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Herausforderungen annehmen, Lösungen finden

22.03.2023

Nach einer im letzten Jahr nur verhaltenen Entwicklung des Marktes für Bio-Schweine gibt es unterschiedliche Einschätzungen, in welchem Umfang und über welche Vermarktungswege dies künftig erfolgen wird. Die aktuelle Marktsituation war daher ein Schwerpunkt der diesjährigen Bioland-Schweine-Tagung, die am 23. Februar im Online-Format stattfand.


Bundesregierung setzt auf Außer-Haus-Verpflegung

Dr. Karl Kempkens, Referat Ökologische Lebensmittelwirtschaft im BMEL, berichtete, dass die Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau zu einer Strategie der Bundesregierung weiterentwickelt werden soll, denn „die Hausspitze hat den Ökolandbau als Leitbild für die Landwirtschaft ausgegeben“ und möchte 30 % ökologische Bewirtschaftung in der Fläche möglichst bald verwirklichen.

Da diese Strategie viele Bereiche über die Landwirtschaft hinaus, wie Bildung, umfasst, müssten auch alle Ministerien und Koalitionspartner eingebunden werden. Ein Schwerpunkt bildet die Förderung von Bio-Lebensmitteln in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV). „Der Lebensmittelanteil macht an den Gesamtkosten der AHV nur einen geringen Anteil aus“, zeigte sich Kempkens hier optimistisch. Mit einer finanziellen Förderung der Beratung der Kantinen und der Erhöhung des Bio-Anteils in Bundeskantinen sind erste Schritte schon eingeleitet. Weitere Maßnahmen, wie beispielsweise ein verpflichtender Bio-Anteil, werden gegenwärtig diskutiert.

Auch ein Modellregionenwettbewerb soll zur Ernährungswende beitragen. „Dabei soll eine Bio-Außer-Haus-Verpflegungsverordnung dazu beitragen, den Zertifizierungsaufwand für die Kantinen zu verringern“, erklärte Kempkens weiter. Für die Vorhaben „Regionale Wertschöpfungsketten“ steht ein Fördervolumen von 8 Mio. € zur Verfügung, damit Frischwaren einschließlich der Milchprodukte möglichst aus der Region stammen. Darüber hinaus wird es eine Verbraucherinformationskampagne zum Ökolandbau geben, um über den gesellschaftlichen Mehrwert von Bio-Lebensmitteln zu informieren. „So soll das Vertrauen in Bio-Lebensmittel gestärkt werden“, betonte Kempkens.


Wie entwickelt sich der Markt?

Die aktuelle Marktsituation von Biolandprodukten und die zu erwartende Entwicklung stellte Irina Michler vom Bioland-Verband vor. Gegenüber 2021 lagen die Umsätze im Jahr 2022 um 3,5 % niedriger. „Damit liegen sie aber immer noch um 25 % über dem Vor-Corona-Jahr 2019“, betonte Michler, wenngleich sie einräumte, dass durch die höheren Preise die Einkaufsmengen nicht im gleichen Maße gestiegen sind. „Mit zwei Dritteln Umsatzanteil ist der Lebensmitteleinzelhandel mittlerweile die treibende Kraft beim Umsatz, wobei das Wachstum im Discount vor allem durch Preiserhöhungen realisiert wurde“, so Michler. Der Naturkostfachhandel musste Einbußen von 12 % hinnehmen. Die Referentin sieht ihren Verband aufgrund der zahlreichen Kooperationen gut aufgestellt. „Mit einzelnen Edeka-Handelsgesellschaften pflegen wir schon seit zehn Jahren eine gute Partnerschaft“, freute sich Michler. Neue Märkte könnten ihrer Meinung nach im Bereich AHV erschlossen werden und sie sieht dabei auch bei Bio-Fleisch großes Potential. Allein in den Jahren 2021 und 2022 konnte Bioland 40 neue Gastropartner gewinnen.

Zum Abschluss gab Michler einen optimistischen Ausblick: „Die meisten Experten gehen davon aus, dass nach der Krise wieder eine Rückkehr zu den Vorkrisenzeiten-Wachstumsraten zu erwarten ist.“ Der Konsum folge immer mehr ethischen und ökologischen Kriterien, um den Klimawandel positiv zu beeinflussen.


Langfristige Zusammenarbeit mit Edeka

Die Erzeugergemeinschaft rebio beliefert schon seit 2013 die Edeka Südwest Handelsgesellschaft. Raphael Misch, Abteilungsleiter Fleisch, kann Bio-Fleisch gut vertreten, denn es sei gut für die Umwelt und gesund. Das 1991 gegründete Unternehmen vermarktete im Jahr 2022 21 700 Bio-Schweine und 21 900 Bio-Ferkel. „Als wir starteten, wurde schnell klar, dass die Landwirte eine langfristige Perspektive bei der Umstellung brauchen“, erklärte Misch.

Dafür sorgen Verträge mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren, denen eine Vollkostenrechnung hinterlegt ist, damit die Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist. Bis Juni 2021 ergab sich so ein Preis von 3,75 € je kg Schlachtgewicht, der im Anschluss auf 4,20 bis 4,30 € erhöht wurde. Eine weitere Preiserhöhung erfolgt im Herbst vergangenen Jahres. Um den Absatz wieder anzukurbeln, sind in Zusammenarbeit mit Edeka Aktionen geplant und es wird mit einem Projekt zur AHV gestartet.

Als Tierschutzbeauftrage betreut Stephanie Meis bei Edeka Südwest auch das Bioland-Programm. Edeka Süd-West deckt Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland und Südhessen ab. Die „Grundstrategie Schweinefleisch“ baut auf dem gesetzlichen Standard auf, geht über regionale Programme bis zu Bio. Von 2019 auf 2021 konnte der Absatz mehr als verdoppelt werden. 2022 sank er um 17 %, liegt aber immer noch deutlich über dem Vor-Corona-Jahr 2019. Gegenüber konventionellem Schweinefleisch beträgt der Preisaufschlag bei Bio 70 %. „Bei unserem Tierwohlprogramm Hofglück sind es nur 40 %, was vielleicht auch erklärt, dass hier der Absatz im vergangenen Jahr noch um 8 % stieg." Bio-Wurstartikel werden nicht als Bioland ausgelobt, weil Nitritpökelsalz nach den Verarbeitungsrichtlinien von Bioland nicht zulässig ist. Seit Ende 2021 gibt es Bioland-Fleisch auch in der Bedientheke. „Das Personal muss dafür gut geschult sein, um den Mehrwert an den Verbraucher zu bringen“, hob Meiss hervor. Besonders wichtig seien Betriebsbesichtigungen zur Steigerung der Motivation des Verkaufspersonals. Trotz des Absatzrückgangs bei Bio-Schweinefleisch hält Edeka Südwest daran fest und nimmt die Mengen gemäß den Vereinbarungen ab, auch wenn eine Bio-Vermarktung nicht im vollen Umfang gewährleistet ist. Und so erklärte Meiss abschließend auch: „Bio-Ware ist fester Bestandteil unseres Sortiments“.


Bio-Getreide stabil

„Die Umstellungswelle bei den Ackerbaubetrieben ist vorbei, so dass weitaus weniger Umstellungsgetreide zur Verfügung steht“, stellte Philipp Rother, zuständig für den Ein- und Verkauf von Getreide bei Engemann GmbH & Co. KG, zu Beginn fest. Die Aussaat der Winterkulturen für 2022 erfolgte auf Grundlage der Markteinschätzung im Herbst 2021, die sich anschließend aufgrund der aktuellen Krisen als unzutreffend erwies. „Daher überlegten wir uns, wie wir Angebot und Nachfrage fair zueinander bringen können“, erläuterte Rother.

In einem Marktgespräch mit verschiedenen Branchenvertretern im Juni vergangenen Jahres wurde festgestellt, dass ein Aufschlag von 50 €/to bei Getreide die Mehrkosten in fairer Weise deckt. Gleichzeitig galt es zu beachten, dass die Mehrpreisbereitschaft für ökologische Produkte beim Endkunden begrenzt ist. Als Ergebnis wurde ein Preis für Getreide aus Umstellung je nach Art zwischen 350 und 390 €/to vorgeschlagen. Aktuell liegen die Getreidepreise bei Triticale bei 370 € und bei Weizen bei 390 € je Tonne. Für A-Ware gibt es 10 bis 20 € je Tonne Aufschlag, wobei sich alle Preise auf Ware ab Hof beziehen. „Dass es so jetzt passt, dazu hat sicher auch die gute Ernte im vergangenen Jahr beigetragen“, erklärte Rother. Bis zur Ernte 2023 sei ausreichend Bio-Futtergetreide vorhanden, während Körnermais knapp ist. „Bei Eiweißkomponenten ist nicht mit sinkenden Preisen zu rechnen“, dämpfte Rother hier die Erwartungen. Ackerbohnen und Erbsen lägen bei 600 €/to und mehr.


Christian Wucherpfennig,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Fazit der Tagung

Insgesamt schaut die Branche verhalten optimistisch in die Zukunft. Nicht überall können derzeit die angebotenen Bio-Schweine komplett verwertet werden und durch starke Preiserhöhungen sehen manche auch die Gefahr, dass die abgesetzten Mengen zurückgehen. Andererseits müssen die höheren Erzeugungskosten in der Wertschöpfungskette, und das gilt im besonderen Maße für die landwirtschaftliche Erzeugung, sich auch in höheren Erzeugerpreisen widerspiegeln. In seinem Grußwort hatte Dr. Peter Boysen vom Bioland-Verband erklärte: „Es wird schwierig werden, aber es wird klappen. Die Markteinschätzung von Unbeteiligten ist teilweise schlechter als die Wirklichkeit. Es gibt auch positive Signale. Es ist der Wunsch der Verbraucher, an die Landwirtschaft heranzukommen und das bietet Chancen.“ Das Grußwort eignete sich offensichtlich auch als Schlusswort.

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