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Züchtung für Bio-Schweine

06.03.2014

Bio-Schweinehalter stellen teilweise andere Anforderungen an ihre Muttersauen als konventionell wirtschaftende Betriebe. Entsprechend erweist sich die angebotene Genetik der Zucht- und Vermehrungsunternehmen nicht immer als geeignet. Ziel einer Gesprächsrunde, die am 20. Januar 2014 in Werther stattfand, war es daher hier nach neuen Wegen zu suchen. Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen nahm an dem von ihm mit organisierten Treffen teil.

Die ökologische Ferkelerzeugung unterscheidet sich in mehreren wichtigen Punkten von der konventionellen Produktion. Die längere Säugezeit (mindestens 40 Tage) erfordert beispielsweise eine längere Persistenz der Milchbildung. Sauen, die sich vorsichtig ablegen, kommen mit dem freien Abferkeln ohne Ferkelschutzkorb besser zurecht. Außerdem bereiten große Würfe mit geringen Ferkelgewichten ökologischen Betrieben weitaus größere Schwierigkeiten, weil gerade die kleineren Ferkel häufig nicht so vital sind.

Angesichts der Kriterien an eine ökologisch gehaltene Muttersau erscheint eine eigenständige ökologische Züchtung wünschenswert. Sie ist jedoch mit sehr großen Kosten verbunden, die in Anbetracht der geringen Zahl ökologischer Ferkelerzeuger wirtschaftlich kaum durchführbar ist. Vielversprechender erscheint ein gezielterer Einsatz des vorhandenen Eberpools. Ebenso dürfte die richtige Selektion von Jungsauen bei der Eigenremontierung eine wichtige Rolle spielen. Dem Zukauf von Jungsauen sind bei ökologischer Erzeugung Grenzen gesetzt, da maximal 20 Prozent der zugekauften Tiere aus konventioneller Produktion stammen dürfen und gegenwärtig nur ein auf ökologische Jungsauen spezialisierter Vermehrungsbetrieb am Markt aktiv ist.

Was lag also näher als das Gespräch mit einem Vermehrungsunternehmen (in der Region) zu suchen und diesem gleichzeitig vor Ort die besonderen Anforderungen ökologischer Ferkelerzeugung zu demonstrieren? Zum Treffen auf dem Betrieb Maaß in Werther bei Bielefeld nahmen daher neben mehreren Öko-Ferkelerzeugern auch Bernhard Cord-Kruse mit seiner Tochter Anja von der Cord-Kruse Bioschweine KG und Dr. Meike Friedrichs von der GFS Ascheberg teil.

„Die Kundenwünsche stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir bieten daher grundsätzlich alle Genetiken an, die nachgefragt werden“, gab Dr. Meike Friedrichs einen Einblick in die Geschäftsstrategie. Daher stehen derzeit 1.200 Pietraineber, aber nur drei Eber der Rasse Duroc im Angebot. Seit Dezember 2011 werden alle Würfe in den Vermehrungsbetrieben einer Wurfqualitätsbeurteilung unterzogen. Neben Wurfgewicht und Ferkelverlusten bis zum Absetzen werden insbesondere Homogenität und Vitalität mit Hilfe eines in einer Doktorarbeit entwickelten Bonitierungsschlüssels erfasst. Die Informationen sollen ab März für alle Eber abrufbar sein.

Informationen zur Wurfqualität werden auch von anderen Unternehmen angeboten bzw. an der Erhebung der erforderlichen Daten wird intensiv gearbeitet, da die Nachfrage nach diesen Werten größer wird. So werden beim Unternehmen Bundeshybridzuchtprogramm (BHZP) Verhaltenseigenschaften erhoben, die jedoch grundsätzlich nur Betrieben mit Eigenbestandsbesamungsvertrag zugänglich gemacht werden. Seit 2005 bietet das Unternehmen Cord-Kruse Bio-Jungsauen an. In Zusammenarbeit mit einem Bio-Ferkelerzeuger, der aus der Cord-Kruse-Zucht mit Elterntieren bestückt wurde, werden die Bio-Jungsauen besonders in Richtung Langlebigkeit, Robustheit und guter Muttereigenschaften gezüchtet. Als Eber stehen neben DE, DL und Pietrain auch Hampshire und Duroc zur Verfügung. Besonders die fleischreichen Duroc- und Kreuzungseber (PiDu und HaDu) gelten als hervorragende Endstufeneber.

Beträchtliche Hoffnungen setzen viele Bio-Ferkelerzeuger auf die Schweizer Genetik, denn in der Schweiz ist seit 1997 für Neu- und Umbauten vorgeschrieben, Abferkelbuchten so zu gestalten, dass sich die Sau in ihr frei drehen kann. In der Schweiz müssen sich somit die Sauen beim Freien Abferkeln bewähren und eine Übertragbarkeit dieser Eigenschaften auf die Verhältnisse in der ökologischen Ferkelerzeugung liegt nahe. Sauen mit gutem Fundament und ruhigem Abliegeverhalten eignen sich grundsätzlich besser. Maaß setzt Ebersperma aus der Schweiz, das er derzeit über eine Besamungsstation aus Bayern bezieht, seit März vergangenen Jahres ein. Ergebnisse liegen daher noch nicht vor.

Bei der Auswahl des geeigneten Ebers sollte man zwischen Prüfebern und nachkommensgeprüften Ebern unterscheiden. „Die Zuchtwertsicherheit ist bei Prüfebern naturgemäß niedriger, weil die ausgewiesenen Werte ausschließlich von Verwandten und teilweise vom Genom abgeleitet werden“, betonte Friedrichs Die Ausweisung eines „Ökologischen Gesamtzuchtwertes“ hält Friedrichs durchaus für möglich. In ihn könnten Merkmale, wie Variation im Geburtsgewicht, Verhalten, Wurfgröße und Überlebensrate einfließen. „Man kann aber auch jetzt schon bestimmte Eigenschaften schauen, um hieraus Rückschlüsse zu ziehen“, berichtete Friedrichs. So seien die Fundamente ein gutes Hilfsmerkmal, um auf das Abliegeverhalten der Sau zu schließen.

Informationen über das Verhalten der Sau können mittels einfacher standardisierter Testverfahren erfasst werden, die auch bei der Jungsauenremontierung genutzt werden können. Hier eignet sich beispielsweise der „Back-Test“, bei dem die Reaktion der in Rückenlage gebrachten Ferkel beobachtet wird. Auch lässt sich im Praxisbetrieb die Bonitur des Verhaltens gut in Routineabläufe integrieren, wenn man beispielsweise das Verhalten der Sau beim Trennen von ihren Ferkeln erfasst.

Bei der Interpretation von Verhaltensmerkmalen ist jedoch grundsätzlich Vorsicht geboten. Verhaltensuntersuchungen an Sauen haben gezeigt, dass ruhige (trägere) Sauen nicht unbedingt die besseren Mütter sind. Aktivere Sauen sind eindeutig im Vorteil. Allerdings haben Fruchtbarkeitsmerkmale nur eine Erblichkeit zwischen 10 und 15 Prozent. Damit liegen sie jedoch noch in einem Bereich, wo sich bei entsprechend großen Datenmengen Zuchterfolg realisieren lässt.

Friedrichs empfahl den Praktikern auch, mehr Augenmerk auf die Endstufeneber zu richten. Auch hier sei die Variabilität zwischen den einzelnen Ebern groß, so dass man gezielt auch auf Fittnesseigenschaften der Ferkel hinzüchten könne. Manche neuere Pietraineber weisen dabei auch eine größere Speckauflage auf als dies gemeinhin erwartet wird. Zum Schluss hatte Dr. Meike Friedrichs noch einen wichtigen Hinweis parat: „Rufen Sie mich beim Spermaeinkauf gerne zuvor an. Wir haben viele ergänzende Informationen, die allein schon aus Platzgründen nicht alle im Zuchtkatalog stehen können, wir aber Ihnen gerne zur Verfügung stellen“, bot Friedrichs an.

Alle Beteiligten waren mit dem Ablauf und den Ergebnissen des Gespräches sehr zufrieden. Gerne nahm man daher das Angebot von Dr. Meike Friedrichs an, im Frühjahr die Besamungsstation in Rees zu besuchen.

Bio-Ferkelerzeugung in der Praxis

Barbara und Gerhard Maaß bewirtschaften ihren Hof im westfälischen Werther seit 1998 ökologisch nach Biolandrichtlinien. Im Jahr 2008 konnten die 48 Sauen einen neuen Stall beziehen, der als Außenklimastall mit gedämmten Hütten konzipiert ist. Ein Teil der erzeugten Ferkel wird selbst gemästet und im Hofladen an der Fleischtheke verkauft. Die Sauen ferkeln in den Hütten auch ab und werden nach 10 bis 14 Tagen ins Gruppensäugen umgestallt. Hier werden jeweils drei Sauen mit ihren Ferkeln bis zum Absetzen gehalten. Diese Buchten dienen auch als Aufzuchtabteil, denn nach dem Absetzen verbleiben die Ferkel während die Sau die Bucht verlässt.

Auch wenn die Hütten wärmegedämmt sind und den Ferkeln in ihrem Liegebereich ein Fußbodenheizung zur Verfügung steht, sind vitale Ferkel, die schnell ans Gesäuge gelangen, das A und O. „Die übergroßen Würfe mit häufig über 15 und gelegentlich sogar über 20 lebend geborenen Ferkeln lassen sich in diesem System nicht handeln“, erzählte Gerhard Maaß. Dabei setzt er auf der Mutterseite auf Deutsches Edelschwein und verzichtet ganz bewusst auf die sehr fruchtbare dänische Genetik. „Noch vor wenigen Jahren waren unsere Würfe deutlich kleiner, aber egal welchen Eber wir auswählen, die Zahl der lebend geborenen Ferkel wächst geradezu von allein“, bemerkte Maaß. „Uns sind 10 bis maximal 12 lebend geborene Ferkel in einem homogenen Wurf viel lieber.“ Das auf seinem Betrieb stattgefundene Gespräch geht maßgeblich auf seine Initiative zurück.

Quelle: Christian Wucherpfennig, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 02821-996-177, E-Mail: christian.wucherpfennig@lwk.nrw.de

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