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Mobil geht‘s auch mit Weidehähnchen

15.02.2022

Wo die Vor- und Nachteile verschiedener Mobilstallsysteme liegen und wie Haltung und Vermarktung von Weidehähnchen funktionieren, erläuterten Wissenschaftler und Hähnchenmäster am 19. Januar in einem Online-Seminar, zu dem das Netzwerk Fokus Tierwohl gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen eingeladen hatte.

Legehennenhaltung in Mobilställen kommt beim Verbraucher an. Deshalb interessieren sich Direktvermarkter zunehmend auch für die Hähnchenmast in dieser Stallvariante.

Hühner sind Fluchttiere mit großem Sicherheitsbedarf, und das gilt besonders für Küken, die im Freien auf Deckung und Tarnung angewiesen sind. Auch Masthühner sind aufgrund ihres geringen Lebensalters entwicklungsbiologisch noch Küken, erläuterte Dr. Christiane Keppler vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Deshalb sei es wichtig, dass die Tiere auf der Weide Gehölze oder andere Strukturen zum Unterschlupf nutzen könnten.

Wenn es glänzt

Küken sind genetisch darauf fixiert, alles zu bepicken, was glänzt, denn es könnte Futter sein. Tropfende Nippeltränken, die bei den Hühnern zu nass-glänzenden Körperpartien führen, könnten deshalb Federpicken auslösen, erläuterte die Wissenschaftlerin. Auch die Federfollikel von noch nicht voll befiederten Küken glänzen und reizen die Küken, sich gegenseitig zu bepicken. „Je langsamer die Tiere wachsen, desto höher ist das Risiko für Federpicken und desto mehr Beschäftigungsmaterial benötigen die Jungtiere“, so Keppler. Darüber hinaus brauchen auch Weidemasthähnchen trockene Einstreu, damit Fußballenläsionen und Brusthautveränderungen vermieden werden. Wichtig sind auch erhöhte Standorte zum Ruhen, wie zum Beispiel erhöhte Roste mit flachen Rampen als Aufstiegshilfe.

Auch Staub- oder Sandbäder benötigten die Tiere. Verformungen von Beinen und Gelenken, die die Lauffähigkeit beeinträchtigen, sind ein großes Problem bei der Hühnermast. Deshalb sollten für die Mobilstallhaltung von Masthühnern langsam wachsende Linien gewählt und beim Fangen und Fixieren der Tiere besonders vorsichtig vorgegangen werden, um die Tiere nicht zusätzlich zu verletzen.

Die Qual der Wahl

Welcher Stall passt in meinen Betrieb, was kostet der Tierplatz und kann ich für meine Hähnchen Preise durchsetzen, mit denen ich am Ende Gewinne erziele? Diese Fragen sollte jeder Neueinsteiger in die Weidehähnchenmast klar beantworten können, bevor in ein Haltungssystem investiert werde, so der Rat von Jannik Schulze-Pröbsting. Der Landwirt aus dem westfälischen Laer hat im vergangenen Jahr mit der Hähnchenmast begonnen und sich im Vorfeld intensiv mit den am Markt verfügbaren Mobilställen der Firmen Atlantic, Baier-Stoi, Farmermobil, Rowa, Steiner, Weiland und Wördekemper auseinandergesetzt. Die Preisspanne zwischen den angebotenen Modellen ist weit und liegt je nach Größe, Ausstattung und Automatisierungsgrad zwischen 8 000 und 80 000 €.

Für Betriebe, in denen Arbeitszeit knapp ist, empfiehlt der Landwirt Mobile mit einem hohen Automatisierungsgrad. Wer Eintagsküken einstallen möchte, sollte Wert auf das Heizungssystem legen. Für Tierhalter, die ihre Durchgänge mit vorgezogenen Hähnchen starten, spielt dieser Punkt beispielsweise eine untergeordnete Rolle. Wesentlich ist auch die Entscheidung, ob der Mobilstall eine geschlossene Bodenplatte haben soll. Interessenten für die Mobilstallhaltung sollten sich darüber hinaus frühzeitig erkundigen, welche Genehmigungen in ihrem Bundesland für das Aufstellen und die Inbetriebnahme eines Mobilstalls erforderlich sind.

Technik bringt Sicherheit

Steffen Stockert, Landwirt aus dem baden-württembergischen Krautheim, hat bereits ein Jahr Erfahrung mit der Haltung von Weidehähnchen in einem Farmermobil. Der mobile Stall steht auf einer Streuobstwiese, so dass den Tieren natürliche Deckung zur Verfügung steht. Darüber hinaus erhöht die Hühnerhaltung auch die Wirtschaftlichkeit der Obstwiese. „Für die Hähnchenmast anstatt Legehennenhaltung haben wir uns entschieden, weil wir bei der Mast nur alle sechs bis acht Wochen vermarkten müssen. Die Legehennenhaltung verlangt dagegen eine tägliche Vermarktung der Eier, und dafür haben wir keine freien Kapazitäten“, erläuterte der Referent.

Freie Arbeitszeit ist auf dem Milchviehbetrieb mit rund 500 Kühen knapp, deshalb hat sich Steffen Stockert auch für das Produkt hm400 von Farmermobil entschieden, bei dem Licht, Fütterung, Auslauföffnung und Lüftung automatisch über einen Stallcomputer gesteuert werden. Stockert belegt das Mobil mit 380 Tieren. In Baden-Württemberg musste der landwirtschaftliche Unternehmer mit dem geplanten Hähnchenmobil das komplette Baugenehmigungsverfahren durchlaufen, bevor die ersten Ranger-Klassik Eintagsküken ihren mobilen Stall beziehen konnten.

Vor der Ankunft eines neuen Durchgangs wird die Stallfläche mit Karton und Klebeband verkleinert und Futter auf Papierbahnen ausgelegt. In den ersten drei Wochen bleiben die Küken im Stall. Erst danach erhalten sie Weidegang. Gefüttert wird einphasig mit einem Zukauffutter. Das sei zwar teuer, aber momentan nicht anders machbar, erläuterte Steffen Stockert. Nach sieben bis acht Wochen erreichen die Tiere ein Schlachtgewicht zwischen 1,7 kg und 2,8 kg bei einer Futterverwertung von rund 1: 2,4. Für die Einstreu verwendet der Betrieb Dinkelspelzpellets. Dass sein mobiler Stall mit einem Boden ausgerüstet ist, habe sich bewährt, sagt Stockert: Gerade in regenreichen Perioden sei es unverzichtbar, dass die Tiere drinnen im Mobil einen trockenen Untergrund vorfänden.

Von der klassischen Anzeige bis Instagram

Was das Schlachten der Hühner betrifft, hat der landwirtschaftliche Unternehmer Glück: In rund 50 km Entfernung von der Hofstelle befindet sich ein Schlachthof, der die Tiere schlachtet und zerlegt. Für die Vermarktung der Masthühner hat der Landwirt auf dem Hof eine Garage provisorisch zum Verkaufsraum eingerichtet. Angeboten werden komplette Hähnchen zum Bruttopreis von 9,80 €/kg oder Hähnchenteile wie Brust und Schlegel. Seit kurzem gehört auch geräucherte Ware zur Angebotspalette. Sie wird von den Kunden stark nachgefragt. Darüber hinaus lässt der Betrieb aus einem Teil des Hähnchenfleischs Wurstwaren produzieren. Um seine Kunden auf die bevorstehende Schlachtung eines Durchgangs aufmerksam zu machen, fährt der Landwirt zweigleisig: Zum einen ist das Unternehmen auf Facebook und Instagram aktiv, gleichzeitig schaltet er auch Werbung in den regionalen Anzeigenblättern.


Annegret Keulen/LZ Rheinland

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