Im landwirtschaftlichen Betrieb gibt es eine Vielzahl an Regelungen, Auflagen und Bestimmungen zu beachten: Konditionalität, Düngeverordnung, Fachrecht, Öko-Verordnung und vieles mehr. Wer das Gefühl hat, den Überblick zu verlieren und sich Struktur wünscht, der findet in GQS das geeignete Hilfsmittel.
GQS steht für Gesamtbetriebliche Qualitätssicherung. Federführend von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) Schwäbisch-Gmünd für Baden-Württemberg entwickelt, ist GQS mittlerweile eine Kooperation mehrerer Bundesländer. Neben Baden-Württemberg können auch Landwirte in Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen darauf zurückgreifen. In NRW wird GQS durch die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen betreut.
GQS ist ein Werkzeug, welches als Nachschlagewerk und Hilfe zur effektiven Eigenkontrolle im landwirtschaftlichen Betrieb dienen soll. Es hilft, den Überblick über im Betrieb geltende Vorgaben und Regelungen zu behalten. Dazu zählen nicht nur das geltende Fachrecht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die Auflagen zur Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) - gemeinsam als Konditionalität bezeichnet - im Rahmen der Direktzahlungen. Auch Auflagen von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) und den aktuellen Öko-Regelungen können mit geprüft werden. Weiterhin umfasst GQS Qualitätssicherungsprogramme, wie QS, QM, KAT und Global GAP, sowie die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung und darüber hinaus die Richtlinien der Anbauverbände Bioland, Biokreis, Naturland, Demeter, Gäa und Biopark.
GQS ist eine rein freiwillige Maßnahme. Es besteht also kein Zwang der Nutzung. Im Umkehrschluss ersetzt GQS aber auch keine Kontrollen oder Qualitätssicherungssysteme. Es bietet lediglich Orientierung und Sicherheit.
GQS ist klar strukturiert und modular aufgebaut. Dem modularen Aufbau liegt das Prinzip „Teile und herrsche“ (divide et impera) zu Grunde. Dabei wird eine auf den ersten Blick unübersichtliche Situation (Stichwort „Bürokratiedschungel“) in einzelne, überschaubare und damit beherrschbare Teilaspekte zerlegt. GQS umfasst zwei Ebenen:
In den Checklisten wird die Vielzahl an rechtlichen Vorgaben thematisch zusammengefasst. Dabei wird der Grundsatz „Vom Allgemeinen zum Speziellen“ angewendet. Wird ein Betrieb in GQS angelegt, so ist eine Checkliste „Betrieb“ mit Vorgaben, die ausnahmslos für alle Betriebe gelten, die Grundlage. Dazu können dann beliebig relevante Bereiche dazu gewählt werden. Es ist also möglich, sich auf das notwendige Maß oder die Bereiche, die man gerne prüfen möchte, zu beschränken.
Zu den einzelnen Anforderungen in den Checklisten sind generell drei Antworten möglich: ja, nein und entfällt. Die Anforderung ist jeweils so formuliert, dass ein „Ja“ für deren Einhaltung steht und „Nein“ entsprechend eine Abweichung kennzeichnet.
Einmal im Jahr wird GQS aktualisiert, um es auf dem aktuellen Stand der Vorgaben zu halten. Gab es vor einigen Jahren noch eine CD-ROM, ist heute eGQS (GQS Hofcheck e-Version) der Stand der Dinge. Es kann nach Anfrage bei der in NRW für GQS zuständigen Landwirtschaftskammer nach Zusendung des Downloadlinks unkompliziert heruntergeladen und auf dem Windows PC installiert werden. Der große Vorteil von eGQS liegt darin, einen einmal angelegten Betrieb speichern und dann immer wieder aufrufen und bearbeiten zu können. Dies ermöglicht ein schrittweises Vorgehen und nutzt so die Stärke des modularen Aufbaus voll aus. Filterfunktionen erleichtern die Suche zum Beispiel nach noch unbearbeiteten Feldern oder Nein-Antworten. Zudem können zu jeder Anforderung Kommentare eingefügt werden. Wo vorhanden, sind automatisch Merkblätter oder Vordrucke für die Dokumentation hinterlegt. Alle Nein-Antworten und Kommentare können automatisch zu einer Mängelliste zusammengeführt, gedruckt und als Maßnahmenplan für die Umsetzung im Betrieb genutzt werden.
Neben eGQS wird online ein Checklistengenerator angeboten. Dieser kommt als Web-Anwendung, ohne Installation aus. Der Betriebscheck kann genauso modular zusammen gestellt werden wie bei eGQS. Allerdings erfolgt die Ausgabe der Checklisten als PDF. Der Funktionsumfang und der Komfort von eGQS ist hier also nicht gegeben. Der Checklistengenerator ist jedoch eine gute Variante, wenn nur ein Teilaspekt geprüft werden soll uns ansonsten kein weiteres Interesse an GQS besteht oder GQS einfach einmal ausprobiert werden soll.
Der Hofcheck kann tatsächlich nicht nur für die Überprüfung eines bestehenden Betriebs genutzt werden, sondern auch für einen Blick voraus bei der Betriebsplanung. Dies gilt insbesondere für die Einführung neuer Verfahren oder der Etablierung neuer Betriebszweige. Wenn zum Beispiel über die Anschaffung eines Hühnermobilstalls nachgedacht wird, geben die Checklisten für die Boden- und Freilandhaltung klar Auskunft darüber, was dabei zu beachten ist. Auch die Richtlinien der ökologischen Anbauverbände lassen sich beispielsweise mittels GQS vergleichen, ohne mehrere Richtlinien parallel lesen zu müssen. Dies kann sich vor allem bei speziellen Fragestellungen wie beispielsweise die Mindestweidefläche, die einzelnen Verbände vorschreiben oder ob ein bestimmtes Tier-Fressplatzverhältnis vorgesehen ist, rentieren. Dazu müssen nur bei der Anlage des Planungsbetriebs alle gewünschten Anbauverbände, die verglichen werden sollen, ausgewählt werden.
In ökologisch wirtschaftenden Betrieben macht die Nutzung von GQS besonders Sinn, da es in diesen Betrieben auf jeden Fall mindestens einmal jährlich ein den ganzen Betrieb umfassendes Kontrollaudit, die so genannte Regelkontrolle, gibt. An der Einhaltung der EU-Öko-Verordnung hängt nicht nur der Status der Erzeugnisse und damit deren Vermarktungsmöglichkeit, sondern auch die Gewährung der Öko-Förderung. Bei der Mitgliedschaft in einem Anbauverband sind zusätzlich die höheren Standards der jeweiligen Verbandsrichtlinien zu berücksichtigen.
GQS ersetzt nicht die vorgeschriebenen und durch den Betriebsleiter in Eigenregie vorzunehmenden betrieblichen Vorsorgemaßnahmen nach Art. 28 Abs. 1 der EU-Öko-Verordnung. Jedoch unterstützt GQS zumindest in der Form, dass in der Anwendung der FiBL-Praxisleitfaden hinterlegt ist. Sinnvoll ist es jedoch, die von der jeweiligen Öko-Kontrollstelle bereit gestellten Unterlagen oder Vorlagen für das betriebliche Vorsorgekonzept zu nutzen.
An dieser Stelle kommt ein Thema zur Sprache, welches gerne verdrängt wird: Die Möglichkeit, dass die Betriebsleitung auf längere Zeit und vor allem plötzlich ausfällt und auch nicht in der Lage ist, Auskunft zu geben. Unfälle, schwere Krankheit oder gar Tod sind Themen, mit denen sich kaum jemand befassen möchte. Sie sind nicht nur für einen persönlich, sondern auch für den landwirtschaftlichen Betrieb das absolute Horrorszenario. In solchen Situationen wird schmerzlich bewusst, wie sehr alles im Betrieb mit den Menschen steht und fällt, die ihn leiten und bewirtschaften. GQS bietet hier mit dem Notfallcheck ein Hilfsmittel. Es wird empfohlen, Notfallinformationen gut sichtbar und als solche gekennzeichnet zu bündeln. Das kann zum Beispiel ein Notfall-Ordner sein mit sämtlichen wichtigen Kontakten und Anweisungen. . Entsprechende Vordrucke helfen bei der Erstellung des Notfall-Ordners. Zudem kann analog zur Dokumentenablage vermerkt werden, wo wichtige Unterlagen abgelegt sind, insbesondere Vollmachten. Der Logik von GQS folgend, ist auch hier alles modular. Es gibt Vorlagen von der allgemeinen Betriebsführung bis hin zu einzelnen Fütterungsanweisungen nach Tierarten gestaffelt. So können sich auch ein möglicher Betriebshelfer, Nachbarn und andere Freunde in der Not zurechtfinden und den Betrieb am Laufen halten. Auch wenn man also selber das Thema scheut: Mit sichtbar platzierten Notfallinformationen macht man es seinen Angehörigen und Helfern wesentlich leichter!
Christian Cypzirsch,
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Selbst wenn man GQS an sich nicht nutzen möchte, ist jedoch das GQS-Portal der Landwirtschaftskammer NRW eine Quelle für wichtige Informationen zur Betriebsführung. Die Verlinkung zum „Netzwerk Agrarbüro“ führt unter anderem zu dessen Newsletter mit wichtigen Terminhinweisen, der wiederum eine wichtige Hilfe ist Fristen in der Dokumentation oder bei Agrarumweltmaßnahmen einzuhalten. Unter „Merkblätter und Vordrucke“ sind, thematisch untergliedert, wichtige Informationen bereitgestellt. GQS bündelt hier ähnlich einer Bibliothek das Informationsangebot insbesondere offizieller Stellen und hat den Charakter eines Nachschlagewerks. Hier finden Sie das GQS-Portal der Landwirtschaftskammer NRW: www.nrw.gqs-hofcheck.de oder www.landwirtschaftskammer.de.