"Das freiwillige Label zur Tierhaltung, das Bundesministerin Klöckner vorschlägt, löst die Herausforderungen der Nutztierhaltung in Deutschland nicht. Wenn sich Julia Klöckner jetzt auf ein Label konzentriert, zäumt sie das Pferd von hinten auf. Die verantwortliche Bundesministerin konterkariert damit, was die Borchert-Kommission und der wissenschaftliche Beirat ihrem Haus empfehlen. Nämlich die wesentliche Frage danach, wie der Systemwechsel gelingt", kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) die Sonderagrarministerkonferenz von Bund und Ländern zur Tierhaltung. Denn nur, wenn grundsätzlich umgebaut würde, könne ein Riegel vor die Nitrat-Überlastung im Grundwasser oder Schlachthofprobleme geschoben, Tiere artgerecht gehalten und Tierhaltern eine nachhaltige Perspektive gegeben werden.
Die Ergebnisse der Borchert-Kommission zeigen: Umbau kostet, eine enkeltaugliche Tierhaltung will finanziert sein. "Warum tut Klöckner jetzt nicht als erstes alles, um die Empfehlungen der eigenen Berater umzusetzen?", fragt der BÖLW-Vorsitzende. "Die Zeit eilt, die Tierhalter können nicht länger warten und brauchen einen Fahrplan für ihre Zukunft."
"Klöckner lässt die Landwirtschaft mit ihrem Vorgehen weiterhin in der Schusslinie einer Diskussion, die Bäuerinnen und Bauern so dringend hinter sich lassen wollen", gibt der BÖLW-Vorsitzende zu bedenken. "Bund und Länder müssen jetzt die Ergebnisse der Borchert-Kommission in einen Plan fassen, den das Parlament noch in dieser Legislaturperiode beschließen kann." Erst dann wird unter all den Instrumenten, die zu seiner Umsetzung erforderlich sind, auch eine Kennzeichnung gebraucht. Aber eine, die für alle Marktteilnehmer verpflichtend ist und die auch Bio als eigene Qualitätsstufe einschließt.
Löwenstein: "Öko muss beim Umbau der Tierhaltung eine führende Rolle spielen. Denn Bio schlägt dank höchster Standards gleich viele Fliegen mit einer Klappe. Das Tierwohl wird verpflichtend angehoben. Es kommen nur so viele Tiere auf die Fläche, wie Boden und Wasser vertragen. Weil die Kunden wissen, was sie mit Bio an Qualität bekommen, sind sie auch bereit, mehr Geld auszugeben. Und weil Bio-Fleisch, -Milch oder -Eier mehr kosten, konsumieren Öko-Kunden im Schnitt auch weniger tierische Produkte, was wiederum Gesundheit und Klima guttut."
Was die Kennzeichnung von Fleisch angeht: Was Klöckner jetzt vorlegt, entspricht in der untersten Stufe noch nicht einmal dem gesetzlichen Standard. Und ist für Öko, und damit den höchsten gesetzlichen Standard der Tierhaltung, besonders kritisch. Laut Klöckners Labelvorschlag soll Bio keine eigene Stufe haben. Also nicht so, wie das bei der Eierkennzeichnung angelegt und von den Verbrauchern gelernt ist. Löwenstein: "Öko-Fleisch mit der jetzt höchsten Stufe der konventionellen Produktion in einen Topf zu werfen, bedeutet nicht Tierwohl, sondern Wettbewerbsverzerrung." Weil Bio-Tierhalter zusätzlich zu ihren höheren Haltungs-Anforderungen ja noch Bio-Futtermittel einsetzen und damit höhere Kosten haben. "Die weite Kritik am Tierwohllabel ignoriert die Ministerin nach wie vor. Und gefährdet damit ausgerechnet die Betriebe, die es schon in der Breite besser machen mit der Tierhaltung und denen es bereits gelungen ist, für ihre Produkte einen eigenen Markt aufzubauen", kritisiert Felix Löwenstein.
Bio-Schweine haben 50 % mehr Platz im Stall, bekommen Bio-Futter und die Ferkel trinken länger Muttermilch als es die höchste Stufe des Klöckner-Labels vorsieht. Vor allem aber schützen Bio-Bauern mit der Bio-Futterproduktion, die ohne Pestizide auskommt, auch Wildtiere wie Insekten, Feldhamster und Rebhuhn!
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat einen Entwurf für ein "Tierwohllabel" vorgelegt. Der BÖLW ordnet ein:
Quelle: Pressemitteilung Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW), Berlin, 27. August 2020