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Alternative Schweinehaltung als Zukunftsmodell

12.10.2021

Christian Kussel ist Betriebsleiter aus Wörrstadt in Rheinhessen. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften in Bingen stieg er 2007 in den elterlichen Betrieb ein und entwickelte ihn seither stetig im Bereich Nachhaltigkeit weiter. Bereits in seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema tierwohlgerechter Stallneubau. Zusätzlich zu dem 2013 neu in Betrieb genommenen Maststall mit 450 Schweinemastplätzen bewirtschaftet er 150 ha Acker. Auf seinen Flächen legt Christian Kussel Wert auf eine vielgliedrige Fruchtfolge. Der Anbau heimischer Körnerleguminosen zur Verwertung im eigenen Betrieb liegt ihm am Herzen. 

Eine artgerechte Haltung mit Auslauf, Außenklima und dem gewissen Extra an Beschäftigung sind für Familie Kussel besonders wichtig, ebenso wie kurze Transportwege vom Ferkelerzeuger und zum Schlachthof. Etwa 20 bis 25 Mastschweine werden wöchentlich geschlachtet. Der größte Teil, rund 70% der Tiere, wird im Hofladen auf dem Betrieb direkt vermarktet.

Mehr Platz, mehr Komfort

Christian Kussel erläutert im Folgenden, an welchen Stellen sich sein Betrieb von anderen Schweinemastbetrieben unterscheidet:

Wir bewirtschaften einen Gemischtbetrieb mit 150 ha Ackerbau und Schweinemast mit 450 Mastplätzen in einem Außenklimastall. Für rheinhessische Verhältnisse ist schon die Tierhaltung als solches ungewöhnlich, diese gibt es hier fast nicht mehr. Auch unser neuer Stall ist ungewöhnlich: Wir haben uns für einen „Pig-Port-3-Stall“ nach dem Konzept von Rudolf Wiedmann entschieden. Beim Stallkonzept handelt es sich um einen Außenklimastall mit Auslauf und Teilspaltenboden. Die klare Buchtenstrukturierung in einen Ruhebereich, einen Aktivitätsbereich und einen Auslauf sind weitere Merkmale. In diesem Stall haben die Schweine etwa 40 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben. Der Auslauf und die großen Fensteröffnungen sorgen für eine gute Stallluft. Eine weitere Besonderheit ist die Schweinedusche, die bei heißem Wetter für Abkühlung sorgt.

Die Vermarktung erfolgt größtenteils über die auf dem Hof befindliche Metzgerei, die von meinen Eltern aufgebaut und nun von einem Ehepaar, beide langjährige Mitarbeiter, weitergeführt wird. Auch eine weitere Metzgerei wird beliefert. Insgesamt werden etwa 85 % unserer Schweine über diese beiden Metzgereien vermarktet. Der Rest wird an den Schlachthof in Alzey verkauft.

 


Vielfältige Fruchtfolge auf dem Acker

Im Ackerbau haben wir eine sehr vielfältige Fruchtfolge mit Zuckerrüben, Winterweizen, Sommerbraugerste, Winterfuttergerste, Roggen, Erbsen und Mais. Im letzten Jahr habe ich Versuche zum Anbau von Körnerhirse und weißen Lupinen gemacht. Wichtig sind für uns die Synergieeffekte und die Kreisläufe zwischen Acker und Stall: Wir decken den Futterbedarf fast komplett von den eigenen Flächen. Die Gülle ist ein wertvoller Dünger. Hinzu kommt, dass die Verwertung der Erbsen als eigenes Futter natürlich wesentlich attraktiver ist, als sie zu verkaufen.

Mehr Platz Auslauf für die Schweine

Der Grundgedanke bei der Planung des neuen Stalles war, den Bedürfnissen der Schweine entgegen zu kommen. Bei Betriebsführungen mit Kunden und anderen Interessierten wollten wir dies zeigen und ein anderes Bild der Schweinehaltung vermitteln, als es leider oftmals in den Medien dargestellt wird. Die Umsetzung war für uns ein voller Erfolg! Die Schweine nehmen den Stall sehr gut an. Sie sind sehr sauber, die Gesundheit und die täglichen Zunahmen haben sich gegenüber dem alten Stall deutlich verbessert, Probleme wie Schwanzbeißen und Lungenerkrankungen sind deutlich zurückgegangen.

Auch die Resonanz unserer Kunden und anderer Besuchergruppen ist durchweg positiv. Wir genießen ein hohes Vertrauen in die Produktion, vom angebauten Futter bis hin zur Ladentheke.

Auswirkungen von ASP und Covid-19?

Corona hat für meine Arbeit im Betrieb bislang nur geringe Auswirkungen. Die Auswirkungen in der Metzgerei sind da wesentlich stärker: Dort erleben wir einen steigenden Zuspruch durch die Kunden. Gleichzeitig sind die Coronamaßnahmen eine große Herausforderung für uns. Für mich ist es schade, dass geplante und auch spontane Betriebsbesichtigungen in den vergangenen Monaten nicht mehr möglich waren, denn es ist mir ein Anliegen, unsere Art der Schweinehaltung neben der Kundschaft auch Kindergärten und Schulen zu zeigen und Wissen zu vermitteln. Das ist wegen Corona, aber auch wegen der ASP momentan leider nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Die ASP belastet uns natürlich. Auch wir sind von fallenden Erzeugerpreisen betroffen. Das Thema Biosicherheit ist in einem Stall mit Auslauf problematischer als in einem komplett geschlossenen Gebäude. Zwar gibt es bei uns fast keine Wildschweine und das Gelände ist gut eingezäunt. Aber es bleibt doch ein mulmiges Gefühl.

 


Veränderte Verbraucherwünsche

Grundsätzlich sehe ich unseren Betrieb zukunftsorientiert aufgestellt. Mit dem neuen Stall haben wir ein System, das auch für die kommenden Jahre zukunftssicher sein sollte. Ich denke, dass wir damit den Erwartungen der Verbraucher entsprechen. Wir erfüllen schon heute die Anforderungen an eine moderne, nachhaltige und artgerechte Tierhaltung, mit mehr Platz, einer gut strukturierten Bucht, Auslauf und Beschäftigungsmaterial.

Große Sorgen machen mir momentan viele politische Entscheidungen. In der Schweinehaltung befürchte ich durch die aktuellen Änderungen der Schweinehaltungsverordnung in Kombination mit ASP und Corona einen starken Strukturbruch, der uns mittelbar über den vor- und nachgelagerten Bereich treffen könnte. In der letzten Zeit wurde verstärkt auf die Bedeutung von regionalen Schlachthöfen hingewiesen. Ich habe die Hoffnung, dass die Politik diesen Wert auch erkennt und kleine Schlachthöfe, wie den in Alzey, unterstützt und dieser erhalten werden kann.

Im Ackerbau hat sich in den letzten fünf Jahren der Anbau von Zuckerrüben von einer „sicheren Bank“ hin zum Problemkind entwickelt. Zusätzliche Probleme ergeben sich aus der neuen Düngeverordnung - wir liegen im roten Gebiet -, und es drohen weitere Einschränkungen beim Pflanzenschutz.

Betriebliches Entwicklungspotenzial

Momentan versuche ich, in Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeinde, der Stadt Wörrstadt und dem BUND ein Projekt für Blühstreifen und Biodiversität zu starten. Dabei sollen durch Blühstreifen bestehende Naturräume in der Gemarkung miteinander verbunden werden. Generell finde ich das Thema Vertragsnaturschutz spannend. Es muss aber wirtschaftlich attraktiver werden und nicht wie bisher nur mit einer Aufwandsentschädigung entlohnt werden.

Quelle: Carolin Lax, DLR Eifel

 

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