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Praxis-Umstellertag Acker- und Gemüsebau: "Vielmehr im System denken"

25.05.2022

Auf dem Praxis-Umstellertag, den die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Landesvereinigung Ökologischer Landbau NRW e.V. am 19. Mai auf dem Naturland-Betrieb Gut Giffelsberg bei Kerpen veranstaltet hat, ging es für die rund 30 Besucherinnen und Besucher um die Einschätzung, ob ökologischer Acker- und Gemüsebau eine Option für den eigenen Betrieb sein könnten.

Durch den Vormittag, der auf den Flächen von Gut Giffelsberg stattfand, führte - unterstützt von Franz-Theo Lintzen und Markus Puffert, Landwirtschaftskammer NRW - Betriebsleiter Jürgen Henschel, dessen Ackerbau- und Grünlandbetrieb sich im ersten Jahr nach der Umstellung befindet. Von den 330 ha sind 80 ha Grünland für die Fleischrinderherde. Die 250 ha Acker bestellt Henschel mit einer weiten Fruchtfolge aus Samengras- oder Kleegrasvermehrung, Körnermais, Winterweizen, Leguminosen, vor allem Pflückerbsen, Sommer- oder Wintergerste, wobei der Ackerbauer Sommerungen und Winterungen je hälftig einsät. „Ich habe in den zwei Jahren gelernt, dass die Fruchtfolge an allererster Stelle im Ökolandbau steht und Kleegras insbesondere in reinen Ackerbaubetrieben ein Muss ist.“ 45 ha räumt er jedem Fruchtfolgeglied ein. 


Zu wenig Biolandwirtschaft in NRW

Nischen lassen sich mit Biolandwirtschaft aus unterschiedlichen Antrieben und Gründen besetzen. Und da es in Nordrhein-Westfalen nach wie vor viel zu wenig Biolandwirtschaft gibt, werden Neu-Umsteller von den Bio-Kollegen mit offenen Armen empfangen und nicht unbedingt als Konkurrenz empfunden. Die Gemeinschaft der Biolandwirtinnen und Biolandwirte zeichnet sich meinen Erfahrungen nach durch Offenheit und Hilfsbereitschaft aus“, resümiert Jürgen Henschel nach bald drei Jahren Biolandwirtschaft.

Von der Theorie in die Praxis

17 Schüler und eine Schülerin einer Fachschulklasse aus Köln-Auweiler besuchten ebenfalls den Praxis-Umstellertag im Rahmen ihrer Ökolandbauwoche, um herauszufinden: Wie geht ökologische Wirtschaftsweise? Diesem Blick in die Praxis war eine „Umstellung auf Papier“ vorausgegangen. „Bei dieser Art Planspiel sollten die Schülerinnen und Schüler unter anderem herausfinden, wie sich die Zahlen nach einer Umstellung ändern“, erläuterte Lehrerin Mirjam Patten.


Mit Hacke und Striegel gegen das Ukraut

Jürgen Henschel zeigte den Berufskolleginnen und -kollegen den 12 m-Striegel im Einsatz. „Mit dem Striegeln muss man auf den Punkt genau da sein und lieber etwas zu früh als zu spät durch die Kultur fahren.“ Henschel empfahl als ersten Arbeitsgang per se das Blindstriegeln vor dem Auflaufen der Unkräuter.


Blick in die Zukunft

Paula Heyder und Matthias Nonn, Erftstadt-Lechenich, sind mit ihrem kleinen Ackerbaubetrieb gerade in die Umstellung gestartet und erhoffen sich beim Umstellertag neuen Input. „Wir möchten mittelfristig in die Direktvermarktung einsteigen und unseren Betrieb erweitern. Dabei soll der Schwerpunkt nicht mehr nur auf dem Ackerbau liegen, sondern wir können uns auch Bauernhofpädagogik vorstellen“, meinen die beiden, die zurzeit noch ökologischen Landbau an der Uni Bonn studieren und den Betrieb im Nebenerwerb bewirtschaften.


Kundschaft fragt nach Bio

Jan Adams ist aus der Nähe von Mayen in Rheinland-Pfalz nach Kerpen gekommen. Er ist Schüler der Auweiler Fachschulklasse und bewirtschaftet zuhause mit seinen Eltern einen konventionellen Ackerbaubetrieb auf den besten Böden des Maifelds. Gut 90 % der Erzeugnisse - Kartoffeln, Kürbisse, Zwiebeln, Spargel, Möhren, Melonen und Sonnenblumenöl, um nur einige zu nennen - werden direkt ab Hof vermarktet. „Das Potenzial, auch Bioprodukte direkt zu vermarkten, ist auf jeden Fall da“, meint Adams. „Unsere Kunden fragen immer häufiger auch nach Bioprodukten.“ Angesichts des immer knapper werdenden Faktors Wasser überlegt die Familie, wie sie alternativ wirtschaften könnte. „Man muss die Augen offenhalten und darf den Zug nicht verpassen, wenn es nötig wird. Zurzeit sind die Umstellungs-Überlegungen aber nicht konkret, die Sonderkulturen sind ein Hemmnis“, erklärt der junge Landwirt die Zurückhaltung. Ein anderer Punkt spiele in seinen Augen aber eine viel größere Rolle bei den Umstellungsüberlegungen: „Wir sind ein reiner Ackerbaubetrieb, haben also keinen Wirtschaftsdünger. Für mich bedeutet Biolandwirtschaft aber Kreislaufwirtschaft, nichts Einseitiges. Hühnermist aus Holland zu importieren käme für mich nicht in Frage“, nennt Jan Adams die Gegenargumente, fügt aber zum Schluss an: „Sag niemals nie!“


Nische für klein strukturierte Betriebe?

Steffen Theus, ebenfalls Schüler der Fachschule Auweiler, hat seine Lehre auf dem Naturland-Betrieb Gut Lüpkesberg in Velbert-Neviges und dort erste Erfahrungen mit der Biolandwirtschaft gemacht. Seine Familie bewirtschaftet einen konventionell geführten Milchviehbetrieb mit 50 ha Fläche und 60 Kühen in Ratingen. „Ich sehe für uns das Problem der Vermarktung, wir haben keine Molkerei, die Biomilch von unseren 50 Kühen aufholen würde. Unsere Böden sind gut, sie haben teils 80 Bodenpunkte, sind aber mehrheitlich in Hanglage. Bei unserer kleinen Betriebsgröße wäre Bio eigentlich nur dann interessant, wenn wir tiefer in die Direktvermarktung einsteigen könnten, zum Beispiel mit Eiern aus Hühnermobilen“, meint Theus. Wenn der kleinbäuerliche Familienbetrieb überleben soll, dann eventuell mit Biolandwirtschaft. „Das sehe ich aber mittelfristig eher nicht.“


Direktvermarktung vor den Toren Bonns

Dr. Grant A. Kirkman hat einen Gemüse- und Ackerbaubetrieb in Bonn-Ippendorf, den er im Nebenerwerb nach biologischen Richtlinien bewirtschaftet, ohne aber bio-zertifiziert zu sein. Hacke und Striegel sind auf seinen Flächen schon länger im Einsatz. „Wir betreiben stadtnahe bäuerliche Landwirtschaft und können unsere Produkte, wie zum Beispiel Kürbisse, in und um Bonn gut direkt vermarkten“, so Kirkman, der am Praxis-Umstellertag den Austausch darüber schätzt, „was in der Region im Biobereich abgeht.“ „Regional und Bio sind natürlich top!“


Kreislaufwirtschaft in der Veredlungsregion

Thomas und Hubert Schulze Hilbt sind aus Velen im Kreis Borken angereist, wo sie einen klassischen Gemischtbetrieb mit Mastschweine- und Kälberhaltung sowie Ackerbau haben. „Wir sind vom Gedanken der Umstellung nicht mehr ganz so weit entfernt, vor allem auch deshalb, weil wir uns im Pflanzenbau ohnehin in den letzten Jahren an die ökologische Bewirtschaftung mit weniger Mitteleinsatz und mehr Technik angenähert haben“, erläutert Thomas Schulze Hilbt - wohl auch, weil er neben der praktischen Landwirtschaft in der Gewässerschutzberatung der Landwirtschaftskammer an der Kreisstelle Borken aktiv ist. Ihrer Meinung nach ist die sprichwörtliche Kreislaufwirtschaft vor allem auch angesichts der Betriebsgrößen in der Veredelungsregion Westmünsterland in Zukunft immer wichtiger. „Daher strecken wir unsere Fühler in Richtung Ökolandbau aus und schließen keinen Weg aus, um unseren Betrieb wirtschaftlich und nachhaltig zu entwickeln“, sind sich Vater und Sohn einig.


Meike Siebel,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Kontakt

Franz-Theo Lintzen
Fachbereich 53 — Ökologischer Land- und Gartenbau

Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick
Kreisstelle Kleve
Elsenpaß 5, 47533 Kleve
Tel.: 02821 - 996-169
Fax: 02821 - 996-159
Mobil: 0172 2040 109
E-Mail: Franz-Theo.Lintzen@lwk.nrw.de

Arbeitsschwerpunkte:

  • Anbauberatung Ökologischer Ackerbau / Kartoffelbau
  • Umstellungs- und Förderungsberatung

Kontakt

Markus Puffert
Fachbereich 53 — Ökologischer Land- und Gartenbau
Bildungszentrum Gartenbau und Landwirtschaft Münster-Wolbeck
Münsterstraße 62-68, 48167 Münster-Wolbeck
Tel.: 02506 - 309-636
Fax: 02506 - 309-633
Mobil: 0160 4776 915
E-Mail: Markus.Puffert@lwk.nrw.de

Arbeitsschwerpunkte:

  • Anbauberatung Ökologischer Gemüsebau
  • Einzelbetriebliche Beratung im Betrieb, regelmäßige Begleitung in allen Fragen der Kulturführung, betriebswirtschaftliche Beratung
  • Unternehmerkreis Industriegemüse
    Öko-Berater bei der LWK seit 1998

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