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Praxis-Umstellertag Bio-Schweinehaltung in Lippstadt

01.07.2019

Am 13. Juni fand auf dem Bio-Betrieb der Familie Schulte-Remmert in Lippstadt ein Praxis-Umstellertag zum Thema Bioschweinehaltung statt. Bei den im Rahmen der bio-offensive angebotenen Informationstagen steht immer ein Bio-Landwirt mit seinem Betrieb im Vordergrund, der umstellungsinteressierten Berufskollegen Einblicke in seine Arbeit gewährt und von seinen Erfahrungen bei der Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise berichtet. Ulrike Westenhorst, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, hat den Tag zusammengefasst.

Der diesjährigen Einladung der Landwirtschaftskammer NRW kamen rund 20 Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen, Berater und weitere Interessierte nach, die morgens zunächst auf dem Hof der LebensWert GbR von Wilhelm Schulte-Remmert begrüßt wurden. Wilhelm Schulte-Remmert und sein Sohn Sebastian haben ihren Hof 2013 auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt und sich dem Bioland-Verband angeschlossen. Bereits vor der Umstellung wurden an der Hofstelle Sauen gehalten. Dieser Standort wurde für die Ferkelaufzucht umgebaut und bietet aktuell 650 Aufzuchtplätze. Für 180 Sauen wurden außerhalb des Dorfes neue Stallgebäude errichtet, bestehend aus Abferkelställen, Wartebereich und Deckzentrum. Die erzeugten Ferkel werden nach der Aufzucht an Bio-Mäster in festen Lieferbeziehungen verkauft.

Die Betriebsbesichtigung begann mit der Ferkelaufzucht, Wilhelm Schulte-Remmert zeigte der interessierten Gruppe anhand seiner Stallgebäude worauf es bei der Bio-Ferkelaufzucht ankommt. Als besonders wichtig stellte er dabei einen warmen und zugluftfreien Liegebereich sowie die Strukturierung der Bucht heraus. Bei ihm werden die Ferkel nach der sechswöchigen Säugezeit in gut strukturierte Buchten mit beheizter Liegekiste, Fress- und Aktivitätsbereich, und Auslauf eingestallt. Das Stallsystem hat sich die Familie in der Schweiz angeschaut. "Da die Tiere dort ohne Außen-Auslauf gehalten werden, ist im Stallkonzept ein Kotbereich im Stallinneren mit eingeplant, worauf man aber auch hätte verzichten können", so Schulte-Remmert, denn die Tiere nehmen die Strukturierung der Bucht sehr gut an und koten zum größten Teil im Auslauf. "Etwa 20 % vom Kotanfall finden im Stall statt", berichtete Schulte-Remmert, was aber hauptsächlich im Winter passiere. Wenn es sehr kalt und nass ist, gehen die Ferkel nicht immer nach draußen. Wichtig sei es dann, die entstandenen Kotecken täglich zu säubern, dann funktioniert es bald wieder.

Lange Säugezeit

Nach der Ferkelaufzucht fuhr die Gruppe zu den nahegelegenen Ställen für die Zuchtsauen. Auch hier konnten Wilhelm und Sebastian Schulte-Remmert viel Interessantes über das Verhalten der Tiere und über wichtige Aspekte des Stallbaus berichten. Der Deck- und Wartestall bietet insgesamt sechs Sauengruppen Platz, wobei Schulte-Remmerts im Deckbereich die jeweilige Gruppe nochmals nach Kondition in kleinere Gruppen unterteilen können. Gefüttert wird bewusst von Hand, um jede Sau täglich im Blick zu haben und die Futtermenge anpassen zu können. "Gerade bei der im ökologischen Landbau vorgeschriebenen Säugezeit von mindestens 40 Tagen müssen die Sauen täglich Höchstleistungen erbringen und dementsprechend gut beobachtet werden", so Schulte-Remmert.

Beim Deck- und Wartestall ist der mittige Futtertisch überdacht, dem schließen sich zu beiden Seiten die Buchten an. Die Sauen fressen in Selbstfangfressgittern, um ungestört Futter aufnehmen zu können. Außerdem können sie so für Impfmaßnahmen oder beim Ausmisten fixiert werden. Hinter den Fressbereichen schließt sich der unüberdachte Auslauf- und Aktivitätsbereich an, der regelmäßig ausgemistet wird. Den Abschluss zu beiden Seiten bilden geschlossene Liegehütten, die den Sauen einen Rückzugsort zum Ruhen bieten.
Für das Abferkeln stehen insgesamt drei Abferkelabteile zur Verfügung, die bei einem Drei-Wochen-Rhythmus und der längeren Säugezeit benötigt werden. Einen großen Vorteil bei den getrennten Abteilen sieht Schulte-Remmert in der besseren Hygiene, da der Mist beim Abschieben nicht durch verschiedene Altersgruppen geschoben und damit verteilt wird. Damit die Tiere im Sommer vor der Sonneneinstrahlung und im Winter vor Zugluft geschützt werden, können Windschutznetze an den Ausläufen der Abferkelabteile befestigt werden.

Sauen nicht fixieren

Viele Fragen kamen auch zu den Abferkelbuchten. Hier setzt Familie Schulte-Remmert wie auch in der Ferkelaufzucht auf ein System aus der Schweiz. Die Sauen ferkeln dabei frei ab, also ohne eine Fixierungsmöglichkeit. Eine weitere Besonderheit, die viele Landwirte so noch nicht gesehen hatten: Die Buchten können durch einen Deckel verschlossen werden. Durch diesen entsteht ein geschützter Bereich für die Sau, in welchem sie gerne und ruhig abferkelt. Der Landwirt hingegen muss sich an die ungewohnte Ansicht erst gewöhnen, wenn er nicht mehr alle Tiere sofort überblicken kann.

Wichtig war Schulte-Remmerts weiterhin die Fütterung im Abferkelstall. Hier setzen sie auf einen bodennahen Trog, damit die Ferkel schon früh bei der Muttersau mitfressen können. "Das klappt so gut, dass wir auf eine weitere Anfütterung der Saugferkel verzichten. Die Ferkel haben ihre Liegekiste direkt am Gang, so dass sie gut für den Betreuer zugänglich sind. Bei Behandlungen können die Ferkel in der Kiste mit Deckelheizung eingesperrt werden", erläuterte der Landwirt.

Vor- und Endmast getrennt

Im Anschluss an die Betriebsbesichtigung stellte Peter Angenendt, Bio-Landwirt aus Drensteinfurt, seinen gut 100 ha umfassenden Betrieb mit 140 Mastplätzen, Saatgutvermehrung und Gemüsebau vor. Bei seinem Maststall handelt es sich um einen Offenfrontstall mit Liegekisten und Buchten für 20 (Vormast) und zehn (Endmast) Tiere, die er in fester Lieferbeziehung von einem Ferkelerzeuger in der näheren Umgebung bekommt. Vermarktet werden seine Tiere über die Biofleisch NRW e. G. in Bergkamen.

Wichtig beim Stallbau war ihm seinerzeit, dass Vor- und Endmastbuchten getrennt sind. So können beide "Abteile" separat ausgemistet werden und die jungen Tiere kommen nicht mit dem Kot der älteren Schweine in Kontakt. Das damit nötige zusätzliche Umstallen sei zwar mehr Arbeit, dahingegen bringe die Aufteilung jedoch Vorteile in der Platzausnutzung durch geringere Flächenvorgaben bei den jüngeren Tieren. "Und sie ist aus Hygienegründen sehr sinnvoll", so Angenendt.

Zur Sprache kamen in seinem Vortrag weiterhin diverse Fragen zur Bio- Mastschweinehaltung, angefangen von der Dimensionierung von Liegekisten und Mistgang, über die Positionierung der Tränken bis hin zur Fütterung und dem zugrundeliegenden Ackerbau, da Angenendt das Futter für seine Tiere überwiegend selbst produziert. Neben Bildern zu seinem Betrieb wurden auch einige Vorgaben der EU-Bio-Verordnung zu den vorgegebenen Stallmaßen, Flächenvorgaben und weitere zu beachtende Regelungen der Bio-Schweinehaltung besprochen. 

Regionale Vermarktung

Zum Abschluss des Umstellertages stand noch die Vermarktung auf dem Programm. Mit der Biofleisch NRW e. G. und dem Bioland-Erzeugerzusammenschluss Land-Bio Erzeugergemeinschaft Nordwest stellten sich zwei wichtige regionale Vermarkter den umstellungsinteressierten Landwirten kurz vor und erste Kontakte wurden geknüpft.  Einen interessanten und aufschlussreichen Überblick über sein Unternehmen und die aktuelle Marktlage auf dem Bioschweinemarkt gab dann Tomás Sonntag von der Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG in Hohenkammer. Er hatte einige Zahlen zur Entwicklung des Marktes, und über die Anzahl gehandelter Tiere und Absatzmengen mitgebracht: "Nachdem in den letzten Jahren Bioschweine und -ferkel sehr gefragt waren, wuchsen die Bestände in Deutschland seit 2015 kräftig an, 2018 sogar um rund 20 %", so Sonntag. Und auch im europäischen Ausland habe es Wachstum bei Angebot und Nachfrage gegeben, was dazu führte, dass die Bio-Schweinepreise in Deutschland seit Oktober 2018 etwas nachgegeben hätten, insbesondere bei EU-Bio Tieren. Er erkenne einen "Bio-Schweine-Zyklus", wie man ihn konventionell kenne, und bei diesem befände man sich aktuell im oberen Peak, also ein Zeichen der aktuellen Marktsättigung.

"Der Bio-Anteil bei gekauftem Schweinefleisch lag 2018 in Deutschland bei etwa 1,3 %“, berichtete Sonntag. Daher wäre hier sicherlich noch Luft nach oben, das Angebot dürfe aber nicht mehrmals um ein Vielfaches schneller steigen als der Bedarf. Und treffend fügte er hinzu: "Der Bio-Markt ist zu klein für große Ungeduld."

In der abschließenden Diskussion mit den anwesenden Landwirten wurde nochmals deutlich, dass allen Seiten an einem organischen Bio-Wachstum gelegen sein muss. Daher gingen die umstellungsinteressierten Landwirte mit der klaren Empfehlung nach Hause: Nur mit festem Abnahmevertrag umstellen. Falls es aktuell keinen gibt: "Wir sind noch jung und können noch etwas warten. Auf das passende Timing kommt es an."

Quelle und Ansprechpartnerin: Ulrike Westenhorst, Tel. 02945-989-559, ulrike.westenhorst@lwk.nrw.de, LZ Rheinland 25/2019, 21. Juni 2019

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