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Bioland-Geflügeltagung: Vielfalt der Möglichkeiten nutzen

25.04.2022

Ob es um die Mast von Bruderhähnen geht, oder die Zucht und Haltung von Zweinutzungsrassen - auch die Öko-Geflügelhalter stehen vor neuen Herausforderungen. Darüber hinaus sorgt der Bio-Futtermittelmarkt, der durch Corona-Pandemie und Ukrainekrieg unübersichtlich geworden ist, für Verunsicherung. Aktuelle Informationen zu diesen und weiteren Themen lieferten rund 30 Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft und Praxis im Rahmen der Bioland-Geflügeltagung vom 29. bis 31. März. Zu der Online-Veranstaltung hatten Bioland e. V. und das Thünen-Institut für ökologischen Landbau gemeinsam eingeladen.

Den Markt für Biofuttermittel analysierte Rudolf Joost-Meyer zu Bakum, Bio-Futtermittelerzeuger aus Melle. „Unsere Futtermisere ist von der knappen Futtermittelversorgung im konventionellen Bereich ausgelöst worden“, lautete die Einschätzung des Referenten. So habe der steigende Preis für konventionell erzeugtes Getreide auch die Preise für Biogetreide mit nach oben gezogen. Durch eine Verknappung von Eiweißträgern wie Raps-, Sonnenblumenkuchen und Soja, die erst in der nächsten Anbausaison voll zum Tragen komme, müsse insgesamt mit einem Preisanstieg von rund fünf Cent je Bio-Ei gerechnet werden. Die Versorgungssituation bei Bio-Futtermitteln sei allerdings günstiger als bei konventioneller Ware. Dies gelte insbesondere für die sogenannte Verbandsware. Deshalb wollen Bioland und Demeter auch dann bei einer100-%-Bio-Fütterung bleiben, wenn die zuständigen Stellen einen Anteil von 5 % konventionell erzeugter Futtermittel für die Öko-Tierhaltung zulassen sollten. „Dadurch wird die Zusammensetzung des Futters zukünftig wieder ein starkes Argument bei der Vermarktung von Eiern“, prognostizierte der Unternehmer.

In diesem Zusammenhang appellierten mehrere Referenten an die teilnehmenden Landwirte, die von ihnen erzeugten Bio-Futtermittel nicht in den konventionellen Markt abzugeben, sondern „in den eigenen Reihen“ zu halten.


Zweinutzungshühner im Fokus

Zucht und Haltung von Zweinutzungshühnern werden in der Öko-Branche stark vorangetrieben. Rund 70 % der Öko-Geflügelhalter können sich vorstellen, innerhalb der nächsten fünf Jahre Zweinutzungshühner auf ihrem Betrieb ein zu stallen. Das ergab eine Blitzumfrage unter den rund 100 Teilnehmenden der Veranstaltung. In verschiedenen Projekten wird daher nach den passenden Gebrauchskreuzungen oder Reinzuchten gesucht, die sich für die Öko-Haltung eignen. Darüber hinaus sollen die Zweinutzungshühner bedarfsgerecht, aber auch ressourcenschonend gefüttert werden - ein weiterer Forschungsbereich beim Zweinutzungshuhn. Zu den Kandidaten für die wirtschaftliche Haltung von Zweinutzungshühnern auf Ökobetrieben zählt auch das Sundheimer Huhn. Die Rasse entstand im badischen Kehl und gilt als älteste Zweinutzungsrasse in Deutschland, erläuterte David Kohnke von der Universität Hohenheim. Die Legeleistungen, Mastleistungen sowie Fitnessmerkmale von Tieren unterschiedlicher Zuchtstämme des Sundheimer Huhns zeigten eine hohe Varianz. Dies sei eine gute Voraussetzung für die züchterische Weiterentwicklung der Rasse. Allerdings sollen die Leistungsmerkmale der Zuchtpopulation nur moderat weiterentwickelt werden, ohne dass die typischen Alleinstellungsmerkmale und Eigenschaften dieser Rasse verloren gehen. Denn das Sundheimer Huhn ist als absolut schützenswerte Rasse in der Roten Liste eingestuft. Ziel des bis 2026 laufenden Projekts ist es, das Sundheimer Huhn als Zweinutzungsrasse auf landwirtschaftlichen Betrieben zu etablieren und damit auch dessen Fortbestand zu sichern.


Betriebsgründung mit Bruderhähnen

Mit der Aufzucht von Bruderhähnen ist Familie Ann aus Elmenhorst im Jahr 2020 in die Bio-Nebenerwerbslandwirtschaft eingestiegen. Nach einer Vormast im festen Gebäude werden die Tiere bis zur Schlachtreife in zwei Mobilställen der Firma CN Agro gehalten. Jeder Mobilstall hat 500 Plätze. Der Geflügelhof mästet die Hähne im Auftrag von Bio-Legehennenhaltern, die die geschlachteten Hähne ab Schlachtstätte übernehmen und selbst vermarkten. Geschlachtet wird in einem Schlachthaus eines Berufskollegen. „Unser Geschäftsmodell erfordert eine enge Abstimmung des Schlachttermins mit den Vermarktungsfenstern der Legehennenhaltern“, erläuterte Betriebsleiter Lorenz Ann. Bisher hat der Bio-Hof Erfahrung mit der Hahnenmast der Genetiken Ökologische Tierzucht GmbH (ÖTZ) sowie Lohmann Brown-Plus gemacht. „Die Tiere sind sehr entspannt, sodass die Hahnenmast bisher unproblematisch verlaufen ist. Allerdings habe ich den zeitlichen Aufwand für die Betreuung der Hähne unterschätzt. Deshalb wurden die Mobile zwischenzeitlich mit einer automatischen Fütterung nachgerüstet“, berichtete der Geflügelhalter.

 


Mobile oder stationäre Schlachtstätte?

„Wo sollen unsere Tiere zukünftig geschlachtet werden?“ Diese Frage stellt sich automatisch, wenn Hühner, Puten oder Saisongeflügel auf dem eigenen Hof gemästet und die Direktvermarktung ausgebaut werden soll. Da regionale Schlachthöfe häufig fehlen, bleiben als Alternative nur die Nutzung einer mobilen Schlachtung oder die eigene stationäre Schlachtstätte am Hof.  Die Vor- und Nachteile beider Systeme erläuterte Axel Hilckmann, Berater im Ökoteam der Landwirtschaftskammer NRW. Mobile Schlachtstätten eigneten sich eher für kleinere Betriebe mit maximal vier bis fünf Schlachtungen pro Jahr. Die Kapazitätsgrenze eines Schlachtmobils, besetzt mit zwei Personen, liege bei rund 300 bis 400 Hühnern pro Tag, so die Erfahrung des Referenten. Wenn in der Umgebung des Betriebs kein Dienstleister mit Schlachtmobil zur Verfügung stehe, könnten sich Landwirte zusammentun und die Investitionssumme von rund 60 000 € für ein Schlachtmobil gemeinsam aufbringen. Auch für Landwirte, die keine eigene Schlachtstätte unterhalten, sondern den Dienstleister mit dem Schlachtmobil auf den eigenen Betrieb ordern, müssen diese Schlachtungen beim Veterinäramt anmelden, erläuterte der Referent. Die Dienstleister stellten in der Regel zwischen 5,00 € und 5,50 € je geschlachtetes Huhn in Rechnung. Hinzu kommen Fahrtkosten von 50 Cent je Kilometer und eine Pauschale von rund 150 € pro Tag. Betriebsleitern mit größeren Geflügelbeständen und einer kontinuierlichen Schlachtung und Vermarktung riet der Referent ehr zur Einrichtung einer stationären Schlachtstätte. Hierbei sei - je nach Größe und gewählter Schlachttechnik - mit einer Investitionssumme ab 25 000 € zu rechnen.


Zu gut fürs Glas

Für ein stationäres Schlachthaus hat sich auch Bio-Landwirt Jens Bodden aus dem niederrheinischen Goch entschieden, denn in seinem Betrieb werden wöchentlich 200 bis 300 Tiere geschlachtet. Das Unternehmen betreibt Junghennenaufzucht und Legehennenhaltung. Seit 2015 ist der Hof Zuchtstandort der Ökologischen Tierzucht GmbH. „In unserem Schlachthaus können vier Personen gleichzeitig arbeiten, außerdem ist die Kühlung direkt angeschlossen. So geht die Arbeit leicht und schnell von der Hand“, zählt er die Pluspunkte auf. Darüber hinaus hat der Betrieb auf moderne Technik gesetzt, denn so Jens Bodden: „Schlachten sollte auch Freude bereiten“. Auch Bruderhähne werden auf dem Bioland-Geflügelhof Bodden geschlachtet, zerlegt und zum Beispiel als Geschnetzeltes, Bolognese oder Currywurst in Gläsern vermarket. Doch mit dieser Vermarktungsform ist der Betriebsleiter unzufrieden: „Die Bruderhahnschlachtkörper sind eigentlich zu schade für die Zerlegung. Außerdem ist die Herstellung von Glasprodukten teuer“, berichtete er.


Annegret Keulen

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