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die die Kälber an Ammen aufziehen, benötigen pro Kalb zwei bis zwölf Arbeitsstunden inklusive Arbeitsaufwand für die Ammenkühe und geben für das Verfahren eine Zufriedenheit von 6 bis 10 (Skala 1 bis 10) an.

Größere Zufriedenheit mit dem System

Die Betriebe, die ihre Kälber muttergebunden aufziehen, separieren die neu geborenen Kälber zwei bis vier Tage gemeinsam mit der Mutter vom Rest der Herde, damit die Bindung gefestigt wird. Danach wechseln die Tiere in das jeweilige Aufzuchtsystem des Betriebs. Die Systeme unterscheiden sich in der Länge des täglichen Kontakts zwischen Mutter und Kalb und darin, wer den Kontakt initiiert. So gibt es Betriebe, die Mütter und Kälber zusammen in der Milchviehherde mitlaufen lassen, so dass der Kontakt 24h am Tag möglich ist. Oft wird den Kälbern ein so genannter Kälberschlupf angeboten, in den sich die Kälber separieren und zurückziehen können. Andere Betriebe lassen die Mütter und Kälber nur stundenweise, in der Regel vor oder nach dem Melken, zusammen. Dies geschieht beispielsweise im Vorwartehof vor dem Melkstand, dem Laufhof oder die Mütter werden in den Kälberstall gelassen. So werden in der muttergebundenen Aufzucht Kontaktzeiten zwischen einer Stunde und 24 Stunden pro Tag beobachtet. Pro Kalb werden drei bis 27 Arbeitsstunden benötigt. Die Zufriedenheit mit dem Verfahren liegt zwischen 8 und 10.


Wofür entstehen welche Kosten?

Zur Ermittlung der Aufzuchtkosten wurden die Buchführungsdaten des Wirtschaftsjahrs 2021/2022 und die Tierbestandsdaten aus HI-Tier von Betrieben erfasst. Ergänzt wurden die Daten durch Angaben der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter. Die Arbeitszeit der Familienarbeitskräfte wurde mit 23,50 € pro Stunde entlohnt. Auch die Eigentumsfläche wurde mit ortsüblichen Pachtpreisen bewertet und das in den Betrieb eingebrachte Eigenkapital verzinst.

Den größten Einfluss auf die Kosten der Bio-Kälberaufzucht hat die vertränkte Bio-Vollmilch. Entscheidend ist, mit welcher Milchmenge kalkuliert wird und wie diese Milch bewertet wird. In den Verfahren der muttergebundenen Kälberaufzucht wurde die vertränkte Milchmenge nach einem Standardtränkeplan geschätzt und mit dem Milchauszahlungspreis der belieferten Molkerei bewertet. Berücksichtigt und bewertet wird bei den Müttern außerdem die zurückgehaltene Milch in der Tränkephase und die Minderleistung in der Restlaktation mit einem Umfang von 2,5 kg Milch pro Tag. Bei einer 305-Tage-Laktation ergibt das eine Menge von 762,5 kg Milch. Weil diese Milch aber nicht erfüttert werden muss, wird sie mit dem Milchauszahlungspreis abzüglich der Futterkosten (28 Cent pro kg Milch) in die Berechnung einbezogen. Hintergrund: Kühe mit einem Kalb bei Fuß halten in der Regel beim Melken Milch zurück, die weder ermolken werden kann, noch vom Kalb komplett aufgenommen wird. Weil damit die abgerufene Milchmenge in der Tränkephase insgesamt sinkt, ist in der Restlaktation, also nach der Säugephase, mit einer niedrigeren Milchleistung zu rechnen. Diese Effekte werden dem Kalb als Kosten zugeschrieben. Bei Berücksichtigung der genannten Aspekte ergibt sich eine Milchmenge von 1 141 kg bis 1 903 kg pro Kalb, die mit 32 bis 59 Cent bewertet wird. Ergänzend zur Milch werden 20 kg bis 50 kg Kraftfutter pro Kalb gefüttert. 

Kostenblock Futter

In den Verfahren der ammengebundenen Aufzucht wurde die vertränkte Milchmenge über die Anzahl der Ammen und deren Milchleistung geschätzt. Bewertet wurde die Milch der Ammen, indem das kalkulatorische Betriebszweigergebnis der Ammen ermittelt und auf die vertränkte Milchmenge umgelegt wurde. Das kalkulatorische Betriebszweigergebnis errechnet sich aus den Kosten, die die Ammen verursachen, abzüglich deren Nebenerlöse, wie Altkuhverkäufe oder Flächenprämien.

Größter Kostenblock in der Ammenhaltung sind die Futterkosten. Die Grobfutterkosten liegen zwischen 744 € und 2 582 € pro Kuh, wie in Tabelle 2 zu sehen. Die Milchmenge pro Kalb liegt je nach Betrieb zwischen 575 kg und 1 466 kg pro Kalb und verursacht Kosten von 28 bis 60 Cent je kg Milch. Den Kälbern, die von Ammen aufgezogen werden, werden zusätzlich 10 kg bis 100 kg Kraftfutter inklusive Grascobs während der Tränkephase gefüttert.

Die Tränkekosten pro Kalb liegen demnach in der muttergebundenen Aufzucht zwischen 605 € und 707 €, in der ammengebundenen Aufzucht zwischen 212 und 631 €. Damit ist der Unterschied zwischen den Betrieben größer als zwischen den Verfahren. Das ist so auch für die weiteren Kostenblöcke zu beobachten, siehe Tabelle 3. Die Personalkosten reichen analog zum oben erwähnten Arbeitszeitaufwand im muttergebundenen Verfahren von 54 € bis 328 € und im ammengebundenen Verfahren von 40 € bis 515 €. Die große Streuung zwischen den Betrieben ist einerseits der unterschiedlichen Ausgestaltung der Kälberaufzucht zuzuschreiben. Andererseits – und das ist der größere Einflussfaktor – hängt es davon ab, welche Rahmenbedingungen ein Betrieb mitbringt: Mussten für die kuhgebundene Kälberaufzucht Investitionen getätigt werden, erlauben die Bestandsgebäude eine arbeitszeitarme Umsetzung oder wie hoch sind die Grundfutterkosten im Betrieb.


Das Ergebnis

Das teuerste der 14 untersuchten Verfahren ist auf einem Betrieb mit Aufzucht an der Mutter, das günstigste Verfahren auf einem Betrieb mit Aufzucht an der Amme zu finden. Im Mittel der Stichprobe scheint die Aufzucht an der Amme etwas günstiger zu sein.


Dr. Otto Volling, Sören Binder, Bioland Beratung

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