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Körnerleguminosen in den Schweinetrog

19.11.2015

Nach wie vor gilt das Sojaschrot mit all seinen positiven Eigenschaften als eines der wichtigsten Eiweißfuttermittel in der weltweiten Tierfütterung. Zahlreiche Studien, Fütterungsversuche und Praxiserfahrungen zeigen aber auch, dass Fütterungsstrategien mit heimischen Körnerleguminosen eine gute Alternative zu Sojaprodukten sein können, wie Dr. Gerhard Stalljohann und Sybille Patzelt, Landwirtschaftskammer NRW, belegen.

Es stellen sich in europäischen Importländern immer mehr Fragen zur Sinnhaftigkeit eines sehr hohen Anteils von Sojaschrot bei der Eiweißergänzung für Kühe, Schweine, Hühner, Puten und Enten. Und dabei wird nicht nur die Tatsache gesehen, dass das meiste Sojafutter von genveränderten Sorten stammt, sondern auch die einseitig intensive Landnutzung in Ländern vor allem in Südamerikas. Mit dem wachsenden Bewusstsein nach "gesunden Lebensmitteln" und mehr Nachhaltigkeit in der Tierhaltung wächst der Wunsch zu alternativen Wegen zu einer nachhaltigen und bewussteren Fleischerzeugung.

Förderprogramme und Projekte zur zukunftsweisenden Eiweißversorgung mit heimischen Körnerleguminosen sind deshalb auf Erzeugerseite gestartet. Dazu werden bislang finanzielle Anregungen zum Anbau, zur Fütterung und zur Wirtschaftlichkeit von Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen und heimischen Sojabohnen, je nach Anbaueignung gegeben. Zu dem finanziert der Bund über die BLE Forschungen zu Fragen des Anbaus, der Verarbeitung und der Verfütterung.

Aus pflanzenbaulicher Sicht kommt die Besonderheit zum Tragen, dass die Körnerleguminosen mit Hilfe der Knöllchenbakterien Luftstickstoff binden können und somit einen Beitrag zur umweltfreundlichen regenerativen N-Versorgung im Ackerbau beitragen. Fruchtfolgen mit Körnerleguminosen können vor allem das Düngerkonto entlasten und tragen somit zur Senkung der Produktionskosten bei. Und aus der Sicht der Fütterung landwirtschaftlicher Nutztiere zeigen zahlreiche frühere und aktuellere Studien, Fütterungsversuche und Praxiserfahrungen, dass Fütterungsstrategien mit heimischen Körnerleguminosen eine gute Alternative zu Sojaprodukten sein können. Es wird nämlich gezeigt, dass ohne nennenswerte Leistungseinbußen, ein hoher Anteil an Sojaextraktionsschrot (SES) in der Futterration durch Körnerleguminosen ersetzt werden können.

Futterwert von Ackerbohnen und Erbsen

In Abhängigkeit von Sorte und Standort können große Schwankungen bei den Inhaltsstoffen und somit bei den wertbestimmenden Nährstoffgehalten vorkommen. Genaue Kenntnisse dieser Gehalte sind bei Mischungszusammenstellungen und Rationsberechnungen also wichtig und notwendig. Um Abweichungen im Einzelfall berücksichtigen zu können, sind Untersuchungen auf Inhaltsstoffe ein Muss.

Zunächst kann festgestellt werden, dass Ackerbohnen und Erbsen bei Betrachtung der Gehalte an Rohprotein, Stärke, Zucker und Rohfaser im Vergleich zum selbst erzeugten oder zugekauftem Getreide und Mais als Protein reichere Komponente mit gleichzeitiger hoher Stärke- und höherer Faserlieferung eingeordnet werden kann. Im Vergleich zum Weizen liefert zum Beispiel die Erbse etwa die doppelte Menge an Rohprotein und 70 % der Stärkemenge. Bezüglich einer für die Ernährung auf den gesunden Darm erforderlichen Faserversorgung besitzen Ackerbohne und Erbse zudem gegenüber dem sehr faserarmen Weizen gewisse Ausgleichswirkungen. Mit beispielsweise 145 g aNDFom (neutrale Detergenzienfasern = NDF, nach Amylasebehandlung = a, in der organischen Massen = om) je kg Ackerbohne wird ein deutlich höherer Wert gegenüber Weizen mit 105 g aNDFom je kg erreicht.

In erster Linie sind Ackerbohnen und Erbsen als eiweißreiche Energielieferanten zu betrachten. Zur Beurteilung des Eiweiß- und Ergänzerpotenzials sollten stets die erstlimitierenden Aminosäuren (Lysin, Methionin, Cystin, Threonin und Tryptophan) betrachtet werden und zwar auf Basis der praecaecal verdaulichen (pcv) Gehalte. Bezogen auf diese Gehaltswerte liegen sie weit unter denen des Sojaschrotes. So weist das faserreichere SES mit (43 % RP) mit 23,9 g Lysin fast die 1,8-fache Menge gegenüber der Ackerbohne mit 13,5 g pcv Lysin auf.

Noch deutlicher wird es bei Methionin und Threonin – hier weist das SES 43 sogar die 3,3-fache Methionin- beziehungsweise zweifache Threoninmenge jeweils gegenüber Ackerbohnen auf. Die Notwendigkeit einer hinreichenden Berücksichtigung dieser Verhältnisse bei Mischfutteroptimierungen wird damit wohl sehr deutlich unterstrichen.

Bei einer Einordnung von Ackerbohnen und Erbsen im Hinblick auf die gelieferte Proteinqualität sollte die Konzentration der Aminosäuren im Bohnen- oder Erbsenprotein näher beleuchtet werden. Denn dann wird deutlich, ob dem Tier ein weitestgehend gut aufschließbares und damit gut verwertbares Protein im Darm und Stoffwechsel zur Verfügung gestellt wird. Und bei dieser Betrachtung wird deutlich, dass sich das Bohnen- oder Erbsenprotein bei der Lysinkonzentration nicht so weit hinter dem des SES-Proteins "verstecken" müsste. Mit 5,15 beziehungsweise 5,65 g pcv Lysin je 100 g Rohprotein wird bei Bohnen die Konzentration bei SES von 5,5 g pcv Lysin je 100 g Rohprotein etwas unterschritten – bei den Erbsen wird mit 5,65 g pcv Lysin je 100 g Rohprotein aber eine höhere Konzentration als im SES erreicht. Bei den nächstlimitierend wirkenden Aminosäuren Methionin, Threonin, Tryptophan und Valin liegen die Konzentrationen allerdings deutlich niedriger als im SES.

Futtererbsen enthalten im Mittel wohl noch mehr Stärke und Zucker als Ackerbohnen, was dann auch am höheren Energiegehalt von 12,75 MJ ME/kg gegenüber 12,29 MJ ME/kg erkennbar ist, hier jeweils nach MFF ermittelt. Die Aminosäurenkonzentration, bezogen auf die Rohproteingehalte der Erbsen, fällt etwas höher aus als bei den Ackerbohnen. Die vergleichsweise niedrigen Verdaulichkeiten dieser Aminosäuren sind aber mit denen der Ackerbohnen vergleichbar.

Tabelle1: Futterwert von Ackerbohnen und Erbsen für Schweine im Vergleich zu Soja- und Rapsextraktionsschrot sowie Weizen (je kg, 88 % T)

Quelle: Rechenmeister der LWK NRW, 2014

AckerbohnenErbsenSES (43)RESWeizen
Rohproteing262221432348108
Stärkeg37142158--596
Zuckerg3654947128
Rohfaserg78598311622
aNDF omg145106138279105
ADF omg110709719331
Energie (ME)**)MJ12,2912,7512,5210,6813,78
pcv Lysin*) g13,512,623,8514,42,6
pcv Methi./Cystin*) g3,33,710,812,03,6
pcv Threonin*) g7,26,214,411,12,7
pcv Tryptophan*) g1,61,44,83,51,2
pcv Lysin/100 g RPg5,155,655,524,142,40
pcv Me/Cy/100 g RPg1,251,702,503,443,33
pcv Thre/100 g RP g2,752,803,333,192,50
pcv Tryp/100 g RP g0,620,631,111,001,11
Calciumg1,20,93,48,10,3
Phosphorg4,84,16,41,52,9
verd. Phosphor***)g3,12,74,26,81,9

*) praecaecale (pcv) Verdaulichkeit (GfE, 2006)
**) berechnet nach MFF
***) mit Phytaseergänzung zum fertigen Futter (min. 550 bzw. 750 Einheiten/kg Futter)

Einsatzempfehlungen

Hülsenfrüchte enthalten sogenannte sekundäre Inhaltsstoffe, die sich negativ auf den Geschmack und damit auf die Futteraufnahme auswirken können. Hierzu zählen beispielsweise Tannine (Gerbstoffe) und bestimmte Stoffe, die die Proteinverdauung hemmen (Proteininhibitoren). Um nachteilige Nebenwirkungen dieser Substanzen in Form von geschmacklichen Veränderungen zu vermeiden, sind die in Tabelle 2 aufgezeigten maximalen Einsatzempfehlungen zu beachten. Bei hohen Gerbstoffgehalten muss mit einem deutlichen Rückgang des Futterverzehrs gerechnet werden. Zudem verringert sich die Verdaulichkeit des Proteins in den Komponenten und den Gesamtrationen.

Tabelle 2: Einsatzhöchstmengen für Ackerbohnen und Erbsen - in (%) Einsatzempfehlungen
FerkelSauenMastschweine
ab 15 kg LM tragendlaktierendAnfangsmastMittel-/ Endmast
Ackerbohnenbis 5 % (5%) bis 15 % (10-15 %)bis 15 % (15 %) bis 25 % (15-20 %)
Erbsenbis 30 % (5-10%)bis 25 % (10-15%)bis 40 % (15-20%)bis 40 % (20-25%) 25 % bei Flüssigfütterung

In den Tabellen 3 und 4 werden Beispielmischungen für tragende und säugende Sauen sowie für Mastschweine aufgeführt, bei denen diese Vorgaben berücksichtigt wurden. Als Besonderheit fällt die erforderliche und zugleich recht hohe Threoninzulage im Mineralfutter für Mastschweine auf. Dies hängt ebenfalls mit den vergleichsweise niedrigen pcv-Verdaulichkeiten des Threonins zusammen.

Tabelle 3: Mischungsbeispiele für den Einsatz von Ackerbohnen(AB) und Erbsen (ER) für tragende und säugende Sauen
tragende Sauen Säugende Sauen
Mischung Nr.ABERAB/ERABERAB/ER
Wintergerste%303030202020
Winterweizen%252525313131
Triticale%121212121212
Fasergranulat%202020888
Sojaextraktionsschrot 43 % RP %1,51,51,5555
Rapsextraktionsschrot %1,51,51,5555
Erbsen%--63--126
Ackerbohnen%6--312--6
Mineralfutter *) %222----3,5
Mineralfutter **) %------3,53,53,5
Sojaöl%2223,53,5
Inhaltsstoffe:
EnergieMJ ME/kg12,1412,1112,1313,0713,0112,91
Rohprotein%119117118144139142
pcv Lysin %5,215,155,188,278,158,22
pcv-Lys:Energie g/MJ ME0,430,430,430,640,640,64
Rohfaser%706970555254
aNDFom%2013201202157153156
Ca%6,16,16,17,77,67,6
P%4,14,14,15,05,05,0
verd. Phosphor %2,22,22,23,493,443,47
Lys:Met/Cys:Thr:Try 1:0,66:0,66:0,240,66:0,65:0,240,66:0,65:0,240,58:0,67:0,200,59:0,66:0,200,59:0,66:0,20
Kosten€/dt20,5120,5120,5125,8125,8125,40
Kosten je 10 MJ ME0,1690,1690,1690,1980,1980,197

Mineralfutter *): 22 % Ca; 3,5 % P; 5 % Lysin; - % Methionin; - % Threonin; - % Tryptophan
Mineralfutter **): 18 % Ca; 4 % P; 7,5 % Lysin; 2 % Methionin; 3,5 % Threonin; 0,5 % Tryptophan

Tabelle 4: Mischungsbeispiele für den Einsatz von Ackerbohnen in der Schweinemast mit 850 g täglicher Zunahme
Mischung: …mit CCMmit Getreide
Lebendmasse284070100284070100
FM(88 T)FM(88 T)FM(88 T)FM(88 T)10121719
Ackerbohne%8(9,0)8,6(9,9)11(13,0)15,7(18,5)1071,60,3
Sojaextraktionsschrot 43%12(13,7)8(9,3)4(4,8)1(1,25)53,50,80,15
Rapsextraktionsschrot 00%6(6,9)4(4,6)2(2,4)0,5(0,6)--------
CCM 62 TS, 2,5 RF%40(31,8)46(37,5)50,5(41,7)50,5(41,7)32,533,534,534,7
Wintergerste%14(15,7)14(16,1)14(16,3)14(16,4)282931,531,8
Winterweizen%8(8,9)8(9,1)8(9,3)8(9,3)101111,411,5
Triticale%8(8,9)8(9,1)8(9,3)8(9,3)3,42,9----
Mineralfutter I*) / I**)%2,8(3,5)1,4(3,1)------------2,52,3
Mineralfutter II*) / II**)%--------2,1(2,7)2,1(2,7)1,11,10,70,25
Öl%1,2(1,5)1(1,3)0,4(0,5)0,2(0,25)
Inhaltsstoffe (88T):
Energie MJ MEkg1313,113,113,11313,113,113,1
Rohproteing173153137130165155138135
pcv Lysing10,48,87,67,210,197,67,3
Rohfaserg4541383846444242
aNDF omg131130130130140138138138
P5,04,53,83,74,84,53,73,7
v Pg3,23,02,552,453,23,12,52,45
Ca6,55,55,45,26,55,65,45,0
Lys:Met/Cys/Thr/Try1:0,58:0,66:0,190,60:0,67:0,190,59:0,65:0,180,56:0,65:0,180,58:0,65:0,190,59:0,65:0,190,58:0,64:0,180,58:0,64:0,18
Preis je Frischmasse€/dt22,3020,3318,0017,5025,0023,9022,0021,35
Preis je 10 MJ ME0,1940,1790,1610,1570,1930,1830,1680,164

Mineralfutter I *): 16,5 % Ca; 3,0 % P; 11,0 % Lysin; 3,5 % Methionin; 5,0 % Threonin; 1,0 % Tryptophan
Mineralfutter II *): 19,0 % Ca; 2,0 % P; 11,0 % Lysin; 2,5 % Methionin; 4,0 % Threonin; 0,5 % Tryptophan

Mineralfutter I **): 16,0 % Ca; 3,0 % P; 11,0 % Lysin; 3,5 % Methionin; 5,0 % Threonin; 0,5 % Tryptophan
Mineralfutter II **): 19,0 % Ca; 1,5 % P; 11,0 % Lysin; 3,0 % Methionin; 4,5 % Threonin; 0 % Tryptophan

FM= Frischmasse

Was darf was kosten?

Für einen sinnvollen Einsatz bei Sauen, Ferkeln und Mastschweinen spielt die Kosten-Nutzen-Relation einer Strategie eine entscheidende Rolle. In den Betrieben sollten daher stets die Kosten der Komponenten auf Basis ihrer Lysin- und Energielieferung verglichen werden.
In Tabelle 5 sind die Vergleichspreise für Sojaschrot und Weizen aufgeführt. Falls Weizen 18 € und Sojaschrot 37 € je dt kosten, dann dürfen Ackerbohnen beziehungsweise Erbsen maximal 28,25 € oder 27,75 € je dt kosten. Diese Vergleichspreise stellen allerdings nur eine grobe Orientierungshilfe dar. Es müssen immer die einzelbetrieblichen Besonderheiten im Bereich des Anbaues, der Lagerungslogistik und der Futterkosten berücksichtigt werden.

Tabelle 5: Preiswürdigkeit von Ackerbohnen und Erbsen in der Schweinefütterung (Angaben in €/dt)
Sojaschrotpreis
37,0040,0043,00
WeizenpreisAckerbohnenErbsenAckerbohnenErbsenAckerbohnenErbsen
18,0028,2527,7529,9029,3031,6530,60
20,0029,0528,6530,7530,2532,4531,80
22,0029,8529,6031,5531,2033,2532,75

 

Fazit
  • Als alternative eiweißreiche Energielieferanten sind Ackerbohnen und Erbsen wieder verstärkt in der Diskussion.
  • Ackerbohnen und Erbsen besitzen aufgrund ihres hohen Protein- und Stärkegehaltes einen guten Futterwert für Schweine. Die vergleichsweise niedrigen Gehalte der schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystin sowie des Threonins und deren im Vergleich zum Sojaschrot deutlich geringere Verdaulichkeiten sind bei der Rationsoptimierung zu berücksichtigen. Geschmackliche Beeinträchtigungen durch antinutritive Stoffe können den Futterwert schmälern.
  • Beim Einsatz von Ackerbohnen und Erbsen können die Sojaschrotanteile in der Futtermischung sowohl in der Sauenhaltung als auch in der Schweinemast nennenswert reduziert werden.
  • Acker- und pflanzenbauliche Eigenschaften der Leguminosen sind beim Anbau zu berücksichtigen. Die Trocknung und Lagerung der Hülsenfrüchte erfordert viel Umsicht und Sorgfalt, wobei vor allem Schimmelbildungen zu vermeiden sind.
  • Förderungsprogramme, zum Beispiel "Vom Acker in den Trog", machen den Leguminosenanbau wieder interessant.

Quelle und Ansprechpartner/in: Dr. Gerhard Stalljohann und Sybille Patzelt, Landwirtschaftskammer NRW, LZ 47 - 2015

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